E-Commerce und Vertragsrecht
Allgemeine Hinweise zum Vertragsabschluss im Internet
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Da das österreichische Vertragsrecht vom Prinzip der Formfreiheit beherrscht wird, können von wenigen Ausnahmen (wie z.B. notariatsaktspflichtige Geschäfte) abgesehen, Verträge wirksam auch im Internet, insbesondere per E-Mail, abgeschlossen werden. Selbst dort, wo ausnahmsweise kraft Gesetzes oder häufiger kraft Vereinbarung Schriftform erforderlich ist, kann durch Verwendung einer „qualifizierten elektronischen Signatur“ ein Vertrag bzw. eine Vertragserklärung (z.B. Kündigung) gültig zu Stande kommen, da diese die Schriftform ersetzt.
Wann liegt eine verbindliche Erklärung vor?
Bietet jemand im Internet z.B. Waren oder Leistungen an („Webshop“), so handelt es sich allerdings – solange die Ansicht des Webshops nicht personalisiert ist und der Kunde individuell mit Namen angesprochen wird – noch um kein verbindliches Angebot im Rechtssinn – selbst wenn Preis und Ware genau angegeben werden – sondern um eine bloße Aufforderung an potentielle Kunden, selbst ein Angebot abzugeben („Bestellung“). Diese Erklärung bindet den Besteller und gibt dem Webshop-Betreiber die Möglichkeit, innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist dieses Angebot, nämlich die Bestellung, anzunehmen. Erst so kommt der Vertrag zu Stande und ist für beide Teile verbindlich. Bei entgeltlichen Verträgen muss ein Verbraucher jedoch unmissverständlich bei Abgabe der Bestellung (Drücken eines Bestell-Buttons) darauf hingewiesen werden, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet („kostenpflichtig bestellen“).
Die Annahme des Vertrages durch den Webshop-Betreiber kann durch eine Annahmebestätigung mittels E-Mail oder auch durch eine faktische Handlung wie das Zusenden der Ware erfolgen. Eine bloße Bestätigung, dass die Bestellung des Kunden eingelangt ist (Bestellbestätigung oder Empfangsbestätigung) stellt im Regelfall noch keine Annahmeerklärung dar.
Strittig ist, ob die Abbuchung des Kaufpreises von der Kreditkarte oder einem anderen Konto des Kunden als konkludente Annahmeerklärung gewertet werden kann. Je nach den Umständen des Einzelfalles kann das Abbuchen des Kaufpreises als Annahmeerklärung ausgelegt werden. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) hat der Webshop-Betreiber daher darzulegen in welcher Form die Vertragsannahme erfolgt.
Das Angebot eines Webshops ist im Regelfall noch nicht verbindlich! Der Webshop-Betreiber muss daher eine Bestellung nicht annehmen, sondern könnte diese auch ablehnen.
Es gilt die sogenannte „Button-Lösung“. Die Bestellseite ist danach so zu gestalten, dass der Verbraucher ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet. Erfolgt die Bestellung über eine Schaltfläche, muss diese ausschließlich mit den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder mit einer ähnlich deutlichen Formulierung beschriftet sein, widrigenfalls der Verbraucher an den Vertrag oder seine Vertragserklärung nicht gebunden ist.
Voraussetzung für eine verbindliche Erklärung ist weiter, dass diese dem Vertragspartner auch zugeht, was grundsätzlich der Absender beweisen muss. Laut E-Commerce-Gesetz (ECG) gelten elektronische Erklärungen als zugegangen, wenn sie die Partei, für die sie bestimmt ist, unter gewöhnlichen Umständen abrufen kann.
Elektronische Versandprotokolle gelten nach der Rechtsprechung nicht als Beweis für den Zugang.
