Hochwasser
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Dienstverhinderung bei Elementarereignissen

Welche arbeitsrechtlichen Regelungen greifen, wenn Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz wegen Naturkatastrophen nicht erreichen können

Lesedauer: 2 Minuten

Aktualisiert am 25.09.2024

Im Sog von Naturereignissen wie der jüngsten Hochwasserkatastrophe stellt sich auch die Frage, ob und wann Arbeitgeber ihren Mitarbeitern, die aufgrund der Situation der Arbeit fernbleiben, das Entgelt für diese Zeit fortzahlen müssen. Zu prüfen ist hier zuerst, welcher Sphäre das Elementarereignis zuzurechnen ist. Wichtig für die Entgeltfortzahlung ist auch, ob die Auswirkungen eines Elementarereignisses als umfassend oder lokal zu betrachten sind.

Wann entsteht Fortzahlungspflicht bei Dienstverhinderungsgründen?

Wenn Elementarereignisse wie Hochwasser, Schneechaos, Blackout, Verkehrsstreiks usw. die Arbeitnehmer daran hindern, ihre Arbeitsleistung zu erbringen, gelten sie als Dienstverhinderungsgrund. Für die Fortzahlungspflicht bei Dienstverhinderungsgründen ist entscheidend, welchem Bereich sie zuzurechnen sind.

  • Arbeitgeber-Sphäre
    Liegt ein Dienstverhinderungsgrund in der Sphäre des Arbeitgebers, hat der Arbeitnehmer - sofern er selbst leistungsbereit wäre - Anspruch auf Entgeltfortzahlung. In die Sphäre des Arbeitgebers fallen z.B. Schäden am Betriebsgebäude, Arbeitsmangel durch Auftragsrückgänge etc.
     
  • Arbeitnehmer-Sphäre
    Liegen Dienstverhinderungsgründe in der Sphäre des Arbeitnehmers, dann lösen sie dann einen Entgeltfortzahlungsanspruch aus, wenn es sich um wichtige persönliche Gründe handelt, die der Arbeitnehmer nicht verschuldet hat und die zeitlich begrenzt sind. Beispiele sind etwa familiäre und moralische Beistandspflichten (Begräbnisse naher Angehöriger, Hochzeit des eigenen Kindes, Ladung als Zeuge).

  • Neutrale Sphäre - „Höhere Gewalt”
    In die neutrale Sphäre fallen Elementarereignisse, die die Allgemeinheit treffen, etwa Überschwemmungen oder Erdbeben. Auch Seuchen, Krieg, Revolution und Terror sind nach OGH-Rechtsauffassung der neutralen Sphäre zuordenbar. Der Arbeitnehmer wird durch „höhere Gewalt” daran gehindert, an seinem Arbeitsplatz zu erscheinen. Es besteht grundsätzlich kein Entgeltfortzahlungsanspruch.

Umfang der Auswirkungen entscheidet

  • Umfassende Elementarereignisse
    Davon spricht man, wenn ein weitreichendes, die Allgemeinheit betreffendes Ereignis eintritt, etwa eine Seuche, die ein ganzes Land lahmlegt. Bei umfassenden Elementarereignissen entsteht keine Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers, weil die dadurch bedingten Dienstverhinderungen in der Regel der neutralen Sphäre zuzurechnen sind. Kollektivverträge können abweichende Regelungen enthalten.

  • Lokales Elementarereignis
    Ist ein Ereignis höherer Gewalt - wie das jüngste Hochwasser - lokal begrenzt, wird das der Sphäre des Arbeitnehmers zugerechnet. Dann ist für die Entgeltfortzahlungspflicht maßgeblich, ob wichtige persönliche Gründe der Dienstverhinderung vorliegen. Beurteilt wird das bei An[1]gestellten nach dem Angestelltengesetz, bei Arbeitern und Lehrlingen nach dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch und dem Kollektivvertrag. Muss man sein Eigentum oder das naher Angehöriger z.B. vor Hochwasser retten, liegen diese wichtigen persönlichen Gründe vor. Der Arbeitgeber ist unverzüglich zu informieren.

  • Verschulden: Keine Fortzahlungspflicht
    Liegt ein Verschulden des Arbeitnehmers vor, ist der Arbeitgeber selbst im Fall einer begründeten Dienstverhinderung, die der Sphäre des Arbeitnehmers zuzuordnen ist, nicht zur Entgeltfortzahlung verpflichtet. Das Verschulden ist immer im Einzelfall zu beurteilen. Kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht, wenn das Ereignis vorhersehbar ist und die Arbeitsleistung durch rechtzeitig getroffene Maßnahmen erbracht werden kann. Wohnt etwa der Arbeitnehmer in einem Gebiet, in dem immer wieder mit Hochwasser zu rechnen ist, gilt ein solches als voraussehbar. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, Vorsorgemaßnahmen zu treffen. Jahrhunderthochwässer gelten dagegen als nicht vorhersehbar und schließen ein Verschulden des Arbeitnehmers aus.

Katastropheneinsätze

Bei Katastropheneinsätzen im öffentlichen Interesse ist es prinzipiell Aufgabe der öffentlichen Hand, dem Arbeitnehmer den entgangenen Verdienst zu ersetzen. Ist der Arbeitnehmer wegen eines Einsatzes für eine Blaulicht- oder Katastrophenhilfsorganisation bei einem Großschadensereignis (mehr als 100 Personen durchgehend für benötigt) an der Dienstleistung verhindert, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn das mit dem Dienstgeber vereinbart wurde. Als Ausgleich für die Gewährung der bezahlten Freistellung erhält der Arbeitgeber pauschal 200 Euro pro Dienstnehmer und Tag, wenn der Einsatz zumindest acht Stunden betragen hat.