Modell eines Hauses steht auf Clipboard mit Dokumenten und Stift, das auf aufgeklapptem Notebook liegt, im Hintergrund verschwommen Becher mit Stiften und Tasse
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Ab­grenzung zwischen Miete, Pacht und Leihe 

Was die Vertragstypen unterscheidet

Lesedauer: 8 Minuten

Sowohl vor Abschluss eines Vertrages über die Nutzung von Geschäftsräumlichkeiten als auch im Zuge gerichtlicher Auseinandersetzungen stellt sich häufig die Frage, ob das gegenständliche Bestandverhältnis einen Mietvertrag oder einen Pachtvertrag darstellt oder ob es sich dabei um einen Leihevertrag oder gar eine Bittleihe, auch Prekarium genannt, handelt.  

Rechtliche Bedeutung dieser Unterscheidung

Die Abgrenzung zwischen Unternehmenspacht, Geschäftsraummiete und Leihe(Bittleihe)vertrag vertrag ist deshalb von wesentlicher Bedeutung, weil sich, trotz Ähnlichkeit der Vertragstypen, daran doch erheblich unterschiedliche Rechtsfolgen knüpfen. Der wohl wichtigste rechtliche Unterschied betrifft den im Mietrechtsgesetz für Mietverträge verankerten "Mieterschutz“, der größtenteils zwingender Natur ist und zum Nachteil eines Mieters vertraglich nicht abänderbar ist.

Besonders erwähnenswert sind hier der Kündigungsschutz des Mieters, gesetzlich geregelte Mietzinsbildungsvorschriften, das Weitergaberecht des Hauptmieters sowie gesetzliche Erhaltungs- und Verbesserungspflichten des Vermieters.

Weitere Informationen dazu, welche Mietverträge vom MRG erfasst sind, erhalten Sie unter Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes (MRG) mit Detailinformationen zum Vollanwendungsbereich, Teilanwendungsbereich und Vollausnahmebereich der MRG).

Sowohl für Pachtverträge als auch für Leihe(Bittleihe)verträge gelten die Bestimmungen des ABGB, die im Wesentlichen frei gestaltbar sind und somit der Disposition der Vertragspartner einen breiten Spielraum einräumen.  

Abgrenzung der Geschäftsraumiete von der Unternehmenspacht

Im ABGB sind die gesetzlichen Begriffsbestimmungen von Miete und Pacht sehr allgemein definiert. So liegt ein Mietvertrag dann vor, wenn sich die in Bestand gegebene Sache ohne weitere Bearbeitung gebrauchen lässt. Kann hingegen die Bestandsache nur durch Fleiß und Mühe benützt werden, handelt es sich um einen Pachtvertrag. Beide Verträge werden unter dem Oberbegriff Bestandvertrag zusammengefasst.  

Kriterien, die für das Vorliegen eines Pachtvertrages sprechen

Bei der Unterscheidung zwischen Geschäftsraummiete und Unternehmenspacht lassen sich keine starren, allgemein gültigen Regelungen festlegen. Vielmehr kommt es immer auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles an. Unternehmenspacht liegt im Regelfall dann vor, wenn ein lebendes Unternehmen Gegenstand des Bestandvertrages ist, also eine organisierte Erwerbsgelegenheit, mit allem, was zum "good will“ dazugehört, übergeben wird.

Neben den bloßen Räumlichkeiten muss also dem Bestandnehmer auch alles beigestellt werden, was im Wesentlichen zum Betrieb des jeweiligen Unternehmens und dessen wirtschaftlichen Weiterbestehen dazugehört. Dazu zählen vor allem die Betriebsmittel, wie Geschäftseinrichtung, sonstiges Inventar, Warenlager und der Kundenstock.

Daneben spricht auch die Vereinbarung eines am Umsatz orientierten Bestandzinses, die Übernahme des Personals, die Beibehaltung der Unternehmensidentität und vor allem die Vereinbarung einer Betriebspflicht für das Vorliegen eines Pachtvertrages.  

Im Folgenden soll auf die einzelnen Kriterien näher eingegangen werden.  

Betriebspflicht

Sie stellt ein wichtiges Kriterium für das Vorliegen eines Pachtvertrages dar, wird doch damit zum Ausdruck gebracht, dass seitens des Verpächters ein wirtschaftliches Interesse an der Weiterführung des Betriebes besteht.

Die Betriebspflicht kann sowohl ausdrücklich vertraglich vereinbart werden, was jedenfalls zu empfehlen ist, als sich auch schlüssig aus den konkreten Umständen ergeben. In beiden Fällen darf es sich dabei nicht bloß um eine "Leerfloskel“ handeln, vielmehr ist im Einzelfall zu prüfen, ob tatsächlich einem echten Interesse des Bestandgebers an der Weiterführung des Betriebes entsprochen wird.

