Kollektivvertrag Textilindustrie, Arbeiter/innen, gültig ab 1.4.2024

Gilt für:
Burgenland, Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Wien

Kollektivvertrag

abgeschlossen zwischen dem Fachverband der Textil-, Bekleidungs-, Schuh- und Lederindustrie, Berufsgruppe Textilindustrie einerseits und dem Österreichischen Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft PRO-GE, andererseits.

I. Geltungsbereich

räumlich: Für alle Bundesländer der Republik Österreich, ausgenommen Tirol und Vorarlberg

fachlich: Für alle dem Fachverband der Textil-, Bekleidungs-, Schuh- und Lederindustrie, Berufsgruppe Textilindustrie, angehörenden Unternehmungen bzw. selbständigen Betriebsabteilungen

persönlich: Für alle Arbeiter und Arbeiterinnen sowie für gewerbliche Lehrlinge

II. Neufestsetzung des Lohntarifes

Die seit 1. Juni 2024 geltenden tariflichen Mindestlöhne für die bestehenden sechs Lohngruppen ergeben sich aus dem im Anhang beigeschlossenen Lohntarif.

III. Erhöhung der ZeitlöhnerInnen

1. Die tatsächlich bezahlten IST-Löhne, ausgenommen der gewerblichen Lehrlinge, werden mit Wirkung ab 1. Juni 2024 um 6,55 % erhöht. Der so erhöhte IST-Lohn ist überdies darauf zu prüfen, ob er dem neuen tariflichen Mindestlohn laut Anlage entspricht. Ist dies nicht der Fall, so ist der IST-Lohn auf den neuen tariflichen Mindestlohn anzuheben.

2. Unter IST-Lohn im Sinne des Punkt 1 ist der tatsächliche Gesamtverdienst des/der Arbeiters/Arbeiterinnen, einschließlich aller wie immer gearteten Zulagen und Prämien, mit Ausnahme der neben dem Grundlohn gesondert berechneten Schmutz-, Staub- und Gefahrenzulagen, zu verstehen.

3. Wird der Grundlohn auf den neuen tariflichen Mindestlohn angehoben, können starre Prämien und Zulagen (mit Ausnahme der neben dem Grundlohn gesondert berechneten Schmutz-, Staub- und Gefahrenzulagen) in ihrer Höhe so abgeändert werden, dass über die IST-Lohnerhöhung hinaus keine weitere Erhöhung des bisherigen tatsächlichen Gesamtverdienstes eintritt.

IV. Erhöhung bei Akkorden und akkordähnlichen Prämien (§ 9 Abschnitt A des Rahmenkollektivvertrages)

1. Die Akkorde, gleichgültig, ob es sich um Geld- oder Zeitakkorde handelt, sind mit Wirkung ab 1. Juni 2024 um 6,55 % zu erhöhen. Die IST-Lohnerhöhung ist so durchzuführen, dass bei Geldakkorden die bestehenden Akkordsätze bzw. Stückpreise (also die Sätze für 1.000 Schuss, 1 kg gespultes Garn etc.), bei Zeitakkorden der bisher angewandte Minutenfaktor mit dem Umrechnungsfaktor 1,0655 multipliziert werden.

2. Erreicht oder übersteigt der um die IST-Lohnerhöhung erhöhte bisherige Akkorddurchschnittsverdienst der Gesamtheit jener ArbeiterInnen, die der gleichen in der Lohngruppeneinteilung angeführten Arbeitstätigkeit zuzuordnen sind, den neuen tariflichen Mindestlohn um 25 %, ist keine weitere Erhöhung der Akkorde vorzunehmen. (Für die Ermittlung des Akkorddurchschnittsverdienstes ist § 9 Abschnitt A (2) - (4) anzuwenden.) Ist dies nicht der Fall, ist festzulegen, welche Akkorde zu verändern sind, damit die oben genannte ArbeiterInnengruppe einen Akkorddurchschnittsverdienst von 25 % über dem neuen tariflichen Mindestlohn erreicht.

3. Bei Entlohnungsformen, bei denen sich der Gesamtverdienst aus einem Akkordverdienst und einem Prämienverdienst zusammensetzt, z.B. Qualitätsprämien u.ä., wird lediglich der Akkordverdienst von der IST-Lohnerhöhung erfasst, die Prämie bleibt in ihrer betragsmäßigen Höhe unverändert. Der Überprüfung im Sinne des Punkt 2 ist daher ebenfalls nur der Akkorddurchschnittsverdienst zugrunde zu legen.

