KommR Klaus Kronlechner, Obmann der Sparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer Kärnten (re), heute bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Barbara Wiesler-Hofer, Leiterin des KSV1870 in Klagenfurt (Mitte) und Wolfgang Haberl, Leiter der Förderabteilung des AMS Kärnten (li).
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Gewerbe und Handwerk: Stabiler Fels in der konjunkturellen Brandung bröckelt gehörig

Die Ergebnisse der Konjunkturbeobachtung im 3. Quartal 2023 des Kärntner Gewerbes und Handwerks zeigen: Die Geschäftslage ist deutlich schlechter als im Vergleichsquartal des Vorjahres, die Umsätze sind im ersten Halbjahr stark zurückgegangen. Auch die Zahl der Unternehmensinsolvenzen ist gestiegen. Trotz der schlechten konjunkturellen Lage ist der Arbeitsmarkt weiterhin stabil, ein Anstieg der Arbeitslosigkeit in einzelnen Branchen kann aber nicht ausgeschlossen werden.

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Aktualisiert am 10.10.2023

Die Sorgen haben sich leider bewahrheitet.Mit der Stimmung im Kärntner Gewerbe und Handwerk verhält es sich wie mit den Aufträgen: Sie sind stark rückläufig. „Wir sind nicht gerade mit rosigen Aussichten in die Monate April bis Juni 2023 gestartet“, betonte KommR Klaus Kronlechner, Obmann der Sparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer Kärnten, heute bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Barbara Wiesler-Hofer, Leiterin des KSV1870 in Klagenfurt und Wolfgang Haberl, Leiter der Förderabteilung des AMS Kärnten.  

Die düsteren Prognosen für das Konjunkturschwergewicht Bau und baunahes Gewerbe im abgelaufenen dritten Quartal haben sich bewahrheitet, das zeigen die Ergebnisse der Konjunkturbeobachtung der KMU Forschung Austria für das dritte Quartal 2023. Die Auftragseingänge bzw. Umsätze sind im ersten Halbjahr 2023 im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 wertmäßig um 0,8 % gesunken. „Real, also inflationsbereinigt, ist das ein Minus von 7,9 %. Es ist immer die Rede von moderatem und negativem Wachstum, aber keiner will das Wort Rezession in den Mund nehmen“, skizzierte Kronlechner die aktuelle Situation, der auch darauf verwies, dass es aktuell eine Hochbau-, aber keine Tiefbaukrise gibt.“ Hinzu kommt, dass die Auftragslage im neuen Jahr teilweise stark nachlassen könnte. „Bis Mitte Januar haben viele Betriebe noch volle Auftragsbücher, danach sind sie teilweise leer. Jeder, der kann, hält seine Mitarbeiter. Wenn sie einmal weg sind, bekommt man sie nicht mehr zurück.“ 

Große Sorgen bereitet der Branche die nachlassende Kundennachfrage und die steigenden Kosten. „Aufgrund der veränderten Zinsentwicklung und den verschärften Kreditvergaben ist die Branche ins Straucheln geraten. Nicht nur Privatpersonen, auch Unternehmer überlegen inzwischen, ob sie eine Investition tätigen sollen oder nicht. Auch viele Bauträger bleiben auf ihren fertig gestellten Wohnungen sitzen.“ 

Mittlerweile sind alle Wertschöpfungsketten vom Rückgang betroffen, von einem stabilen Wachstumskurs ist man derzeit weit entfernt. Eine überlebensnotwendige Planbarkeit wie in der Vergangenheit gebe es derzeit nicht. Die Unternehmen hoffen auf eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage.  

Auftragsbestand im investitionsgüternahen Bereich gesunken

Besorgniserregend ist auch der Auftragsbestand in den investitionsgüternahen Branchen. (Bau, Dachdecker, Fliesenleger, Maler, Bauhilfsgewerbe, Holzbau, Tischler, Metalltechniker, Installateure, Elektrotechniker, Gärtner, chemisches Gewerbe). Dieser ist im Vergleich zum 3. Quartal 2022 im Durchschnitt um satte 13,4 % gesunken. Kronlechner: „Der Anteil der Auftragsbestände mit einer Reichweite von 10 bis 19 Wochen ist am stärksten zurückgegangen, insgesamt ist die Auftragslage also kurzfristiger geworden, die Auslastung ist gesunken.“  

Nachlassende Nachfrage im konsumnahen Bereich

Auch die konsumnahen Branchen kommen nicht aus dem Krisenmodus heraus. Im konsumnahen Bereich (Mechatroniker, KFZ-Technik, Kunsthandwerk, Mode/Bekleidung, Gesundheitsberufe, Lebensmittelgewerbe, Fußpfleger/Kosmetiker, Fotografen, Friseure, Personaldienstleister) sind bei 33 % der Betriebe die Umsätze zurückgegangen (Vorjahr: 21 %), bei 11 % der Betriebe sind die Umsätze gestiegen (Vorjahr: 30 %). Generell schneiden die Kärntner Betriebe deutlich schlechter ab als der österreichische Durchschnitt.  

