Markus Polka, Franz Ahm und Markus Sylle halten ein leeres Schild mit dem Titel: Fahrplan der Stadtregierung zur Koralmbahn
© WKK | Helge Bauer

AREA SÜD: Klagenfurt verpasst historische Chance

Die Eröffnung der Koralmbahn und die damit entstehende AREA SÜD bieten eine historische Chance für die Landeshauptstadt Klagenfurt. Doch anstatt diese Potenziale zu nutzen, herrscht Stillstand. Die Wirtschaftskammer-Bezirksstelle Klagenfurt und die Junge Wirtschaft schlagen Alarm: Die fehlende Strategie und die finanzielle Schieflage der Stadtpolitik drohen Klagenfurt ins Abseits zu drängen. „Neustart“ gefordert.

Lesedauer: 4 Minuten

Aktualisiert am 21.01.2025

Der Countdown läuft: In genau 327 Tagen wird mit der Eröffnung der Koralmbahn ein völlig neuer Wirtschaftsraum Realität. Graz und Klagenfurt werden in nur 45 Minuten verbunden, die AREA SÜD mit rund 1,8 Millionen Menschen, 730.000 Beschäftigten und über 150.000 Unternehmen mit einer Wirtschaftsleistung von rund 70 Milliarden Euro wird Realität. Während andere Städte längst strategische Maßnahmen setzen, um diesen Standortvorteil aktiv zu nutzen, steht Klagenfurt vor einem drohenden Fiasko: fehlende Konzepte, finanzielles Chaos und politische Blockaden. „Klagenfurt hat die Chance, sich als Wirtschaftszentrum zu positionieren, aber die Stadtpolitik agiert ohne Plan und Vision“, kritisiert WK-Bezirksstellenobmann Franz Ahm. „Statt entschlossen zu handeln, wird gestritten, verzögert und verhindert – das kostet uns wertvolle Zeit und Chancen.“ 

Finanzielle Schieflage und Untätigkeit als Entwicklungsbremse

Eines der größten Entwicklungshemmnisse für Klagenfurt ist die desaströse Finanzlage der Stadt. Aktuell fehlen 18,7 Millionen Euro zu einem ausgeglichenen Budget. Das ist ein deutliches Zeichen dafür, dass die Stadtpolitik den wirtschaftlichen Herausforderungen nicht gewachsen ist. Aufgrund der prekären Situation muss Klagenfurt derzeit nach der so genannten Zwölftelregelung wirtschaften – das bedeutet, dass monatlich nur ein Zwölftel des Vorjahresbudgets ausgegeben werden darf. Dies führt zu massiven Einschränkungen in allen Bereichen der Stadtentwicklung. „Mit einer Stadt, die nur auf Sicht fahren kann, sind zukunftsweisende Investitionen unmöglich“, so Ahm. „Wir brauchen strategische Maßnahmen, um Gewerbeflächen zu entwickeln, Infrastrukturprojekte voranzutreiben und den Standort attraktiv zu machen – aber ohne finanziellen Spielraum bleibt all das auf der Strecke.“ Die Stadtregierung scheint nicht in der Lage, die notwendigen Reformen umzusetzen, um wieder handlungsfähig zu werden. Konzepte wie das BDO-Papier, das klare Sparmaßnahmen aufzeigt, werden seit Jahren ignoriert oder verschleppt. „Die politischen Entscheidungsträger müssen endlich Verantwortung übernehmen und die Stadtfinanzen nachhaltig konsolidieren, um Investitionen in die Zukunft zu ermöglichen“, fordert Ahm. 

„Klagenfurt verschläft seine Zukunft“

Auch die Junge Wirtschaft Klagenfurt zeigt sich besorgt über die Entwicklungen und kritisiert die fehlende Strategie scharf. Bezirksvorsitzender Markus Sylle,  spricht von einer „vertanen Jahrhundertchance“, wenn nicht endlich gehandelt wird: „Wir haben bereits im Oktober 2023 mit unserer Wecker-Aktion eindringlich darauf hingewiesen, dass die Stadtpolitik ihre Hausaufgaben machen muss – doch passiert ist seither nichts.“ Die Junge Wirtschaft fordert eine Reihe von konkreten Maßnahmen, um Klagenfurt fit für die AREA SÜD zu machen: ein attraktives Bahnhofsviertel als Aushängeschild der Stadt, bessere Anbindung der Innenstadt an den Bahnhof und die Entwicklung eines zeitgemäßen Radwegenetzes, ein modernes Veranstaltungszentrum für Tagungen Kongresse und Events sowie die Gründung einer Agentur für wirtschaftliche Entwicklung, um Leitbetriebe anzusiedeln, Flächen zu sichern und professionelles Standortmarketing zu betreiben.  

