Mann mit blauem Anzug und gestreifter Krawatte vor einem verschwommenen Hintergrund
© KK | RHI Magnesita

Krise und Chancen: Wie RHI Magnesita den Industrie-Turbo zündet

Christoph Stock von RHI Magnesita über die größten wirtschaftlichen Herausforderungen 2025, flexible Produktionsstrategien, die Bedeutung von Recycling und Forschung, und warum “grüner Stahl” ohne nachhaltige Zulieferer nicht möglich ist.

Lesedauer: 3 Minuten

03.12.2024

Welche wirtschaftlichen Risiken sehen Sie für RHI Magnesita und für die Stein- und Keramische Industrie insgesamt im Jahr 2025? 

Christoph Stock: Nach einer kurzfristigen Erholung unmittelbar nach der Pandemie, sehen wir eine deutlich geringere Auslastung unserer Kundenindustrien, vor allem in der Bau- und Automobilbranche. Zusätzlich führt der Demographiewandel, vor allem in den ländlichen Gebieten, zu einem Arbeitskräftemangel, den auch wir stark spüren. Zudem machen uns auch die hohen Energiekosten zu schaffen. 

Wie bereiten Sie den Produktionsstandort auf potenzielle Marktschwankungen vor?

Wir haben uns bereits in den vergangenen Jahren darauf vorbereitet, auf Marktschwankungen möglichst flexibel reagieren zu können – angefangen von der Automatisierung bis hin zur Anpassung der Mitarbeiter an aktuelle Bedürfnisse.

RHI Magnesita beschäftigt 22.000 Mitarbeiter:innen an 47 Hauptproduktionsstandorten weltweit. Welche Rolle spielt dabei das Werk in Radenthein?

Beim Standort Radenthein handelt es sich um ein Werk, das vor allem auf feuerfeste Spezialprodukte mit dem Fokus auf Nichteisenmetalle spezialisiert ist. Beispielsweise beliefern wir rund 80 Prozent der Kupferhersteller weltweit.

Die steigenden Energiekosten belasten die Industrie massiv. Welche konkreten Maßnahmen hat RHI Magnesita ergriffen, um die Energiekosten in der Produktion zu senken?

Im Zuge unserer Energiemanagementsysteme führen wir gerade einige Programme zur Energieeffizienz durch, beispielsweise durch Ertragserhöhung bei unseren Elektrolichtbogenöfen. Die Kosten sind aber nach wie vor ein großer Standortnachteil. 

Welche neuen Technologien oder Prozesse kommen zum Einsatz, um die Effizienz zu steigern und die Umweltbelastungen zu verringern? 

Thermische Nachverbrennungen, über Filter oder Schalldämmungen - in Radenthein haben wir in den vergangenen Jahren sehr viel investiert, um das Werk umweltfreundlicher zu machen. Mit spürbarem Erfolg - wir haben keine einzige Anrainerbeschwerde erhalten! 

RHI Magnesita hat die Recyclingquote von gebrauchten Feuerfestmaterialien auf 13,2 Prozent gesteigert. Welche Schritte werden an den Produktionsstandorten unternommen, um die Recyclingziele weiter voranzutreiben?

Die Recyclingquote in Radenthein übertrifft sogar die 13,2 Prozent. Wir arbeiten eng mit unserer Forschungs- und Entwicklungsabteilung zusammen, um den Anteil kontinuierlich zu erhöhen. Allerdings muss man bedenken, dass die Recyclingquote sehr von der Verfügbarkeit am Markt abhängt. 

Angesichts des Kostendrucks: Inwiefern ist RHI Magnesita bereit, weiterhin in Forschung und Entwicklung zu investieren? Und in welche Forschungsgebiete wird am meisten investiert?

RHI Magnesita hat sich verpflichtet, im Zeitraum von 2021 bis 2025 rund 50 Millionen Euro in die Forschung und Entwicklung neuer Technologien zur Vermeidung oder Abscheidung von CO2-Emissionen zu investieren. Die schnellsten Erfolge wurden beim Recycling erzielt, aber wir arbeiten auch an anderen Technologien im Labor- und Pilotmaßstab, um dieser Herausforderung zu begegnen, einschließlich der Verwendung alternativer Brennstoffe und der Kohlenstoffabscheidung und -speicherung oder -nutzung. 

Der Fachkräftemangel ist ein großes Thema in der Industrie. Welche Strategien verfolgt RHI Magnesita, um qualifizierte Mitarbeiter:innen zu gewinnen und zu halten? Gibt es neue Ansätze in der Aus- und Weiterbildung?

RHI Magnesita ist nach wie vor ein attraktiver Arbeitgeber in der Region. Feuerfest ist nicht ersetzbar und wird immer benötigt, daher handelt es sich bei uns um einen stabilen Industriebetrieb. Unseren und künftigen Lehrlingen bieten wir eine zukunftsorientierte Lehre am neuesten Stand der Technik, Entwicklungsmöglichkeiten innerhalb des Konzerns und nach Lehrabschluss die Möglichkeit für internationale Einsätze.

Wie schätzen Sie die Entwicklung der Stein- und Keramischen Industrie in den kommenden Jahren ein?

Nachhaltige Konzepte in unseren Kundenindustrien spielen eine zukunftsträchtige Rolle - ein Schlüsselwort dazu ist „Green Steel“ - Grüner Stahl. Und es kann keinen grünen Stahl ohne grüne Zulieferer geben. Die Stahlindustrie befindet sich jetzt in einer Transformationsphase, und dadurch erwarten wir doch eine erhöhte Nachfrage.

Wenn Sie einen Wunschzettel an die neue Bundesregierung schreiben könnten, was würde drinstehen?

Ganz klar die Unterstützung unserer Nachhaltigkeitsbemühungen. Eine Möglichkeit, die unvermeidbaren CO2-Emissionen abzufangen, besteht darin, das CO2 direkt aus der Atmosphäre abzutrennen und anschließend unterirdisch zu speichern. Das ist in Österreich noch nicht möglich. Ein zweiter Punkt ist die Umstellung der Energiewirtschaft auf Wasserstoff. Dafür ist eine Umrüstung der staatlichen Infrastruktur notwendig - und je früher das geschieht, desto besser.

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