Personalplanung

Was die Personalplanung betrifft: Für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2023 beabsichtigen 22 % der Betriebe den Beschäftigtenstand um durchschnittlich 5,1 Personen zu erhöhen (Vorjahr: 22 %), 74 % der Betriebe wollen diesen konstant halten (Vorjahr: 76 %) und 4 % der Betriebe planen die Zahl der Mitarbeiter um durchschnittlich 5,6 Personen zu verringern (Vorjahr: 2 %).  Der Personalbedarf liegt damit geringfügig unter dem Niveau des Vorjahresquartals (+4,3 %). 

Lage auf dem Arbeitsmarkt

Trotz gedämpfter Konjunkturaussichten hält sich der Arbeitsmarkt in Kärnten weiterhin stabil. Die Zahl der unselbstständigen Beschäftigten ist weiterhin hoch, die Zahl der Arbeitslosen im Septembervergleich niedrig und auch die Nachfrage nach Fach- und Arbeitskräften ungebrochen hoch. „Mit Ende September 2023 waren in Kärnten etwa 226.000 Personen unselbständig beschäftigt. Dies entspricht in etwa dem Wert von 2022“, unterstrich Wolfgang Haberl, Leiter der Förderabteilung des AMS Kärnten. Eine Abnahme der Arbeitslosigkeit gibt es bei Metall-, Elektro- und Gesundheitsberufen, eine Zunahme hingegen in den Branchen Bau, Holz, technische Berufe und bei Hilfsberufen. Trotz diverser Unsicherheitsfaktoren sind Unternehmen bestrebt, ihre Mitarbeiter zu halten. „Gutes Personal zu finden ist aktuell schwierig“, unterstrich Haberl. Daran werde sich auch in Zukunft nichts ändern, nicht zuletzt aufgrund der demografischen Entwicklung. „Ein (kurzfristiger) Anstieg der Arbeitslosigkeit in einzelnen Branchen ist zwar nicht auszuschließen, aber mit unserem Mix an Maßnahmen und Projekten haben wir im AMS Kärnten ein breites Auffangnetz und Instrumentarium, um hier abzufedern und gegenzusteuern“, so Haberl. 

Insolvenzstatistik: Zunahme der Unternehmensinsolvenzen 

Die schlechte Wirtschaftslage spiegelt sich auch im Insolvenzgeschehen wider. „Gegenüber den ersten drei Quartalen 2022 verzeichnen wir heuer um rund 37 % mehr Firmenpleiten in Kärnten. Besonders betroffen sind der Handel, das Gesundheits- und Sozialwesen sowie das Grundstücks- und Wohnungswesen. Gleichzeitig sind die Passiva um rund ein Drittel auf 50 Millionen Euro gestiegen“, erklärte Barbara Wiesler-Hofer, Leiterin des KSV1870 in Klagenfurt. Neben den Insolvenzhotspots entwickelt sich auch die Baubranche zunehmend zum Sorgenkind. Das betrifft aber nicht nur Kärnten, sondern ganz Österreich. Vor allem die stagnierende Auftragslage bereitet hier Sorgen. „Auch deshalb, weil sich aus heutiger Sicht die Auftragslage in der Baubranche in den nächsten Monaten weiter verschlechtern wird“, so Wiesler-Hofer. Die Gründe dafür sind unter anderem eine rückläufige Zahl an Baubewilligungen, eine sinkende Nachfrage, die zahlreiche Bauvorhaben unrentabel macht, und eine schwierige Situation am deutschen Markt, die auch auf Österreich abfärbt. Die Prognosen verheißen jedenfalls nichts Gutes: „Aus heutiger Sicht ist davon auszugehen, dass sich die jüngsten Insolvenzentwicklungen bis zum Jahresende fortsetzen werden. Demnach ist zu erwarten, dass die Gesamtzahl der Unternehmensinsolvenzen im heurigen Jahr in etwa auf dem Niveau des letzten Vorkrisenjahres 2019 liegen wird.  Das wären rund 325 Unternehmensinsolvenzen und damit ein Anstieg gegenüber den 244 Fällen im Vorjahr“, meinte Wiesler-Hofer abschließend. 

Konjunkturimpulse gefordert

Um die Konjunkturlokomotive Bau, die 55 Prozent der Wertschöpfung im Gewerbe und Handwerk ausmacht, wieder in Schwung zu bringen, fordert Spartenobmann Kronlechner wirtschaftspolitische Impulse, die kurzfristig und gezielt wirken. Besonders wichtig ist ein Impuls für die Bauwirtschaft, um eine Trendwende einzuleiten. Neben der Förderung von Wohnbauinvestitionen soll ein Sanierungsbonus die Nachfrage ankurbeln, ohne die Inflation anzuheizen. 

Weitere Vorschläge sind:  

  • Ankurbelung des gemeinnützigen Wohnbaus
  • Investition in den Hochbau seitens der öffentlichen Hand
  • Forcierung der thermischen und energetischen Gebäudesanierung
  • Revitalisierung alter Baubestände
  • Anpassung der Wohnbauförderung 

„Wir brauchen von der Politik wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die plan– und kalkulierbar sind. Nur dann werden wir mit unseren Talenten, Fähigkeiten und unserem Unternehmergeist auch den Turn-around schaffen“, gab sich Kronlechner optimistisch. Denn auch die düsteren Aussichten auf die Wirtschaftsentwicklung werden viele Unternehmen angesichts der startenden Lohnverhandlungen in eine absehbar schwierige Situation bringen.

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