4. Bei akkordähnlichen Prämien (§ 9 Abschnitt A des Rahmenkollektivvertrages) sind für die Erhöhung der IST-Löhne die Bestimmungen des Punkt 1 und 2 über die Akkorde sinngemäß anzuwenden. Ist die Voraussetzung des Punkt 2 erfüllt und führt die Erhöhung des Grundlohnes zu einer über die IST-Lohnerhöhung gemäß Punkt 1 hinausgehenden Erhöhung des Gesamtdurchschnittsverdienstes der Prämiengruppe, sind die Prämien in ihrer Höhe so abzuändern, dass über die IST-Lohnerhöhung hinaus keine weitere Erhöhung des bisherigen Gesamtdurchschnittsverdienstes (Grundlohn plus Prämie) eintritt.

V. Erhöhung bei variablen Leistungsprämien (§ 9 Abschnitt B des Rahmenkollektivvertrages)

1. Der Gesamtdurchschnittsverdienst (Grundlohn plus Prämie) der Prämiengruppe ist mit Wirkung vom 1. Juni 2024 um 6,55 % zu erhöhen.

2. Durchführung der IST-Lohnerhöhung:

Die IST-Lohnerhöhung ist nach Maßgabe folgender Bestimmungen vorzunehmen: Für die einzelnen Prämiengruppen wird der bisherige Gesamtdurchschnittsverdienst ermittelt. Unter "Prämiengruppe" im obigen Sinne sind alle ArbeiterInnen zusammenzufassen, die die gleiche im Prämienlohn vergebene Tätigkeit verrichten. Der Berechnung des Gesamtverdienstes sind die letzten dreizehn, vor dem 1. Juni 2024 liegenden Lohnwochen zugrunde zu legen. Wurden im Berechnungszeitraum Veränderungen der Prämien vorgenommen, die den Verdienst beeinflussen, sind die in der Zeit vor der Abänderung bestehenden Prämien entsprechend aufzuwerten. Aus Gründen einer abrechnungsmäßigen Vereinfachung kann für die Ermittlung des bisherigen Gesamtdurchschnittsverdienstes auch ein anderer Zeitraum, für den derartige Durchschnittsberechnungen bereits vorliegen, im Einvernehmen mit dem Betriebsrat herangezogen werden.

Der so ermittelte Gesamtdurchschnittsverdienst der Prämiengruppe, ist um den Faktor der ISTLohnerhöhung pro Monat zu erhöhen. Um den so ermittelten Erhöhungsbetrag ist der Grundlohn anzuheben.

Erreicht trotz der IST-Lohnerhöhung der Prämiengrundlohn nicht den neuen Tariflohn, so ist der Prämiengrundlohn auf den neuen Tariflohn anzuheben.

3. Führt die Erhöhung des Grundlohnes zu einer über die IST-Lohnerhöhung gemäß Punkt 1 und 2 hinausgehenden Erhöhung des Gesamtdurchschnittsverdienstes der Prämiengruppe, sind die Prämien in ihrer Höhe so abzuändern, dass über die IST-Lohnerhöhung hinaus keine weitere Erhöhung des bisherigen Gesamtdurchschnittsverdienstes (Grundlohn plus Prämie) eintritt.

VI. Mitarbeiterprämie

(1) Arbeiter deren Dienstverhältnis vor dem 1.4.2024 begründet wurde und am 1.4.2024 mit Entgeltanspruch aufrecht ist, haben eine einmalige Mitarbeiterprämie gem. § 124b EstG 1988 zur Teuerungsabgeltung in der Höhe von 300 Euro zu erhalten. Für Teilzeitbeschäftigte erfolgt eine entsprechende Aliquotierung im Verhältnis zu ihrer vereinbarten Normalarbeitszeit. Lehrlinge deren Lehrverhältnis vor dem 1.4.2024 begründet wurde und am 1.4.2024 mit Entgeltanspruch aufrecht ist, haben eine einmalige Mitarbeiterprämie gem. § 124b EstG 1988 zur Teuerungsabgeltung in der Höhe von 200 Euro zu erhalten.

(2) Die Auszahlung kann in zwei gleichen Teilbeträgen erfolgen. Der erste Teil der Auszahlung hat spätestens mit der Abrechnung Juni zu erfolgen, wobei durch Betriebsvereinbarung die Auszahlung bis zum 30.09.2024 erstreckt werden kann. Der zweite Teilbetrag hat mit der Abrechnung September 2024 zu erfolgen, wobei durch Betriebsvereinbarung die Auszahlung bis zum 31.12.2024 erstreckt werden kann.

VII. Ermächtigung zur betrieblichen Gewährung von Mitarbeiter:innenprämien

Ermächtigung zur betrieblichen Gewährung von Mitarbeiter:innenprämien gemäß § 124b Z 447 lit a EStG 1988

(1) Arbeitgeber:innen können für das Kalenderjahr 2024 zusätzlich zur Mitarbeiter:innenprämie gem. Art. VII eine Mitarbeiter:innenprämie gemäß § 124b Z 447 lit. a EStG 1988 (idF BGBl. I 200/2023) in Höhe von maximal € 2.700,00 steuer- und abgabenfrei (§ 49 Abs 3 Z 30 ASVG idF BGBl. I 200/2023) gewähren.

