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Nebenrechte im Gewerbe Installations- und Gebäudetechnik

Was Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechniker:innen zur Erbringung von Leistungen anderer Gewerbe wissen sollten

Lesedauer: 6 Minuten

04.10.2024

Das österreichische Gewerberecht erlaubt Gewerbetreibenden unter bestimmten Voraussetzungen im Rahmen ihrer Gewerbeberechtigung zulässigerweise eine Reihe von Tätigkeiten auszuüben, die normaler- weise Gegenstand anderer Gewerbe sind. Diese "sonstigen Rechte von Gewerbetreibenden" werden auch als Nebenrechte bezeichnet und stehen allen Gewerbetreibenden gleichermaßen zu (Erzeuger, Händler oder Dienstleister), unerheblich, ob ein freies oder ein reglementiertes Gewerbe betrieben wird.

1. Sonstige Rechte von Gewerbetreibenden gem. § 32 Abs. 1 Z 1 bis Z 15 und Abs. 1a GewO umfassen:

  • die Vornahme von Vor- und Vollendungsarbeiten auf dem Gebiet anderer Gewerbe,
    • wenn der Gewerbetreibende die Haupttätigkeit des Gesamtauftrags im Rahmen der eigenen Gewerbeberechtigung durchführt;
    • wenn damit erzeugte oder vertriebene Produkte bzw. erbrachte Dienstleistungen absatzfähig (marktfähig) gemacht werden, indem der Gewerbetreibende Produkte oder Dienstleistungen so gestaltet, dass sie vom Kunden überhaupt bzw. häufiger oder intensiver nachgefragt werden.
  • die Ausübung einfacher Tätigkeiten reglementierter Gewerbe,
    • wenn es sich bei den "einfachen Tätigkeiten" (keine "Kerntätigkeiten" reglementierter Gewerbe) um Tätigkeiten handelt, deren fachgemäße Ausführung den sonst vorgeschriebenen Befähigungsnachweis nicht erfordert und die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen nicht voraussetzen;
    • wenn gilt, dass die ausgeübten einfachen Tätigkeiten reglementierter Gewerbe auch ohne direkten Zusammenhang zur Haupttätigkeit erbracht werden können.
  • die Planung von Arbeiten,
    • wenn die zu planenden Arbeiten im zulässigen Umfang der Gewerbeberechtigung des ausführenden Gewerbeberechtigten liegen.
  • die Erbringung von (ergänzenden) Leistungen anderer Gewerbe,
    • Die Erbringung von Leistungen anderer Gewerbe ist nur möglich, wenn diese die eigene (im Rahmen eines bestehenden Vertragsverhältnisses und einer aufrechten Gewerbeberechtigung erbrachte) Leistung wirtschaftlich sinnvoll ergänzen.
    • Eine wirtschaftlich sinnvolle Ergänzung liegt vor, wenn der organisatorische und/oder finanzielle Aufwand für die Beauftragung eines eigenen Gewerbetreibenden für ergänzende Leistungen in einem geringen wirtschaftlichen Verhältnis zum Umfang der eigenen Leistung steht (= Sicht des Nachfragers der Gesamtleistung).
    • Ergänzende Leistungen dürfen insgesamt bis zu einer Höchstgrenze von 30 % des im Wirtschaftsjahr vom Gewerbetreibenden erzielten Jahresumsatzes erbracht werden.
    • Innerhalb der Höchstgrenze von 30 % dürfen Leistungen reglementierter Gewerbe nur bis zu 15 % der Gesamtleistung eines jeweiligen Auftrages erbracht werden.
      Es bestehen folgende Aufteilungsgrenzen für ergänzende Leistungen:

      a. freies Gewerbe in freies Gewerbe: 30 % des Jahresumsatzes (Unternehmen) und
      b. reglementiertes Gewerbe in freies Gewerbe: 30 % des Jahresumsatzes

      und zusätzlich folgende auftragsbezogene Grenzen …


      c. freies Gewerbe in reglementiertes Gewerbe: 15 % des Auftragswertes
      d. reglementiertes Gewerbe in reglementiertes Gewerbe: 15 % des Auftragswertes. 

