Konjunktur geht wieder nach oben
Nach einer leichten Wachstumsdelle im Vorjahr geht es mit Österreichs Konjunktur ab heuer wieder bergauf. Wien blieb von der Rezession bisher verschont - und hier sieht’s auch künftig gut aus.
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Ein leichtes Jahr war 2023 für die heimische Wirtschaft nicht gerade. Die historisch hohe Inflation drückte massiv auf die realen Einkommen der privaten Haushalte und damit auf die Konsumnachfrage. Die Industrie entwickelte sich wegen der schleppenden Entwicklung der Weltwirtschaft schwach - insbesondere den hinkenden Gang Deutschlands bekam man hier zu spüren. Und die massiv gestiegenen Kreditzinsen verteuerten betriebliche Investitionen und sorgten für dramatische Rückgänge im privaten Wohnbau und am Immobilienmarkt. All das resultierte in einer Rezession: Das Bruttoinlandsprodukt verringerte sich voraussichtlich um zumindest 0,7 Prozent im Jahresvergleich. Der heimische Arbeitsmarkt blieb dennoch überraschend stabil: Zwar sank die Zahl der offenen Stellen merklich, die Zahl der Arbeitslosen stieg aber nur wenig, während der Beschäftigtenstand weiter wuchs. Zu diesem Resümee kommen das Institut für Höhere Studien (IHS) und das Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo.
Für die kommenden beiden Jahre sagen sie jedoch merkliche Besserungen voraus. Österreichs Wirtschaft werde heuer auf den Wachstumspfad zurückkehren, 2025 soll sich die wirtschaftliche Dynamik noch einmal deutlich beschleunigen und im Gleichklang mit dem Euroraum sein. Die Nachfrage nach heimischen Industriegütern werde weltweit wieder steigen, im Laufe des heurigen Jahres sollte auch in der Baukonjunktur der Tiefpunkt erreicht sein. Auf den privaten Konsum werden sich die hohen Lohnabschlüsse besonders positiv auswirken, so die Wirtschaftsforscher: Die Kaufkraft steigt mit den wachsenden real verfügbaren Haushaltseinkommen, die auch durch den weitgehend robusten Arbeitsmarkt nicht gefährdet scheint. Die Teuerung lässt deutlich nach, bleibt im Vergleich zu früher und auch zum Durchschnitt der Eurozone allerdings vorerst noch erhöht. Das Zinsniveau sollte nicht weiter steigen.
In ihrer aktuellen Winterprognose zeichnen das Institut für Höhere Studien (IHS) und das Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo das Bild einer allmählichen Erholung der Konjunktur in Österreich - mit einem zarten Wirtschaftswachstum, rückläufiger Teuerung und einem stabilen Arbeitsmarkt.
Wachstumsprognose mit Risiken
Für diese Prognose gibt es auch Risiken, die sie ungünstig beeinflussen könnten. So könnte der massiv gestiegene Kostendruck bei den Arbeitslöhnen auch dazu führen, dass mehr Beschäftigte abgebaut werden als erwartet. „Wenn die Lage am Arbeitsmarkt kippt, kommt auch der für die Konjunkturerholung im Jahr 2024 so wichtige private Konsum ins Rutschen”, sagt IHS-Direktor Holger Bonin. Dasselbe könnte auch passieren, wenn sich die Inflation hartnäckiger halten würde als erwartet. Eine im Vergleich zu anderen Ländern nachhaltig höhere Teuerung könnte sich auch zu einem negativen Standortfaktor auswachsen, warnen die Forscher. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor sind internationale Krisen, die jede Prognose ordentlich durcheinander wirbeln können, wie etwa der Ukraine-Krieg, die Energiekrise, die Corona-Pandemie oder die massive Störung der globalen Lieferketten in den vergangenen Jahren gezeigt haben.
In Wien läuft’s besser
Der wirtschaftlich sehr vielfältig aufgestellte Wirtschaftsstandort Wien erweist sich in diesem Umfeld erneut als besonders robust, eine Rezession gibt es hier nicht: „Einmal mehr entwickelt sich der Wirtschaftsstandort Wien in seiner Gesamtheit überdurchschnittlich. Das liegt vor allem daran, dass es uns gelungen ist, seine Heterogenität zu stärken”, sagt Wirtschaftskammer Wien-Präsident Walter Ruck, der zweimal jährlich Wiens Betriebe zu ihren Erwartungen für die kommenden zwölf Monate befragen lässt (siehe Grafiken unten). Der neueste Wiener Konjunkturbarometer zeigt, dass 56 Prozent der Wiener Betriebe heuer mit konstanten Umsätzen rechnen, 19 Prozent mit weiteren Steigerungen, 25 Prozent mit Rückgängen. Bei den erwarteten Inlandsumsätzen sieht es besonders gut aus, bei den Exporten jedoch weniger. Zugleich stehen in Wien die Zeichen auf ein weiteres Beschäftigungswachstum: 60 Prozent der befragten Betriebe wollen ihren Mitarbeiterstand konstant halten, 22 Prozent ausweiten und 18 Prozent reduzieren. Allerdings steigt auch der Kostendruck in den Wiener Betrieben: 83 Prozent erachten die Arbeitskosten als eine große Herausforderung im heurigen Jahr, 64 Prozent die anhaltend hohe Inflation. Beides zwingt zu weiteren Preisanpassungen. „Bei der Inflation haben wir leider in Österreich noch immer einen großen Abstand zur Eurozone. Das ist ein klarer Nachteil in der Wettbewerbsfähigkeit. Jeder Prozentpunkt kostet uns Wertschöpfung”, sagt Ruck. Hier sei die Regierung dringend gefragt, aktiver zu werden, beispielsweise durch Gebührendeckelung. Die hohen Preise belasten auch die Investitionsbereitschaft der Betriebe.
Zu viel Bürokratie
Ein weiterer Kritikpunkt der Wiener Unternehmen betrifft den steigenden Bürokratieaufwand. Laut der Befragung der WK Wien müssen 84 Prozent der Betriebe für bürokratische Angelegenheiten mehr Zeit aufwenden als vor fünf Jahren - fast überall hat das auch zu höheren Kosten geführt. „Die Reduzierung der Bürokratie ist ein klarer Auftrag an die politischen Entscheidungsträger. Hier muss die Digitalisierung der Prozesse verstärkt, das Steuerrecht praxistauglicher gestaltet und die Meldepflichten reduziert werden”, fordert Ruck.