Arbeit und Soziales
Dezember 2023
Lesedauer: 4 Minuten
OGH-Entscheidung: Privatfahrten mit Privat-PKW – Anspruch auf Kilometergeld?
In dem der Entscheidung 8 ObA 52/22p zugrundeliegenden Sachverhalt wurde zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag vereinbart, dass dem Arbeitnehmer unter Beachtung der betrieblichen Richtlinien ein Dienstwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt wird. Der Arbeitnehmer entschied sich jedoch gegen dieses Angebot und teilte dem Arbeitgeber mit, dass er seinen neu angeschafften Privat-PKW, der größer als die zur Verfügung gestellten Dienstfahrzeuge sei, für Dienstfahrten verwenden werde. Dienstreisen mit dem Privatwagen wurden vom Arbeitgeber mit einem Kilometergeld vergütet.
Es kam zu einer Klage seitens des Arbeitnehmers, welcher auch die Vergütung seiner Privatfahrten mit dem Kilometergeld in Höhe von € 27.177,50 forderte. Der Arbeitnehmer stützte sich dabei auf die Rechtsprechung des OGH, wonach Naturalleistungen, die während des Arbeitsverhältnisses nicht in Anspruch genommen werden können, in Geld abzugelten sind. Der OGH hielt dies für nicht einschlägig, da der Arbeitnehmer das Angebot der Privatnutzung eines Dienstwagens abgelehnt hatte und ihm ein Geldersatz nie angeboten wurde.
In der rechtlichen Beurteilung der Entscheidung wurde auch festgehalten, dass der Arbeitnehmer für die Bereitstellung seiner Arbeitskraft jegliche Leistungen vom Arbeitgeber als Entgelt bekommt. Auch alle Arten von Naturalleistungen sind Teil des Entgelts. Wenn anstelle des vereinbarten Sachbezugs eine Geldleistung beansprucht wird, handelt es sich um eine andere Leistung als die vertraglich vereinbarte (Aliud).
Rekordanteil der Arbeitnehmer am Wohlstandskuchen
Die Lohnquote gibt den Anteil der Arbeitnehmer am Volkseinkommen wieder, der Rest entfällt auf Unternehmensgewinne und Einkommen von Selbständigen. Laut WIFO erreicht der Anteil der Arbeitnehmer den höchsten Wert in diesem Jahrhundert, der Gewinnanteil den niedrigsten Wert. Es ist also ein Mythos, dass die Kaufkraft leidet, während die Gewinne sprudeln.
Kein Wunder: Kräftige Lohnabschlüsse der Sozialpartner haben in der Vergangenheit auch in Rezessionen wie 2008/09 und während COVID die Kaufkraft aller Arbeitnehmer gesichert. Das gilt nicht für andere Länder, in denen Kollektivverträge unüblich sind oder nur wenige Menschen erfassen. Die Produktivität wurde also abgegolten und kann nicht noch einmal durch Arbeitszeitverkürzung vergütet werden. Das gilt erst recht für die aktuell einzigartige Doppelmühle aus hoher Inflation und wirtschaftlicher Schrumpfung.
Gesetzliches Pensionsalter und wirksame Anreize entscheidend für Erwerbsaustritt
Beim frühen Pensionsantritt der Österreicher stellt sich die Frage: Können oder wollen sie nicht länger? Die Zahlen zeigen: Entscheidend sind vor allem die gesetzlichen Pensionsaltersgrenzen. Die bisher gültigen Anreize, länger zu arbeiten, wirken kaum. Ganz im Gegensatz zu anderen Ländern.
Das deutsche Roman Herzog-Institut hat den Arbeitsmarkt der „Silver Worker“ in OECD-Ländern untersucht und konkret verglichen, wie viele Menschen über dem Regelpensionsalter noch erwerbstätig sind. Spitzenreiter ist Japan: Die Japaner gehen im Schnitt mit 67,5 Jahren in Pension, obwohl das Pensionsantrittsalter dort nur 65 Jahre beträgt. Jeder zweite Japaner der Gruppe 65 bis 69 Jahre ist noch erwerbstätig. Das liegt einerseits am relativ niedrigen Pensionsniveau, andererseits am Ethos, wonach Arbeit auch im Alter zum Leben gehört. Dass auch 45% der Isländer zwischen 65 und 69 Jahren noch arbeiten, wundert nicht – das gesetzliche Pensionsalter ist dort für alle 67 Jahre.
