Sujet EU Panorama
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WKÖ EU-Wirtschaftspanorama 26/2022

Ausgabe 22.7.2022

Lesedauer: 8 Minuten

Aktualisiert am 13.03.2023

Inhaltsübersicht



Im Brennpunkt


WKÖ-Leitung zu EU-Gas-Notfallplan: Die Vorschläge der Europäischen Kommission müssen rasch umgesetzt werden

Harald Mahrer Karlheinz Kopf
© WKÖ/Nadine Studeny

Der „Save gas for a safe winter“-Plan der EU-Kommission soll Europa für einen Gaslieferstopp Russlands wappnen. Ziel Brüssels ist, den Gasverbrauch in Europa bis zum nächsten Frühjahr um 15 Prozent zu senken. Die Maßnahmen sollen eine Reduktion von 25 bis 60 Milliarden m³ Gas ermöglichen. „Erfreulicherweise schlägt die EU-Kommission realistische Lösungsmöglichkeiten vor. Die Bundesregierung muss die Vorgaben und Empfehlungen rasch umsetzen, damit wir auch für den schlimmsten Fall vorbereitet sind. Um die vorgeschlagenen Gasreduktionsvorgaben zu erreichen, muss ein Fuel Switch in möglichst vielen Bereichen schnell ermöglicht werden“, fordert Harald Mahrer, Präsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). 

Ein wesentlicher Baustein des Notfallplans ist die Unterstützung des Wechsels zu anderen Energieträgern (Fuel Switch). Die EU-Kommission erkennt aber auch an, dass dies teilweise Überschreitungen der bestehenden Emissionsgrenzwerte bedeuten könnte. Zur Bewältigung der aktuellen Krise schlägt sie daher zeitweise Anpassungen der Grenzwerte vor. Der EU-Plan umfasst auch Kriterien, um im Fall eines Engpasses den Bedarf zu reihen. „Wichtig ist nun, dass die Bundesregierung ihren Notfallplan entsprechend konkretisiert und adaptiert. Gleichzeitig müssen wir aber auch die Frage diskutieren, ob wirklich nur Haushalte geschützte Kunden mit gesicherter Gasversorgung sein sollten. Was nützt es, wenn ich meine Wohnung heizen kann, aber viele andere lebensnotwendige Güter ohne Produktion nicht verfügbar sind“, so die WKÖ-Leitung.

Ein zentrales Thema ist daher, die Versorgung Österreichs und unserer Betriebe mit Energie und Rohstoffen zu sichern. Rund 80 Prozent des österreichischen Gasverbrauchs stammen aus Russland. Damit ist die Abhängigkeit Österreichs größer als im EU-Schnitt (44 Prozent). Österreich ist somit von Beschränkungen der Erdgaslieferungen massiv betroffen. Produktionsanlagen müssten möglicherweise heruntergefahren werden. Erdgas wird vor allem am Anfang der Lieferketten eingesetzt. Gäbe es hier einen Ausfall, käme es zu Dominoeffekten in vielen anderen Wirtschaftsbereichen. Um unsere Energieversorgung nachhaltig zu sichern, spielen auch Energiepartnerschaften mit verschiedenen Ländern eine große Rolle. Diese müssen rasch geschlossen werden.

Ansprechpartnerin: Franziska Annerl


Unternehmertum & Industriepolitik


Kommission verlängert Krisenrahmen für staatliche Beihilfen

Der vorübergehende Krisenrahmen wurde am 23. März 2022 verabschiedet, um die wirtschaftlichen Auswirkungen im Zusammenhang mit dem Russland-Ukraine-Krieg abzufedern. Er berücksichtigt das EU-Ziel, von fossilen Brennstoffen unabhängig zu werden. Die nun beschlossene Änderung sieht unter anderem zusätzliche Arten von Hilfsmaßnahmen im Einklang mit dem REPowerEU-Plan vor:

  • Maßnahmen zur Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien: Die Mitgliedstaaten können Programme für Investitionen in erneuerbare Energien mit vereinfachten Ausschreibungsverfahren einrichten;
  • Maßnahmen zur Erleichterung der Dekarbonisierung industrieller Prozesse: Um die Diversifizierung der Energieversorgung weiter zu beschleunigen, können die Mitgliedstaaten Investitionen zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen unterstützen. Diese Änderung ermöglicht den Mitgliedstaaten, entweder neue ausschreibungsbasierte Systeme einzurichten oder Projekte ohne Ausschreibungen direkt zu unterstützen. Für kleine und mittlere Unternehmen sowie für besonders energieeffiziente Lösungen wären Aufstockungsprämien vorgesehen.

