Digital Markets Act (DMA) und Digital Services Act (DSA)
Rückblick und Unterlagen zur Infoveranstaltung am 19.3.2024
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Hintergrund
Am 19.3.2024 fand auf Einladung der Abteilung für Rechtspolitik der Wirtschaftskammer Österreich die gemeinsam mit dem Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft und dem Bundesministerium für Justiz organisierte Online-Informationsveranstaltung „Digital Markets Act (DMA) und Digital Services Act (DSA)“ statt.
Die im Frühjahr 2020 von der Europäischen Kommission angestoßenen und nach intensiven Verhandlungen in Rat und EU-Parlament mit Ende 2022 letztlich in Kraft getretenen Legislativleitprojekte für den Digitalsektor - Digital Markets Act (DMA) und Digital Services Act (DSA) - bilden ohne Zweifel zentrale Elemente des EU-Rechtsrahmens für die digitale Wirtschaft in der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten. Sie stehen seit Mitte Februar 2024 in voller Geltung und sind hinsichtlich bestimmter Elemente auch für Unternehmen in Österreich von Bedeutung.
Vor diesem Hintergrund bestand das Ziel der Online-Informationsveranstaltung aus der Reihe „Legal Policy Quarterly“ (LPQ) darin, die Inhalte dieser beiden, vor allem für große Online Plattformen und Online Suchmaschinen zahlreiche neue Verpflichtungen enthaltenden EU-Verordnungen im Überblick darzustellen und jenen Regelungsbereichen besonderes Augenmerk zu schenken, die auch für Unternehmen in Österreich potentiell von Bedeutung sein können.
Zusammenfassung der Beiträge
Dr. Winfried Pöcherstorfer, Abteilung für Rechtspolitik der WKÖ, nahm in seiner Begrüßung auf das neue Online Format „Legal Poliy Quarterly“ Bezug, das aktuelle Themen der Rp-Abteilung in regelmäßigen Zeitabständen interessierten Kreisen innerhalb der WKO in leicht zugänglicher Form mit interaktiven Elementen erschließbar machen soll.
Gerade bei DMA und DSA habe sich gezeigt, dass Interesse und Informationsbedarf von Anfang an groß waren, weshalb nun wenige Wochen nach dem Wirksamwerden der beiden Rechtsakte ein guter Zeitpunkt gekommen sei, sich die wesentlichen Inhalte dieser Rechtsakte mithilfe von Vorträgen der beiden führenden Experten aus den verantwortlichen Ressorts in Erinnerung zu rufen.
Mag. Judith Stenitzer, Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (BMAW), präsentierte in ihrem Vortrag den Digital Markets Act, der der wachsenden Machtkonzentration und den Abhängigkeiten auf digitalen Märkten entgegen wirken soll, wobei sie zunächst auf Hintergrund und Entstehungsgeschichte dieser EU-Verordnung einging. Sie erläuterte anschließend den Geltungsbereich der VO und speziell den Begriff „Unternehmen, die zentrale Plattformdienste (CPS) betreiben“ und führte ferner aus, unter welchen Voraussetzungen ein Unternehmen von der EK als Gatekeeper benannt wird und für welche Unternehmen derartige Designierungen seitens der EK bereits stattgefunden haben.
Daran anschließend ging sie auf die Verpflichtungen für erfasste Unternehmen - im Einzelnen zu den Themen Datenverwendung, Datenzugang und Datenportabilität, Vertriebskanäle, Ausnutzen der Konglomeratstruktur, Geräteneutralität, Plattformneutralität, Interoperabilität, Werbung und sonstige Verpflichtungen – im Detail ein. Von den Bestimmungen der Verordnung werden ihrer Einschätzung nach Anbieter von Software-Anwendungen, gewerbliche Nutzer auf Online-Vermittlungsdiensten, Anbieter von Produkten, die mit jenen der Gatekeeper konkurrieren, Werbende und Anbieter von Online-Werbeflächen sowie auch Konsumentinnen und Konsumenten profitieren.
