Gewerbe und Handwerk: So steht es um die Stütze der Kärntner Wirtschaft
Schwieriges Jahr mit Zukunftssorgen. Krisenfolgen, wie Preissteigerungen, Konsumzurückhaltung aber auch regulatorische Eingriffe im Kreditbereich warfen das Kärntner Handwerk und Gewerbe insgesamt im Jahr 2023 zurück. Auch 2024 ist mit starkem Gegenwind zu rechnen.
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Egal welches Gewerk – das Jahr 2023 war wirtschaftlich extrem schwierig und die Aussichten für die kommenden Monate sind äußerst trüb. Das zeigt die Konjunkturbeobachtung für das Handwerk und Gewerbe, die die KMU Forschung im Auftrag der Wirtschaftskammer Österreich für das vierte Quartal 2023 mit Ausblick auf das erste Quartal 2024 veröffentlicht hat. „Wir blicken mit großer Sorge auf die kommenden Monate. Die Konjunkturaussichten sind mehr als eingetrübt, hohe Lohnabschlüsse lassen eine Inflation auf weiterhin beträchtlichen Niveau erwarten. Das wird den Druck auf die Geschäftslage der Kärntner Gewerbe- und Handwerksbetriebe weiter erhöhen. Angesichts der deutlich eingebrochenen Auftragseingänge ist mit einer weiteren Verschlechterung gegenüber dem Vorjahr zu rechnen. Jetzt haben wir schwarz auf weiß das vorliegen, wovor wir bereits vor dem Sommer gewarnt haben", sagt Klaus Kronlechner, Obmann der Sparte Gewerbe und Handwerk der Wirtschaftskammer Kärnten.
Von begründeter Sorge dominiert sind die Einschätzungen für die Monate Januar bis März 2024. Im Vergleich zum 4. Quartal 2023 hat sich die Stimmung stark eingetrübt. Im 4. Quartal berichten 30 % von einer schlechten Geschäftslage (3. Quartal 2023: 16 %), lediglich 18 % sprechen von einer guten Geschäftslage (3. Quartal: 16 %). Der Anteil der Betriebe mit einer saisonüblichen Geschäftslage ist im 4. Quartal 2023 (52 %) deutlich geringer als im 3. Quartal 2023 (68 %).
Besonders betroffen ist nach wie vor das Bau- und Baunebengewerbe, wo sich die Auftragsbücher im Hochbau und im Wohnungsneubau geleert haben - und kaum neue hereinkommen. Die Lage stagniert weiterhin, was Kronlechner große Sorgen bereitet: „Die Situation spitzt sich zu. Die KIM-Verordnung hat den Betrieben die Luft zum Atmen genommen. Wir fordern von der Politik einen Booster für die Bauwirtschaft. Die Kreditregeln müssen wieder Investitionen in den Wohnbau ermöglichen, damit sich junge Familien ein Eigenheim schaffen können.“
Investitionsgüternahe Branchen versus konsumnahe Branchen
Der Auftragsrückgang bis Ende 2023 ist nicht in allen Branchen des Handwerks gleich stark ausgeprägt. In den investitionsgüternahen Branchen (Bau, Dachdecker, Fliesenleger, Maler, Bauhilfsgewerbe, Holzbau, Tischler, Metalltechniker, Installateure, Elektrotechniker, Gärtner, chemisches Gewerbe) ist der durchschnittliche Auftragsbestand im Vergleich zum 4. Quartal 2022 um 9,2 % gesunken. So entfielen 76 % des Gesamtauftragsbestandes im 4. Quartal 2023 auf private/gewerbliche Auftraggeber, 13 % auf öffentliche Bauprojekte, die über Generalunternehmer bzw. Bauträger (Genossenschaften) abgewickelt werden, und 11 % auf Direktvergaben durch Bund, Länder und Gemeinden.
Auch in den konsumnahen Branchen (Mechatroniker, Kfz-Technik, Kunsthandwerk, Mode/Bekleidung, Gesundheitshandwerke, Lebensmittelhandwerk, Fußpflege/Kosmetik, Fotografen, Friseure, Personaldienstleister) zeigt sich eine Abwärtstendenz, die Lage ist für sie deutlich schlechter als im Vorquartal. Bei 39 % sind die Umsätze gesunken (3. Quartal: 33 %), 9 % verzeichnen einen Anstieg (Vorquartal: 11 %). Auch die gleichbleibenden Umsätze sind zurückgegangen, von 56 % auf 52 %.
