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E-Commerce Rechtsfrage #12: „CE-geprüft“, „versicherter Versand“ oder „GPSR-konform“: Werbung mit Selbstverständlichkeiten?
Lesedauer: 6 Minuten
Im Onlinehandel spielen Marketing-Claims eine entscheidende Rolle, um Produkte und Dienstleistungen für Kunden attraktiv zu machen und besondere Eigenschaften hervorzuheben. Doch nicht alle Werbeaussagen sind zulässig. Marketing-Claims, die irreführend, missverständlich oder übertrieben wirken, verstoßen gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften und Verbraucherschutzgesetze. Was bei Werbung mit Selbstverständlichkeiten zu beachten ist, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Was ist unter „Werbung mit Selbstverständlichkeiten“ zu verstehen und warum ist diese in den meisten Fällen unzulässig?
Unter Werbung mit Selbstverständlichkeiten wird eine Werbepraxis verstanden, bei der ein Unternehmen mit Eigenschaften oder Leistungen wirbt, die ohnehin gesetzlich vorgeschrieben oder selbstverständlich sind. Diese Art der Werbung wird oft als irreführend beurteilt, da sie Verbrauchern einen Vorteil suggeriert, der tatsächlich keiner ist.
Das Betonen von Selbstverständlichem, also von Umständen, die bei allen Mitbewerbern und gleichartigen Produkten vorliegen müssen, kann zu einer Irreführung bzw. Täuschung der Marktteilnehmer führen. Es könnte der Eindruck entsteht, dass es sich dabei um besondere Vorteile des konkreten Produkts oder des konkreten Unternehmens handelt, obwohl diese Eigenschaften oder Umstände in Wirklichkeit bei allen Mitbewerbern oder Konkurrenzprodukten vorliegen (müssen).
Unzulässig ist eine Werbung mit Selbstverständlichkeiten also dann, wenn die angesprochenen Verkehrskreise aufgrund der Werbung fälschlicherweise glauben könnten, das Unternehmen oder das Produkt biete ihnen Vorteile im Vergleich zu Angeboten der Mitbewerber.
Das Hervorheben von Selbstverständlichem kann jedoch auch zulässig sein, und zwar dann, wenn der Werbeadressat die Werbung mit einer Selbstverständlichkeit auch als solche wahrnimmt. Beispielsweise ist es selbstverständlich, dass ein Arzneimittel „wirksam und verträglich“ ist. Eine Irreführung liegt hier jedoch nicht vor, da die Selbstverständlichkeit hier offenkundig ist.
Des Weiteren ist es zulässig, über Produkteigenschaften und gesetzliche Rechte allgemein und in einer nicht hervorgehobenen Weise zu informieren.
Es kommt daher auf die konkrete Ausgestaltung und Darstellung im Einzelfall an, ob ein unzulässiges Hervorheben einer Selbstverständlichkeit vorliegt oder nicht.
Jedenfalls unzulässig ist das Werben mit Verbraucherrechten, wenn diese als Besonderheit dargestellt werden.
Welche Rechtsvorschriften regeln die „Werbung mit Selbstverständlichkeiten?“
Nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) kann es sich bei einer Werbung mit einer Selbstverständlichkeit um eine irreführende Geschäftspraktik handeln (§ 2 Abs. 1 Z 1 UWG). Eine geschäftliche Handlung gilt als irreführend, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben enthält, die beim Verbraucher falsche Vorstellungen hervorrufen können. Dazu zählt auch das Hervorheben einer Selbstverständlichkeit als besondere Eigenschaft, wenn der Eindruck eines Vorteils entsteht, der in Wirklichkeit gar nicht gegeben ist.
Ein Sonderfall der Werbung mit Selbstverständlichkeiten ist die Werbung mit gesetzlichen Verbraucherrechten. Eine solche Werbung ist grundsätzlich unzulässig (Ziffer 10 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG), denn sie kann beim Verbraucher den Eindruck erwecken, es handle sich dabei um Leistungen des Anbieters, obwohl es sich tatsächlich um Rechte handelt, die dem Verbraucher von Gesetzes wegen zustehen.
