Grenzen der Meinungsäußerungsfreiheit auf Online-Bewertungsplattformen und in Blogs
Was tun bei Verletzung von Persönlichkeitsrechten?
Lesedauer: 13 Minuten
Bewertungen auf Online-Bewertungsplattformen und sog. Blogs stellen im Wirtschaftsleben zusehends wichtiger werdende Kommunikationsinstrumente für Kunden und Unternehmer dar, speziell wenn es darum geht, Feedback über die gelieferten Waren oder erbrachten Dienstleistungen einzuholen oder potentiellen Kunden Berichte darüber zugänglich zu machen, um ihnen Auswahlentscheidungen zu erleichtern. Allzu negative Beiträge werfen dabei immer wieder rechtliche Fragen auf und können sowohl für den Verfasser selbst als auch für den Plattformbetreiber (Internet Service Provider) mit rechtlichen Konsequenzen verbunden sein.
Charakteristikum Mehrpersonenverhältnis
Bewertungsportal- und Blog-Sachverhalte sind durch ein Mehrpersonenverhältnis, bestehend aus Bewertendem, Portalbetreiber (gegebenenfalls auch Internetzugangsanbieter) und Bewertetem gekennzeichnet. Dementsprechend sind die folgenden Fragenkreise von besonderem Interesse:
- Wo liegen für den Verfasser von Beiträgen die rechtlichen Grenzen für seine Äußerungen?
- Unter welchen Umständen müssen Betreiber von Online Bewertungsplattformen und Blogs selbst mit rechtlichen Konsequenzen rechnen, wenn einzelne Einträge die Grenzen des rechtlich Zulässigen überschreiten?
- Wie geht man als Betroffener am besten gegen rechtlich problematische Blog-Einträge und Bewertungen auf Online-Plattformen vor?
Zu diesen Fragenbereichen wird nachstehend ein allgemeiner Überblick geboten, durch den eine grundlegende Orientierung ermöglicht werden soll. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass Abgrenzungen und Zuordnungen im Einzelfall eine vertiefte rechtliche Auseinandersetzung mit der Thematik nahelegen können und die gezielte Einholung juristischer Fachexpertise angezeigt sein kann.
1. Wo liegen für den Verfasser von Beiträgen in Blogs und auf Bewertungsplattformen die rechtlichen Grenzen für seine Äußerungen?
- Wie weit reicht die Meinungsäußerungsfreiheit des Verfassers von Blog- bzw. Bewertungsplattformeinträgen?
Die zentrale Frage, die es vorweg zu klären gilt, lautet: Hat der Verfasser eines Blog- oder Bewertungsplattform-Eintrages die Grenzen der Meinungsäußerungsfreiheit eingehalten oder nicht - und dadurch Persönlichkeitsrechte eines anderen verletzt. Die Meinungsäußerungsfreiheit gewährleistet das Recht bzw. die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen. Davon erfasst sind sowohl Äußerungen von subjektiven Werturteilen (Meinungen) als auch Tatsachenaussagen. Im Rahmen der Meinungsäußerungsfreiheit bestehen unterschiedliche Möglichkeiten, sich kritisch über Personen oder Unternehmen zu äußern. Auch zugespitzte Formulierungen und polemische
Äußerungen sind dabei in bestimmtem Umfang erlaubt. Dies gilt auch für den Online-Bereich. Die Grenzen der Meinungsäußerungsfreiheit liegen dort, wo die Rechte anderer und im konkreten Fall speziell deren Persönlichkeitsrechte verletzt werden.
Während die Entscheidung, ob eine konkrete Aussage noch von der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt war oder bereits die Persönlichkeitsrechte eines anderen verletzt hat, letztlich im Einzelfall von den Gerichten zu klären ist, lassen sich doch einzelne Anhaltspunkte festmachen, die eine Überschreitung der Grenzen des Zulässigen nahelegen. In solchen Fällen wird auch von den Betreibern von Blogs und Online-Bewertungsplattformen ein Handeln erwartet, selbst wenn sie zunächst (aufgrund des sog. Haftungsprivilegs) grundsätzlich nicht für die über ihre Plattformen verbreiteten Inhalte verantwortlich sind (siehe hierzu näher Frage 2).
- Stellt der Beitrag eine Tatsachenbehauptung oder eine Meinungsäußerung dar?
