Person mit weißem Schutzhelm und in gelber Warnweste hockt auf Dach und schraubt Solarpanele fest
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Elektro-, Gebäude-, Alarm- und Kommunikationstechniker, Bundesinnung

0 % Umsatz­steuer für PV-Anlagen bis 35 kWp

Vortrag von Prof. Peter Scherer vom 28.2.2024 zum befristeten Nullsteuersatz für Photovoltaikmodule

Lesedauer: 6 Minuten

07.06.2024

Zielgruppe der Veranstaltung sind Unternehmen aus der Photovoltaik-Branche. Der Vortrag von Prof. Peter Scherer vom Lehrstuhl "Digitales Bauen" der Fachhochschule Nordwestschweiz wurde gemeinsam vom Bundesverband Photovoltaic Austria und der Bundesinnung der Elektro-, Gebäude-, Alarm- und Kommunikationstechniker veranstaltet.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Unionsrechtlicher Rahmen bildet die Richtlinie (EU) 2022/542

Artikel 98

[…]
(2) […] eine Steuerbefreiung mit Recht auf Vorsteuerabzug gewähren. […]
a) den Nummern 1 bis 6 und 10c;
[…]

Anhang III

[…]
10c. Lieferung und Installation von Solarpaneelen auf und in der Nähe von
Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für
dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden;
[…]

Befristeter Nullsteuersatz für Photovoltaikmodule

Regierungsvorlage

In § 28 UStG 1994 wird folgender Abs. 62 angefügt:
"(62) Abweichend von § 10 ermäßigt sich die Steuer auf 0 % für die Lieferungen,
innergemeinschaftlichen Erwerbe, Einfuhren sowie Installationen von
Photovoltaikmodulen
, die nach dem 31. Dezember 2023 und vor dem 1. Jänner 2026 ausgeführt werden bzw. sich ereignen. Dies gilt nur, wenn die Lieferungen oder Installationen an oder die innergemeinschaftlichen Erwerbe bzw. Einfuhren durch den Betreiber erfolgen. Weitere Voraussetzung ist, dass die Engpassleistung der Photovoltaikanlage nicht mehr als 35 Kilowatt (peak) beträgt oder betragen wird und, dass die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von folgenden Gebäuden betrieben wird oder betrieben werden soll:

  • Gebäude, die Wohnzwecken dienen,
  • Gebäude, die von Körperschaften öffentlichen Rechts genutzt werden oder
  • Gebäude, die von Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 34 bis 47 der Bundesabgabenordnung), genutzt werden."

Abänderungsantrag (AA-347) und Initiativantrag (3777/A)

In§ 28 Abs. 62 werden nach dem dritten Salz folgende Sätze angefügt:
"Eine Photovoltaikanlage gilt nur dann als in der Nähe eines Gebäudes im Sinne des dritten Satzes betrieben, wenn sie sich auf einem bestehenden Gebäude oder Bauwerk desselben Grundstückes befindet. Weiters darf für die betreffende
Photovoltaikanlage bis zum 31. Dezember 2023 kein Antrag auf Investitionszuschuss nach dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, BGBl. I Nr. 150/2021, eingebracht worden sein."

In § 28 wird folgender Abs. 63 angefügt:
"(63) Abweichend von § 28 Abs. 62 letzter Satz darf ein Antrag auf
Investitionszuschuss nach dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG), BGBl. I Nr.
150/2021, eingebracht worden sein, wenn die betreffende Photovoltaikanlage erstmals vor dem 1. Jänner 2024 in Betrieb genommen wird bzw. wurde. Die übrigen Voraussetzungen des § 28 Abs. 62 bleiben hievon unberührt."

Siehe hierzu: Umsetzung mit BGBl. I Nr. 152/2023 und BGBl. I Nr. 201/2023

Umfang der Begünstigung

Lieferung, innergemeinschaftlicher Erwerb, Einfuhren sowie Installation

Begünstigt sind, soweit die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind

  • der Verkauf von Photovoltaikmodulen im Inland (z.B. bei einem stationären
    Einzelhändler oder im Onlinehandel)
  • der Kauf aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet (sowohl im Rahmen des innergemeinschaftlichen Versandhandels als auch des innergemeinschaftlichen Erwerbs) sowie aus Drittländern (z.B. Einfuhren)
  • die Installationen von Photovoltaikmodulen (Werklieferung)

In jedem Fall darf die gesamte Engpassleistung der PV-Anlage (eigener
Wechselrichter und eigener Zählpunkt) 35 kW (peak) nicht überschreiten.

Ersatzteile, Reparaturen, Garantie- und Wartungsverträge, Planungsarbeiten

Nicht begünstigt sind bspw.