Wie die Vertragsannahme erfolgt (z.B. durch ausdrückliche Erklärung oder durch schlüssige Handlung, etwa in Form der rechtzeitigen Übersendung der Ware oder Überbringung der Leistung), ist grundsätzlich irrelevant. Zu beachten ist allerdings, dass im österreichischen Recht bloßes Stillschweigen regelmäßig keine gültige Vertragserklärung darstellt und daher keine Rechtsfolgen auslöst! Auch die Bestimmung des ECG, wonach ein Internet-Anbieter dem Nutzer den Zugang einer elektronischen Vertragserklärung unverzüglich elektronisch zu bestätigen hat, kann daran nichts ändern. Bestätigt werden muss hier nämlich nur der Zugang der Bestellung, nicht aber auch deren Annahme durch den Unternehmer. Der Vertrag kommt auch bei Verletzung dieser Pflicht – also bei Säumigkeit (keine Reaktion). des Unternehmers – nicht zu Stande. Schadenersatzansprüche gegen den säumigen Unternehmer können neben allfälligen Verwaltungsstrafen allerdings die Folge solcher Rechtsverletzungen sein.
Die elektronische Signatur
Durch die Verwendung einer sogenannten „qualifizierten elektronischen Signatur“, die eine Unterschrift ersetzt, kann im Internet grundsätzlich auch ein Schriftformerfordernis erfüllt werden. Außerdem bewirkt diese Signatur, dass der so signierte Text nicht mehr verändert werden kann! So wie die Unterschrift bewirkt auch die Verwendung der qualifizierten Signatur Beweisvorteile. Es wird nämlich die Echtheit der signierten Urkunde vermutet, also angenommen, dass sie auch wirklich vom Aussteller stammt.
Freilich könnte im Einzelfall immer noch bewiesen werden, dass eine elektronische Signatur missbräuchlich von einem Dritten verwendet wurde.
Eine Liste der Anbieter bzw. der Zertifizierungsdienste findet man unter signatur.rtr.at. Erhältlich ist die qualifizierte elektronische Signatur gegen entsprechende Ausweisleistung in Form einer „Chipkarte“.
Zusammenfassende Aspekte
- Für Vertragsabschlüsse im Internet gelten die allgemeinen zivilrechtlichen Regeln, auch wenn einige Bestimmungen des ECG und des Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz einige besondere Vorschriften für Verträge im E-Business enthalten. Diese wirken sich jedoch in der Regel nicht unmittelbar auf das Zustandekommen bzw. die Rechtsgültigkeit von Verträgen aus, sondern enthalten entweder bloße Ordnungsvorschriften, deren Verletzung schadenersatzpflichtig machen kann, strafbar und allenfalls wettbewerbswidrig sein könnte oder zusätzliche Rechte, die den Konsumenten eingeräumt werden begründen (z.B. Rücktrittsrecht).
Achtung: Da die allgemeinen Regeln des Vertragsrechts gelten, können selbstverständlich auch im Internet AGB verwendet werden. Damit sie aber Vertragsinhalt werden, muss ein deutlicher und unmissverständlicher Hinweis auf deren Geltung, sowie eine Zustimmungshandlung (Anklickkästchen) durch den Vertragspartner erfolgen. Im Falle der Verwendung von AGB sind diese dem User jederzeit abruf- bzw. speicherbar zur Verfügung zu stellen!
- Selbstverständlich gelten auch im E-Commerce alle öffentlich-rechtlichen sowie wettbewerbsrechtlichen Regelungen, wie etwa die Bestimmungen des Preisauszeichnungsgesetzes oder das Verbot irreführender Werbung usw.
- Bei Verträgen mit ausländischen Konsumenten kommt – wenn die Website und der Webshop auf das Heimatland des Konsumenten ausgerichtet sind - in der Regel ausländisches Recht zur Anwendung. Für den Verbraucher günstigere ausländische Bestimmungen sind zwingend, sodass auch durch eine Rechtswahlklausel die Anwendung für den Verbraucher günstigerer ausländischer Bestimmungen nicht verhindert werden kann.
Tipp:
Wenn Sie als Webshop-Betreiber nur Vertragspartnern in bestimmten Ländern Lieferungen anbieten wollen, um das Ausrichten des Webauftritts auf einen ungewollten Heimatstaat mit dessen Konsumentenschutzrecht zu unterbinden, muss darauf ausdrücklich spätestens bei Beginn des Bestellvorganges hingewiesen werden (sog „Disclaimer“).
Stand: 11.11.2024