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Anwendbares Recht im Internet bei Lauterkeitsrecht und Verwaltungsmaterien 

Unterschiedliche Staaten - unterschiedliche Rechte 

Lesedauer: 5 Minuten

Allgemeine Ausführungen

Grundsätzlich ist im Verwaltungsrecht (dazu zählen z.B. Preisauszeichnungspflichten, Pflichten der Anbieterkennzeichnung, Öffnungszeiten und Bestimmungen zur Produktsicherheit) das Recht des Staats anzuwenden, in welchem der Gewerbetreibende seine Tätigkeit entfaltet. Dies ist auch innerhalb der Europäischen Union so, weil im Verwaltungsrecht nur manche Vorschriften aneinander angeglichen wurden. Im wesentlich kleineren Bereich des Lauterkeitsrechts wurde bereits deutlich mehr harmonisiert. Von solchen stärker harmonisierten Bereichen abgesehen, bestehen aber nach wie vor unterschiedliche Regelungen in den einzelnen Mitgliedstaaten.

Wird eine Tätigkeit demnach in mehreren Staaten ausgeübt, so kommen in den einzelnen Staaten die jeweiligen Rechtsordnungen zur Anwendung. Im Lauterkeitsrecht ist das ebenso. Aber wie verhält es sich, wenn man seine Waren und Dienstleistungen im Internet vertreiben will?

Herkunftslandprinzip

Im Internet gilt innerhalb der EU grundsätzlich für die zu erfüllenden Anforderungen zur Aufnahme und zur Ausübung von "Diensten der Informationsgesellschaft" eine spezielle Regelung. Das sind Dienste, die idR entgeltlich elektronisch im Fernabsatz und auf individuellen Abruf des Empfängers – also im Internet - erbracht werden. In diesem Bereich trägt jeder Staat der EU dafür Sorge, dass jene Dienste, die von einem in seinem Hoheitsgebiet niedergelassenen Diensteanbieter erbracht werden, auch den Bestimmungen dieses Staats entsprechen. Das bedeutet, dass ein Unternehmer im Internet nur die Vorschriften jenes Staats zu erfüllen hat, in dem er niedergelassen ist. Damit brauchen strengere Vorschriften anderer Staaten der EU nicht erfüllt werden. Das Prinzip wurde in Österreich als Herkunftslandprinzip umgesetzt und soll Unternehmen grenzüberschreitende Tätigkeit erleichtern. 

Dieses Prinzip wird aber von etlichen Ausnahmen durchbrochen und ist z.B. in folgenden Bereichen nicht anzuwenden:

  • Urheberrecht und verwandte Schutzrechte;

  • vertragliche Schuldverhältnisse mit Verbrauchern einschließlich solcher gesetzlicher Informationspflichten, die einen bestimmenden Einfluss auf die Entscheidung zum Vertragsabschluss haben; 

  • Gewinn- und Glücksspiele, bei denen ein Einsatz, der einen Geldwert darstellt, zu leisten ist, einschließlich von Lotterien und Wetten; 

  • Rechtsvorschriften über Waren, wie etwa Sicherheitsnormen, Kennzeichnungspflichten, Verbote und Einschränkungen der Innehabung oder des Besitzes, sowie über die Haftung für fehlerhafte Waren; 

  • Rechtsvorschriften über die Lieferung von Waren einschließlich der Lieferung von Arzneimitteln sowie 

  • Rechtsvorschriften über Dienstleistungen, die nicht elektronisch erbracht werden.

Verwaltungsbestimmungen

Bei Verwaltungsbestimmungen bedeutet das Herkunftslandprinzip konkret, dass z.B. der Berufszugang (z.B. Gewerbeberechtigung) und die Ausübungsregelungen durch den Staat der Niederlassung geregelt werden, wobei für "Dienstleister der Informationsgesellschaft" in den anderen Mitgliedstaaten der EU keine gesonderten Bewilligungen eingeführt werden dürfen.

Von allgemeiner Bedeutung sind die Ausnahmen hinsichtlich der Informationspflichten für Verbraucher sowie der Umstand, dass nur die Rechtsvorschriften der ausschließlich elektronisch erbrachten Dienstleistungen (z.B. Vertrieb von Downloads) damit wesentlich liberalisiert wurden. In manchen der ausgenommenen Bereiche bestehen einzelne unionsrechtliche Vorgaben und dadurch ähnliche Vorschriften; dies betrifft insbesondere Verbraucherinformationspflichten wie z.B. Preisangaben, Verbrauchsangaben bei elektronischen Geräten oder Textilien und die Etikettierung von Lebensmitteln. Auch der Bereich des Datenschutzes und das Verbot von unerbetener E-Mail-Werbung wurden weitgehend harmonisiert.

Aber auch wenn Normen bestehen, die in der EU nicht angeglichen wurden, haben die Produkte jene des Empfangslandes zu erfüllen. Insofern macht es keinen Unterschied, ob der der Warenzusendung vorangegangene Informationsaustausch und Vertragsabschluss über das Internet erfolgt ist oder nicht.


Achtung:
Offline kommt das Verwaltungsrecht des jeweiligen Staates zur Anwendung, also z.B. wenn von einem Webshop-Betreiber Waren in einen anderen Staat versendet werden (z.B. Verpackungs- und Abfallvorschriften).