Eine erste wesentliche Abgrenzung, an die sich Rechtsfolgen anschließen können, ist jene zwischen Tataschenbehauptung und Meinungsäußerung. Dabei gilt: Tatsachenbehauptungen lassen sich – im Gegensatz zu Meinungsäußerungen – beweisen. Wer falsche Tatsachen oder unrichtige Zitate verbreitet, setzt sich einem Haftungsrisiko aus.
Beispiel:
Die Behauptung in einem Forum, ein Händler bringe in Europa nicht zugelassene Produkte in Verkehr, lässt sich entweder belegen oder eben nicht.
Demgegenüber stellt eine Meinung eine subjektive Bewertung dar, die als solche nicht falsch sein kann.
Beispiel:
Die Äußerung, man halte es für bedenklich und eigentlich unfair, dass sich ein Anbieter nicht nach einem bestimmten Verfahren zertifizieren lasse, stellt eine subjektive Bewertung dar.
Die Abgrenzung kann im Einzelnen freilich Schwierigkeiten bereiten, speziell weil der Kern einer Meinung auch Aussagen zu Tatsachen enthält.
- Können Meinungsäußerungen rechtlich problematisch sein?
Wenngleich eine Meinungsäußerung nicht als falsch eingestuft werden und damit auch nicht das Risiko einer falschen Tatsachenverbreitung nach sich ziehen kann, so können durch sie doch andere Verletzungen von Persönlichkeitsrechten bewirkt werden, die auch für den Betreiber von Blogs oder Plattformen wiederum Haftungsfolgen nach sich ziehen können. Im Einzelnen können folgende Arten von Persönlichkeitsverletzungen unterschieden werden:
- Beleidigung:
Besonders grobe Kränkungen oder Herabwürdigungen können auch strafrechtlich sanktionierbar sein. Es handelt sich dabei um ein Delikt gegen die Ehre. Strafbar ist es unter anderem, öffentlich oder vor mehreren Leuten einen anderen zu beschimpfen oder zu verspotten. Dabei ist entscheidend, dass demjenigen, der beschimpft oder verspottet wird, die Beschimpfung oder Verspottung auch als solche erkennbar ist.
Unter Beschimpfung versteht man dabei die Bekundung einer Missachtung gegenüber einem anderen, die eine zu tolerierende Geringfügigkeitsschwelle überschreitet (z.B. die Verwendung von derben Schimpfwörtern oder von entsprechenden Abbildungen/Karikaturen).
Verspottung ist dann gegeben, wenn das Opfer durch Hinweise auf gewisse Eigenschaften oder persönliche Umstände lächerlich gemacht und verhöhnt wird. Die beleidigende Äußerung kann schriftlich, mündlich, bildlich, durch Gebärden oder durch schlüssiges Verhalten erfolgen. Entscheidend ist, dass die Kundgabe als ehrverletzend einzustufen ist. Bei einfachen Unhöflichkeiten ist dies noch nicht der Fall.
Beispiel:
Der Vergleich eines Unternehmers mit einer „Sau“ oder seine Bezeichnung als „moralisch heruntergekommen“ werden in aller Regel als Beleidigung einzustufen sein.
- Üble Nachrede:
Öffentliche Äußerungen in Blogs, Foren oder auf Online-Plattformen können auch den Straftatbestand der üblen Nachrede erfüllen. Strafbar ist, wer einen anderen in einer für einen Dritten wahrnehmbaren Weise einer verächtlichen Eigenschaft oder Gesinnung zeiht oder eines unehrenhaften Verhaltens oder eines gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens beschuldigt, das geeignet ist, ihn in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen. Somit steht die Behauptung ehrenrühriger Tatsachen unter Strafe.
Beispiel:
Ein Bericht in einem Forum oder Blog, der jemandem einen gewerbsmäßigen Betrug unterstellt, obwohl nicht klar ist, ob dieser tatsächlich stattgefunden hat oder ob der Verdächtige tatsächlich der Täter war.
- Verleumdung:
Einer Verleumdung macht sich schuldig, wer einen anderen dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung aussetzt, dass er ihn einer von Amts wegen zu verfolgenden mit Strafe bedrohten Handlung oder der Verletzung einer Amts- oder Standespflicht falsch verdächtigt, wenn er weiß, dass die Verdächtigung falsch ist.