Die Österreicher schneiden im internationalen Vergleich früh aus: Nur 10% der Altersgruppe 65 bis 69 sind noch erwerbstätig. Im Schnitt treten sie schon lange vorher, nämlich mit 61 Jahren, aus dem Erwerbsleben aus. Dabei ist ein Arbeiten bis 65 bei Männern gesetzlich vorgesehen. Für Frauen gelten zwar 60 Jahre (das niedrigste Alter in der EU!), ein Aufschub des Pensionsantritts wäre aber pensionsrechtlich sehr lukrativ und arbeitsrechtlich abgesichert. Dieser Anreiz wirkt bisher kaum.
59. Tagung der Österreichischen Gesellschaft für Arbeitsrecht und Sozialrecht am 11.4.2024
Die Österreichische Gesellschaft für Arbeitsrecht und Sozialrecht veranstaltet vom 10. - 12. April 2024 ihre 59. Tagung, die traditionell in Zell am See stattfindet. Im Sinne der Zielvorstellungen der Gesellschaft stehen wieder arbeitsrechtliche und sozialrechtliche Problemkreise auf dem Programm.
Am Donnerstag, dem 11. April 2024 referieren über die arbeitsrechtlichen Themen:
- Freiwilligenarbeit, Praktika und Volontariate: Verhältnis zur Normalarbeit
Univ.-Prof.in Mag.a Dr.in Elisabeth Brameshuber (Universität Wien) - Disloziertes Arbeiten und Betriebsbegriff
ao Univ.-Prof. Dr. Martin Gruber-Risak (Universität Wien) - Lohntransparenz: Gleichbehandlung, Mitbestimmung und Datenschutz
Univ.-Prof. Dr. Adam Sagan, MJur (Oxon) (Universität Bayreuth)
Am Freitag, dem 12. April 2024 folgen sozialrechtliche Themen:
- Verfassungsrechtliche Fragen der Pensionsanpassung
Hon.-Prof.in HR.in Dr.in Angela Julcher (Verwaltungsgerichtshof) - Rechtsfragen der Telemedizin
Univ.-Prof.in MMag.a Dr.in Diana Niksova (Leopold-Franzens-Universität Innsbruck)
Im Anschluss an die Referate finden Diskussionen statt.
Neben den angeführten Vorträgen wird am Donnerstag, dem 11. April 2024 von 17:30 bis 19:00 Uhr ein Seminar über das Thema „Pflegegeld“ von Prof. Dr. Martin Greifeneder (Landesgericht Wels) angeboten.
Am Mittwoch, dem 10. April 2024 findet zudem wieder von 16:00 bis 17:30 Uhr ein „Nachwuchsforum“ mit voraussichtlich drei Präsentationen wissenschaftlicher Arbeiten und anschließender Diskussion statt. Die Themen werden nach Auswahl der ReferentInnen auf der Homepage: https://www.arbeitsrechtundsozialrecht.com bekanntgegeben. Wegen der Beschränkung auf ca. 50 Plätze wird um gesonderte Anmeldung gebeten.
Die Tagung gilt als Fortbildungsveranstaltung für die Weiterbildung der Rechtsanwälte iSd § 10 Abs 6 RAO.
- Ort: Ferry Porsche Congress Center | 5700 Zell am See, Brucker Bundesstraße 1a
- Anmeldebeginn: Montag, 8. Jänner 2024
- Anmeldeschluss: Montag, 11. März 2024
- Teilnahmegebühr: 100 EUR an Österreichische Gesellschaft für Arbeitsrecht und Sozialrecht, Kontodaten IBAN: AT261500000771005501, BIC: OBKLAT2L
- Anmeldungen und Anfragen richten Sie bitte an Frau Astrid Bönisch-Weilguny | E-Mail: astrid.boenisch-weilguny@partner.jku.at | M +43 664 224 50 80 | Postanschrift: Gesellschaft für Arbeitsrecht und Sozialrecht, p.A. Johannes Kepler Universität Linz, Altenberger Straße 69, 4040 Linz
Der Tagungsunterlage, die Sie vor Ort erhalten, liegt eine Teilnehmerinnen-Liste bei. Falls Sie keine Registrierung wünschen, bitte dies per E-Mail im Zuge Ihrer Anmeldung mitteilen.
Das Tourismusbüro der Stadt Zell am See (E-Mail: welcome@zellamsee-kaprun.com / www.zellamsee-kaprun.com ) übernimmt auf Wunsch Zimmerreservierungen.
Quelle: Abteilung Sozial- und Gesundheitspolitik, WKO