Finger drückt auf deine Taste einer Tastatur mit Aufschrift barrierefrei und Icon einer Person im Rollstuhl mit einem Ordner
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Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft

Das Barrierefreiheitsgesetz (BaFG) für Tourismus- und Freizeitbetriebe

Was bedeutet das Gesetz für Tourismus- und Freizeitbetriebe?

Lesedauer: 7 Minuten

09.10.2024

Das Barrierefreiheitsgesetz (BaFG) verpflichtet Unternehmen bestimmte Barrierefreiheitsanforderungen einzuhalten, wenn sie Produkte oder Dienstleistungen für Verbraucher:innen anbieten. Das Gesetz gilt nur im Verhältnis B2C und tritt am 28. Juni 2025 in Kraft.

Anwendungsbereich

Das BaFG gilt für folgende Produkte, die nach dem 28.06.2025 in Verkehr gebracht werden:

  • Hardwaresysteme inkl. Betriebssysteme für Universalrechner für Verbraucher,
  • Selbstbedienungsterminals wie bspw. Geldautomaten, Fahrkartenautomaten,
  • Verbraucherendgeräte, die für elektronische Kommunikationsdienste verwendet werden (z.B. Mobiltelefone),
  • Verbraucherendgeräte, die für den Zugang zu audiovisuellen Mediendiensten verwendet werden (z.B. interaktive Fernseher),
  • E-Book-Lesegeräte,

und für Dienstleistungen, die nach dem 28.6.2025 erbracht werden:

  • elektronische Kommunikationsdienste (Telefonie, Messenger etc.),
  • Elemente von Personenverkehrsdiensten wie bspw. Websites, Apps, elektronische Tickets und interaktive Selbstbedienungsterminals (für Stadt-, Vorort- und Regionalverkehrsdiensten nur bei interaktiven Selbstbedienungsterminals),
  • Bankdienstleistungen,
  • Software für E-Books,
  • Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr.

Für Tourismus- und Freizeitbetriebe ist der Punkt Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr relevant, weshalb in diesem Dokument näher darauf eingegangen wird

Das BaFG gilt nicht für:

  • Aufgezeichnete zeitbasierte Medien (z.B. Video- und Audiodateien), die vor dem 28. Juni 2025 veröffentlicht wurden;
  • Dateiformate von Büro-Anwendungen (z.B. PDFs), die vor dem 28. Juni 2025 veröffentlicht wurden;
  • Online-Karten und Kartendienste, sofern bei Karten für Navigationszwecke wesentliche Informationen barrierefrei zugänglich in digitaler Form bereitgestellt werden;
  • Inhalte von Dritten, die von dem betreffenden Wirtschaftsakteur weder finanziert oder entwickelt werden noch deren Kontrolle unterliegen;
  • Inhalte von Websites und mobilen Anwendungen, die als Archive gelten und dadurch ihre Inhalte nach dem 28. Juni 2025 weder aktualisiert noch überarbeitet werden.

Wer ist betroffen?

Betroffen sind alle Unternehmen, die Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr im Rahmen eines Verbrauchervertrages anbieten, d.h. alle Online-Shops, Webshops und Apps im Bereich B2C. Wenn beispielsweise Tickets für eine Theatervorstellung online gekauft werden, sind die Anforderungen nach dem BaFG einzuhalten, sofern keine Ausnahme vorliegt.

Betroffen sind auch Hotel- und Reiseportale, auf denen Buchungen getätigt werden können und generell alle Online-Termin-Buchungs-Tools und zwar auch dann, wenn die Dienstleistung als solche nicht unter das BaFG fallen würde. Das ist z.B. bei Tourismusbetrieben, die ihre Dienstleistung (Hotel/Zimmer) online verkaufen, der Fall.

Betreibt ein Hotel- oder Gastronomiebetrieb auch einen Web-Shop über den z.B. Lebensmittel, Spa-Pflegeprodukte, Kochbücher, etc. zum Verkauf angeboten werden, dann ist der Web-Shop barrierefrei nach dem BaFG zu gestalten, sofern keine Ausnahmen zur Anwendung kommen.

Welche Ausnahmen gibt es?

Das BaFG ist nicht anwendbar auf sogenannte Kleinstunternehmen. Das sind Unternehmen, die weniger als 10 Mitarbeiter und entweder einen maximalen Jahresumsatz von EUR 2 Mio. oder eine maximale Jahresbilanzsumme von EUR 2 Mio. haben. Sollten diese Kriterien zu einem späteren Zeitpunkt überschritten werden, sind die Anforderungen des BaFG dann einzuhalten und z.B. der Webshop oder das Online-Buchungs-Tool muss nachträglich an das BaFG angepasst werden.