Beispiel:
Ein Bericht über jemanden, der angeblich einen gewerbsmäßigen Betrug begangen hat, obwohl der Berichterstatter bzw. Postende weiß, dass gar kein gewerbsmäßiger Betrug stattgefunden hat oder die angeführte Person tatsächlich unschuldig ist.
- Kreditschädigung:
Einer Kreditschädigung macht sich schuldig, wer unrichtige Tatsachen behauptet und dadurch den Kredit, den Erwerb oder das berufliche Fortkommen eines anderen schädigt oder gefährdet. Kreditschädigung kann speziell auf Online-Plattformen und in Blogs eine Rolle spielen. Es geht um die geschäftliche Ehre einer Person oder eines Unternehmens, das bedeutet rechtlich betrachtet das Vertrauen, das jemand betreffend die Erfüllung seiner Verbindlichkeiten genießt. Die Äußerung muss geeignet sein, dieses Vertrauen oder den geschäftlichen Ruf des Betroffenen nachteilig zu beeinflussen, wobei dem Äußernden (Postenden bzw. Blogger) bewusst sein muss, dass seine Behauptung unrichtig ist. Neben gegebenenfalls möglichen strafrechtlichen Sanktionen stehen dem Betroffen im Falle von Kreditschädigung (bzw. Rufschädigung) meist auch zivilrechtliche Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche zu.
Beispiel:
Die wissentlich unrichtige Aussage des Bewertenden, ein Unternehmer stehe kurz vor der Insolvenz, erfüllt in aller Regel den Tatbestand der Kreditschädigung.
- Anschwärzung:
Im geschäftlichen Verkehr wird von Anschwärzung gesprochen, wenn jemand nicht erweislich wahre Tatsachen oder Behauptungen betreffend Umstände, Ereignisse oder Eigenschaften mit einem greifbaren, für das Publikum erkennbaren und von ihm nachprüfbaren Inhalt verbreitet. Die Verfolgung von Anschwärzungen erfordert ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs und setzt somit ein entsprechendes Konkurrenzverhältnis voraus.
Beispiel:
Als Anschwärzung ist die Aussage eines Mitbewerbers zu werten, das Unternehmen X habe als „einstige Hehlerbude durch den Zugang zu billiger, oft gestohlener Ware einen ungerechten Vorteil gegenüber dem regulären Schmuckhandel“.
- Fortdauernde Belästigung im Wege einer Telekommunikation oder eines Computersystems
Wer eine Person im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems in einer Weise belästigt, die geeignet ist, diese Person in ihrer Lebensführung unzumutbar zu beeinträchtigen, hat mit Geldstrafen oder sogar mit einer Freiheitsstrafe zu rechnen.
2. Unter welchen Umständen müssen Betreiber von Online-Bewertungsplattformen und Blogs selbst mit rechtlichen Konsequenzen rechnen, wenn einzelne Einträge die Grenzen des rechtlich Zulässigen überschreiten?
Als Betreiber von Online-Bewertungsplattformen oder Blogs kann man, wenn Äußerungen eines anderen (des Bewertenden) eine der oben genannten Kategorien von (Persönlichkeits-) Rechtsverletzungen erfüllen, von einem Dritten (dem Bewerteten) unter bestimmten Umständen als Mittäter rechtlich belangt werden.
- Haftungsprivileg
Grundsätzlich gilt, dass Betreiber von Online-Bewertungsportalen und Blogs nicht verpflichtet sind, die Beiträge Dritter (d.h. von Bewertenden) vor ihrer Veröffentlichung auf mögliche Rechtsverletzungen hin zu überprüfen oder von sich nach Umständen zu forschen, die auf rechtswidriges Verhalten hinweisen (sog. Haftungsprivileg).