Es ist sicherzustellen, dass die Projekte innerhalb eines bestimmten Zeitplans umgesetzt werden. Diese Beihilfen können bis 30. Juni 2023 gewährt werden. Darüber hinaus präzisiert die Kommission mit der aktuellen Änderung die Bedingungen für staatliche Beihilfen, um den jüngsten Anstieg der Gas- und Stromkosten für Unternehmen zu decken. Unter anderem legt der geänderte Krisenrahmen fest, dass die Beihilfe nur bis zu 70 Prozent des Gas- und Stromverbrauchs des Begünstigten im Vorjahresvergleich decken darf.

Ansprechpartnerin: Verena Martelanz


Binnenmarkt


EU startet Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien

Urusal von der Leyen mit Staatsvertretern
© European Union 2022

Die Regierungskonferenzen eröffnen die nächste Phase sowohl für Albanien als auch für Nordmazedonien. Nun startet der Screening-Prozess, bei dem die EU-Reife bewertet wird. Damit wird in den kommenden Monaten die Grundlage für die Eröffnung der Verhandlungskapitel geschaffen. Die Wirtschaftskammer Österreich begrüßt die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien, da beide Länder die von der EU-Kommission festgelegten Voraussetzungen erfüllen. Die Förderung der Entwicklung Südosteuropas zu einem Raum der Stabilität, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ist für ganz Europa wesentlich.

Kommissionspräsidentin von der Leyen betonte, Nordmazedonien und Albanien hätten hart für diesen Schritt gearbeitet. Als Beispiele nannte sie Fortschritte bei der Rechtsstaatlichkeit, im Kampf gegen Korruption und Wirtschaftsreformen. Das rund 2,1 Millionen Einwohner:innen zählende Nordmazedonien ist bereits seit 2005 Kandidat für einen EU-Beitritt, Albanien mit seinen rund 2,8 Millionen Bürger:innen seit 2014. 

Österreich ist wirtschaftlich eng mit allen Ländern des Westbalkans verbunden und zählt zu den größten Investoren: in Nordmazedonien (und Bosnien-Herzegowina) belegt Österreich sogar Platz 1. Die Aussichten auf einen EU-Beitritt sind treibende Kraft für wirtschaftliche Reformen und die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit. Als wichtiger Investor ist für die österreichische Wirtschaft der rechtsstaatliche Schutz dort tätiger Unternehmen von großer Bedeutung.

Ansprechpartnerin: Paul Ploberger


Innovation / Digitalisierung


Neue Partnerschaft soll Kompetenzen im digitalen Ökosystem fördern

Eine Grafik von ineinandergreifenden Zahnrädern und Netzwerken
© pixabay, geralt
Die neue Partnerschaft unter dem Schirm „Pact for Skills“ umfasst EU-Verbände, Unternehmen, Organisationen, Gewerkschaften, Universitäten, Ausbildungsanbieter und nationale Verbände mit Unterstützung der Europäischen Kommission. Ihr Ziel ist, die Weiterbildung und Umschulung von Arbeitnehmern zu ermöglichen und mehr Menschen für die digitale Industrie zu gewinnen. Unternehmen brauchen Arbeitskräfte, die über die im grünen und digitalen Übergang relevanten Kompetenzen verfügen. Die Menschen müssen in der Lage sein, an den entsprechenden Aus- und Weiterbildungsmaßen teilzunehmen.

Die Partnerschaft soll Menschen und Unternehmen dabei helfen, die im digitalen und grünen Wandel notwendigen digitalen Fähigkeiten zu erwerben. Sie soll eng mit bestehenden Partnerschaften in anderen Sektoren zusammenarbeiten, in denen digitale Kompetenzen eine entscheidende Rolle spielen. Die Partner werden gemeinsame Ziele entwickeln, beispielsweise in Bezug auf die Anzahl der umzuqualifizierenden Personen. So können künftige Entwicklungen bei der Höherqualifizierung und Umschulung besser evaluiert werden. 