    • Eine Addition der Aufteilungsmöglichkeiten (Jahresumsatz und Einzelauftrag) ist nicht erlaubt. Gewerbetreibende haben bei der Erbringung ergänzender Leistungen, sowohl die Wertgrenze gemessen am Jahresumsatz, als auch jene Wertgrenzen, die sich am jeweiligen Auftragswert orientieren, einzuhalten.
    • Leistungen, die als ergänzende Leistungen erbracht werden, müssen im Fall von Zielschuldverhältnissen bis zur Abnahme durch den Auftraggeber oder im Fall von Dauerschuldverhältnissen bis zur Kündigung der ergänzten eigenen Leistungen beauftragt werden.
  • das Aufstellen, die Montage und der Austausch schadhaft gewordener Bestandteile,
    • wenn die schadhaft gewordenen Teile Bestandteile der eigenen Erzeugnisse sind oder
    • wenn die schadhaften Teile Bestandteile von fremden Erzeugnissen gleicher Art (= Art der eigenen Erzeugnisse) sind und
    • es sich dabei um Tätigkeiten mit ausschließlichem Servicecharakter handelt.
  • die Zurücknahme, der Verkauf und Kauf, die Vermietung und Vermittlung von Waren,
    • wenn die im Nebenrecht auszuführende Tätigkeit nicht Gegenstand eines reglementierten Gewerbes ist.
  • die Übernahme von Gesamtaufträgen,
    • wenn der Gewerbetreibende einen wichtigen Teil des Gesamtauftrages im Rahmen der eigenen Gewerbeberechtigung ausführt;
    • wenn der Gewerbetreibende Arbeiten im Nebenrecht, für die er keine Gewerbeberechtigung besitzt, durch befugte Gewerbetreibende (Subunternehmer) ausführen lässt.
  • die regelmäßige Wartung hergestellter, verkaufter oder vermieteter Gegenstände,
    • wenn es sich bei den zu erbringenden Wartungsarbeiten um Serviceleistungen an oder Instandsetzungstätigkeiten von (selbst) hergestellten, verkauften oder vermieteten Gegenständen handelt.
  • die Ausübung von Teilgewerben bzw. bestimmter freier Gewerbe,
    • wenn das Gewerbe in einem fachlichen Zusammenhang mit der hauptberuflich ausgeübten gewerblichen Tätigkeit steht;
    • betroffene Teilgewerbe bzw. freie Gewerbe sind: Änderungsschneiderei; Anfertigung von Schlüsseln mittels Kopierfräsmaschinen; Autoverglasung; Einbau von Radios, Telefonen und Alarmanlagen in Kraftfahrzeuge; Entkalken von Heißwasseraufbereitern; Erzeugung von Lebzelten und kandierten und getunkten Früchten; Erzeugung von Speiseeis; Fahrradtechnik; Friedhofsgärtnerei; Gürtel- und Riemenerzeugung sowie Reparatur von Lederwaren und Taschen; Huf- und Klauenbeschlag; Instandsetzen von Schuhen; Modellieren von Fingernägeln (Nagelstudio); Nähmaschinentechnik; Reinigung von Polstermöbeln und nicht fest verlegten Teppichen; Schleifen von Schneidewaren; Wartung und Überprüfung von Handfeuerlöschern; Wäschebügeln und Zusammenbau von Möbelsätzen.
  • die Anfertigung von Maschinen, Werkzeugen und sonstigen Werksvorrichtungen,
    • wenn die anzufertigenden Maschinen, Werkzeuge oder sonstigen Werksvorrichtungen ausschließlich für die Leistungserbringung des eigenen Unternehmens bestimmt sind.
  • das Sammeln und Behandeln von Abfällen,
    • wenn es sich bei der Abfallsammlung um das Abholen und Entgegennehmen oder bei der Abfallbehandlung um das Verwerten und Beseitigen von Abfall handelt;
    • wenn abfallrechtliche Regelungen (z.B. Abfallbehandlungspflichtenverordnung oder Elektroaltgeräteverordnung, u.a.) beachtet werden.
  • die Instandhaltung und -setzung von Betriebsgebäuden und -einrichtungen, Maschinen, Werkzeugen, Betriebsmitteln und sonstigen Betriebsbehelfen,
    • wenn die instand zuhaltenden oder instand gesetzten Betriebseinrichtungen (Maschinen, Apparate, Druckbehälter, Anlagen für die Umwandlung, Weiterleitung und Verteilung von Energie, Leitern, Gerüste, Transportmittel), Werkzeuge, Betriebsmittel, sonstige Betriebsbehelfe und -gebäude zum Betrieb des ausführenden Gewerbeberechtigten gehören;
    • wenn nicht aufgrund besonderer Vorschriften die Ausführung konkreter Arbeiten durch bestimmte Gewerbetreibende (z.B. Errichtung von Gebäuden und Installation neuer Versorgungsleitungen) vorgeschrieben wird.
  • die Beistellung von Material,
    • wenn mit Beistellung von Material (Holz, Farbe, Glas usw.) gemeint ist, dass der/die Gewerbetreibende dem Erzeuger jenes Material zur Verfügung stellt, an den er/sie einen Auftrag zur Herstellung bestimmter Waren erteilt hat.
  • das Herstellen und Bedrucken von Verpackungen, Umhüllungen, Etiketten oder sonstigen handelsüblichen Hilfsmitteln,
    • wenn die Verpackungen (Säcke, Kartonagen, Tuben, Dosen, Kisten usw.) udgl. zum Verkauf der erzeugten oder vertriebenen Waren des/der Gewerbetreibenden, der/die die Verpackungen udgl. herstellt und bedruckt, dienen.
  • die Nachfüllung von Behältern und das Anbringen von Zubehör,
  • die Ausübung des nicht konzessionspflichtigen Werkverkehrs mit Gütern und nicht linienmäßigen Personenwerkverkehrs und der unentgeltliche Getränkeausschank,
  • der unentgeltliche Ausschank von Getränken.