Beispiele: Von der Rechtsprechung wurde das Vorliegen einer Betriebspflicht in folgenden Fällen bejaht: Pflicht des Bestandnehmers, sein Unternehmen innerhalb gewisser zeitlicher Grenzen offen zu halten; Vereinbarung, dass bei wesentlicher Änderung des Betriebsgegenstandes der Verpächter zur sofortigen Vertragsauflösung berechtigt ist; Vereinbarung einer Verpflichtung des Bestandnehmers, das Bestandobjekt in einer gewissen Betriebsform zu führen; Recht des Verpächters zur sofortigen Vertragsauflösung bei schlechter Wirtschaftsführung; verneint hingegen wurde das Vorliegen einer Betriebspflicht, wenn es dem Bestandgeber nur darum ging, den Bestandzins zu sichern, nicht jedoch um die Rückstellung des Warenhauses zum Weiterbetrieb, da er ein solches nie betrieben hatte.

Warenlager

Auch die Überlassung eines Warenlagers stellt ein wenn auch schwaches Indiz für die Übernahme eines lebenden Unternehmens dar. Dem Umstand, dass kein Warenlager überlassen wurde, wird vor allem in Betrieben, in denen der überwiegende Teil der Waren verderblicher Natur ist (z.B. Lebensmittel-, Obst-, Gemüsehandel) oder wo entsprechende Warenvorräte gar nicht vorhanden sind (z.B. Stehcafe), keine Bedeutung zugemessen.  

Geschäftseinrichtung

Auch die Überlassung einer Geschäftseinrichtung ist ein eher schwaches Indiz für die Annahme eines Pachtvertrages. Nach ständiger Rechtsprechung wird das Vorliegen eines Pachtvertrages auch angenommen, wenn Einrichtungsgegenstände gänzlich oder teilweise fehlen, dafür eine Ablöse vereinbart wurde oder der Pächter die Einrichtung grundsätzlich erneuern musste, wenn es sich um Gegenstände handelt, die einem natürlichen Verschleiß unterliegen.  

Kundenstock

Die Überlassung eines Kundenstockes, also eines konkreten, bestimmte Personen ansprechenden Kundenkreises, stellt ein wichtiges Merkmal für das Vorliegen einer Pacht dar. Dabei geht es weniger um die Überlassung eines konkreten Kundenstockes, also einer speziellen „Stammkundschaft“, weshalb die Übergabe von Kundenkarteien nur von geringer Bedeutung ist. Vielmehr muss ein potentieller, gesicherter Kundenkreis vorhanden sein, etwa durch eine besonders gute und stark frequentierte Lage des Betriebes. Die Rechtsprechung hat dem Fehlen eines konkreten Kundenkreises beispielsweise in folgenden Fällen keine entscheidende Bedeutung zuerkannt (und das Vorliegen eines Pachtvertrages bejaht): Die verpachtete Tankstelle liegt an einer stark frequentierten Straße, das verpachtete Restaurant befindet sich in einem bestehenden Hotel, die in Bestand gegebenen Garagenplätze liegen im dicht besiedelten Gebiet.

Umsatzorientierter Pachtzins

Die Vereinbarung eines von Umsatz des Pächters abhängigen Pachtzinses spricht grundsätzlich für das Vorliegen eines Pachtvertrages, doch müssen dazu auch noch andere Merkmale eines lebenden Unternehmens zusätzlich vorhanden sein. Die Vereinbarung eines umsatzorientierten Bestandzinses allein, ohne andere zusätzliche Kriterien für ein Pachtverhältnis, wird von der Rechtsprechung in der Regel als Miete qualifiziert.  

Übernahme von Personal, Firmenfortführung

Indizien für die Fortführung des Unternehmens und damit das Vorliegen eines Pachtvertrages sind auch die Verpflichtung des Bestandnehmers zur Weiterbeschäftigung des Personals des Bestandgebers sowie die Beibehaltung der Unternehmensbezeichnung als Bestandteil des "good will“ eines Unternehmens.  

Beibehaltung der Unternehmensidentität

Voraussetzung für die Überlassung eines lebenden Unternehmens und somit für das Vorliegen eines Pachtvertrages ist die Beibehaltung der Identität des verpachteten Unternehmens mit jenem, das vom Pächter im überlassenen Geschäftslokal weiterbetrieben wird. Das bedeutet, dass zwar durchaus unternehmerische Veränderungen im Vertrag zulässigerweise vereinbart werden können, doch dürfen diese nicht so weit gehen, dass sie einer Auflassung des Unternehmens gleichkommen, da dann nicht mehr von der Überlassung eines lebenden Unternehmens ausgegangen werden kann. Zu beachten sind dabei vor allem die ständige zeitliche Wandlung am Markt und die damit verbundene Notwendigkeit von Änderungen, wie etwa Modernisierung der Produktpalette, Veränderungen des Geschmackes und der Mode, Auflassung gewisser Produkte, Wechsel von Lieferanten, Spezialisierungen. So wurde von der Rechtsprechung die Unternehmensidentität beispielsweise in folgenden Fällen bejaht: Umstellung von Weinstube auf Restaurantbetrieb, Änderung von einem allgemeinen Textilgeschäft auf Dirndlboutique, Umstellung von Herrenmode auf Damen- und Kindermodegeschäft bzw. Erwachsenenschuhhandel auf Kinderschuhhandel.