- Haftbarkeit für rechtswidrige Äußerungen durch Bewertende
Ab dem Zeitpunkt der Kenntnis von Rechtsverletzungen ändert sich dies jedoch. Nach dem Eingehen eines Hinweises durch einen Betroffenen auf eine mögliche Rechtsverletzung kann für den Betreiber der Plattform bzw. des Blogs eine Verpflichtung zur Verhinderung zukünftiger Rechtsverletzungen dieser Art entstehen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn eine behauptete Rechtsverletzung auch für einen juristischen Laien ohne weitere Nachforschungen offenkundig ist, d.h. der Verstoß für den Betreiber wie für jedermann leicht erkennbar ist. In einem solchen Fall ist der Betreiber der Plattform bzw. des Blogs verpflichtet, die offensichtlich rechtswidrigen Beiträge zu entfernen und den Inhalt von Bewertungen bei entsprechenden Verdachtsmomenten zu überwachen. Unterlässt er dies, so kann er für die rechtswidrige Äußerung des Bewertenden als Mittäter belangt werden.
Grundsätzlich gilt, dass Betreiber von Online-Bewertungsplattformen und Blogs als Medieninhaber ab dem Zeitpunkt der Kenntnis von rechtswidrigen Äußerungen diese unverzüglich zu entfernen haben. Ist die Rechtswidrigkeit der Äußerung nicht eindeutig und leicht als solche erkennbar, so hat der Betreiber unverzüglich eine juristische Überprüfung der behaupteten Rechtsverletzung vorzunehmen und danach entsprechende Schritte zu setzen.
- Gegendarstellung und Entschädigung nach dem Mediengesetz
Websites (und damit auch Online-Bewertungsplattformen) sind periodische elektronische Medien im Sinne des Mediengesetzes.
Den Medieninhaber eines periodischen elektronischen Mediums (Betreiber einer Website bzw. einer Online-Bewertungsplattform) trifft im Falle der Verbreitung nachweislich unrichtiger Tatsachen eine Gegendarstellungspflicht. Sogenannte „kleine Websites“ sind von dieser Verpflichtung ausgenommen. Kleine Websites sind solche, die keinen über die Darstellung des persönlichen Lebensbereichs oder die Präsentation des Medieninhabers hinausgehenden Informationsgehalt aufweisen, der geeignet ist, die Meinungsbildung zu beeinflussen.
Der Medieninhaber kann bei besonders schwerwiegenden Auswirkungen der Veröffentlichung und grob fahrlässigem oder vorsätzlichem Verhalten – unabhängig davon, ob eine „kleine“ oder „große“ Website vorliegt - zu einer Entschädigungszahlung bis zu 100.000 EUR verurteilt werden.
3. Wie geht man als Betroffener am besten gegen problematische Blog-Einträge und Bewertungen auf Online-Plattformen vor? Welche Schritte empfehlen sich für Bewertete?
- Kontaktaufnahme mit dem Betreiber Website
Ist man als bewerteter Unternehmer der Auffassung, ein Beitrag auf einer Bewertungsplattform oder in einem Blog ist unwahr, beleidigend oder auf andere Weise persönlichkeitsrechtsverletzend, so empfiehlt sich die direkte Kontaktaufnahme mit dem Betreiber der Website oder der Plattform.
Zu beachten gilt dabei, dass nicht jede Äußerung, die man selbst als beleidigend oder inakzeptabel empfindet, automatisch rechtswidrig ist und damit einen Anspruch auf die Löschung durch den Betreiber der Bewertungsplattform oder des Blogs begründet. Im Rahmen der Meinungsäußerungsfreiheit stehen Bewertenden hier unterschiedliche, mitunter recht weitreichende Möglichkeiten der Kommentierung und Bewertung offen. Speziell Unternehmen und Gewerbetreibende müssen auch deutlich negative Bewertungen ihrer Produkte oder Leistungen hinnehmen, solange die (oben in Abschnitt A. angeführten) Grenzen der Meinungsäußerungsfreiheit nicht überschritten sind.
Für die Kontaktaufnahme empfiehlt sich in einem ersten Schritt der Versand einer E-Mail an die im Impressum der Website des Betreibers der Bewertungsplattform bzw. des Blogs angegebene Adresse. Dabei ist die wahrgenommene Rechtsverletzung inhaltlich konkret unter Angabe der genauen URL (im Idealfall mittels Screenshot) zu nennen.
Sollte sich auf diesem Weg eine Bereinigung der als unbefriedigend wahrgenommenen Situation nicht herbeiführen lassen, kann die Hinzuziehung eines Anwalts unter Umständen sinnvoll sein, zumal eine Vielfalt möglicher Anspruchsgrundlage besteht (Beseitigung, Unterlassung, Schadenersatz, Widerspruch und gegebenenfalls auch Gegendarstellung).
