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Rückblick: Kollektive Rechtsverfolgung

Veranstaltung am 12. Juni 2024: Unterlagen und Bilder

Lesedauer: 2 Minuten

Aktualisiert am 14.06.2024

Am 12. Juni, sohin am selben Tag des Beschlusses der Bundesregierung über die Regierungsvorlage, fand im Haus der Wirtschaft eine hochkarätig besetzte Veranstaltung zum Thema der österreichischen Umsetzung der EU‑Verbandsklagenrichtlinie statt.

Die wesentlichen Neuerungen auf einen Blick:

  • Neben den schon bisher möglichen Unterlassungsklagen wird es Qualifizierten Einrichtungen ermöglicht, auch sog. „Abhilfeklagen“ im kollektiven Interesse der Verbraucher:innen gegen Unternehmen zu erheben. Damit können mehrere Verbraucher:innen in einem einzigen Verfahren mit Hilfe einer Qualifizierten Einrichtung ihre Ansprüche, wie etwa Schadenersatz, Preisminderung oder Reparatur, gegenüber einem Unternehmen geltend machen.
  • Neben gesetzlich anerkannten Qualifizierten Einrichtungen, wie etwa WKÖ, Bundesarbeitskammer oder Verein für Konsumenteninformation, können unter bestimmten Voraussetzungen auch andere juristische Personen durch den Bundeskartellanwalt als Qualifizierte Einrichtungen anerkannt werden.
  • Die Qualifizierten Einrichtungen haben besondere Informationspflichten.
  • Voraussetzung einer Abhilfeklage ist, dass zumindest 50 Verbraucher:innen Ansprüche geltend machen.
  • Mit einer Unterlassungsklage klagt eine Qualifizierte Einrichtung Unternehmen auf die Unterlassung (Beendigung und Verbot) eines rechtswidrigen Verhaltens.
  • Für solche Verfahren ist ausschließlich das Handelsgericht Wien zuständig.

In ihrer Begrüßung strich Rosemarie Schön, Leiterin der Abteilung für Rechtspolitik der WKÖ, die Topaktualität der Veranstaltung heraus. Sie betonte, dass die Wirtschaft nicht grundsätzlich gegen zivilprozessrechtliche Instrumente, mit denen Ansprüche kollektiv geltend gemacht werden, ist: „Diese Verfahren können durchaus dem fairen Wettbewerb dienen. Fair muss aber auch das kollektive Verfahren selbst sein, ausgewogen was die Rechte und Pflichten der Verfahrensparteien betrifft. Denn ein Zivilprozess dient dazu, einen unparteiischen Richter darüber entscheiden zu lassen, ob ein geltend gemachter Anspruch zu Recht besteht oder eben doch nicht.“

Hartmut Melzer (Leitender Staatsanwalt des Bundesministeriums für Justiz) strich zu Beginn der Veranstaltung die Herausforderungen für Legisten in Zusammenhang mit einer Gesetzesmaterie, in der für ein Verfahrensrecht untypisch massive Interessengegensätze zu Tage traten.

Aus Sicht der Wissenschaft führte Martin Spitzer (Univ.-Prof., Wirtschaftsuniversität Wien) aus, dass eine sinnvolle Verfahrensstrukturierung wesentlich für ein funktionierendes Kollektivverfahren ist.

Allerdings sei es schon aus grundsätzlichen Erwägungen abzulehnen, aus diesem Grund tief in das materielle Schadenersatzrecht einzugreifen.

Thomas Hirmke, Abteilungsleiter im BMSGPK, kritisierte vor allem, dass in der Umsetzung die Abhilfeklagen aus Sicht der Konsumentenschützer deutlich hinter den Erwartungen und Anforderungen der Praxis an ein effizientes Verfahren zurückgeblieben sind. Er sieht vor allem keine wirklichen Verfahrensvereinfachungen gegenüber der bekannten Sammelklage österreichischer Prägung.

Artur Schuschnigg, Referent der Abteilung für Rechtspolitik der WKÖ, beleuchtete den Entwurf aus Sicht der Wirtschaft: „Wesentlich ist, dass mit einem solchen kollektiven Abhilfeverfahren die Verbraucher:innen nicht mehr aber auch nicht weniger Schadenersatz erhalten als durch eine Anspruchsverfolgung in Individualverfahren.“ 

Bettina Knötzl, Rechtsanwältin und Vizepräsidentin der Rechtsanwaltskammer Wien, begrüßte, dass von der Einführung eines Erkundungsbeweises Abstand genommen wurde. Sie kritisierte allerdings vehement, dass zwar der Rechtsanwaltstarif gedeckelt werden soll, was zu Lasten der Anwälte gehen würde. Unverständnis äußerte sie auch darüber, dass im Gegensatz dazu keine Deckelung bei den gerichtlichen Pauschalgebühren vorgesehen worden ist.

Einen sehr interessanten europaweiten Vergleich über die verschiedenen Ansätze der Umsetzung gab Herbert Woopen, Rechtsanwalt in Köln und Director of Legal Policy des European Justice Forum.

Wie nicht anders zu erwarten, wurden auch in der Diskussion noch kontroversielle Standpunkte und Wünsche betreffend Änderungen artikuliert, was aufgrund der sehr unterschiedlichen Interessen in diesem Thema nicht anders zu erwarten war.

Bilder von der Veranstaltung



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