 

Kurzfristige Stilllegung eines Unternehmens

Voraussetzung für die Übergabe eines lebenden Unternehmens ist dessen Bestand. Von der Rechtsprechung wird aber eine Verpachtung auch dann für möglich gehalten, wenn ein Unternehmen kurzfristig stillgelegt wurde, es sich also nur um einen vorübergehenden Zustand anlässlich eines nachvollziehbaren Grundes handelt, wobei einer jederzeitigen Wiederaufnahme des Betriebes nichts im Wege stehen darf. Beispielsweise seien hier die Schließung wegen Renovierung oder Urlaub bzw die Suche nach einem neuen Pächter genannt.

Eine Stilllegungsdauer von mehreren Wochen wird in der Regel akzeptiert, beträgt sie längere Zeit, ist zu prüfen, ob das Unternehmen jederzeit wieder aktiviert werden kann besonders günstigen Umständen, wie etwa einem außergewöhnlich guten Standort, der Fall sein wird.  

Neuerrichtung eines Unternehmens

Auch dann, wenn das Unternehmen zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch gar nicht betrieben wurde, also weder ein konkreter Kundenstock noch ein "good will“ überlassen werden, da das Unternehmen noch nicht existent ist, kann ausnahmsweise Pacht vorliegen. Allerdings muss der Bestandgeber dem Bestandnehmer alle wesentlichen Betriebsgrundlagen überlassen und der Bestandnehmer sich verpflichten, mit den beigestellten Betriebsmitteln ein Unternehmen bestimmter Art zu betreiben und dieses bei Beendigung des Vertragsverhältnisses dem Bestandgeber zurückzustellen.  

Sonderfall Einkaufszentrum

Ein Einkaufszentrum wird nach der Rechtsprechung üblicherweise in seiner Gesamtheit als Unternehmen angesehen, das sich aus verschiedenen Betrieben zusammensetzt. Für jeden einzelnen Betrieb im Einkaufszentrum besteht durch die Vielzahl der anderen Betriebe und deren Kunden ein gleichartiger Kundenstock, wobei der Betreiber des Einkaufszentrums ein wirtschaftliches Interesse an der Betriebsführung durch den Bestandnehmer hat, da der Erfolg von der Qualität der einzelnen Geschäfte abhängt. Die Inbestandnahme von Räumen in einem (wenn auch erst neueröffneten) Einkaufszentrum wird daher im Regelfall als Unternehmenspacht zu beurteilen sein. Jedoch ist im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob der Wille der Vertragsparteien und die tatsächliche Vertragsausgestaltung nicht für ein Mietverhältnis sprechen.  Neben der Betriebspflicht sind für die Beurteilung als Pachtvertrag folgende Kriterien maßgeblich: Festlegung des Warensortiments, Vorschreibung von Öffnungszeiten, Regelung der Ausgestaltung des Geschäftes, Pflicht zur Beteiligung an gemeinschaftlichen Aktivitäten und Werbeaktionen, Zurverfügungstellung der Infrastruktur (Parkplätze, Gemeinschaftsflächen, Lifte, Rolltreppen, usw.), Umsatzbeteiligung des Bestandgebers.

Leihevertrag, Bittleihevertrag (Prekarium)

Kein Bestandvertrag, sondern ein Leihevertrag liegt vor, wenn Geschäftsräumlichkeiten unentgeltlich zum Gebrauch auf gewisse Zeit überlassen werden. Der Entleiher ist auf Grund des Vertrages zum ordentlichen oder vertraglich näher geregelten Gebrauch der Geschäftsräumlichkeiten berechtigt und muss diese nach Ablauf der Vertragsdauer wieder zurückstellen.

Wird vereinbart, dass die Gebrauchsüberlassung gegen jederzeitigen Widerruf erfolgt, liegt eine sogenannte Bittleihe oder Prekarium vor.

Für beide Vertragstypen gelten nur die Bestimmungen des ABGB und damit eine weitestgehende gehende Vertrags- und Gestaltungsfreiheit.

Von Unentgeltlichkeit kann auch dann noch auszugehen sein, wenn ein reines Anerkennungs- bzw. symbolisches oder so niedriges Entgelt vereinbart wird, dass es im Vergleich zum Gebrauchswert der Geschäftsräumlichkeit praktisch vernachlässigt werden kann. Eine vereinbarte Wertsicherungsklausel weist aber immer auf Entgeltlichkeit und somit auf das Vorliegen eines Mietvertrages hin.

Auf jeden Fall aber lässt die Bezahlung des auf das benützte Objekt entfallenden Betriebskostenanteils allein noch keinen Mietvertrag zustande kommen. Betriebskosten sind als reiner Aufwandersatz Durchlaufposten und stellen kein Entgelt für die Gebrauchsüberlassung dar.  

Stand: 07.11.2024

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