(2) In Betrieben mit Betriebsrat kann eine solche Mitarbeiter:innenprämie nur mittels Betriebsvereinbarung vereinbart werden.

(3) In Betrieben ohne Betriebsrat kann die Betriebsvereinbarung durch eine vertragliche Vereinbarung iSd § 124b Z 447 lit. a EStG 1988 (idF BGBl. I 200/2023) für sämtliche Arbeitnehmer:innen des Betriebes ersetzt werden. Einzelvereinbarungen mit allen Arbeitnehmer:innen sind zulässig, aber nicht notwendig.

(4) Unabhängig davon, ob eine Vereinbarung gemäß Punkt 2. oder 3. erfolgt, ist allen Arbeitnehmer:innen die Mitarbeiter:innenprämie grundsätzlich in derselben Höhe zu gewähren. Nur folgende sachliche Differenzierungen bezüglich der Anspruchsvoraussetzung bzw. der Höhe sind zulässig:

  • wenn die Mitarbeiter:innenprämie für Teilzeitbeschäftigte im Verhältnis zu ihrer vereinbarten Normalarbeitszeit aliquotiert wird,
  • wenn nach der Dauer der tatsächlichen Beschäftigung im Kalenderjahr 2024 der Anspruch aliquotiert wird,
  • wenn nach Jahren der Betriebszugehörigkeit differenziert wird,
  • wenn nach Arbeiter:innen und Lehrlingen differenziert wird,
  • wenn eine degressive Staffelung nach der Lohnhöhe vereinbart wird (höhere Prämien für Bezieher:innen niedrigerer Einkommen)
  • wenn vereinbart wird, dass für Zeiten des Arbeitsverhältnisses ohne Entgeltanspruch keine Mitarbeiter:innenprämie gebührt.
  • Unzulässig sind Ausnahmen für Zeiten ohne Entgeltanspruch bei Arbeitsverhinderung infolge Krankheit (Unglücksfall) gem. § 2 Abs. 1 EFZG (idF BGBl. I 153/2017), Arbeitsunfall oder Berufskrankheit gem. § 2 Abs. 5 EFZG idF BGBl. I 153/2017) oder bei Kur- und Erholungsaufenthalten, Aufenthalten in Heil- und Pflegeanstalten, Rehabilitationszentren und Rekonvaleszentenheime gem. § 2 Abs. 2 oder Abs. 6 EFZG (idF BGBl. I 153/2017).

(5) Individuelle Zielerreichungen (z.B. bestandene Fachprüfung, besondere Arbeitsleistung, Belohnungen) sind keine geeigneten Kriterien für eine steuerfreie Mitarbeiter:innenprämie, weil diese grundsätzlich allen Arbeitnehmer:innen eines Betriebes als zusätzliche steuerliche Unterstützungsleistung für den Teuerungsausgleich dienen soll.

(6) Bei der Mitarbeiter:innenprämie muss es sich um eine zusätzliche Zahlung handeln, die üblicherweise bisher nicht bezahlt wurde. Anrechnungen der Mitarbeiter:innenprämie auf andere arbeitsrechtliche Ansprüche sind rechtsunwirksam. Die Mitarbeiter:innenprämie ist nicht in die Berechnung der Sonderzahlungen einzubeziehen.

(7) Die Mitarbeiter:innenprämie kann in Teilbeträgen ausbezahlt werden, wobei die Betriebsvereinbarung bzw. Vereinbarung konkrete Fälligkeitstermine enthalten muss. Enthält die Vereinbarung keinen Fälligkeitstermin, so ist die gesamte Mitarbeiter:innenprämie spätestens am 31.12.2024 fällig.

(8) Bei Beginn von Arbeitsverhältnissen nach dem 1.1.2024 darf die Mitarbeiter:innenprämie aliquotiert werden.

(9) Endet das Arbeitsverhältnis vor dem 31.12.2024 darf die noch nicht ausbezahlte Mitarbeiter:innenprämie oder noch nicht ausbezahlte Teile davon aliquotiert werden.

(10) Eine Rückzahlung einer bereits erhaltenen Mitarbeiter:innenprämie ist ausgeschlossen. Das gilt nicht im Falle einer verschuldeten Entlassung und bei einem unberechtigten vorzeitigen Austritt.