Standortmarketing auf Sparflamme

Die fehlenden finanziellen Mittel machen sich bereits deutlich bemerkbar – vor allem beim Stadtmarketing. Gezielte Maßnahmen, um Klagenfurt als attraktiven Wirtschaftsstandort zu positionieren, fehlen gänzlich. Sylle: „Ein starkes Stadtmarketing braucht nicht nur gute Ideen, sondern vor allem ein ordentliches Budget. Ohne gezielte Investitionen in Standortmarketing und Veranstaltungen bleibt Klagenfurt für Besucher:innen und Unternehmen unsichtbar.“ Während andere Städte in den Ausbau ihrer Stärken investieren, werden in Klagenfurt bestehende Projekte und Initiativen aufgrund der finanziellen Situation auf Eis gelegt. „Standortmarketing ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit, um Unternehmen, Investoren und Fachkräfte anzuziehen“, mahnt Sylle. „Wir brauchen eine gezielte Strategie, die Klagenfurt als modernen, lebenswerten und wirtschaftsfreundlichen Standort präsentiert. Ohne klare Maßnahmen verlieren wir den Anschluss.“ 

Unternehmer mit niedrigen Erwartungen

Die Klagenfurter Konjunkturumfrage vom November 2024 zeigt, dass die Unternehmen heuer wenig positive Impulse erwarten. Die Mehrheit rechnet mit einer schlechteren Auftragslage und damit auch mit sinkenden Umsätzen. Die Zufriedenheit mit dem Wirtschaftsstandort lässt ebenfalls zu wünschen übrig. Die Entfremdung zwischen Politik, Verwaltung und den Unternehmen in Klagenfurt scheint groß zu sein. Über 80 Prozent der Befragten stellen der Unternehmerfreundlichkeit der Landhauptstadt ein nicht zufriedenstellendes Zeugnis aus. WK-Bezirksstellenleiter Markus Polka: „Eine so verheerende Bewertung kann nicht ignoriert werden. Es braucht einen Dialog auf Augenhöhe. Die Unternehmen dürfen nicht immer nur Bittsteller sein, sondern müssen aktiv in Planungs- und Entscheidungsprozesse eingebunden werden. Wir brauchen eine effiziente, transparente und unternehmerfreundliche Verwaltung.“  

Geringe Erwartungen haben die Klagenfurter Unternehmen auch an die Koralmbahn: Zwei Drittel glauben laut Konjunkturumfrage nicht an Vorteile für den eigenen Betrieb. „Das ist ein alarmierendes Zeichen und bestätigt, dass die Stadt Klagenfurt dringend in die Gänge kommen muss. Die Koralmbahn ist eine Jahrhundertchance für unsere Stadt. Jetzt ist entschlossenes Handeln anstatt reiner Ankündigungspolitik gefragt. Ein Weiter-wie-bisher ist nicht nur keine Option mehr – es ist eine ernsthafte Bedrohung für die wirtschaftliche Zukunft Klagenfurts.  

Die Zukunft beginnt jetzt

Die Wirtschaftskammer und die Junge Wirtschaft appellieren an die Verantwortlichen, die AREA SÜD endlich als Chance für nachhaltiges Wachstum zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zu setzen. Die Konkurrenz schläft nicht – andere Städte sind bereits in der Umsetzung und investieren gezielt in die Zukunft. „Wir haben jetzt die Chance, Klagenfurt zu einer modernen, zukunftsfähigen Stadt zu machen“, fasst Ahm zusammen. „Aber diese Chance gibt es nicht unbegrenzt. Ohne rasches Handeln wird Klagenfurt den Anschluss verlieren – und das können wir uns nicht leisten.“ Zu aktuellen Neuwahlspekulationen will sich Ahm nicht äußern, aber: „Es ist wohl jedem klar, dass diese Stadt einen Neustart braucht.“

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