Kollektivvertrag Lohnabschluss Papierindustrie, Arbeiter/innen, gültig ab 1.5.2024
- Gilt für:
- Österreichweit
Kollektivvertrag
abgeschlossen zwischen der Wirtschaftskammer Österreich, Sparte Industrie, Fachverband der Papierindustrie einerseits und dem Österreichischen Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft PRO-GE, andererseits
§ 1 Geltungsbereich
Dieser Kollektivvertrag gilt
a) räumlich: für alle Bundesländer der Republik Österreich
b) fachlich: für alle Betriebe der Papier-, Zellstoff-, Holzschliff- und
Pappenindustrie Österreichs
c) persönlich: für alle in den unter b) genannten Betrieben beschäftigten
Arbeiter:innen und Lehrlinge, auf die der Kollektivvertrag vom 4.12.1998 Anwendung findet.
§ 2 Neuregelung der Kollektivvertragslöhne
Mit Wirksamkeit vom 1.5.2024 werden die kollektivvertraglichen Monatsbezüge, die Zulage für die zweite Schicht (Nachmittagsschicht), die Nachtarbeitszulage sowie die monatlichen Lehrlingseinkommen für gewerbliche Lehrlinge und Papiertechnikerlehrlinge laut beiliegender Lohntabelle neu festgesetzt. Diese Lohntabelle tritt anstelle der bisherigen Anlage A des Kollektivvertrages vom 4.12.1998.
§ 3 Neuregelung der Ist-Verdienste
1. Mit Wirksamkeit vom 1.5.2024 werden die effektiv gezahlten Monatsbezüge im Sinne des Punktes 28 des Kollektivvertrags vom 4.12.1998 um 6,6 % (Pappenindustrie: 6,3 %) erhöht.
Erreichen die so erhöhten Ist-Löhne (Monatsbezüge) nicht die neuen Mindestlöhne (kollektivvertraglichen Monatsbezüge), sind sie entsprechend anzuheben. Überstundenpauschalen sind um den Prozentsatz zu erhöhen, um den sich der jeweilige Ist-Lohn erhöht.
2. In Betrieben, welche die Papiermaschinenführer-, Kartonmaschinenführer- und die Entwässerungsmaschinenführerzulage sowie die Zulagen für Automatenpappenmaschinenführer in den Monatsbezug eingebaut haben und nicht gesondert ausweisen, zählen diese Zulagen zum tatsächlich bezahlten Monatsbezug im Sinne von Punkt 1.
3. Die aufgrund der Erhöhung nach den Punkten 1 – 2 errechneten Monatsbezüge sind auf zwei Nachkommastellen kaufmännisch auf- bzw. abzurunden.
4. Mitarbeiter:innenprämie: Zusätzlich zur Erhöhung der KV-Löhne in § 2 bzw. der Ist-Löhne nach § 3 Punkt 1 dieses Kollektivvertrags wird die Auszahlung einer einmaligen Mitarbeiter:innenprämie gemäß § 124b EStG in Höhe von 400 Euro (Pappenindustrie: 150 Euro) vereinbart.
Diese Zulage ist jeweils zur Hälfte mit dem Monatslohn für Juni und jeweils zur Hälfte mit dem Monatslohn für Oktober 2024 auszuzahlen.
Lehrlinge: Lehrlinge im 1. Lehrjahr erhalten eine Mitarbeiter:innenprämie von € 160, im 2. Lehrjahr von € 200, im 3. Lehrjahr von € 220 und im 4. Lehrjahr von € 302. (Pappenindustrie: Lehrlinge im 1.Lehrjahr erhalten eine Mitarbeiter:innenprämie von € 68, im 2. Lehrjahr von € 86, im 3. Lehrjahr von € 97 und im 4. Lehrjahr von € 113).
Bei den Lehrlingen ist die Mitarbeiter:innenprämie zur Gänze mit dem Lehrlingseinkommen für Juni 2024 auszuzahlen.
