„Bedrohungslage hat sich in einem Jahr verzehnfacht“
Cyberattacken werden weiter rasant zunehmen. Künstliche Intelligenz kann aber helfen, sich zu schützen, analysierten Experten an der Technischen Uni.
Lesedauer: 2 Minuten
An der Cyberfront herrscht Hochbetrieb. Die Zahl der Attacken auf Einrichtungen, Personen und Systeme ist sprunghaft gestiegen. „Die Bedrohungslage hat sich binnen eines Jahres verzehnfacht“, rechnet Harald Leitenmüller, Chief Technology Officer und nationaler Sicherheitsbeauftragter bei Microsoft Österreich, vor (siehe unten). Allein auf Microsoft selbst haben sich die Angriffe im vergangenen Jahr verdoppelt.
Allgemein gehen die Bedrohungen zunehmend von staatlich geförderten Akteuren aus. Leitenmüller nennt Russland, China, den Iran und Nordkorea. Ins Visier genommen werde vor allem der öffentliche Sektor „mit dem Ziel, kritische Infrastruktur zu beeinflussen und Spionage zu betreiben“. Die Gefährdung wird wachsen. „Bis 2027 werden 95 Prozent dieser Einrichtungen Opfer derartiger Angriffe sein, aber nur 30 Prozent werden in der Lage sein, sich zu schützen“, warnte der IT-Experte im Rahmen einer „Top Think“-Veranstaltung an der Technischen Universität Graz, zu der das Forum Zukunft Technik und Gesellschaft, die TU und die Wirtschaftskammer Steiermark geladen hatten.
Abhängig von KI
Neben Leitenmüller skizzierte Georg Kunovjanek, Oberst des Generalstabsdienstes beim Österreichischen Bundesheer, einen Lagebericht des KI-Einsatzes an aktuellen Krisenherden. Aus militärischer Sicht kam es durch den technologischen Fortschritt zu wesentlichen Verschiebungen: Lagen früher zu wenige Informationen vor und die Entscheidungsfindung exklusiv beim militärischen Spezialisten, gibt es jetzt ein Überangebot an Informationen und Daten. Um sie zeitgerecht verarbeiten zu können, sei man mittlerweile von Künstlicher Intelligenz abhängig, so Kunovjanek. Die Folgen spürt man auch auf unternehmerischer Ebene. Da das Militär nicht mehr in der Lage ist, umfassend zu schützen, wird die Abwehrpflicht beispielsweise über die NIS2-Richtlinie an die Unternehmen delegiert. „Es kommt zu einer Diffusion der Verantwortung“, so Kunovjanek.
Parallel habe die wachsende Durchdringung des Alltags mit Künstlicher Intelligenz im privatwirtschaftlichen Bereich den Verteidigern aber auch „Aufrüstungspotenzial“ im Kampf gegen Cyberangriffe geliefert. „Denn KI-Modelle schaffen es, die nächsten Schritte eines Angriffs vorherzusagen und frühzeitig, flexibel und effizient entsprechende Abwehrmaßnahmen zu setzen“, erklärt Leitenmüller. Gerade angesichts der Tatsache, dass die Angriffe immer mehr, präziser und individualisierter werden, werde eine standardisierte Erstabwehr wichtiger. „Die KI verschafft uns Zeit, wir müssen nur entscheiden, wie viel Entscheidungshoheit wir ihr übertragen“, so Kunovjanek, der im September bereits den nächsten Schritt der Entwicklung beobachten konnte: Drohnen, die gegeneinander Krieg führen.
72 Stunden benötigt ein Angreifer im Schnitt, um auf sensible Daten zugreifen zu können.
258 Tage brauchen Unternehmen im Schnitt zum Erkennen und Eindämmen von Datenschutzverletzungen.
7.000 Mal pro Sekunde gibt es aktuell Versuche eines Identitätsdiebstahls. Vor drei Jahren waren es noch „nur“ 600 pro Sekunde.