Standort Europa unter Druck
Sowohl wirtschaftlich als auch politisch steht der EU-Raum vor großen Herausforderungen. Wie gegenzusteuern ist, wurde in hochkarätiger Besetzung in der WK Wien diskutiert.
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WK Wien-Präsident Walter Ruck diskutiert mit dem deutschen Bundestagsabgeordneten Armin Laschet (v.l.) die Herausforderungen Europas.
„Europa unter Druck” lautete die erste Ausgabe eines neuen Diskussionsformates des Wiener Wirtschaftskreises der WK Wien, dem Salon Stubenring. Benannt ist diese Veranstaltungsreihe, die Ende Oktober mit dem deutschen Bundestagsabgeordneten Armin Laschet als Gastredner ihren Auftakt feierte, nach der Adresse des Stammhauses der WK Wien am Wiener Stubenring. „Hier im Haus finden wir eine starke wirtschaftspolitische Historie. Denn hier haben Nobelpreisträger gearbeitet wie Friedrich Hayek, der Begründer der Schule der Nationalökonomie. Hier war auch der Sitz des Wiener Kreises und auch das Wifo wurde hier ins Leben gerufen. Damit knüpfen wir also mit dieser Veranstaltungsreihe an eine lange Tradition an”, betont Walter Ruck, Präsident der WK Wien, in seinen Eröffnungsworten. Denn der Salon Stubenring soll „Raum für großes Denken und neue Ideen” bieten, wie Ruck festhält. Doch neue Ideen und innovative Lösungsansätze wird es wohl angesichts der zahlreichen Herausforderungen auch brauchen. Denn Druck auf Europa gibt es aktuell von vielen Seiten. Zum einen droht die Union ihre wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den USA und China zu verlieren. Zum anderen ist Europa durch die Kriege in unmittelbarer Nähe sicherheitspolitisch in Gefahr. Dazu kommen noch innereuropäische Konflikte, da sich die EU durch unterschiedliche Ansichten, etwa hinsichtlich Migrationspolitik oder Klimawandel, spalten lässt. „Wir tun jetzt alles, um irgendwie den Ist-Zustand aufrecht zu erhalten und es ist kein Platz mehr da für Visionen oder die Frage, wo wir mit der EU eigentlich hinwollen”, bedauert Laschet.
Vorschriften abbauen
Damit entsteht der Eindruck einer Perspektivenlosigkeit, die für den profunden EU-Kenner Laschet in Wahrheit nicht gegeben ist. „Gerade in einer Krise ist es gut, wenn man definiert, wo man eigentlich steht, und sieht, wie man besser werden kann”, so Laschet. Darauf kann man aufbauen. „Und das wird bei der Wettbewerbsfähigkeit genauso sein”, ist Laschet überzeugt. Klare Forderungen formuliert er im Zuge dessen an die Politik, allen voran an die EU-Institutionen: „Ich erwarte mir von der nächsten Kommission, dass sie Vorschriften abbaut und nicht neue erfindet”, betont Laschet. Denn was früher eine Erleichterung bedeutete - nämlich einheitliche Richtlinien und Standards im EU-Binnenraum ohne Abweichungen in einzelnen Ländern -, wird heute zum Hemmschuh für die Unternehmen. Innovationen werden dadurch im Keim erstickt, so Laschet: „Man muss Neues erst einmal zulassen und ausprobieren. Dann kann man auch wieder an die Spitze kommen.”
Letztendlich ist für Laschet diese Denkweise auch für die angedachten Werksschließungen der deutschen Automobilindustrie verantwortlich. „Die Stärke Österreichs und Deutschlands war es, hochkomplexe Motoren zu entwickeln. Das wurde abgewürgt und das trifft uns jetzt. Denn Batterien bauen kann jeder”, so Laschet. Natürlich sei E-Mobilität die derzeit naheliegendste Alternative („ich selber fahre auch ein E-Auto”), aber es wird nicht das Ende der Fahnenstange des umweltfreundlichen Individualverkehrs sein, ist Laschet überzeugt: „Wir müssen technologieoffen bleiben. Wer weiß, was noch kommt”, gibt er zu bedenken.
Starker Markt Europa
Eine Ansicht, die Walter Ruck teilt: „Es ist ein europäisches Problem, dass wir ein Thema fixieren und dann alle in dieselbe Richtung gehen - und in Folge andere gute Alternativen vielleicht ausblenden.” Auch der WK Wien-Präsident betont den Wunsch nach weniger Dirigismus: „Rahmenbedingungen vorzugeben ist ja okay, aber wir müssen weg von dieser individuellen Vorschriftsebene”, fordert Ruck. Grund zu verzweifeln sieht er jedenfalls nicht. „Ich glaube an diesen Kontinent und dessen Wirtschaft. Es ist ein extrem starker Markt mit resilienten Menschen, die gut ausgebildet sind. Wenn wir uns auf unsere Stärken besinnen, können wir die aktuellen Herausforderungen schaffen”, ist Ruck überzeugt. „Wir leben in einer der besten Zeiten der europäischen Geschichte, auch wenn wir aktuell Bedrohungen erkennen und bewältigen müssen”, so Laschet abschließend