- Löschung von Suchmaschineneinträgen (Google Urteil)
Auch nach der Löschung von Einträgen auf Plattformen ist denkbar, dass diese über Suchmaschinen auch noch weiterhin aufgefunden werden können. Der Europäische Gerichtshof hat in der sog. „Google Spain“ Entscheidung Einzelpersonen das Recht zugestanden, vom Betreiber von Suchmaschinen von der Ergebnisliste Links zu von Dritten veröffentlichten Internetseiten mit Informationen zu ihrer Person entfernen zu lassen, wenn eine Veröffentlichung nicht mehr gerechtfertigt ist, und zwar unabhängig davon, ob die Veröffentlichung auf den Seiten ursprünglich rechtmäßig war oder nicht oder ob der betroffenen Person durch die Einbeziehung der betreffenden Information in die Ergebnisliste ein Schaden entsteht.
Der Antrag auf Löschung von Suchmaschineneinträgen stellt, zumal wenn sich nach der Entfernung von Blogeinträgen noch entsprechende Ergebnisse abrufen lassen, einen sinnvollen ergänzenden Schritt dar.
Google stellt im Internet ein Formular zur Verfügung, mit dem die Löschung von Suchergebnissen beantragt werden kann. Im Antrag muss dargelegt werden, inwiefern sich die verlinkte Internetseite auf die eigene Person bezieht und weshalb die beanstandeten Inhalte irrelevant, veraltet oder anderweitig gegenstandslos sind. Zusätzlich ist eine gut lesbare Kopie eines Dokuments zur Bestätigung der Identität beizulegen. Gibt Google einem Antrag statt, werden die fraglichen Links in Europa ausgeblendet. Auf der Internetseite erscheint zudem ein Hinweis, dass das Suchergebnis verändert wurde.
4. Hass im Netz Bekämpfungsgesetz:
Am 1.Jänner 2021 trat das Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetzespaket (HiNBG) in Kraft, wodurch es zu wichtigen Änderungen in verschiedenen Gesetzen gekommen ist, darunter im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB), der Zivilprozessordnung (ZPO), dem Strafgesetzbuch (StGB), der Strafprozessordnung (StPO) und dem Mediengesetz (MedienG).
Überblick über die wichtigsten Änderungen:
- Einführung eines eigenen gerichtlichen Mahnverfahrens bezüglich Löschung von Hasspostings (ABGB und ZPO)
- Aktivlegitimation (Klageberechtigung) des Arbeitgebers auf Unterlassung und Beseitigung, wenn das Opfer Arbeitnehmer ist, der Beitrag aber ebenso geeignet, ist den Ruf des AG erheblich zu schädigen (ABGB und ZPO)
- Höhere Schadenersatzansprüche im Medienrecht (MedienG)
- Cybermobbing bereits ab dem ersten Posting (StGB)
- Tatbestand der Verhetzung ausgeweitet (StGB)
- Erleichterte Ausforschung von Tätern bei Privatanklagedelikten (StPO)
5. DSA-Begleitgesetz
Mit 17. Februar 2024 trat das DSA-Begleitgesetz in Kraft. Darin wird das Bundesgesetz über den Koordinator-für-digitale-Dienste (KDD-G) erlassen. Gleichzeitig trat das bis dahin geltende Kommunikationsplattformen-Gesetz (KoPl-G) außer Kraft.
Mit dem Koordinator-für-digitale-Dienste Gesetz wird die Durchführung der sich aus der Verordnung (EU) 2022/2065 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Oktober 2022 über einen Binnenmarkt für digitale Dienste und zur Änderung der Richtlinie 2000/31/EG („Gesetz über digitale Dienste“) bzw. „Digital Services Act“ (kurz: DSA) ergebenden Verpflichtungen auf nationaler Ebene geregelt.
Mit dem DSA-Begleitgesetz ist es zudem zu Änderungen in verschiedenen Gesetzen gekommen, darunter im Komm-Austria-Gesetz (KOG), im E-Commerce-Gesetz (ECG), im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB), im Urheberrechtsgesetz (UrhG), im Gerichtsgebührengesetz (GGG), im Mediengesetz (MedienG), in der Strafprozessordnung (StPO), im Staatsanwaltschaftsgesetz (StAG), im Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der europäischen Union (EU-JZG), im Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz (ARHG), sowie im Telekommunikationsgesetz (TKG).