  • Ersatzteillieferungen, wenn es sich nicht um ein Photovoltaikmodul (samt
    Zubehör) handelt
  • Reparaturleistungen, soweit sie nicht im Austausch eines Photovoltaikmoduls bestehen
  • Garantie- und Wartungsverträge, die im Zusammenhang mit PV-Anlagen
    abgeschlossen werden
  • Planungsarbeiten, wenn sie keine unselbständige Nebenleistung zur Lieferung bzw. Installation eines PV-Moduls darstellen.

Beispiel Planungsarbeit 

Beispiel 1

Elektriker E plant, verkauft und installiert eine Anlage. Die Planung wird von E
gesondert in Rechnung gestellt. Es liegt insgesamt eine einheitliche Lieferung vor.

Der Nullsteuersatz kommt zur Anwendung.

Beispiel 2

Elektriker E nimmt die Planung einer Anlage vor und verrechnet hierfür ein Entgelt. Das Photovoltaikmodul selbst wird jedoch vom Betreiber im stationären
Einzelhandel erworben.

Die Planungsleistung des E unterliegt dem Normalsteuersatz.

Lieferung des Photovoltaikmoduls unterliegt dem Nullsteuersatz.

Einheitlichkeit der Leistung

Zubehör, Speicher, photovoltaikspezifische Komponenten

Einheitlichkeit der Leistung

  • Lieferungen und sonstige Leistungen, die für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck, sondern ein Mittel darstellen, um die Lieferung des Photovoltaikmoduls zum Betrieb einer Photovoltaikanlage unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen, teilen nach allgemeinen Grundsätzen der Einheitlichkeit der Leistung das umsatzsteuerliche Schicksal der Lieferung des Photovoltaikmoduls, und stellen unselbständige Nebenleistungen zur Lieferung eines Photovoltaikmoduls dar. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Lieferer Photovoltaikmodule samt Zubehör und Speicher liefert und montiert.
  • Übersteigt die Gesamtkapazität des miterworbenen Speichers die Leistung der erworbenen Photovoltaikmodule um nicht mehr als das Doppelte, ist von Verhältnismäßigkeit auszugehen (somit Einheitlichkeit der Leistung).
  • Photovoltaikanlagenspezifische Komponenten wie bspw. Wechselrichter, Dachhalterung, Energiemanagementsysteme, Solarkabel, Einspeisesteckdosen.

Siehe hierzu: UStR Rz 346 ff. mVa die diesbezügliche Judikatur des EuGH und VwGH

Installationen

Photovoltaikspezifische Arbeiten

Photovoltaikanlagenspezifischen Arbeiten:

  • Dienen ausschließlich dazu, eine Photovoltaikanlage sicher für das
    Gebäude und für die sich darin befindlichen Menschen zu betreiben (z.B.
    photovoltaikanlagenspezifische Elektroinstallation).
  • Müssen direkt gegenüber dem Anlagenbetreiber erbracht werden, um unter den Nullsteuersatz zu fallen.

Betreiber

Wirtschaftliche Betrachtungsweise

  • Die Steuerbefreiung umfasst nur Lieferungen an den Betreiber einer
    Photovoltaikanlage zu Zwecken des (geplanten) Betriebs durch den Betreiber derselben. Die in der Lieferkette vorausgehenden Lieferungen (z.B. an Zwischenhändler) unterliegen hingegen unverändert dem Normalsteuersatz.
  • Als Betreiber einer Photovoltaikanlage gelten jene Personen, die in
    wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Anlage betreiben. Dies gilt auch, wenn diese die Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 in Anspruch nehmen oder Nichtunternehmer sind.

Beispiel:

Der Produzent eines Photovoltaikmoduls verkauft dieses an einen Großhändler, der wiederum an einen Unternehmer des stationären Einzelhandels liefert. Alle Liefervorgänge unterliegen dem Normalsteuersatz.

Begünstigte Gebäude

Begünstigt Gebäude sind:

  1. Gebäude, die Wohnzwecken dienen,
  2. Gebäude, die von Körperschaften öffentlichen Rechts genutzt werden und
  3. Gebäude, die von Körperschaften, Personenvereinigungen und
    Vermögensmassen, die gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 34 bis 47 BAO), genutzt werden.

