Detailaufnahme von zusammengerollten Geldscheinen aus unterschiedlichen Währungen von verschiedenen Ländern der Welt
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China: Staatsführung stützt die angeschlagene Wirtschaft mit massiven Hilfspaketen

Handelskonflikte trüben die zukünftigen Wirtschaftsaussichten

Lesedauer: 3 Minuten

China
27.06.2024

Die chinesische Wirtschaft wird weiterhin durch zahlreiche Probleme, wie die rückläufigen Auslandsinvestitionen, hohe Jugendarbeitslosigkeit, den schwächelnden Immobiliensektor sowie eine drohende Deflation belastet. Auch wenn der Privatkonsum eine immer größere Rolle für das Wirtschaftswachstum spielen soll, setzt die Regierung verstärkt auf staatliche Fördermaßnahmen, um den Wirtschaftsmotor anzukurbeln. Der Handelskonflikt mit den USA sowie der EU spitzt sich wieder zu und könnte zu weiteren Sonderzöllen bei allen Beteiligten führen.

Gleich drei umfangreiche Programme zur Unterstützung der Wirtschaft wurden im Mai 2024 von der Zentralregierung angekündigt. Durch die Ausgabe einer Sonderanleihe im Wert von 138 Mrd. USD soll der Konsum und technologischer Fortschritt sowie Integration von ländlichen und städtischen Gebieten gefördert werden. Zusätzlich hat die Zentralbank angekündigt, 41,5 Mrd. USD an vergünstigten Krediten für Staatsfirmen zur Verfügung zu stellen. Damit sollen die verkauften aber unfertigen Immobilien durch Staatskonzerne übernommen werden, um die Finanzierungslücke bis zur Fertigstellung dieser Immobilien zu schließen. Darüber hinaus wurde der bereits seit 2014 existierende Fonds zur Förderung der Halbleiterindustrie um weitere 47,5 Mrd. USD aufgestockt. Dadurch versucht die Regierung, die globale Technologieführerschaft zu sichern und sich von ausländischen Importen vorallem bei High-End Mikrochips unabhängiger zu machen. Die aktuelle Konjunkturförderung entspricht etwa der Hälfte der Förderung, die China 2008 nach der Finanzkrise der Wirtschaft zur Verfügung gestellt hat.

Ausländische Direktinvestitionen verzeichneten im vergangenen Jahr ein 30-Jahres-Tief. Während im Rekordjahr 2021 etwa 344 Mrd. Euro oder 180 Mrd. Euro im Jahr 2022 nach China flossen, belief sich der Betrag im letzten Jahr lediglich auf 33 Mrd. Euro. Dies könnte auf geopolitische Risiken sowie die schwache Post-Covid-Wirtschaftsentwicklung zurückzuführen sein. Bei der im Mai 2024 veröffentlichten Business Confidence Survey der Europäischen Handelskammer in China wird deutlich, dass trotz der massiven Bemühungen der Regierung ausländische Unternehmen ihre Investitionen teilweise in andere Märkte verschieben. Sie erhoffen sich dadurch mehr Stabilität, Transparenz und Vorhersehbarkeit. Die Attraktivität des chinesischen Marktes sinkt laut Aussagen der Umfrageteilnehmer. So gaben nur 15 % der Unternehmen an, dass China aktuell für sie eine Top-Priorität bei Investitionsentscheidungen darstellt. Für zukünftige Investitionen sehen nur 13 % der Befragten in China eine Top-Priorität. Dies sind die niedrigsten erfassten Werte seit Beginn der Umfrage. Gleichzeitig gaben 13 % aller Befragten an, keine weiteren Investments in China aktuell oder zukünftig zu planen. Bei der Frage nach der geplanten Ausweitung von Geschäftsaktivitäten in China im Jahr 2024 gaben nur 42 % der befragten Niederlassungen europäischer Unternehmen an dies zu beabsichtigen, während ganze 35 % dies verneinten. Beide Befragungsergebnisse stellen negative Rekordwerte auf.

Im Rahmen des Handelsstreits mit den USA gab es jüngst Verschärfungen. So haben die Vereinigten Staaten seit Mitte Mai Sonderzölle auf chinesische Elektroautos von 100 % beschlossen. Ebenfalls wurden die Produktgruppen Halbleiter, Hafenkräne und Medizinartikel von den höheren Zöllen erfasst. Stark getroffen wurde auch die chinesische Solarbranche mit Zollsätzen von 50 %. Die chinesische Regierung kündigte bereits an, entschlossene Maßnahmen zu ergreifen, um auf die US-Zölle zu reagieren. Auch die EU hat vorläufige Zusatzzölle auf chinesische Elektrofahrzeuge angekündigt, worauf China mit einer Anti-Dumping-Untersuchung von europäischem Schweinefleisch antwortete. Der Hauptvorwurf der EU sind nicht WTO konforme Subventionen an die EV produzierende Industrie durch die chinesische Regierung. Dies würde Überkapazitäten fördern. Der Vorwurf westlicher Industrieländer ist, dass das Land mehr Güter produziert als im Inland nachgefragt wird. Die Überproduktion geht auf die Weltmärkte und stellt lokale Unternehmen durch den Preiskampf unter Druck. Diese Handelstaktik führt zu Spannungen mit anderen Industrienationen und die Gefahr von Zollspiralen und Handelskriegen steigt.

Bei Betrachtung der österreichischen Außenhandelsbeziehungen mit China zählte das Land der Mitte 2023 auch weiterhin zu einem der bedeutendsten Handelspartner mit einem Handelsvolumen von ca. 20,2 Mrd. Euro. Jedoch ist China im vergangenen Jahr von Platz 3 auf Platz 5 abgerutscht. China ist nach wie vor die zweitwichtigste Quelle der österreichischen Importe hinter Deutschland; bei den Exporten landete das Land im Fernen Osten auf Platz 10. Aktuelle Zahlen aus dem 1. Quartal 2024 zeigen einen signifikanten Anstieg der österreichischen Exporte nach China um 20,1 % (1,33 Mrd. Euro) im Vergleich zum Vorjahr an. Gleichzeitig sanken die Importe aus China um 16,7 % (3,51 Mrd. Euro) im selben Zeitraum. Das Handelsbilanzdefizit ist somit im 1. Quartal 2024 leicht gesunken, dennoch mit -2,18 Mrd. Euro das höchste mit einem Handelspartner. Wichtigste Produktgruppe bei den Importen waren elektrische Maschinen und Geräte, während die Produktgruppe Arbeitsmaschinen die Exporte dominiert hat.

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