Unterschiedliche Regelungen innerhalb Österreichs

Bei den verwaltungsrechtlichen Vorschriften besteht zusätzlich die Besonderheit, dass Verwaltungsvorschriften in Österreich (und auch in anderen EU-Staaten) nicht in jedem Fall bundesweit gelten, weil es z.B. eine Reihe von Materien gibt, welche durch die einzelnen Bundesländer geregelt werden können. Der Inhalt der verschiedenen Regelungen der Bundesländer kann dabei durchaus divergieren – dies muss aber nicht der Fall sein. Das Herkunftslandprinzip gilt jedoch nur zwischen den Mitgliedstaaten der EU und nicht innerhalb Österreichs. Daher müssen Dienste im Internet allen Regelungen der einzelnen Bundesländer entsprechen. Dies betrifft durchaus auch Rechtsbereiche, die für Gewerbetreibende, die sich im Internet betätigen, relevant sind wie z.B. der Jugendschutz (z.B. beim Vertrieb pornografischer Inhalte und Glückspiel).

Glücksspiel

Grundsätzlich unterliegen Glücksspiele, also solche Spiele, bei denen Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen, dem Bund (so genanntes Glücksspielmonopol). Dazu zählen nach österreichischem Recht z.B. Roulette, Beobachtungsroulette, Poker, Black Jack, Two Aces, Bingo, Keno und Baccarat. Ausnahmen bestehen nur in einem geringen Umfang, z.B. bei Warenausspielungen mittels eines Glücksspielapparates, wenn der zu leistende Einsatz 1 € nicht übersteigt und es sich um Spiele von Schaustellergeschäften handelt (z.B. Fadenziehen, Glücksrad, Fische- oder Entenangeln). 

Strafrecht

Grundsätzlich gilt das Herkunftslandprinzip (innerhalb der EU) auch im Bereich des Strafrechts, soweit es die Aufnahme und die Ausübung von "Diensten der Informationsgesellschaft" betrifft. Zum Schutz bestimmter Güter wie z.B. der Schutz der Würde einzelner Menschen und der öffentlichen Ordnung darf jedoch vom Herkunftslandprinzip abgewichen werden. Das gilt auch im Bereich der Verhütung, Ermittlung, Aufklärung und Verfolgung von Straftaten. [OGH 7 Ob 189/11m] Es ist daher im Einzelfall zu bestimmen, ob bei strafrechtlichen Sachverhalten das Herkunftsland zur Anwendung kommt.

Lauterkeitsrecht (unlauterer Wettbewerb)

Ort des Verfahrens

Das Lauterkeitsrecht wird in der Regel durch Prozesse vor Zivilgerichten vollzogen. Die Frage nach der Gerichtszuständigkeit ist sehr wichtig, da es wesentlich ist, ob eine Partei in Österreich prozessieren kann oder ob der Prozess vor einem Gericht eines anderen Staats geführt wird (zu denken ist an Sprachprobleme, fremdes Verfahrensrecht, Reisekosten und erhöhter Zeitaufwand).

Für Fälle innerhalb der EU gilt der Grundsatz, dass immer in jenem Staat zu klagen ist, in dem der Beklagte seine Niederlassung hat.

Alternativ dazu können Unternehmen aber auch in anderen Mitgliedsstaaten geklagt werden. Bei einem Verstoß gegen das Lauterkeitsrecht kann nämlich derjenige, der unlauter handelt,

  • sowohl an dem Ort, an dem er die Handlung gesetzt hat

  • als auch an jenem, an dem sich die Handlung auswirkt

geklagt werden.

In solchen Fällen kann in jedem Mitgliedstaat geklagt werden, in dem die Website abrufbar ist. Falls auf Schadenersatz geklagt wird, kann aber nur der Schaden, der in dem jeweiligen Mitgliedstaat entstanden ist, erfolgreich geklagt werden.

Anwendbares Recht

Demgegenüber von etwas geringerer Bedeutung ist die Frage, welches Recht in der Sache selbst anzuwenden ist. Im internationalen Lauterkeitsrecht gilt grundsätzlich das Marktortsprinzip, so auch in Österreich. Danach können die Rechte all jener Staaten angewendet werden, in denen sich die Handlung auswirkt.

Innerhalb der EU wurde im Internet das Binnenmarktprinzip eingeführt, das in Österreich als Herkunftsland umgesetzt wurde. Das gilt auch im Lauterkeitsrecht, es sind aber jene Ausnahmen zu beachten, welche im Kapitel „Herkunftslandprinzip“ angeführt wurden. Das gilt z.B. für die Ausnahme von Rechtsvorschriften über Waren. Das betrifft zwar eine verwaltungsrechtliche Norm, aber im Fall einer Verwaltungsübertretung kann diese als Verstoß gegen das Lauterkeitsrecht idR gerichtlich verfolgt werden (und auch z.B. in Deutschland). 


Achtung:
Im Ergebnis bedeutet das, dass das Verwaltungsrecht des jeweiligen Staates auch als Verstoß gegen das Lauterkeitsrecht im jeweiligen Staat gerichtlich (idR durch Unterlassungsklage) verfolgt werden kann.


Wesentliche Teile des Lauterkeitsrechts wurden innerhalb der EU harmonisiert. So ist vergleichende Werbung unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, wogegen irreführende Werbung stets verboten ist.

Eine Geschäftspraxis ist unlauter, wenn

  • sie den Erfordernissen der beruflichen Sorgfaltspflicht widerspricht und

  • sie in Bezug auf das jeweilige Produkt das wirtschaftliche Verhalten des Durchschnittsverbrauchers, den sie erreicht, wesentlich beeinflusst oder dazu geeignet ist, es wesentlich zu beeinflussen.

Dementsprechend unzulässig sind

Bei Letzteren sind nicht nur aktive irreführenden Handlungen (z.B. Verwendung von Gütezeichen, Qualitätskennzeichen oder Ähnlichem ohne die erforderliche Genehmigung), sondern auch irreführenden Unterlassungen (z.B. unvollständiges Impressum auf der Website) unzulässig.

Stand: 04.07.2024

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