Gebäude zu Wohnzwecke

  • Als Gebäude, das Wohnzwecken dient, ist jedes Gebäude zu verstehen, das – mit Ausnahme des Betriebs einer Photovoltaikanlage – zu Wohnzwecken iSd § 10 Abs. 2 Z 3 lit. a UStG 1994 verwendet wird. Das sind bspw. Ein- und Zweifamilienhäuser (einschließlich Bungalows, Ferienhäuser, Landhäuser), Eigentumswohnungen, Mietwohnungen, Appartements.
  • Eine ausschließliche Nutzung für Wohnzwecke sowie die Nutzung für eigene
    Wohnzwecke
    ist nicht erforderlich.

Beispiel 1:

Ein Rechtsanwalt verwendet das Erdgeschoss seines Einfamilienhauses als
Kanzlei. Für die Lieferung von Photovoltaikmodulen kann der Nullsteuersatz zur
Anwendung kommen.

Beispiel 2:

Eine Bank unterhält eine Bankfiliale im Erdgeschoss eines Gebäudes. Das obere Stockwerk wird von der Bank zu Wohnzwecken vermietet. Für die Lieferung von Photovoltaikmodulen kann der Nullsteuersatz zur Anwendung kommen. 

Gebäude von Körperschaften öffentlichen Rechts bzw. begünstigte Körperschaften etc.

  • Bei Gebäuden, die von Körperschaften öffentlichen Rechts genutzt werden,
    ist eine Nutzung für andere als hoheitliche Zwecke unschädlich. Dies gilt
    sinngemäß auch für Gebäude, die von Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen, genutzt werden.

Beispiel:

Eine Körperschaft öffentlichen Rechts nutzt ein Gebäude als Kindergarten
(Betrieb gewerblicher Art iSd § 2 Abs. 3 UStG 1994) und als Gemeindeamt
(Hoheitsbereich). Der Nullsteuersatz kann zur Anwendung kommen.

Gebäude "auf" bzw. "in der Nähe" (siehe Abänderungsantrag)

  • Um einer verstärkten Boden-bzw. Flächenversiegelung vorzubeugen, soll der Steuersatz iHv 0 % grundsätzlich nur zur Anwendung kommen, wenn die Anlage auf einem Gebäude, das den Zwecken im Sinne des § 28 Abs. 62 dritter Satz dient, betrieben wird.
  • Sofern sich die Photovoltaikanlage jedoch auf einem bestehenden Gebäude oder Bauwerk befindet, das auf demselben Grundstück steht, auf dem sich das Gebäude im Sinne des § 28 Abs. 62 dritter Satz befindet (z.B. bestehende Garage, Gartenschuppen oder Zaun), soll der Steuersatz iHv 0 % ebenfalls zur Anwendung kommen.
  • Insofern fallen Photovoltaikanlagen, die sich freistehend in der Nähe von derartigen Gebäuden befinden, nicht unter den Steuersatz iHv 0 % (z.B. Photovoltaik-Freiflächenanlagen).
  • Werden Grundstücke durch eine öffentliche Straße getrennt, ist die Tatbestandsvoraussetzung "in der Nähe" mangels räumlichen Nutzungszusammenhangs nicht gegeben.

Investitionszuschuss EAG: Antrag bzw. Inbetriebnahme

Antrag auf Investitionszuschuss bis 31. Dezember 2023: Nullsteuersatz kommt
grundsätzlich nicht zur Anwendung.

  • Ausnahme: Photovoltaikanlage, die bereits vor dem 1. Jänner 2024 erstmals in Betrieb genommen wurde. Die übrigen Voraussetzungen des § 28 Abs. 62 UStG 1994 (z.B. hinsichtlich des Betreibers) müssen unverändert vorliegen.

Übergangsregelung: Anträge gelten als zurückgezogen (nicht eingebracht), wenn

  • Anträge nicht bedeckt werden konnten,
  • Inbetriebnahmefrist nicht eingehalten wurde,
  • unvollständige Anträge nicht verbessert bzw. vervollständigt wurden,
  • Endabrechnung nicht fristgerecht vorgelegt wurde.

Ratenkauf, Leasing, Anzahlung

(Zeitpunkt der) Leistung

Ratenkauf: Allgemein ist für die umsatzsteuerliche Behandlung bei Änderungen des Steuersatzes der Zeitpunkt der Lieferung und somit die Verschaffung der
Verfügungsmacht
maßgeblich. Der Zeitpunkt der Zahlung der Rate ist
grundsätzlich ohne Bedeutung.

Leasing: Hinsichtlich der Abgrenzung zwischen einer begünstigten Lieferung und
einer nicht begünstigten sonstige Leistung siehe UStR Rz 345.

Anzahlung: Hinsichtlich der Änderung des Steuersatzes (auch 0%-Steuersatz) und Anzahlungen siehe UStR Rz 1476.

Weiterführende Informationen

Informationen zum Thema Photovoltaik auf der BMF-Homepage