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Wer kann ein Gewerbe anmelden? - FAQs

Gewerbeanmeldung - Voraussetzungen

Lesedauer: 6 Minuten

Ein Gewerbe kann sowohl von einer natürlichen Person als auch von anderen Rechtsträgern ausgeübt werden. Insbesondere Gesellschaften - eingetragene Personengesellschaften  (OG, KG) und Kapitalgesellschaften (GmbH, AG) - können Gewerbe wie natürliche Personen ausüben. Aber auch Genossenschaften, Vereine, in das Firmenbuch eingetragene Zweigniederlassungen ausländischer Unternehmen, politische Parteien, Gebietskörperschaften (Gemeinden), gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgemeinschaften, Kammern und andere Körperschaften des öffentlichen Rechtes (Sozialversicherungsträger) können ein Gewerbe anmelden. 

Voraussetzung für die Ausübung eines Gewerbes durch eine natürliche Person ist ihre Eigenberechtigung. Die Eigenberechtigung tritt mit Vollendung des 18. Lebensjahres (Volljährigkeit) ein, es sei denn, die Person steht unter Sachwalterschaft. Fehlt diese Eigenberechtigung, kann eine Gewerbeberechtigung nur ausnahmsweise im Zusammenhang mit einer Erbschaft (z.B. auf Grund eines Fortbetriebsrechtes oder als Erbe von mehr als 50% eines Gewerbebetriebs) erlangt werden. In einem solchen Fall muss der gesetzliche Vertreter der nicht eigenberechtigten Person das Gewerbe anmelden und auch einen gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellen.

Eingetragene Personengesellschaften können ein Gewerbe erst nach Eintragung ins Firmenbuch anmelden. Sie müssen einen gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellen. Dieser muss entweder ein persönlich haftender Gesellschafter oder ein zumindest zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit im Unternehmen beschäftigter, voll sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer sein. 

Kapitalgesellschaften (GmbH, AG) können ein Gewerbe erst nach Eintragung ins Firmenbuch anmelden. Sie müssen einen gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellen. Dieser muss entweder dem zur Vertretung der Gesellschaft befugten Organ angehören, also ein im Firmenbuch eingetragener Geschäftsführer (GmbH) bzw. Vorstandsmitglied (AG), oder ein zumindest zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit im Unternehmen beschäftigter, voll sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer sein. 

Genossenschaften (reg. Gen. m.b.H. und reg. Gen. m.u.H.) können ein Gewerbe erst nach Eintragung in das Firmenbuch anmelden. Sie müssen einen gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellen. Dieser muss entweder dem zur Vertretung der juristischen Person befugten Organ angehören, also ein im Firmenbuch eingetragenes Vorstandsmitglied, oder ein zumindest zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit im Unternehmen beschäftigter, voll sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer sein. 

Vereine  können ein Gewerbe erst nach Erlangung ihrer Rechtspersönlichkeit anmelden. Der Verein erhält 4 Wochen ab Einlangen der Anzeige der Vereinserrichtung bei der Vereinsbehörde Rechtspersönlichkeit, sofern nicht bescheidmäßig anderes entschieden wird. Sie müssen einen gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellen. Dieser muss entweder dem zur Vertretung der juristischen Person befugten Organ angehören, also ein im Vereinsregister eingetragenes vertretungsbefugtes Vorstandsmitglied, oder ein zumindest zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit im Unternehmen des Vereines beschäftigter, voll sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer sein. 

Ausländische Gesellschaften müssen über eine im österreichischen Firmenbuch eingetragene Zweigniederlassung verfügen. Natürlich können auch österreichische „Tochtergesellschaften“ als Träger von Gewerberechten eingesetzt werden.

Einzelunternehmen brauchen grundsätzlich für eine Gewerbeausübung in Österreich einen Gewerbestandort, jedoch keinen inländischen Wohnsitz (Ausnahme: Marktfahrer, Feilbieten im Umherziehen). Dieser kann im EWR liegen.

Ob eine Miet- oder Eigentumswohnung als Gewerbestandort in Frage kommt, hängt unter anderem von der jeweiligen Widmung (z.B. Baurecht, Raumordnung) sowie vom Miet- oder Wohnungseigentumsvertrag ab.

Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GesbR) ist im Sinne der Gewerbeordnung weder eine juristische Person noch eine eingetragene Personengesellschaft, sie ist daher nicht gewerberechtsfähig. Das bedeutet, dass eine solche Gesellschaft kein Gewerbe anmelden kann. Es müssen daher sämtliche für den Betrieb erforderlichen Gewerbe von allen Gesellschaftern persönlich angemeldet werden (z.B. Baustoffhandel - Handelsberechtigung, Baugewerbe – Baumeisterberechtigung).

Anders werden hingegen Arbeitsgemeinschaften (ARGEs) gewerberechtlich behandelt, die als GesbR nur für die Dauer der Ausführung eines bestimmten Projekts bestehen (s. Fragestellung: "Müssen bei einer ARGE alle Mitglieder sämtliche für die Ausführung des Projekts notwendigen Gewerbeberechtigungen besitzen?“) 

Die stille Gesellschaft ist eine reine Innengesellschaft, die nach außen nicht in Erscheinung tritt. Das Gewerbe ist daher von jener natürlichen Person, eingetragenen Personengesellschaft oder juristischen Person anzumelden, an deren Unternehmen sich der stille Gesellschafter mit seiner Einlage beteiligt. Solange sich der stille Gesellschafter auf die Erbringung einer Vermögenseinlage beschränkt, bedarf er keiner Gewerbeberechtigung. Eine Beteiligung in der Form einer Arbeitsleistung deutet auf das Vorliegen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GesbR) hin und ist gewerberechtlich dementsprechend zu behandeln. Eine Gewerbeberechtigung ist daher zusätzlich für diesen Beteiligten erforderlich.

Arbeitsgemeinschaften (ARGEs) sind Zusammenschlüsse selbständiger (befugter) Unternehmer zur Realisierung bestimmter Projekte (meist Bauprojekte). Die ARGEs weisen i.d.R. die Rechtsform einer GesbR auf. Weil hier kein Gewerbebetrieb auf Dauer vorliegt, genügt es, dass der einzelne ARGE-Teilnehmer eine Gewerbeberechtigung zur Übernahme der Ausführung seines Arbeitsanteils am Gesamtprojekt besitzt. Werden Bereiche z.B. des Hoch- und Tiefbaus angesprochen, so muss im Hinblick auf diesbezügliche Planungs- und Ausführungsvorbehalte ein Unternehmer aus dem Baugewerbe oder dem Bereich der Ziviltechniker Mitglied der "ARGE“ sein.

Die Gewerbelizenz ist das Recht, Tätigkeiten gewerbsmäßig auszuüben. Sie wird mit der Anmeldung eines Gewerbes durch einen Gewerbetreibenden begründet, der zum Zeitpunkt dieser Anmeldung über keine Gewerbeberechtigung verfügt. Die Gewerbelizenz umfasst sämtliche Gewerbe einschließlich der Nebenrechte. Durch die Anmeldung (bei reglementierten Gewerben) oder Anzeige (bei freien Gewerben) weiterer Gewerbe wird die Gewerbelizenz erweitert. 

Die erste Gewerbeberechtigung ist immer anzumelden (reglementierte oder freie Gewerbe). Liegt aber eine Gewerbelizenz vor, so ist bei weiteren Gewerbeberechtigungen zu unterscheiden:

Weitere Gewerbeberechtigungen

  • für reglementierte Gewerbe müssen wie bisher angemeldet werden
  • für freie Gewerbe müssen nur angezeigt werden. 

Durch beide Vorgänge wird die Gewerbelizenz erweitert. 

Da keine Regelung für den bisherigen Bestand von Gewerbeberechtigungen getroffen wurde, ist unklar, ob auch für bestehende Gewerbeberechtigungen Gewerbelizenzen vergeben werden. Dies ist neben der erwähnten Anzeige statt der Anmeldung bedeutsam, weil Inhaber von Gewerbelizenzen bei der Überschreitung von Nebenrechten begünstigt werden, weil diese zunächst nur beraten und nicht sofort gestraft werden. Aus verfassungsrechtlichen Erwägungen ist eine Gleichstellung bestehender Gewerbeberechtigungen zu bejahen.

Stand: 21.10.2024

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