Auftakt zur Roadshow-Reihe „Wirtschaftsraum Südösterreich – Das Potential des Koralmbahntunnels“
Die Koralmbahn ist das größte Infrastrukturprojekt im Süden Österreichs, das ab Ende 2025 die Bundesländer Steiermark und Kärnten miteinander verbinden wird. Der Kärntner Teilabschnitt der Bahnstrecke geht bereits am 10. Dezember 2023 in Betrieb. Welches Potential die Koralmbahn für die Bezirke Klagenfurt und Klagenfurt Land hat, präsentierten gestern Wirtschaftsvertreter vor Klagenfurter Politiker:innen und Unternehmer:innen.
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„Wir stehen heute hier, um über zwei wegweisende Themen zu sprechen, die nicht nur die Landeshauptstadt Klagenfurt, sondern auch die umliegenden Regionen in eine neue Zukunft führen werden: den Wirtschaftsraum Süd und die Koralmbahn“. Mit diesen Worten eröffnete gestern Franz Ahm, Obmann der WK-Bezirksstelle Klagenfurt, die Auftaktveranstaltung der Roadshow-Reihe „Wirtschaftsraum Südösterreich - Das Potential des Koralmbahntunnels“, zu der er gemeinsam mit Christiane Holzinger, Obfrau der WK-Bezirksstelle Klagenfurt Land, zahlreiche Vertreter aus Wirtschaft und Politik geladen hatte.
Neues Bahnzeitalter beginnt
Wenn am 10. Dezember dieses Jahres das erste Teilstück der Koralmbahn zwischen Klagenfurt und Wolfsberg - wenn auch nur eingleisig - in Betrieb genommen wird, beginnt in Kärnten ein neues Bahnzeitalter. Danach geht es Zug um Zug weiter bis zur Fertigstellung des Jahrhundertprojektes in etwa 800 Tagen, das Kärnten und Steiermark zum zweitgrößten Wirtschaftsraum Österreichs machen wird. Die künftige AREA Süd, so die neue Dachmarke der Wirtschaftskammern Kärnten und Steiermark, umfasst knapp ein Drittel der Fläche Österreichs, auf der rund 1,8 Millionen Menschen und mehr als 50.000 Arbeitgeberbetriebe mit 730.000 Beschäftigten eine Wirtschaftsleistung von knapp 70 Milliarden Euro erbringen.
Auch für die Landeshauptstadt Klagenfurt werden sich viele neue Chancen ergeben. Jetzt gilt es, auf den Zug aufzuspringen und die dafür notwendigen Rahmenbedingungen auf Schiene zu bringen. Ahm: „Die AREA Süd und die Koralmbahn werden Klagenfurt und Umgebung schneller und effizienter mit dem Rest Österreichs und darüber hinaus verbinden. Die Koralmbahn ist aber nicht nur ein wichtiger Verkehrsweg, sondern auch ein Symbol für die Zusammenarbeit der Kärntner Regionen. Sie bringt die Wirtschaftsräume näher zusammen und schafft neue Chancen für alle Unternehmen.“
Deutschlandsberg und Wolfsberg
Über die Chancen und Potenziale des neuen Wirtschaftsraumes Süd referierten im Rahmen der Roadshow die Leiter der Wirtschaftspolitik der WK Kärnten und der WK Steiermark, Herwig Draxler und Ewald Verhounig. „Als Zubringer zur Koralmbahn müssen auch andere Bahnstrecken weiter ausgebaut werden“, betonte Draxler, der im mit Italien vereinbarten Zollkorridor Triest-Fürnitz ein weiteres großes Potenzial für zukünftige Entwicklungen in der Region sieht. Draxler: „Die Pendlerströme zwischen den einzelnen Regionen entlang der Strecke werden deutlich zunehmen, neben Graz und Klagenfurt werden vor allem Deutschlandsberg und Wolfsberg profitieren.“ Es stelle sich daher die Frage, so Verhounig, wie sich das Verhalten der Menschen, die Arbeitslosigkeit, die Beschäftigung und die Bevölkerungsentwicklung verändern würden. Die positiven Effekte würden weit über Klagenfurt und Graz hinausstrahlen. „Das erweiterte Einzugsgebiet reicht dann von der südlichen Obersteiermark bis nach Villach“, so Verhounig. Eine große Chance also, den negativen demografischen Trend in der Region Südösterreich zu brechen.