Trotz alleiniger Zuständigkeit der Europäischen Kommission (EK) für den Vollzug des DMA können Betroffene neben dieser auch die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) über Verhaltensweisen von Gatekeepern informieren, die unter den DMA fallen, und nationale Gerichte können mit Blick auf allfällige Schadenersatzforderungen befasst werden.
In seinem Vortrag zum Digital Services Act ging LStA Dr. Dietmar Dokalik, Bundesministerium für Justiz (BMJ), auf den seit 17.2.2024 vollständig in Geltung stehenden DSA, die dazu ergangene begleitende Legistik (DSA-BegleitG, KDD-G, Aufhebung des KoPl-G sowie entsprechende Neuerungen im ECommerceG ein. Hinsichtlich des Anwendungsbereiches ging er insbesondere auf den Begriff des Vermittlungsdiensteanbieters ein, auf den Dienst der Informationsgesellschaft sowie auf die im Einzelnen erfassten Varianten.
Mit Blick auf die Haftung für Vermittlungsdiensteanbieter verwies er zunächst auf das Fortbestehen von aus dem bislang geltenden Recht bekannten Haftungsprivilegien, erwähnte ferner die „Guter Samariter“-Klausel sowie die Anordnung zum Vorgehen gegen rechtswidrige Inhalte und die Auskunftsanordnung.
Bestimmungen, die alle Vermittlungsdiensteanbieter treffen, umfassen jene zur Kontaktstelle für Behörden, zur Kontaktstelle für Nutzer, zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie zu Transparenzberichten (hinsichtlich letzterer besteht eine Ausnahme für Klein- und Kleinstunternehmen). Konkrete Verpflichtungen für Hosting-Provider umfassen Melde- und Abhilfeverfahren, Begründungspflichten iZm der Beschränkung der Anzeige von durch Nutzer bereitgestellte Inhalte sowie Meldeverpflichtungen bei Verdacht auf Straftaten.
Speziell für Online-Plattformen (nicht aber für Klein- und Kleinstunternehmen) ist zu beachten: die Vorgaben für das interne Beschwerdemanagement, für die außergerichtliche Streitbeilegung, für vertrauenswürdige Hinweisgeber, für die Sperre von Nutzern, die häufig und offensichtlich rechtswidrige Inhalte bereitstellen, weitere Angaben in Transparenzberichten, das Verbot sog „dark patterns“, die Vorgaben für die Kennzeichnung von Werbung einschließlich der Selbstangabemöglichkeit für Influencer und des Verbots von Werbung, die auf Profiling beruht, Angaben im Sinne der Transparenz von Empfehlungssystemen sowie Regelungen zum Schutz von Minderjährigen.
Für Online-Marktplätze (nicht aber für Klein- oder Kleinstunternehmen) gelten Vorgaben wie das „Know your business customer“-Prinzip, Konfomität durch Technikgestaltung sowie Information der Verbraucher über rechtswidrige Produkte/Dienstleistungen. Lediglich für sehr große Online Plattformen (VLOPs) und sehr große Online Suchmaschinen (VLOSEs) – dh solche mit jeweils mehr als 45 Mio Nutzern – gelten zusätzlich besondere Vorschriften in den Bereichen Risikobewertung, Risikominderung, Krisenreaktionsmechanismus und unabhängige Prüfung.
In der anschließenden Fragerunde kamen Themen wie die parallele Anwendbarkeit weiterer Reglungen neben dem DSA zur Sprache, speziell hinsichtlich Äußerungen auf Bewertungsplattformen und in einschlägigen Foren, ebenso wie solche nach Rechtswidrigkeitsstandards und möglichen Konstellationen, in denen mehrfach Strafen fällig werden könnten sowie abschließend jenes der Sicherstellung eines regelmäßigen Austausches zwischen den mit dem Regelungsvollzug in den Mitgliedstaaten betroffenen Einrichtungen und den Einrichtungen auf EU-Ebene.
Dr. Theodor Taurer, Abteilung für Rechtspolitik in der WKÖ, dankte abschließend der Referentin und dem Referenten und allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern und stellte eine baldige Fortsetzung der LPQ-Serie in Aussicht.