Auszahlungsvoraussetzungen: Voraussetzung für die Auszahlung der jeweils halben Mitarbeiter:innenprämie ist ein aufrechtes Dienstverhältnis mit Entgeltanspruch gegenüber dem Arbeitgeber jeweils zum 15.6. bzw. 15.10.2024. Der Entfall des Entgeltanspruchs gegenüber dem Arbeitgeber führt jedoch nicht zum Entfall des Anspruchs auf eine Mitarbeiter:innenprämie bei Arbeitsverhinderung infolge Krankheit (Unglücksfall) gemäß § 2 Abs.1 EFZG, Arbeitsunfall oder Berufskrankheit gemäß § 2 Abs. 5 EFZG oder bei Kur- und Erholungsaufenthalten, Aufenthalten in Heil- und Pflegeanstalten, Rehabilitationszentren und Rekonvaleszentenheimen gemäß § 2 Abs. 2 oder Abs. 6 EFZG.
Zeitarbeiter:innen haben aufgrund des Referenzzuschlagssystems gemäß des Arbeiterkollektivvertrags für Leiharbeitskräfte keinen Anspruch auf eine Mitarbeiter:innenprämie.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die aufgrund einer durch das Unternehmen nach dem 30.4.2024 ausgesprochenen Kündigung vor Fälligkeit der Mitarbeiter:innenprämie aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, erhalten die gesamte Zulage bei Beendigung. Die Mitarbeiter:innenprämie ist bei der Berechnung des Bruttoverdienstes nach Punkt 31 Arbeiterkollektivvertrag oder andere arbeitsrechtliche Durchschnittsberechnungen nicht anzuwenden.
Teilzeitbeschäftigte erhalten einen aliquoten Teil der Mitarbeiter:innenprämie entsprechend ihrem Beschäftigungsausmaß.
5. Freiwillige Mitarbeiter:innenprämie gemäß § 124b Z.447 lit. A EStG:
a) Arbeitgeber können für das Kalenderjahr 2024 rückwirkend mit 1.1.2024 eine Mitarbeiter:innenprämie gemäß § 124b Z 447 lit. a EStG 1988 (idF BGBl. I 200/2023) in Höhe von maximal € 3.000 steuer- und abgabenfrei (§ 49 Abs 3 Z 30 ASVG idF BGBl. I 200/2023) gewähren.
b) In Betrieben mit Betriebsrat kann eine solche Mitarbeiter:innenprämie nur mittels Betriebsvereinbarung vereinbart werden.
c) In Betrieben ohne Betriebsrat kann die Betriebsvereinbarung durch eine vertragliche Vereinbarung iSd § 124b Z 447 lit. a EStG 1988 (idF BGBl I 200/2023) für sämtliche Arbeitnehmer:innen des Betriebes ersetzt werden. Einzelvereinbarungen mit allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sind zulässig, aber nicht notwendig.
d) Unabhängig davon, ob eine Vereinbarung gemäß Punkt 5b oder 5c erfolgt, ist allen Arbeitnehmern die Mitarbeiter:innenprämie grundsätzlich in derselben Höhe zu gewähren. Nur folgende sachliche Differenzierungen bezüglich der Anspruchsvoraussetzung bzw. der Höhe sind zulässig:
- wenn die Mitarbeiter:innenprämie für Teilzeitbeschäftigte im Verhältnis zu ihrer vereinbarten Normalarbeitszeit aliquotiert wird,
- wenn nach der Dauer der tatsächlichen Beschäftigung im Kalenderjahr 2024 der Anspruch aliquotiert wird,
- wenn nach Jahren der Betriebszugehörigkeit differenziert wird,
- wenn nach Arbeiter:innen und Lehrlingen differenziert wird,
- wenn eine degressive Staffelung nach der Lohnhöhe vereinbart wird (höhere Prämien für Bezieher niedrigerer Einkommen)
- wenn vereinbart wird, dass für Zeiten des Arbeitsverhältnisses ohne Entgeltanspruch keine Mitarbeiter:innenprämie gebührt. Unzulässig sind Ausnahmen für Zeiten ohne Entgeltanspruch bei Arbeitsverhinderung infolge Krankheit (Unglücksfall) gem. § 2 Abs 1 EFZG (idF BGBl. I 153/2017), Arbeitsunfall oder Berufskrankheit gem. § 2 Abs 5 EFZG idF BGBl I 153/2017) oder bei Kur- und Erholungsaufenthalten, Aufenthalten in Heil- und Pflegeanstalten, Rehabilitationszentren und Rekonvaleszentenheime gem. § 2 Abs 2 oder Abs 6 EFZG (idF BGBl. I 153/2017).
e) Individuelle Zielerreichungen (z.B. bestandene Fachprüfung, besondere Arbeitsleistung, Belohnungen) sind keine geeigneten Kriterien für eine steuerfreie Mitarbeiter:innenprämie, weil diese grundsätzlich allen Arbeitnehmern eines Betriebes als zusätzliche steuerliche Unterstützungsleistung für den Teuerungsausgleich dienen soll.