Das BaFG ist ebenso nicht anwendbar, wenn es zu einer grundlegenden Veränderung der Dienstleistung oder zu einer unverhältnismäßigen Belastung für das Unternehmen führen würde. Gemeint sind hier vor allem eine zusätzliche übermäßige organisatorische oder finanzielle Belastung, nicht jedoch mangelnde Priorität, Zeit oder Kenntnis.

Der Betrieb hat selbst die Beurteilung vorzunehmen, ob die Einhaltung des BaFG zu einer unverhältnismäßigen Belastung führen würde. Die Beurteilung ist zu dokumentieren und für 5 Jahre aufzubewahren. Zusätzlich sind Informationen dazu an das Sozialministeriumsservice zu übermitteln.

Welche Barrierefreiheitsanforderungen gelten für alle Dienstleistungen?

Damit die Dienstleistung so erbracht wird, dass sie für Menschen mit Behinderung geeignet ist, muss die Bereitstellung von Informationen über die Funktionsweise der Dienstleistung sowie über deren Barrierefreiheitsmerkmale folgenden Anforderungen genügen:

  • Bereitstellung über mehr als einen sensorischen Kanal;
  • Darstellung in verständlicher und wahrnehmbarer Weise;
  • Bereitstellung in Textformaten, damit alternative, assistive Formate verwendet werden können (z.B. Screenreader) und über mehr als einen sensorischen Kanal;
  • Verwendung einer Schriftart in angemessener Schriftgröße und geeigneter Schriftform mit ausreichendem Kontrast und anpassbaren Abstand zwischen den Buchstaben, Zeilen und Absätzen;
  • Alternative Darstellung des Inhalts, wenn Elemente mit Nicht-Text-Inhalten (z.B. Bilder) enthalten sind;
  • Bereitstellung der elektronischen Informationen auf kohärente und angemessene Weise, indem sie wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust gestaltet sind.

Websites müssen einschließlich der zugehörigen Online-Anwendungen und auf Mobilgeräten angebotenen Dienstleistungen, einschließlich mobiler Apps, auf kohärente und angemessene Weise wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust gestaltet werden.

Wenn Unterstützungsdienste (Help-Desk, Call-Center, technische Unterstützung, Relaisdienste und Einweisungsdienste) verfügbar sind, müssen Informationen über die Barrierefreiheit und die Kompatibilität des Produkts mit assistiven Technologien mit barrierefreien Kommunikationsmitteln bereitgestellt werden.

Bei Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr müssen zusätzlich noch folgende Anforderungen erfüllt sein:

  • Die Bereitstellung der Informationen zur Barrierefreiheit der zum Verkauf stehenden Produkte und Dienstleistungen, wenn diese Informationen vom verantwortlichen Wirtschaftsakteur zur Verfügung gestellt werden;
  • Gewährleistung der Barrierefreiheit der Identifizierungs-, Sicherheits- und Zahlungsfunktionen, wenn diese nicht in Form eines Produkts, sondern im Rahmen einer Dienstleistung bereitgestellt werden, durch deren wahrnehmbare, bedienbare, verständliche und robuste Gestaltung;
  • Bereitstellung von Identifizierungsmethoden, elektronischen Signaturen und Zahlungsdiensten, die wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust sind.

Was ist die Barrierefreiheitserklärung?

Grundsätzlich dürfen nur Dienstleistungen angeboten oder erbracht werden, welche die Barrierefreiheitsanforderungen nach dem BaFG erfüllen. Der Unternehmer hat die notwendigen Informationen über die Konformität der Dienstleistung zu erstellen und in schriftlicher und mündlicher Form für jedermann zugänglich bereitzustellen. Gemeint ist hier die sogenannte Barrierefreiheitserklärung ("Erklärung zur Barrierefreiheit"). Diese muss auch für Menschen mit Behinderung in barrierefreier Form z.B. in Form von Gebärdensprachenvideos zugänglich sein. Die Informationen sind für die Dauer des Angebots der Dienstleistung aufzubewahren und stets aktuell zu halten, d.h. Veränderungen bei den Barrierefreiheitsanforderung oder bei technischen Spezifikationen müssen in der Barrierefreiheitserklärung angepasst werden.

Die Informationen im Sinne der Barrierefreiheitserklärung sind in den AGB oder einem ähnlichen Dokument anzugeben. Seitens der WKÖ wird die Aufnahme in den AGB allerdings nicht empfohlen, sondern es sollte einen eigenen Button z.B. "Erklärung über die Barrierefreiheit" geben.

Was muss die Barrierefreiheitserklärung enthalten?

Die Barrierefreiheitserklärung muss eine Beschreibung der geltenden Anforderungen enthalten und die Gestaltung und die Durchführung der Dienstleistung abdecken, damit sind folgende Elemente gemeint:

  • eine allgemeine Beschreibung der Dienstleistung in einem barrierefreien Format;
  • Beschreibung und Erläuterungen, die zum Verständnis der Durchführung der Dienstleistung erforderlich sind;
  • eine Beschreibung, wie die Dienstleistung die einschlägigen Barrierefreiheitsanforderungen erfüllt.

