Teilnehmer der Diskussionsrunde zum Wölfe in Kärnten
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Wölfe in Kärnten: vorausschauender Schulterschluss für die Zukunft wichtig

In Kärnten steigt die Anzahl der Wölfe rasant an. Das stellt Landwirtschaft, Tourismus, Naturschutz und Politik vor neue Herausforderungen. Um in Zukunft Nutzung und Bewirtschaftung auch für Tourismus und Freizeit sicherzustellen, braucht es jetzt ein vorausschauendes Handeln.

Lesedauer: 3 Minuten

22.05.2023

Vor 20 Jahren war es für Experten noch völlig unverstellbar, dass sich in den Kärntner Bergen Wolfsrudel niederlassen und die Population rasant wächst. Durch die Rückkehr der Raubtiere in dicht besiedelte Kulturlandschaften wird die Gesellschaft vor neue Probleme und Herausforderungen gestellt. Wie komplex die Sache bei den Wölfen ist, erklärten anhand von belegten Daten und Fakten Experten aus verschiedensten Perspektiven bei einer Veranstaltung vom Forum Naturschutz und Wirtschaft Kärnten in der Wirtschaftskammer Kärnten gemeinsam mit Landwirtschaftskammer Kärnten, dem internationalen St. Hubertus-Orden und der Volkswirtschaftlichen Gesellschaft Kärnten.

Aktuelle Situation in Kärnten

Bis 2019 hat es in Kärnten nur vereinzelt Sichtungen von Wölfen gegeben. 2021 gab es bereits 28 Wölfe im Land, überwiegend im Oberkärntner Raum. Inzwischen haben sich zwei Rudel mit Nachwuchs gebildet. Für das laufende Jahr wird mit einer starken Steigerung gerechnet, es sind bereits fünf Wölfe neu hinzugekommen. „Wenn ich mir die Zahlen ansehe, steht Kärnten aktuell da, wo Deutschland wahrscheinlich vor 20 Jahren war und ist gerade mittendrin in der Wiederbesiedlungsphase“, sagte Roman Kirnbauer, Wildbiologe und Wolfsbeauftragter vom Land Kärnten. Das wirkt sich naturgemäß auch auf die Anzahl der Risse und Schäden aus: So waren es 2021 in Kärnten 125 gerissene Tiere, 2022 fast 400.

Entsprechend besorgt zeigte sich Josef Obweger, Obmann des Kärntner Almwirtschaftsvereins: „Ein Miteinander von Mensch und Wolf hat es auf der Alm nie gegeben. Die offene Kulturlandschaft ist keine Selbstverständlichkeit. Die Bewirtschaftung der Almen bewahrt die Biodiversität.“ Das Gefahrenpotenzial vom Wolf werde noch unterschätzt und beeinflusse nicht nur die Almwirtschaft langfristig, sondern auch den Tourismus. Herdenschutzhunde und Zäune seien keine Lösung und schließen Tourismus sowie Freizeitnutzung aus.
„Wir müssen unsere von Menschenhand geschaffenen Kulturlandschaften erhalten. Für unsere Gäste sind Naturerlebnis, Wandern und Radfahren ein ausschlaggebendes Urlaubsmotiv. Deshalb setzen wir weiterhin auf eine gute Kooperation mit Alm- und Landwirtschaft“, sagte Sigismund Moerisch, Obmann der WK-Fachgruppe Hotellerie und betonte, dass für ihn Wölfe in der Kärntner Kulturlandschaft keinen Platz haben.

Blick in die Nachbarländer Deutschland und Schweiz

Niedersachsen ist mittlerweile seit zwölf Jahren von mehreren Wolfsrudeln besiedelt und es gibt ein entsprechendes Wolfmonitoring. Raoul Reding, Wolfsbeauftragter vom Land Niedersachsen, präsentierte ausführliche Statistiken und Hintergründe zu den Erfahrungen mit der Nutztierhaltung. Damit Maßnahmen abgeleitet werden können, brauche es Datenmaterial. Deshalb sei es so wichtig, dass die Bevölkerung Sichtungen, Risse oder Schäden an die jeweiligen Stellen melde. Wie sich die Lage mit den Wölfen in Europa weiter entwickeln wird, wisse auch er nicht. Aber eines sei klar: Der Wolf wird nicht mehr weggehen.
Welche Probleme das in der Schweiz mit sich bringt, erzählte Marcel Züger, Wildbiologe vom Ökobüro „Pro Valladas“ aus Graubünden: „Zusammentreffen mit Menschen häufen sich. Wanderer und Hirten werden angeknurrt und es ist Heulen am Siedlungsrand zu hören.“  Alle zwei Jahre verdoppeln sich die Wölfe und damit die Zahl der Schäden in Graubünden, trotz Herdenschutzzäunen und Herdenschutzhunden. „Wenn wir nicht aufpassen, ist die frei zugängliche Landschaft passé. Herdenschutzhunde und Tourismus schließen sich aus“, warnte er. Herdenschutzmaßnahmen werden laut Züger in der Schweiz auch zunehmend wirkungslos, denn mehr als 70 % der Wolfsrisse finden in geschützten Herden statt. Um präventive Vorkehrungen zu treffen, seien Monitoring, rechtliche Rahmenbedingungen für eine unbürokratische Entnahme und sachlich-informative Aufklärung der Bevölkerung unumgänglich, darin sind sich die Experten einig.

Schulterschluss von Wirtschaft und Landwirtschaft

Landwirtschaft, Tourismus, Naturschutz, Jägerschaft, Politik: Der gemeinsame Austausch und die Zusammenarbeit sollen fortgesetzt werden. „Der Wolf hat in unserer Kulturlandschaft nichts verloren. Wir müssen unsere Bauern und Urlauber schützen, deshalb haben wir durch die Wolfsverordnung ein schnelles Eingreifen bei Schadensfällen möglich gemacht“, so Landeshauptmannstellvertreter und Landwirtschaftsreferent Martin Gruber. Für Siegfried Huber, Präsident der Landwirtschaftskammer Kärnten, ist die Wolfsverordnung ein großer Schritt in die richtige Richtung. Weitere müssten folgen, denn das Ziel ist Kärnten als wolfsfreie Zone auszuweisen in der eine unbürokratische Bejagung der Raubtiere möglich ist.
Gerhard Oswald, Prior des Internationalen St. Hubertus Ordens Kärntens, pochte auf das Wahrnehmen der umfassenden Sorgfaltspflicht – diese beginnt bei ihm bei der sachlichen Information und Aufklärung über das Monitoring bis hin zu Maßnahmen. „Die fachliche Auseinandersetzung aus verschiedenen Betrachtungswinkeln war eindrucksvoll und spannend. Wir wollen den Austausch in Zukunft fortsetzen und vorausschauend agieren“, resümierte Moderator Christoph Aste, Obmann Forum Naturschutz und Wirtschaft Kärnten. Das Publikumsinteresse an dem Thema war groß, was sich auch in der anschließenden Fragerunde mit den Referenten widerspiegelte.

Rückfragen:
Wirtschaftskammer Kärnten
Wirtschaftspolitik
Ing. Mag. Herwig Draxler
T 05 90 90 4-220
E herwig.draxler@wkk.or.at

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