Baukonjunkturforum: Welche Wege führen aus der Krise?
Der Traum von den eigenen vier Wänden wird für die Kärntner:innen immer unerschwinglicher: Steigende Zinsen, hohe Preise durch die Inflation und verschärfte Rahmenbedingungen bei der Kreditvergabe sorgen für einen massiven Rückgang im Wohnbau. Wie die Bauwirtschaft wieder zum Motor der heimischen Wirtschaft werden kann, wurde beim 1. Kärntner Baukonjunkturforum der ARGE-Bauwirtschaft unter der Moderation von Obmann Gerhard Oswald mit Experten diskutiert.
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Mit rund 5.000 Unternehmen und 40.000 Beschäftigten ist die Kärntner Bauwirtschaft ein wichtiger Faktor im Land und trägt rund ein Fünftel zum regionalen BIP bei. Kommt die Baubranche ins Stottern, sind auch viele andere Betriebe betroffen, die von Folgeaufträgen abhängig sind. Damit hat die Bauwirtschaft großen Einfluss darauf, in welche Richtung sich die Kärntner Wirtschaft insgesamt entwickelt. Die Baukosten sind seit 2019 um bis zu 40 Prozent gestiegen. Die höheren Preise führen vor allem im Wohnbau zu einem deutlichen Rückgang bei der Nachfrage. In Kärnten rechnet heuer rund die Hälfte der Unternehmen mit einer weiter sinkenden Auftragslage im Vergleich zum Vorjahr. Unter dem Motto „Wer baut, glaubt an die Zukunft“ fordert Gerhard Oswald, Obmann der ARGE-Bauwirtschaft, von der Politik Maßnahmen ein, um die Baubranche wieder in Schwung zu bringen.
Kredite teuer und schwer zu bekommen
Fremdkapital ist durch den Zinsanstieg der vergangenen Jahre deutlich teurer geworden. Das bremst die Investitionsbereitschaft – vor allem in der Bauwirtschaft. Mittlerweile hat die Europäische Zentralbank eine Zinswende in Aussicht gestellt. Trotzdem rechnet WIFO-Chef Gabriel Felbermayr nur mit einem zögerlichen Aufschwung: „Wir erwarten heuer nur ein leichtes Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent. Wirklich besser wird es erst 2025 (+1,8 Prozent), vor allem dank sinkender Zinsen. Wir gehen davon aus, dass die Europäische Zentralbank die Zinsen heuer um 0,75 Prozent senken wird. Das bedeutet, dass aufgeschobene Projekte umgesetzt werden. Die Erholung der Wirtschaft wird aber nicht nachhaltig sein. In den folgenden Jahren erwarten wir nur ein schwaches Wachstum.“
Die Nachfrage nach Krediten wird durch die sinkenden Zinsen steigen, allerdings legt die KIM-Verordnung strenge Kriterien fest: Unter anderem müssen Kreditnehmer beim Kauf einer Immobilie 20 Prozent Eigenkapital vorweisen, die Kreditrate darf 40 Prozent des Haushaltseinkommens nicht übersteigen. Diese Kriterien hindern vor allem junge Menschen daran, sich Wohneigentum zu schaffen. Die Banken dürfen zwar Ausnahmen gewähren, tun dies aber viel zu selten. Herta Stockbauer, WK-Spartenobfrau der Banken und Versicherungen: „Beim Kriterium der des Haushaltseinkommens ist das Kontingent für Ausnahmen sehr gering. Ist dieses ausgeschöpft, darf es keine weiteren Ausnahmen mehr geben. Es liegt jedoch bereits ein Entwurf der Finanzmarktaufsicht für eine Änderung der KIM-Verordnung vor, die dieses Problem lösen würde.“ Das Wohnbaupaket der Bundesregierung verspricht außerdem eine Förderung für Private mit einem Zinssatz von 1,5 Prozent für die ersten drei Jahre. „Dabei wäre es sinnvoll, den Zinszuschuss gleich zu Beginn der Kreditlaufzeit auszuzahlen, damit dieses Geld bei der Kreditvergabe als Eigenkapital angerechnet und auch gleich investiert werden kann“, so Stockbauer.
Wohnbauförderung an neue Rahmenbedingungen anpassen
Aufgrund deutlich gestiegener Baukosten benötigen Wohnungskäufer und Häuslbauer deutlich mehr Kapital. Die hohen Zinsen machen den Traum von den eigenen vier Wänden derzeit unerschwinglich. Die Kärntner Bauwirtschaft fordert daher eine Neuregelung der Wohnbauförderung. Denn die Höhe der Wohnbauförderungsdarlehen hat sich trotz deutlich gestiegener Grundstückspreise und Baukosten nicht verändert. Die Darlehenssummen müssen deutlich erhöht werden und rund die Hälfte der Kosten für Haus oder Wohnung abdecken. Diese Forderung unterstützte ÖVP-Klubobmann Markus Malle beim 1. Kärntner Baukonjunkturforum: „Die Kärntner Wohnbauförderung muss an die aktuellen Gegebenheiten angepasst werden und auch zielgerichtet sein. Den gestiegenen Baukosten muss Rechnung getragen werden. Die Koalition hat die Neugestaltung der Wohnbauförderung im Regierungsprogramm vereinbart. Die Rahmenbedingungen für den Wohnungs- und Hausbau sind derzeit prekär. Es ist daher an der Zeit, das Projekt ,Wohnbauförderung neu‘ unverzüglich in Angriff zu nehmen.“
Um Wohnen wieder leistbarer zu machen, ist auch eine Änderung beim sogenannten „Mietkauf“ wünschenswert. Gemeinnützige Bauvereinigungen sollen dazu verpflichtet werden, einen bestimmten Prozentsatz ihrer Wohnungen als Eigentumswohnungen anzubieten. Dabei soll – anders als bisher – der Kaufpreis zum Zeitpunkt des Bezugs der Wohnung gelten und die bereits bezahlte Miete darauf angerechnet werden. Derzeit verlangt das Gesetz eine Marktpreisermittlung zum Zeitpunkt der Kaufentscheidung, was zu deutlich höheren Kaufpreisen führt.
Aufschwung erst ab 2025 erwartet
Für heuer rechnen Experten nicht mehr mit einer Erholung der Baukonjunktur. Erst im nächsten Jahr soll es wieder aufwärts gehen. Wohnbaupaket und Zinssenkungen helfen der Baubranche. Es braucht aber weitere Schritte bei der Kreditvergabe und der Wohnbauförderung, damit die Baubranche wieder zum Motor der heimischen Wirtschaft wird. „Bis alle Maßnahmen greifen, wird es dauern. Ich fordere die Politik dringend auf, im Bereich der Wohnbauförderung jetzt zu handeln. Wir dürfen uns nicht auf andere verlassen, sondern müssen es selbst in die Hand nehmen“, so ARGE-Bauwirtschaft-Obmann Oswald abschließend.