"Keine hohen Wachstumsraten in den nächsten Jahren"
Die künftige Bundesregierung steht angesichts der angespannten Wirtschaftslage nach zwei Jahren Rezession vor großen Herausforderungen. Fiskalrats-Präsident Christoph Badelt sieht auch für die nächsten Jahre ein Wachstum von maximal 1,5 Prozent, wie er in seinem Vortrag bei der Jahreskonferenz der Sparte Gewerbe und Handwerk erklärte: Es brauche nun eine umsichtige Budgetkonsolidierung und Strukturreformen.
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Die schlechte Lage der heimischen Wirtschaft ist vor allem durch die Industrierezession, die Bauwirtschaft und den niedrigen Konsum erklärbar. Mit einem signifikanten Aufschwung ist auch in den nächsten Jahren nicht zu rechnen: Die Herbstprognose des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO) geht von einem Wachstum des BIP in der Höhe von lediglich einem Prozent für 2025 aus. Mittelfristig wird sich das BIP in den Jahren bis 2029 zwischen 1,3 und 1,5 Prozent einpendeln. „Es wird keine hohen Wachstumsraten in Österreich geben“, so Badelt, „1,5 Prozent sind maximal drin.“ Aber es gibt auch vorsichtig positive Signale: Die Anspannung am Arbeitsmarkt ist nach wie vor da, aber die Arbeitslosenquote ist nicht mehr dort, wo sie im den Jahren 2022 und 2023 war. Auch die Inflation scheint man laut Badelt ganz gut im Griff zu haben, im Oktober 2024 lag sie bei 1,8 Prozent. „Die Inflation kann man als abgehakt betrachten“, so Badelts optimistisches Resümee.
Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben geht auf
Anlass zur Sorge bereitet hingegen die erneut steigende Staatsschuldenquote. Das Haushaltsdefizit liegt derzeit bei 3,9 Prozent, also deutlich über der Drei-Prozent-Maastricht-Grenze, für 2025 wird ein Anstieg auf 4,1 Prozent erwartet. Die Ursache für dieses Defizitproblem liegt im Auseinanderklaffen von Einnahmen und Ausgaben, vor allem der demografische Wandel belastet die Haushalte, etwa durch steigende Pensions- und Gesundheitsausgaben. Die massiven Ausgaben in den Krisen der letzten Jahre (COVID, Energie, Inflation) hält Badelt für „grundsätzlich richtig“, allerdings habe man sich zu wenig Gedanken über mögliche Gegenfinanzierungen gemacht, was die Einkommenssituation des Staates verschlechtert habe. Das Jahr 2024 sei von einem starken Rückgang der krisenbedingten Maßnahmen geprägt, einige kürzlich beschlossene Maßnahmen wirken jedoch entgegen, etwa die Verlängerung der Energieabgabensenkung und der Stromkostenbremse bis zum Jahresende 2024 oder die steuerfreie Mitarbeiterprämie (im Vorjahr Teuerungsprämie) auch für 2024.
Herausforderungen der Zukunft
Für die Zukunft braucht es ein Bündel an Maßnahmen, um die grundsätzlichen und strukturellen Probleme zu lösen. Ansetzen müsse man in erster Linie beim Produktivitätswachstum, das in Österreich aktuell wesentlich niedriger als in der EU ist, sowie beim gesunkenen Arbeitsvolumen, also bei den geleisteten Stunden pro Beschäftigtem, das ebenso unter dem EU-Schnitt liegt. Auch in den Bereichen Innovation und technologischer Wandel sieht Badelt dringenden Handlungsbedarf, ebenso bei der Jugendarbeitslosigkeit: Der Anteil der 15- bis 29-Jährigen, die weder in schulischer oder beruflicher Ausbildung noch in Beschäftigung sind, sei mit 9,4 Prozent viel zu hoch. „Wir sprechen hier von 60.000 bis 80.000 jungen Menschen“, so Badelt, der darin eine vordringliche Herausforderung für die Arbeitsmarktpolitik sieht.
Was muss die künftige Regierung leisten?
Der Fiskalrat geht für 2025 von einem Konsolidierungsbedarf von 4,4 Milliarden Euro aus, für den es massive und vor allem rasch umgesetzte Strukturreformen braucht, um die Ausgabendynamik zu bremsen. Dazu gehören etwa die Neuregelung der Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern, die Klärung offener Fragen im Finanzausgleich (etwa Transparenz bei den Förderungen), wirksame Maßnahmen als Reaktion auf den demografischen Wandel (Arbeitsmarkt, Pensionsalter) sowie eine Intensivierung der Klimapolitik. Für Badelt steht fest: „Dieser große Konsolidierungsbedarf kann nicht nur von der Ausgabeseite allein gestemmt werden. Es gibt aber nahezu keinen Bereich, wo man keine Effizienzsteigerung erzielen kann.“ Den Wahlkampf der Parteien nimmt er kritisch unter die Lupe: „Die gemachten Versprechungen und Ankündigungen der Parteien bewegen sich in einer Parallelwelt fern der Realität. Für die Zukunft braucht es eine langfristige Zusammenarbeit der konstruktiven Kräfte.“
Leistung muss sich lohnen
Ins selbe Horn stoßen auch die anwesenden Spitzenvertreter der Wirtschaftskammer – allen voran WKO-Steiermark-Präsident Josef Herk, Spartenobmann Hermann Talowksi und so gut wie alle Landesinnungsmeister und Fachgruppenobleute der Sparte Gewerbe und Handwerk. „Für die WK-Wahl im nächsten Jahr muss es einen Schulterschluss aller wahlwerbenden Gruppen geben, damit wir als Interessenvertretung geeint zusammenstehen und uns für unsere Mitglieder einsetzen können“, so Hermann Talowski. Für Josef Herk sind die Themen Demografie und Pension ganz wesentliche Bereiche: „Wir suchen aktuell 1.200 Lehrlinge in der Steiermark. Und die steirischen Unternehmen suchen in allen Bereichen Menschen, die bereit sind, etwas zu leisten. Denn Leistung muss sich lohnen.“