Auftragsbestände im Wohnbau gehen gegen Null
Die Konjunkturlokomotive Bau hat ordentlich an Fahrt verloren, dokumentiert wird dies durch einen Rückgang der Auftragsbestände. 18 % der Betriebe meldeten im 4. Quartal 2023 eine Auslastung von einer bis vier Wochen. Bei 30 % lag diese zwischen fünf und neun Wochen. 26 % hatten einen Auftragsbestand von zehn bis 19 Wochen und 14 % einen von 20 Wochen und mehr. Bei 12 % der Betriebe sind diese gegen Null gegangen. „Die Erwartungen der Betriebe für das Winterquartal sind durchwegs negativ und in den baunahen Branchen weiter rückläufig“, so Kronlechner. Eines ist für den Spartenobmann auch klar. „Die weitere Entwicklung unserer Betriebe im Jahr 2024 hängt stark von den Entscheidungen der Politik ab. Ein großer Anteil der öffentlichen Bauaufträge kommt von den Gemeinden. Viele Kommunen sind aber mittlerweile in eine finanzielle Schieflage geraten. Ein weiterer Rückgang der öffentlichen Aufträge insgesamt wäre für viele Unternehmen nur schwer zu verkraften.“ In Summe kommen rund 30 % der Hochbauaufträge von öffentlicher Seite, im Tiefbau macht der Anteil der öffentlichen Hand rund 70 % aus.
Fachkräftemangel versus Personalplanung
Die Unternehmen der Sparte Gewerbe und Handwerk sind mit ca. 50.000 Mitarbeitern von insgesamt 220.000 unselbstständig Beschäftigen, der größte Arbeitgeber in Kärnten. „Wir sind verlässliche Arbeitgeber und haben eine sehr hohe soziale Verantwortung. In allen Bereichen herrscht nach wie vor ein akuter Fachkräftemangel, der sich negativ auch auf Gewerbe und Handwerk auswirkt. Besonders mittelständische Unternehmen sind von diesem Mangel betroffen, der durch den demografischen Wandel und die Abwanderung von Arbeitskräften noch verschärft wird. Kronlechner fordert eine Strategie für qualifizierte Zuwanderung, um den hohen Arbeitskräftebedarf zu decken und offene Stellen zu besetzen. Auch wenn die Auftragslage derzeit rückläufig ist: 70 % der Unternehmen wollen ihren Personalstand konstant halten, 17 % planen eine Aufstockung und 13 % werden sich von Mitarbeiter trennen. Eine wichtige Weiche wurde auch mit der Kostenübernahme für Prüfungsgebühren gestellt: „Nun sind Meister- und Befähigungsprüfungen noch attraktiver geworden. Zusätzlich mit dem Gesetz für die Höhere Berufliche Bildung, das ab Mai 2024 in Kraft tritt, erhält die berufliche Aus- und Weiterbildung so einen kräftigen Aufwind.“
Master Alumni Club (MAC)
Die Wirtschaftskammer trägt dazu bei, das berufliche Ansehen der hoch- und höchstqualifizierten Fachkräfte in Österreich zu steigern. Für den im Oktober 2023 gestarteten Master Alumni Club (MAC), der kostenlos allen Menschen offensteht, die erfolgreich eine Meister- oder Befähigungsprüfung absolviert haben, haben sich bereits mehr als 1.400 Personen angemeldet – aus allen Bundesländern und Berufsfeldern, mit einem Alter zwischen 20 und 91 Jahren. In Kärnten gehören dem Meister- und Meisterinnennetzwerk aktuell 80 Mitglieder an.
Konjunkturimpulse gefordert
Um die Konjunkturlokomotive Bau, die 55 % der Wertschöpfung im Gewerbe und Handwerk ausmacht, wieder in Schwung zu bringen, fordert Spartenobmann Kronlechner wirtschaftspolitische Impulse, die kurzfristig und gezielt wirken. Besonders wichtig ist ein Impuls für die Bauwirtschaft, insbesondere für den Wohnbau.
Konkret schlägt das Gewerbe und Handwerk vier Maßnahmen vor:
- Private Bauwerber könnten steuerlich begünstigt werden, indem 100.000 Euro als Sonderausgabe für die Wohnraumschaffung absetzbar werden. Zugleich sollten auch Kredit-Rückzahlungen oder Zinsen steuerlich geltend gemacht werden können und Nebenkosten (Grunderwerbssteuer bis 1,5 Mio. Euro, Gebühren für Grundbuch- und Hypotheken-Eintragung) entfallen.
- Auch für Bauträger könnte die Finanzierung durch steuerliche Entlastungen erleichtert werden. Dafür bieten sich als erprobtes Instrument Abschreibungen an – etwa durch eine Verdoppelung der linearen AfA (Abschreibung für Abnutzung) für Wohngebäude von 1,5 auf 3 Prozent bzw. das Wieder-Ermöglichen der degressiven AfA von 30 Prozent.
- Anpassung der KIM-Verordnung für die Kreditvergabe: Eine Anhebung der zulässigen Schuldendienstquote von 40 auf 45 Prozent und der Beleihungsquote von 90 auf 95 Prozent würde insbesondere für Jungfamilien die Leistbarkeit von Wohnkrediten deutlich verbessern.
- Die Wiedereinführung eines Handwerkerbonus NEU würde die regionale Wertschöpfung besonders beleben. Diese Maßnahme hatte sich von 2014 bis 2017 als Win-win-win-Situation für Konsumenten, regionale Wirtschaft und Staat erwiesen.
„Wir brauchen von der Politik wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die plan– und kalkulierbar sind. Nur dann werden wir mit unseren Talenten, Fähigkeiten und unserem Unternehmergeist auch den Turnaround schaffen“, ist Kronlechner optimistisch.