Weiße Einkaufswagerl-Miniaturen stehen auf Stößen aus Münzen.
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E-Commerce Rechtsfrage #6: Dürfen Onlineshop-Betreiber von ihren Kund:innen Gebühren verlangen, wenn sie ein bestimmtes Zahlungsmittel verwenden?

Lesedauer: 3 Minuten

27.06.2024

Um den vielfältigen Kundenpräferenzen für Zahlungsmittel gerecht zu werden, wollen Online-Händler:innen ein möglichst breites Spektrum an Zahlungsmöglichkeiten in ihrem Onlineshop anbieten. Gleichzeitig erheben Zahlungsdienstleister für ihre Dienstleistungen teils erhebliche Gebühren. Dies wirft die Frage auf, ob Online-Händler:innen diese zusätzlichen Kosten an ihre Kunden separat weitergeben dürfen.

Hohe Zahlungsgebühren stellen Händler:innen vor eine Herausforderung

Beliebte Zahlungsmittel sind teuer: Zahlungsdiensteanbieter wie PayPal oder Klarna verlangen teils hohe Gebühren für ihre Dienstleistungen. Diese Zusatzkosten können zu höheren Endpreisen führen, wenn Händler:innen die Zahlungsgebühren in den Produktpreis einkalkulieren. Aufgrund des starken Wettbewerbs im Online-Handel, ist es Onlineshop-Betreibern jedoch nicht immer möglich, die gesamten Kosten auf den Produktpreis aufzuschlagen, da sie sonst womöglich deutlich teurer anbieten würden als die Konkurrenz. Damit sich die Zahlungsgebühren nicht negativ auf die Gewinnmarge auswirken, denken viele Händler:innen darüber nach, dem Kunden diese Kosten oder einen Teil davon separat in Rechnung zu stellen, wenn er sich für ein bestimmtes (teures) Zahlungsmittel entscheidet.

Was bedeutet der Begriff „Surcharging“?

„Surcharging“ bezeichnet das Einheben einer zusätzlichen Gebühr durch das Unternehmen, wenn der Kunde ein bestimmtes Zahlungsmittel auswählt. Vereinfacht gesagt: Der Kunde „zahlt fürs Bezahlen“.

Beispiel: Möchte der Kunde mit Kreditkarte bezahlen, so verlangt der Händler dafür ein Entgelt (z.B. 1,90 Euro), damit er die Kreditkartengebühren nicht alleine tragen muss. 

Die Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2) als europarechtliche Grundlage 

Durch die zweiten Zahlungsdiensterichtlinie der EU (Richtlinie (EU) 2015/2366, auch bekannt als PSD2) wurde die Entgelterhebung für die Nutzung bestimmter bargeldloser Zahlungsmittel reglementiert. Dadurch wollte der europäische Gesetzgeber gleiche Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt schaffen und für mehr Preistransparenz und Verbraucherschutz sorgen. Bis dahin war das Surcharging in den einzelnen Mitgliedsstaaten unterschiedlich geregelt. In einigen EU-Ländern war das Surcharging weitgehend verboten, in anderen wiederum war es Unternehmern gestattet, zusätzliche Entgelte für die Verwendung eines bestimmten Zahlungsmittels einzuheben. 

Durch die Zahlungsdienste-RL wurde das Surcharging grundsätzlich in der gesamten EU verboten.

Rechtslage in Österreich: Surcharging-Verbot

In Österreich wurde das Surcharging-Verbot in § 56 Abs 3 des Zahlungsdienstegesetzes (ZaDiG) umgesetzt. Seit der Umsetzung im Jahr 2018 ist es Unternehmen daher untersagt, eine Gebühr für die Verwendung bestimmter Zahlungsmittel zu verlangen. 

Diese Regelung erstreckt sich auf alle Zahlungsempfänger mit Sitz in Österreich – also auf alle österreichischen Onlineshop-Betreiber - und bezieht sich auf sämtliche gängigen Zahlungsmittel. Durch das Surcharging-Verbot in § 56 Abs 3 ZaDiG ist daher die separate Weiterverrechnung von Entgelten, die dem Onlineshop-Betreiber selbst entstehen (z.B. PayPal-Gebühren), unzulässig. Die Kosten, die beim Online-Händler anfallen, wenn sich der Kunde für ein bestimmtes, im Onlineshop angebotenes Zahlungsmittel entscheidet, dürfen dem Kunden also nicht separat in Rechnung gestellt werden, sondern müssen in den Produktpreis einkalkuliert werden. 

Allerdings gibt es für Online-Händler eine Möglichkeit, die Zahlungspolitik zu beeinflussen, ohne gegen das Surcharging-Verbot zu verstoßen: Online-Händler dürfen ihren Kunden Rabatte für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsmittels gewähren. Es ist daher zulässig, Kunden einen Preisnachlass als Anreiz für die Nutzung von kostengünstigen Zahlungsarten (z.B. Vorkasse) anzubieten. Das kann dazu führen, dass vermehrt jene Zahlungsmittel gewählt werden, die für den Online-Händler am kostengünstigsten sind. 

Tipps zum Umgang mit hohen Zahlungsgebühren 

  • Analyse der im Onlineshop angebotenen Zahlungsmittel: Erstellen Sie eine Kostenübersicht für jedes Zahlungsmittel, das im Onlineshop angeboten wird. Erheben Sie, wie häufig diese Zahlungsmittel von Ihren Kunden genutzt werden. Wenn ein teures Zahlungsmittel nur selten genutzt wird, sollten Sie prüfen, welchen Mehrwert es für Sie hat, dieses Zahlungsmittel weiter anzubieten.  

  • Vergleichen Sie die Gebühren von verschiedenen Payment Service Providern und wechseln Sie ggf. zu einem günstigeren Anbieter 

  • Um kostengünstige Zahlungsmittel, wie z.B. Vorkasse, zu fördern, kann Kunden ein Preisnachlass angeboten werden, wenn sie diese Zahlungsarten verwenden. 

Sie haben noch weitere Fragen zum Thema E-Commerce? Wir sind für Sie da!

Jacqueline Eder, LL.B.
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