Nur mehr 800 Tage
Reinhard Wallner, Bereichsleiter der ÖBB für den Personenverkehr Kärnten, informierte über die Chancen, die die Koralmbahn für Südösterreich bringen wird. „Mit der Inbetriebnahme rückt Südösterreich in ein Umfeld hochwertiger Verkehrsinfrastruktur, die Reisezeiten werden mit dem Individualverkehr nicht mehr machbar sein. Mit der Vollinbetriebnahme wird der gesamte öffentliche Verkehr durch die Einführung des integrierten Taktverkehrs in Österreich angepasst. Wir sprechen hier von einer Vervierfachung des Fernverkehrs von und nach Kärnten, dem Ausbau des Nahverkehrs und dem zusätzlichen Ausbau des Angebots auch in den Randzeiten und am Wochenende“. Es brauche das Zusammenspiel aller Beteiligten, um die Menschen zum Umstieg vom Individualverkehr auf den öffentlichen Verkehr zu bewegen, mahnte Waller: „Auch wenn ich immer höre, es sind nur mehr 800 Tage: Wenn man jetzt erst damit beginnt, Projekte zu planen, ist das viel zu spät. Die Bahn wird früher in Betrieb gehen, als die Projekte auf Schiene gebracht werden.“
Herausforderungen
Mit der Fertigstellung des Koralmbahn-Tunnels entsteht ein neuer Wirtschaftsraum Südösterreich, der auch für die Bezirke Klagenfurt und Klagenfurt-Land von großer Bedeutung sein wird. Neben vielen Chancen warten aber auch noch große Herausforderungen, die ohne gemeinsames Handeln aller wichtigen Player nicht gestemmt werden können. Darüber diskutierten im Anschluss an die Präsentationen Vertreter aus Wirtschaft und Politik. Um diese Aufgaben zu bewältigen, müsse die Zusammenarbeit zwischen Stadt und Land verbessert werden, es fehle auch an einer gemeinsamen Strategie für die Entwicklung Kärntens. Ebenso müsse der Wohnraum- und Kindergartenplatzmangel beseitigt werden. Dies seien entscheidende Faktoren, um Unternehmen anzusiedeln und in weiterer Folge Kärnten für Fachkräfte attraktiv zu machen. Der Tourismus ist positiv gestimmt, weist aber darauf hin, dass der Lärm der Züge viele Gäste davon abhalte, in den Wörthersee-Gemeinden, die direkt an der Bahnstrecke liegen, zu urlauben.