2. Wirtschaftliche Schranke für die Ausübung sonstiger Rechte von Gewerbetreibenden (§ 32 Abs. 2, 1. Satz GewO):

Bei der Ausübung von Tätigkeiten im Nebenrecht muss gewährleistet sein, dass

  • der wirtschaftliche Schwerpunkt und die Eigenart des Betriebes erhalten bleiben.

Der Gewerbetreibende, der Tätigkeiten im Nebenrecht erbringt, darf den wirtschaftlichen Schwerpunkt der hauptberuflich ausgeübten Tätigkeit nicht im Wege der Ausübung von Nebenrechten verschieben. Dabei kommt es zur Gegenüberstellung der von der jeweiligen Gewerbeberechtigung gedeckten Tätigkeiten und den tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten.

Nicht in den jeweiligen Berechtigungsumfang fallende Tätigkeiten bleiben dabei unberücksichtigt. Was den Erhalt der Eigenart des Betriebes anbelangt, so muss sichergestellt sein, dass das Erscheinungsbild des Betriebes weiterhin der tatsächlichen Ausübung der Tätigkeiten auf Grund der jeweiligen Gewerbeberechtigung(en) entspricht.

3. Bedingung für die Ausübung sonstiger Rechte von Gewerbetreibenden (§ 32 Abs. 2, 2. Satz GewO):

Bei der Ausübung von Tätigkeiten im Nebenrecht muss gewährleistet sein, dass

  • soweit es aus Gründen der Sicherheit notwendig ist, sich die Gewerbetreibenden, die im Nebenrecht Leistungen anderer Gewerbe erbringen, entsprechend ausgebildeter und erfahrener Fachkräfte bedienen.

Bei jeder Art der Ausübung von Nebenrechten (§ 32 Abs. 1 und 1a GewO) müssen sich Gewerbetreibende entsprechend ausgebildeter und erfahrener Fachkräfte bedienen. Es handelt sich dabei nicht um eine Vorschrift über eine erforderliche Gewerbeberechtigung oder -befugnis, sondern einer gesetzlich vorgeschriebenen Eignung bzw. Qualifikation (Ausbildung und Erfahrung) von Arbeitnehmern, die für den Gewerbetreibenden Leistungen im Nebenrecht erbringen.

"Gründe der Sicherheit" liegen jedenfalls vor, wenn durch die Ausübung eines Nebenrechts Gefahren für Leben, Gesundheit oder Eigentum von Personen (z.B. Bereich der Elektrotechnik, Fahrzeug- oder Karosserietechnik, Gas- oder Heizungstechnik, Metalltechnik, Mechatronik usw.) entstehen können.

Das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (Zl: BMWFJ-37.000/0174-I/5a/2012) weist in diesem Zusammenhang eigens darauf hin, dass eine Person jedenfalls als ausgebildete und erfahrene Fachkraft anzusehen ist, die die Lehrabschlussprüfung im dem Gewerbe, dem die zu erbringende Leistung des Nebenrechts zuzurechnen ist, erfolgreich abgelegt hat. Weiters können nach Auffassung des Ministeriums Personen, die über eine mehrjährige fachliche Tätigkeit mit Ausbildung in Theorie und Praxis (z.B. berufsbildende höhere Schulen u.a.) verfügen, nach erfolgreichem Besuch einer speziellen fachlichen Zusatzausbildung (z.B. bei Erbringung von Leistungen der Elektrotechnik den "Lehrgang für elektrotechnische Sicherheitsvorschriften") als ausgebildete und erfahrene Fachkräfte angesehen werden.

Auf diese Weise wird sichergestellt, dass derart qualifizierte Personen aufgrund ihrer fachlichen Ausbildung, Kenntnisse und Erfahrungen sowie Kenntnisse der einschlägigen Normen und Bestimmungen die ihr übertragenen Arbeiten beurteilen und mögliche Gefahren erkennen können.

4. Strafbestimmungen (§ 367 Z 33 GewO)

Kommt der Gewerbetreibende seiner Verantwortung nicht nach, zur Erbringung von Leistungen im Nebenrecht, soweit es aus Gründen der Sicherheit notwendig ist, entsprechend ausgebildete und erfahrene Fachkräfte einzusetzen, so begeht dieser

  • eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist.

Die Kontrolle der Einhaltung der Bestimmungen zum Nebenrecht (Einhaltung der Obergrenzen, Beschäftigung von entsprechend ausgebildeten und erfahrenen Fachkräften u.a.) obliegt der zuständigen Gewerbebehörde, z.B. durch das Einsehen von Büchern oder anderen zur Prüfung von Unternehmen berufenen Behörden. 

Stand: August 2017


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