(11) Endet das Arbeitsverhältnis durch Tod des/der Arbeitnehmer:in, steht den unterhaltsberechtigten Erb:innen der aliquote Teil der Mitarbeiter:innenprämie zu. Bereits ausbezahlte Teile der Mitarbeiter:innenprämie sind nicht zurückzuzahlen.

(12) Wird für das Kalenderjahr 2024 auch eine Gewinnbeteiligung iSd § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988 (idF BGBl. I 200/2023) ausbezahlt, sind die Bestimmungen des § 124b Z 447 lit. b EStG 1988 (idF BGBl. I 200/2023) zu beachten.

VIII. Änderungen des Rahmenkollektivvertrages (RKV) vom 1. April 2016 für die ArbeiterInnen der österreichischen Textilindustrie

Geändert wird § 2 (3) NORMALARBEITSZEIT und lautet neu

§ 2 (3) Der 24. und 31. Dezember ist unter Fortzahlung des Stundenlohnes bzw. Akkorddurchschnittsverdienst arbeitsfrei. Arbeiter, deren Arbeitszeit am 24. bzw. 31. Dezember zu entfallen hätte, gebührt für jede im Rahmen der sonst für den betreffenden Wochentag festgesetzten Normalarbeitszeit aus Betriebserfordernissen geleistete Arbeitsstunde, ein Überstundenzuschlag von 50 % ohne Grundvergütung. Wird am 24. bzw. 31. Dezember über die sonst für den betreffenden Wochentag festgesetzte Normalarbeitszeit hinaus gearbeitet, so gebührt für solche Überstunden die Überstundengrundvergütung mit 100% Zuschlag.

Geändert wird ANHANG 5, "B) INLANDSDIENSTREISEN"

§1 (5) Reisekosten und Aufwandsentschädigung
Das Taggeld gemäß § 1 (5) Reisekosten- und Aufwandsentschädigung wird von € 60,27 auf € 64,22 erhöht. Die volle Reiseaufwandsentschädigung (Tag- und Nachtgeld) wird von € 83,59 auf € 87,54 erhöht.

§ 2 (4) Trennungskostenentschädigung
Die Trennungskostenentschädigung gemäß § 2 (4) wird von € 25,35 auf € 27,01 erhöht.

§ 3 (1) Messegelder
Das Messegeld gemäß § 3 (1) wird von € 27,91 auf € 29,74 erhöht.

IX. Geltungsbeginn

Inkrafttreten: 1.4.2024


Wien, 08.05.2024


FACHVERBAND TEXTIL-, BEKLEIDUNGS-, SCHUH- UND LEDERINDUSTRIE 

Der Obmann:

Ing. Manfred Kern

Die Geschäftsführerin:

Mag. Eva Maria Strasser

BERUFSGRUPPE TEXTILINDUSTRIE

Die Berufsgruppenleiterin:

Mag. Ursula Feyerer

ÖSTERREICHISCHER GEWERKSCHAFTSBUND
GEWERKSCHAFT PRO-GE

Der Bundesvorsitzende:

Reinhold Binder

Der Bundesgeschäftsführer:

Peter Schleinbach

Der Sekretär:

Gerald Cuny-Kreuzer


Lohntarif für die Textilindustrie

(ausgenommen Tirol und Vorarlberg)

gültig ab 1.6.2024

LohngruppeEuro/Monat 
ATätigkeiten einfacher Art, auch mit kurzer Einarbeitung und Einweisung1.928,00
BTätigkeiten mit kurzer Zweckausbildung1.958,00
CTätigkeiten mit längerer Zweckausbildung und Fachkenntnissen1.989,00
DTätigkeiten mit längerer Zweckausbildung, die entsprechende Fachkenntnisse, selbständige Ausführung sowie Verantwortung erfordern2.026,00
EFacharbeiter/innen oder Arbeitnehmer/innen, die Tätigkeiten ausüben, für die typischerweise der Abschluss einer einschlägigen Berufsausbildung erforderlich ist2.067,00
FSpitzenfacharbeiterInnen2.112,00

Lehrlingseinkommen

Die Lehrlingseinkommen beträgt ab 1.6.2024:

Bei 4-jähriger Lehrzeit in Euro:Bei 2-jähriger Lehrzeit in Euro:
Lehrjahr    Tabelle ITabelle II LehrjahrTabelle ITabelle II
im 1. Lehrjahr863,001.059,00im 1. Lehrjahr 863,001.059,00
im 2. Lehrjahr1.051,001.396,00im 2. Lehrjahr 1.174,001.523,00
im 3. Lehrjahr1.336,001.724,00   
im 4. Lehrjahr1.642,001.987,00   

Die Tabelle II gilt für Lehrlinge, deren Lehrverhältnis nach Vollendung des 18. Lebensjahres oder nach bestandener Reifeprüfung beginnt.