Die Partnerschaft ist Teil des EU-Pakts für Kompetenzen (Pact for Skills; Leitinitiative der Europäischen Skills Agenda). Dieser Pakt trägt zu einem der drei im europäischen Aktionsplan zur Säule sozialer Rechte festgelegten sozialen Ziele der EU bei: Bis 2030 sollen jedes Jahr mindestens 60 Prozent aller Erwachsenen an Weiterbildung teilnehmen.

Ansprechpartnerin: Katja Schager


Kurz & bündig


Rat hat segnet Digital Markets Act (DMA; Gesetz über digitale Märkte) final ab

Der DMA befasst sich mit der Rolle von sogenannten Big-Tech-Firmen. Die Regelung soll mehr Fairness vor allem für kleinere Unternehmen auf dem digitalen Markt sicherstellen. Digitale Dienste sind der Angelpunkt der Online-Wirtschaft. Ziel des DMA und des Digital Services Act (DSA; Gesetz über digitale Dienste) ist, dass Nutzer und Unternehmen weiterhin von digitalen Entwicklungen profitieren und einen sicheren digitalen Raum vorfinden. Ein fairer Wettbewerb zur Förderung von Innovation und Wachstum soll gewährleistet sein. Nach der Unterzeichnung durch die Präsidentin des Europäischen Parlaments und den Präsidenten des Rates wird die Verordnung im Amtsblatt der EU veröffentlicht und tritt sechs Monate später in Kraft.


Jobs+Jobs+Jobs


FRONTEX sucht ICT Administrators 

Die Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen (FRONTEX) mit Sitz in Warschau sucht:

  • ICT Administrators (m/w)
    Temporary Agent, Grade: AD 6, Reference: RCT-2021-00147, Deadline for applications: 29/07/2022

Weitere Informationen sind online abrufbar.


FRONTEX sucht ICT Administrators 

Die Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen (FRONTEX) mit Sitz in Warschau sucht:

  • ICT Administrators (m/w)
    Temporary Agent, Grade: AD 7, Reference: RCT-2021-00148, Deadline for applications: 29/07/2022

Weitere Informationen sind online abrufbar. 


EU-Agenda


Ausgewählte Tagungen des Rates 

26. Juli 


Ausgewählte Fälle des Europäischen Gerichtshofes 

Montag, 1. August 2022 

Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C‑411/20 Familienkasse Niedersachsen-Bremen 

Kindergeld in Deutschland während der ersten drei Monate nach Zuzug 

Die Familienkasse Niedersachsen-Bremen der BA für Arbeit verwehrte einer bulgarischen Familie für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts nach ihrem (erneuten) Zuzug aus Bulgarien Kindergeld mit der Begründung, dass die Eltern in dieser Zeit keine inländischen Einkünfte erzielt hätten. Nach einer Gesetzesänderung vom Juli 2019 hat ein Angehöriger eines anderen Mitgliedstaats in den ersten drei Monaten ab Begründung eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts im Inland nämlich keinen Anspruch auf Kindergeld, es sei denn, er weist nach, dass er im Inland erwerbstätig ist. Demgegenüber ist der Anspruch auf Kindergeld deutscher Staatsbürger, die nach einem Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt begründen, nicht davon abhängig, dass sie erwerbstätig sind. 

Das von der Mutter angerufene Finanzgericht Bremen möchte vom Gerichtshof wissen, ob diese Ungleichbehandlung mit dem Unionsrecht vereinbar ist.

Generalanwalt Szpunar hat das in seinen Schlussanträgen verneint. 

Weitere Informationen 


Ausgewählte laufende Konsultationen 

Binnenmarkt 

Wettbewerb 

Steuern 

Öffentliches Gesundheitswesen 

Maritime Angelegenheiten und Fischerei 

Klimaschutz/Energie/Umwelt

Verkehr 

Lebensmittelsicherheit 



REDAKTION: 
Franziska Annerl, Franziska.Annerl@eu.austria.be, EU Representation der WKÖ

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