Der folgende Formulierungsvorschlag ist nur ein Beispiel und muss an die tatsächlichen Gegebenheiten und den konkreten Webauftritt angepasst werden.


"Erklärung zur Barrierefreiheit
Wir sind bemüht, unsere Website im Einklang mit dem Barrierefreiheitsgesetz idgF zur Umsetzung der europäischen Barrierefreiheitsrichtlinie (RL 2019/882) über die Barrierefreiheitsanforderungen von Produkten und Dienstleistungen barrierefrei zugänglich zu gestalten.

Dabei wurde die Richtlinie für barrierefreie Webinhalte – WCAG 2.2 so weit wie möglich eingehalten.

Nähere Informationen zum Vertragsabschluss (Beschreibung unserer Dienstleistungen, Erläuterungen zur Durchführung unserer Dienstleistungen) finden Sie unter: …..

Nicht barrierefreie Inhalte
Die nachstehend aufgeführten Inhalte sind aus den folgenden Gründen nicht barrierefrei:

- Unvereinbarkeit mit den Barrierefreiheitsbestimmungen:
Auf der Website stehen PDF-Dokumente zum Download bereit, die noch nicht barrierefrei zur Verfügung stehen. Benötigen Sie Hilfe bei nicht barrierefreien PDF-Dokumenten, wenden Sie sich bitte an ….. Wir versuchen Ihnen in diesem Fall die Inhalte so weit wie möglich in geeigneter Art und Weise zur Verfügung zu stellen.

- Unverhältnismäßige Belastung:
Aus wirtschaftlichen und organisatorischen Gründen ist es derzeit noch nicht möglich, ältere PDF-Dokumente und Office-Dokumente (etc.) barrierefrei zu gestalten.

Die aufgelisteten Unvereinbarkeiten mit den Barrierefreiheitsbestimmungen werden laufend korrigiert.

- Diese Inhalte fallen nicht in den Anwendungsbereich der anwendbaren Rechtsvorschriften:
Auf der Website sind ältere Dokumente und Inhalte verfügbar, die nicht barrierefrei sind. Da diese vor dem 28.06.2025 veröffentlicht wurden, sind sie vom Barrierefreiheitsgesetz ausgenommen, und ist bei diesen derzeit keine umfassende Änderung geplant.

- Auf der Website sind Dokumente und Inhalte von Drittanbietern, die von uns weder entwickelt noch finanziert oder kontrolliert werden, enthalten. Für diese Inhalte Dritter kann bezüglich Vereinbarkeit mit den Barrierefreiheitsbestimmungen keine Aussage getroffen werden und sind sie daher ebenfalls von den Anforderungen des Barrierefreiheitsgesetzes ausgenommen.

Erstellung der Erklärung zur Barrierefreiheit
Diese Erklärung wurde auf Grundlage einer von Dritten vorgenommenen Bewertung erstellt

[evtl. Unternehmen anführen/verlinken, das die Bewertung durchgeführt hat; oder:]

Die Bewertung der Vereinbarkeit der Website mit dem BaFG erfolgte in Form eines Selbsttests nach WCAG 2.2.

Unsere Website wird laufend verbessert. Dabei sind uns die Bedienbarkeit und Zugänglichkeit ein großes Anliegen. Sollten Sie auf unserer Website auf Barrieren stoßen, welche Sie bei der Benutzung behindern bzw. einschränken, bitten wir Sie, uns dies an folgende E-Mail-Adresse mitzuteilen: ……………….

In diesem Fall beschreiben Sie bitte kurz das Problem und führen Sie die URL der betroffenen Website oder des Dokuments an. Wir werden Ihre Anfrage prüfen und Sie ehestmöglich kontaktieren."


Übergangsfristen

Vor dem 28. Juni 2025 vereinbarte Dienstleistungsverträge dürfen bis zu ihrem Ablauf (allerdings nicht länger als 5 Jahre) unverändert weiterbestehen. Bis dahin müssen die Vertragsparteien ihre bestehenden Verträge entweder durch Änderungen an die Barrierefreiheitsanforderungen des BaFG anpassen oder diese beenden.

Zuständigkeit und Strafbestimmungen

Zuständig für den Vollzug des Gesetzes ist das Sozialministeriumsservice, das bei Verstößen Geldstrafen von bis zu EUR 80.000 verhängen kann. Zudem haben alle Konsument:innen das Recht, das Sozialministeriumsservice auf mögliche Übertretungen hinzuweisen. Dieses Recht kommt auch dem Verein für Konsumenteninformation (VKI) zu.

Weiterführende Informationen