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Arbeit und Soziales

Juli 2024

Lesedauer: 3 Minuten

18.07.2024

Gesetzliche Änderungen ab 1.7.2024 

Auch wenn es zuletzt keine großen Würfe gab, ist das Arbeits- und Sozialrecht immer in Bewegung. Der „Endspurt“ der Gesetzgebungsperiode brachte noch einige Änderungen, die Gesetzwerdung ist vielfach noch abzuwarten.

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Quelle: Abteilung für Sozial- und Gesundheitspolitik, WKÖ


Kündigungsfristen für Arbeiter: Entscheidung des VfGH 

Der VfGH hat zu Kündigungsfristen für Arbeiter ausgesprochen, dass die gesetzliche Bestimmung (§ 1159 ABGB) verfassungskonform ist (VfGH 25.6.2024, G-29/2024 u.a.). Die Anträge des OGH und mehrerer anderer Gerichte wurden abgewiesen. 

Der VfGH begründet seine Entscheidung damit, dass die bekämpfte Bestimmung und ihre Ausnahmeregelung für Kollektivvertragsbranchen, in denen Saisonbetriebe überwiegen, vom Gesetz abweichende Kündigungsregelungen ermöglichen sollen. Der VfGH sieht weder eine Verletzung des Legalitätsprinzips (Art.18 B-VG) noch des Gleichheitsgrundsatzes (Art.2 StGG, Art.7 B-VG).

Das Höchstgericht führt aus, dass es zwar schwierig sein kann, festzustellen, wie viele Saisonbetriebe es in einer Branche gibt, die Regelungen aber deshalb noch nicht gegen das Bestimmtheitsgebot verstoßen. Es ist vielmehr Aufgabe der ordentlichen Gerichte, die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Saisonbranche zu bestimmen.

Auch der Gleichheitsgrundsatz ist nicht verletzt. Es liegt im Wesen von Kollektivverträgen bzw. ist ihr Ziel, innerhalb einer Branche einheitliche Bedingungen für alle Betriebe zu schaffen, auch wenn diese Betriebe unterschiedlich sind.  

Der OGH hat nun die Möglichkeit

  • in der Sache selbst zu entscheiden, oder
  • das Verfahren an die Erstinstanz zur Verfahrensergänzung wieder zurückzuweisen. 

Offen ist weiterhin, ob Arbeitgeber oder Arbeitnehmer die Beweislast dafür tragen, dass eine Saisonbranche vorliegt. Damit bleibt die Rechtsunsicherheit in jenen Branchen, die Kündigungsfristen abweichend vom Gesetz regeln. 

Quelle: Abteilung für Sozial- und Gesundheitspolitik, WKÖ


Fehlzeitenreport: Krankenstände 20% über dem langjährigen Schnitt 

2022 und 2023 sind die Krankenstände laut aktuellem Fehlzeitenreport abrupt angestiegen. Ob dauerhaft und warum, dazu gibt es Erklärungen, aber keine Gewissheit. Und die Jungen unterscheiden sich stark vom Rest. 

Erstmals nach Covid präsentierten der Dachverband, AK, WKÖ und WIFO den Fehlzeitenreport, der die Krankenstände von Erwerbstätigen analysiert, diesmal mit unerfreulichem Schluss: 20 Jahre lang waren die Österreicher 12 oder 13 Tage pro Jahr im Krankenstand. 2022 und 2023 stiegen die Krankenstände plötzlich auf 14,9 bzw. 15,4 Tage an – der höchste Wert seit 30 Jahren. Der Trend dürfte international sein – auch Deutschland, Großbritannien und andere Länder berichten von starken Anstiegen.

Was sind die Ursachen? Zunächst dürften die Krankenstände bereits ab der Pandemie 2020 stark zugenommen haben. Die Covid-Erkrankungen gingen aber als Absonderung und nicht als Krankenstand in die Statistik ein. Covid kam seitdem als neue Krankheit hinzu, auch Atemwegs- und psychische Erkrankungen haben zugenommen. Trotz der vielen Erkrankungen haben die Menschen offenbar noch nicht die Immunität von vor der Pandemie erreicht, auch weil sich die Virenstämme bei Grippe und Covid ändern. Daher ist zu hoffen, dass das Krankenstandsniveau nicht dauerhaft höher ist, sondern sich nach Wiederherstellung der Immunabwehr wieder zurückbildet.

Allerdings dürfte sich auch das Verhalten geändert haben: Menschen sind sensibler, bleiben häufiger zuhause, weil sie die Ansteckung fürchten und/oder, weil ihre Jobs bei Arbeitskräfteknappheit sicherer sind als früher.

Psychische Erkrankungen bei jungen Frauen, Verletzungen bei jungen Männern 

Der Schwerpunkt des Fehlzeitenreport, die Gesundheit von Jugendlichen und Lehrlingen, zeigt große Unterschiede im Vergleich zum Rest der Erwerbstätigen: Bei Frauen zwischen 15 und 29 Jahren ist der Anteil der psychischen Krankheiten und Verhaltensstörungen an den Krankenstandstagen mit 15,9% deutlich über dem Gesamtschnitt von 9,4%. Bei jungen Männern ist der Anteil von Verletzungen und Vergiftungen mit 23,4% weit über dem Schnitt von 16,3%. Letzteres liegt auch am Risikoverhalten.

Jeder Krankenstandstag kostet das Unternehmen grob geschätzt 250 Euro, einerseits durch Entgeltfortzahlung und Überstunden von Kollegen, andererseits durch verlorene Wertschöpfung. 100% des Entgelts wird übrigens sonst nur in Deutschland, der Schweiz und Belgien fortgezahlt und ist international die Ausnahme. Die tatsächlichen Verluste hängen von der Auslastung ab. Trotz Rezession fehlen vielen Betriebe Arbeitskräfte, Krankenstände verschärfen diesen Mangel und belasten die Kollegen, die einspringen.

Betriebe haben somit ein Interesse an gesunden Arbeitnehmern. Sie können dazu beitragen durch ein gutes Betriebsklima, die Vorbildwirkung von Vorgesetzten, Rückkehrgespräche, Einbindung in Arbeitsplatzgestaltung und gesundheitsfördernde Maßnahmen. Da wir aber maximal 10% der Lebenszeit am Arbeitsplatz verbringen, können die Betriebe die Gesundheit nur begrenzt steuern. Das zeigt auch die Unfallstatistik: Die AUVA zählte 2023 knapp 130.000 Arbeitsunfälle. Im Vergleich dazu zählte das Kuratorium für Verkehrssicherheit allein 783.000 Unfälle, die im Krankenhaus behandelt wurden.

Fazit: Betriebe können zur Gesundheit ihrer Mitarbeiter beitragen, entscheidend ist aber deren Gesundheitskompetenz und -verhalten. Bei Jugendlichen sind auch Eltern, Kindergarten, Schule und Freunde ausschlaggebend.

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Quelle: Abteilung für Sozial- und Gesundheitspolitik, WKÖ