Wiens Tourismus startet in die Zukunft
Das Thema Nachhaltigkeit ist aus fast allen Zukunftsstrategien nicht mehr wegzudenken. Das gilt auch für den Tourismus. Was in Wien passiert, um die Stadt als attraktives Reiseziel in einem nachhaltigen Umfeld zu positionieren.
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Werfen wir einmal einen kurzen Blick über die Grenze - und zwar nach Genua in Italien. Die Hafenstadt hat sicher nicht den Stellenwert als Tourismusmagnet wie Rom oder Venedig, hier wird aber großer Wert auf die Reduktion des ökologischen Fußabdrucks gelegt. Entdeckungsreisen zu Fuß werden den Gästen ans Herz gelegt, auch die Küche ist betont regional. Darüber hinaus gibt es eine wachsende Anzahl von Hotels und B&Bs in Genua, die sich dem Umweltschutz verschrieben haben, von nachhaltigen Bauweisen bis hin zu Energiesparmaßnahmen. Aber wieder zurück nach Wien, denn was Genua kann, das kann die Bundeshauptstadt schon lange. Wien wird nicht nur jedes Jahr immer wieder als eine der lebenswertesten Städte weltweit gelistet, hier wird Nachhaltigkeit sowohl für die Bewohner als auch für die Besucher großgeschrieben.
Wien ist Vorreiter bei nachhaltigem Tourismus
„Wien ist als eine der erfolgreichsten Tourismusmetropolen der Welt auch ein Vorreiter beim nachhaltigen Tourismus. Das beginnt bei der Infrastruktur mit dem hervorragenden öffentlichen Verkehrsnetz, bei der umweltschonenden Ver- und Entsorgung und endet nicht zuletzt bei den einzelnen Unternehmen”, betont Markus Grießler, WK Wien-Obmann der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft. So findet sich in Wien mit dem Hotel Stadthalle nicht nur das erste energieautarke Stadthotel der Welt, sondern mit der Luftburg im Wiener Prater das größte biozertifizierte Restaurant der Welt”, so Grießler. Seit April 2023 finden laut WienTourismus ausschließlich Hotels mit Umweltzertifikat Eingang in die breite Angebotspalette der offiziellen Gästekarte Wiens, der Vienna City Card, die auch freie Fahrt im öffentlichen Verkehr bietet. Der Anteil umweltzertifizierter touristischer Betriebe soll gegenüber 2018 um 25 Prozent auf 140 erhöht werden. Ende 2023 gab es bereits 160 zertifizierte Betriebe. „Mit der Vienna City Card erlangen sie noch mehr Sichtbarkeit”, sagt WienTourismus-Direktor Norbert Kettner. Wiens offizielle Gästekarte wurde für ihre umweltschonenden Mobilitätsangebote vom Klimaschutzministerium mit dem Österreichischen Umweltzeichen zertifiziert. Übrigens: Mit dieser Auszeichnung definierte Österreich im Jahr 1996 als erstes Land der Welt nationale Standards für einen nachhaltigen Tourismus. „Qualität als Maßstab und Nachhaltigkeit als oberste Maxime ziehen sich durch sämtliche Ziele unserer Visitor Economy Strategie - in ökologischer,wirtschaftlicher und sozialer Dimension”, so Kettner. Die Visitor Economy Strategie setzte sich zum Ziel, nicht nur die die Zufriedenheitswerte der Gäste auf einem stabilen Niveau zu halten, sondern auch die Zufriedenheit der Einwohner mit dem Wirtschaftsfaktor Tourismus. Nachhaltiges Wirtschaften ist eine wesentliche Grundlage dafür, Wiens Städtetourismus in eine erfolgreiche Zukunft zu führen. Mehr und mehr beeinflusst nachhaltiges Agieren der Tourismusunternehmen die Buchungsentscheidungen des Reisepublikums, aber auch die Kooperationsbereitschaft von Reisebranche und Meetingindustrie, ist Kettner überzeugt, und: „Die Herausforderungen, die der Klimawandel an uns stellt, können nur im Zusammenspiel aller Akteuren in Wiens Visitor Economy Strategie bewältigt werden.”
Stiftungsprofessur für nachhaltige Stadt- und Tourismusentwicklung
An der FHWien der WKW wurde im vergangenen Jahr eine Stiftungsprofessur für nachhaltige Stadt- und Tourismusentwicklung ins Leben gerufen, die von der WK Wien finanziert wird und die nun Cornelia Dlabaja inne hat. Im Zuge dessen begleitet die Forscherin die Visitor Economy Strategie von WienTourismus wissenschaftlich. „Als Stiftungsprofessorin arbeite ich ausgehend von den Herausforderungen der nachhaltigen Tourismus- und Stadtentwicklung gesellschaftlich relevante Fragen für die Standortentwicklung auf. Ich fungiere als Wissensdrehscheibe zwischen Forschung und Praxis”, so Dlabaja. Darüber hinaus möchte die Soziologin und promovierte Kulturwissenschaftlerin Akteure der Tourismus- und Stadtforschung sowie der Planung aus verschiedenen Bereichen miteinander vernetzen. Denn nachhaltiges Reisen umfasst sowohl ökologische als auch soziale Aspekte der Nachhaltigkeit, ist die Expertin überzeugt. „Dieintensive touristische Nutzung von Orten hat Auswirkungen auf das Leben der Bewohner.” Die Weltorganisation für Tourismus UNWTO definiert nachhaltigen Tourismus als „eine Einrichtung, die die gegenwärtigen und künftigen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen voll berücksichtigt, um den Bedürfnissen der Besucher, der Industrie, der Umwelt und der gastgebenden Gemeinschaften gerecht zu werden”. „Nachhaltiger Tourismus hilft dabei, nachhaltig Arbeitsplätze zu schaffen und erhöht die Tourismusakzeptanz”, so Dlabaja. Das Ziel von nachhaltigen Tourismuskonzepten in Verbindung mit nachhaltiger Regionalentwicklung sei es, verschiedene wirtschaftliche Sektoren zu stärken, sodass es nicht zur Zentrierung eines Bereichs kommt. „Darüber hinaus verfolgt die Visitor Economy Strategie ein wissenschaftlich fundiertes Verständnis von Touristen, das diese breiter fasst, nämlich als Besucher. Das können Expats sein, internationale Studierende, aber auch Tagungsgäste sowie klassische Touristen”, sagt Dlabaja. Gäste werden dem folgend nicht nur als Konsumenten, sondern als eine Gruppe von Personen adressiert, die etwas zur Lebensqualität der Stadt beitragen können.
Auch Kongress-Tourismus setzt auf nachhaltige Zukunft
Auch in puncto Kongress-Tourismus setzt Wien auf Nachhaltigkeit - Stichwort „Green Events” - und punktet jedes Jahr als eine der weltweit beliebtesten Locations: „Auch die internationalen Kongress-Veranstalter setzen heute immer öfter nachhaltige Events voraus und schätzen daher ihre Wiener Partner, die bei umweltfreundlichen Konzepten zu den weltweit führenden Anbietern zählen”, betont Tourismus-Obmann Grießler.