Ahm forderte daher einmal mehr dazu auf, die Klagenfurter Stadtpolitik möge endlich vom Reden ins Handeln kommen: „Es sind nur mehr 800 Tage bis zur Vollinbetriebnahme.“ Für NAbg. Peter Weidinger ist die Koralmbahn die Jahrhundertchance für Kärnten und die Steiermark. „Die beiden Bundesländer werden deutlich näher zusammenrücken, was sich auch auf den Arbeitsmarkt, den Lebensraum und damit auf das Fachkräftethema positiv auswirken wird. Wichtig ist es jetzt, die Rahmenbedingungen zu schaffen und auch das Bewusstsein in der Bevölkerung für den öffentlichen Verkehr zu schärfen“, so Weidinger. Das sieht auch Wirtschaftsstadtrat Max Habenicht: „Klagenfurt ist auf dem besten Weg, sich besser zu verkaufen. Leider gibt es nicht genügend Flächen, um Gewerbebetriebe anzusiedeln. Die Flächen werden umgewidmet, aber die Eigentümer geben diese nicht frei. Das kann es nicht sein!“
Chancen und Gefahren
Welche Chancen und Gefahren auf die neue Superregion zukommen werden, darüber wurde im Anschluss diskutiert:
Christian Scheider, Bürgermeister Klagenfurt:
„Die Koralmbahn ist eine große Chance. Wir sind in Klagenfurt sehr gut aufgestellt, arbeiten intensiv mit der Alpen Adria Universität zusammen und haben in der Landeshauptstadt einen wichtigen Bildungsstandort geschaffen. Die Studierenden kommen aus aller Welt. Wir sehen es als große Chance, Studierende aus der Steiermark nach Kärnten zu holen. Unsere Stadt punktet mit Lebensqualität, wir sind Vorreiter in der Klimapolitik. Aber es fehlt die gemeinsame Anstrengung. Jeder macht seine eigene Strategie, die Landespolitik muss endlich handeln. Klagenfurt wird mit der Koralmbahn sehr attraktiv, zum Arbeiten, Studieren und Wohnen. Und natürlich auch für Tagestouristen, die mit der Bahn an den Wörthersee zum Baden kommen. Aber wenn es um die Finanzierung vieler Projekte geht, dreht uns die Landespolitik den Hahn zu, da können wir nur gemeinsam die Rahmenbedingungen schaffen.
Philipp Liesnig, Vize-Bürgermeister Klagenfurt:
„Es fehlt an Orientierung, Visionen und einem gemeinsamen Ziel. Die Abläufe in der Verwaltung könnten besser und effizienter sein. Klagenfurt ist eine familienfreundliche und lebendige Stadt. Mit dem geplanten Messeprojekt wird uns ein wirtschaftlicher Aufschwung gelingen. Auch die Koralmbahn sehe ich als große Chance, wir müssen uns auf unsere Stärken besinnen, die Innenstadt beleben und als Wohngebiet attraktiv machen.“
Bernhard Lamprecht, GF Lakeside Science & Technology Park, Klagenfurt:
„Bei uns im Lakesidepark sind sehr viele internationale Unternehmen angesiedelt. Die, die sich entschieden haben, beruflich nach Kärnten zu kommen, sind zufrieden, viele von ihnen bleiben. Wir haben keine Angst, dass Mitarbeiter in Klagenfurt wohnen und in Graz arbeiten. Wichtig ist, dass der Arbeits- und Lebensraum passt. Wir haben aber zu wenig Kindergartenplätze und zu wenig Wohnraum. Die Menschen wollen schön wohnen, dazu gehört auch ein attraktiver Takt des öffentlichen Verkehrs.“
Hannes Hafner, Vize-Bürgermeister Köttmannsdorf und Eigentümer der Regionalwärme Gruppe:
„Wir von der Gemeinde Köttmannsdorf sind stolz, Teil des Projektes Koralmbahn zu sein. Unsere Bürgerinnen und Bürger profitieren enorm davon. Die neu errichtete Haltestelle Köttmannsdorf Lambichl samt Park & Ride-Anlage ist eine enorme Verbesserung für die Bevölkerung, viele sind auf die umweltfreundliche Bahn umgestiegen. Wenn der öffentliche Verkehr attraktiv ist, wird er auch genutzt.“
Christoph Neuscheller, Schloss Leonstain, Pörtschach:
„Die Koralmbahn ist zweifellos eine große Chance für uns alle, auch für den Tourismus. Sie bringt aber auch viele Probleme mit sich. Lärm ist störend und wie die WHO immer wieder betont, Lärm ist Körperverletzung. Auch wenn die Bahn ein wichtiger Impulsgeber für den Tourismus ist, gibt es viele Betriebe, die unter dem Bahnlärm leiden. Er hält viele Gäste davon ab, bei uns Urlaub zu machen. Es ist schlimm, dass Verkehrsministerin Leonore Gewessler die Gesundheit der Menschen nicht wichtig ist. Wenn die ÖBB die Grenzwerte nicht einhalten kann, dann müssen die Züge eben langsamer fahren.“
Die weiteren Termine der Roadshows finden Sie auf der Seite der Area Süd.