Darf mit einem 14-tägigen Rückgaberecht geworben werden?
Nein. Es ist unzulässig, mit 14-tägigem Rückgaberecht zu werben, denn ein 14-tägiges Rückgaberecht von Waren und Dienstleistungen, die im Wege des Fernabsatzes gekauft wurden, steht dem Verbraucher gesetzlich zu.
Darf mit einem 30-tätigen Rückgaberecht geworben werden?
Ja. Wird eine längere Rückgabefrist freiwillig eingeräumt, darf damit geworben werden, da dieses Rückgaberecht über das gesetzliche Mindestmaß hinausgeht und somit gerade keine Selbstverständlichkeit darstellt. Erweiterte Rückgaberechte können daher als zusätzlicher Service beworben werden, solange klar kommuniziert wird, dass sie über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen.
Da ein erweitertes Rückgaberecht freiwillig gewährt wird, darf es auch inhaltlich weitgehend beliebig ausgestaltet werden. Unternehmer können das freiwillige Rückgaberecht also auch nur für bestimmte Waren gewähren (z.B. „ausgenommen vom freiwilligen Rückgaberecht sind Aktionsartikel“). Zudem können Regelungen über den Zustand der Ware („nur in Originalverpackung) oder die Rückerstattung (z.B. Rückerstattung in Form eines Gutscheins) getroffen werden und die Fristen können vom Unternehmer frei festgelegt werden.
Das gesetzliche Widerrufsrecht darf jedoch durch das freiwillige Rückgaberecht nicht eingeschränkt werden. Beispielsweise wäre es unzulässig, eine Rückgabe innerhalb der offenen gesetzlichen Widerrufsfrist von dem Vorhandensein der Originalverpackung abhängig zu machen. Diese Bedingung ist nur im Rahmen eines freiwilligen Rückgaberechts möglich, das über das gesetzliche Widerrufsrecht hinausgeht. Es sollte daher darauf hingewiesen werden, dass das gesetzliche Widerrufsrecht durch das freiwillige Rückgaberecht nicht berührt wird.
Darüber hinaus ist zu beachten, dass während der gesetzlichen Widerrufsfrist nur die gesetzlichen Regelungen über den Widerruf gelten. Der Verbraucher ist auch darüber zu informieren, z.B. „Während der gesetzlichen Widerrufsfrist gelten nur die gesetzlichen Regelungen über das Widerrufsrecht.“
Darf mit einer CE-Kennzeichnung geworben werden?
Die Werbung mit einer CE-Kennzeichnung birgt erhebliche Abmahnrisiken für Onlinehändler.
Die CE-Kennzeichnung ist ein gesetzlich vorgeschriebenes Zeichen, das die Einhaltung bestehender rechtlicher Anforderungen an Sicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz bestimmter Produkte wie Batterien, Spielzeuge, Elektrogeräte etc. bestätigt. Da das CE-Kennzeichen bei bestimmten Produkten verpflichtend angebracht werden muss, darf es nicht als Werbeargument benutzt werden. Solche werblichen Darstellungen gelten als Irreführung oder als „unzulässige Werbung mit Selbstverständlichkeiten“ und sind nach dem UWG verboten.
Grund dafür ist, dass Verbraucher das mit Selbstverständlichkeiten beworbene Produkt, gegenüber einer Ware der Konkurrenz bevorzugen könnten, obwohl keine Unterschiede vorliegen. Des Weiteren erweckt die Bewerbung eines Produkts mit „CE-geprüft“ oder ähnlichen Formulierungen den Eindruck, die CE-Kennzeichnung sei das Ergebnis einer unabhängigen Überprüfung oder das Produkt garantiere ein besonders hohes Sicherheitsniveau, was eine Irreführung darstellt. Tatsächlich wird das CE-Kennzeichen nämlich vom Hersteller selbst angebracht und ist kein Zeichen für eine externe Qualitätskontrolle.