f) Bei der Mitarbeiter:innenprämie muss es sich um eine zusätzliche Zahlung handeln, die üblicherweise bisher nicht bezahlt wurde. Anrechnungen der Mitarbeiter:innenprämie auf andere arbeitsrechtliche Ansprüche sind rechtsunwirksam. Die Mitarbeiter:innenprämie ist nicht in die Berechnung des Bruttoverdienstes nach Punkt 31 Arbeiterkollektivvertrag oder andere arbeitsrechtliche Durchschnittsberechnungen einzubeziehen.
g) Die Mitarbeiter:innenprämie kann in Teilbeträgen ausbezahlt werden, wobei die Betriebsvereinbarung bzw. Vereinbarung konkrete Fälligkeitstermine enthalten muss. Enthält die Vereinbarung keinen Fälligkeitstermin, so ist die gesamte Mitarbeiter:innenprämie spätestens am 31.12.2024 fällig.
h) Bei Beginn von Arbeitsverhältnissen nach dem 1.1.2024 darf die Mitarbeiter:innenprämie aliquotiert werden.
i) Endet das Arbeitsverhältnis vor dem 31.12.2024, darf die noch nicht ausbezahlte Mitarbeiter:innenprämie oder noch nicht ausbezahlte Teile davon aliquotiert werden.
j) Eine Rückzahlung einer bereits erhaltenen Mitarbeiter:innenprämie ist ausgeschlossen. Das gilt nicht im Falle einer verschuldeten Entlassung und bei einem unberechtigten vorzeitigen Austritt.
k) Endet das Arbeitsverhältnis durch Tod des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin, steht den unterhaltsberechtigten Erben der aliquote Teil der Mitarbeiter:innenprämie zu. Bereits ausbezahlte Teile der Mitarbeiter:innenprämie sind nicht zurückzuzahlen.
l) Wird für das Kalenderjahr 2024 auch eine Gewinnbeteiligung iSd § 3 Abs 1 Z 35 EStG 1988 (idF BGBl. I 200/2023) ausbezahlt, sind die Bestimmungen des § 124b Z 447 lit. b EStG 1988 (idF BGBl. I 200/2023) zu beachten.
§ 4 Geltungsbeginn
Der vorliegende Kollektivvertrag tritt mit 1. Mai 2024 in Kraft.
§ 5 Übergangsbestimmungen
1. Zur Berücksichtigung der vorliegenden Erhöhung der KV- und Ist-Löhne wird bei der Berechnung des Entgeltes nach dem EFZG, des Krankenentgelts gemäß Punkt 96 sowie des gesetzlichen Urlaubsentgeltes gemäß Punkt 63 des Kollektivvertrags vom 4.12.1998, sofern diese Leistungen nach dem 1. Mai 2024 anfallen, der durchschnittliche Bruttoverdienst gemäß Punkt 31 des Kollektivvertrages des Berechnungshalbjahres 1. Oktober 2023 bis 31. März 2024 um 6,6 % (Pappenindustrie: 6,3 %) erhöht.
2. Sofern die erwähnten Leistungen nach dem 1. Oktober 2024 anfallen sowie zur Berechnung der Weihnachtsremuneration gemäß Punkt 73 des Kollektivvertrags vom 4.12.1998, wird der durchschnittliche Bruttoverdienst des Berechnungshalbjahres 1. April 2024 bis 30. September 2024 um 1,10 % (Pappenindustrie: 1,05 %) erhöht.
3. Abrechnungen von Dienstverhältnissen, die zum Zeitpunkt des Geltungsbeginns dieses Kollektivvertrags beendet sind, bleiben unberührt.
Wien, am 7. Mai 2024
Wirtschaftskammer Österreich, Sparte Industrie,
Fachverband der Papierindustrie
Der Obmann:
Dipl. Ing. Roland Faihs e.h.
Der Geschäftsführer:
Dr. Werner Auracher e.h.
Österreichischer Gewerkschaftsbund,
Produktionsgewerkschaft (PRO-GE)
Der Bundesvorsitzende:
Rainer Wimmer e.h.
Der Bundessekretär:
Peter Schleinbach e.h.
Der Sekretär:
Gerald Cuny-Kreuzer e.h.