Die bei der KommAustria und der RTR-GmbH anhängigen Verfahren gegen einen Diensteanbieter einer Kommunikationsplattform nach dem ehemaligen KoPl-G sind mit 16. Februar 2024 eingestellt.
Was wird geregelt?
Mit dem Rechtsakt werden Pflichten und ein System der Verantwortung und Transparenz von Anbietern von Vermittlungsdiensten eingeführt, dazu zählen:
- Anbieter von Internetzugang,
- Hostingdienste wie Cloud-Computing- oder Web-Hostingdienste,
- Stellen zur Namensregistrierung von Domänen,
- Online-Marktplätze,
- Geschäfte für Software-Anwendungen,
- Plattformen der kollaborativen Wirtschaft,
- soziale Netzwerke,
- Plattformen zum Austausch von Inhalten,
- Online-Plattformen für Reisen und Unterkünfte.
Für sehr große Online-Plattformen und sehr große Online-Suchmaschinen (mit mindestens 45 Mio. Nutzern) gelten zusätzliche besondere Vorschriften.
Ausnahmen
Für Klein- und Kleinstunternehmer, das heißt für Unternehmen mit weniger als 50 bzw. 10 Mitarbeitern und bis max. 10 Mio. Euro bzw. max. 2 Mio. Euro Jahresumsatz bzw. Jahresbilanz bestehen weitreichende Ausnahmen von den Verpflichtungen nach dem DSA.
Folgende Neuerungen sind zu beachten:
Online-Plattformen (das sind z.B.: Online-Marktplätze, App-Stores, soziale Netzwerke) werden in den Regelungsrahmen für den elektronischen Geschäftsverkehr miteinbezogen.
Die Anbieterverantwortlichkeit wird gestuft geregelt: Für sehr große Online-Plattformen und sehr große Online-Suchmaschinen kommen zusätzliche besondere Verpflichtungen zu.
Koordinator für digitale Dienste
Der KDD ist für die Einhaltung der Aufgaben und Befugnisse nach dem DSA zuständig. In Österreich nimmt die Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) als zuständige Behörde die Aufgaben des Koordinators für digitale Dienste wahr. Unterstützt wird die KommAustria dabei von der Rundfunk- und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR-GmbH), Fachbereich Medien.
Transparentes Meldeverfahren
Alle Anbieter von Vermittlungsdiensten sind verpflichtet eine zentrale Kontaktstelle zu benennen, um mit den Behörden der Mitgliedstaaten, der Kommission und dem Gremium kommunizieren zu können.
Zusätzlich müssen sie eine zentrale Kontaktstelle für Nutzer der Dienste einrichten, um eine direkte und schnelle digitale Kontaktaufnahme mit den Anbietern eines Vermittlungsdienstes zu gewährleisten. Illegale Online-Inhalte sollen auf diesem Weg einfach gemeldet werden können.
Gesetzlicher Vertreter
Haben Anbieter von Vermittlungsdiensten keine Niederlassung in der EU, bieten aber Dienstleistung in der EU an, müssen sie einen gesetzlichen Vertreter in dem Mitgliedstaat namhaft machen, in welchem sie ihre Dienstleistungen anbieten. Der Vertreter dient als Kontaktperson für die Behörden der Mitgliedstaaten, der Kommission und dem Gremium zu allen Fragen in Zusammenhang mit dem DSA.
Die Anbieter von Vermittlungsdiensten haben dem Koordinator für digitale Dienste im jeweiligen Mitgliedstaat, in welchem sie Dienstleistungen anbieten, die Daten ihres gesetzlichen Vertreters bekannt zu geben.
Strafen
Je nach Art, Schwere, Häufigkeit und Dauer des Verstoßes gegen die gesetzlichen Verpflichtungen drohen Anbietern von Vermittlungsdiensten Geldstrafen in Höhe von 1 % bis 6 % des weltweiten Jahresumsatzes im vorangegangenen Geschäftsjahr.
Auch für sehr große Online-Plattformen und sehr große Online-Suchmaschinen sind Geldbußen in dieser Höhe möglich, wobei diese von der EU-Kommission zu verhängen sind.
Stand: 15.10.2024