Händler sollten daher jegliche Werbung mit dem CE-Zeichen („CE-geprüft“ oder „CE-zertifiziert“) vermeiden und es nur sachlich in technischen Datenblättern erwähnen, falls erforderlich.
Darf mit „versichertem Versand“ geworben werden?
Der Grund warum Onlinehändler juristische Risiken mit der Werbung mit „versichertem Versand“ eingehen, liegt in der klaren gesetzlichen Regelung dieser Thematik. Kauft ein Verbraucher eine Ware trägt immer der Händler das Versandrisiko. Das bedeutet, dass der Verbraucher keine Nachteile erleidet, wenn die Ware auf dem Transportweg beschädigt wird oder verloren geht. Denn in diesen Fällen haftet der Händler. Eine Versandversicherung bietet daher nur dem Händler selbst Schutz, jedoch nicht dem Käufer.
Die Werbung mit „versichertem Versand“ kann daher als Irreführung gewertet und abgemahnt werden, da suggeriert wird, der Verbraucher hätte dadurch einen besonderen Schutz oder ist zusätzlich abgesichert, obwohl diese Sicherheit in Wirklichkeit gesetzlich garantiert ist.
Sind Aussagen wie „100% Originalware“ zulässig?
Marketing-Aussagen wie z.B. „100% Original“ oder „Echtheitsgarantie“ bergen ein hohes Abmahnrisiko, da sie in der Regel als unzulässige Werbung mit einer Selbstverständlichkeit eingestuft werden.
Es ist nach diversen Rechtsvorschriften verboten, Fälschungen zu verkaufen, sodass die Echtheit eines Produkts vorausgesetzt werden kann (Selbstverständlichkeit). Aus diesem Grund sind derartige Werbeaussagen unzulässig.
Darf mit „GPSR-konform“ geworben werden?
Die Produktsicherheitsverordnung (General Product Safety Regulation, kurz „GPSR“) legt ein hohes Sicherheitsniveau für Verbraucherprodukte fest, regelt die Produktkennzeichnung und enthält Vorschriften zum Verfahren mit gefährlichen Produkten (z.B. Produktrückrufe).
Hersteller und Händler müssen die Konformität ihrer Produkte mit der Produktsicherheitsverordnung sicherstellen, damit ihre Produkte überhaupt innerhalb der EU verkauft werden dürfen. Dazu zählt auch Erfüllung der Informationspflichten im Onlineshop (Angabe des Herstellers, Warn- und Sicherheitshinweise usw.).
Wirtschaftsakteure sind verpflichtet, diese Vorschriften einzuhalten. Daher ist die Konformität eines Produkts mit der GPSR keine Besonderheit, sondern eine gesetzliche Voraussetzung für die Verkehrsfähigkeit, mit der nicht geworben werden darf.
Tipps für rechtskonforme Werbeaussagen
- Heben Sie gesetzliche Verbraucherrechte nicht besonders hervor, sondern informieren Sie Ihre Kunden lediglich darüber. Diese Information darf nicht dazu führen, dass der Verbraucher glaubt, seine gesetzlichen Rechte wären ein besonderer Service des Unternehmens.
- Vermeiden Sie es, mit Umständen oder Produkteigenschaften zu werben, die gesetzlich vorgeschrieben sind (z.B. CE-Kennzeichnung bei Spielzeug).
- Wenn Sie dem Kunden freiwillig weitergehende Rechte als die gesetzlich vorgesehenen einräumen, wie z.B. ein verlängertes Rückgaberecht im Onlinehandel, dann ist vor allem auf Transparenz zu achten.
- Mitarbeiterschulungen: Marketing-Teams sollten regelmäßig zu den relevanten rechtlichen Anforderungen geschult werden.
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