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Sparte Handel

Vorschläge zum klimabewussten Onlinehandeln

Leitfaden und Checkliste wie Sie Klimaschutz und Kosteneffizienz mit in den Versandhandel bringen

Lesedauer: 8 Minuten

23.09.2024

Der Onlinehandel wächst rasant und ist aus unserem Alltag kaum noch wegzudenken. Auch findet man ihn über alle Branchen verteilt:
Vom Lebensmittelhandel über Textilhandel bis hin zu spezifischen Waren von Fachgeschäften lässt sich mittlerweile alles auch online finden, vergleichen und teilweise direkt beim Hersteller bestellen. Oft wird es auch noch innerhalb kürzester Zeit gemütlich nach Hause geliefert, unpassendes oder "Fehlkäufe" werden ebenso einfach retourniert.

Warum sollten Sie diesen Leitfaden lesen?

Unabhängig davon, ob Sie sich bereits länger dem Onlinehandel widmen, oder sich gerade startbereit machen - um nachhaltig und zukunftsorientiert erfolgreich zu sein, gilt: Klimaschutz gehört mit in den (digitalen) Warenkorb!

Denn die Systeme sind noch "relativ" jung und entsprechend die Optimierungspotenziale groß - die zahlreichen Transportwege oder das immense Verpackungsaufkommen, wie auch sämtliche Kritikpunkte die im Zusammenhang mit einschlägigen (vor allem chinesischen) Onlineplattformen immer regelmäßiger fallen wobei Arbeitsbedingungen entlang der Lieferkette und Auswirkungen von "fast fashion" auf Umwelt und Menschen stellen hierbei nur einige Aspekte der Diskussionen dar.

Wie sollten Sie diesen Leitfaden lesen?

Es werden alle Aspekte entlang des Onlinehandel-Prozesses kurz beleuchtet: vom Hosting über die Webseiten-Gestaltung, über die Waren selbst bis hin zu Versand und Retouren. Lesen Sie sich diesen Pfad einmal entlang, oder nehmen Sie sich den jeweiligen Themenpunkt für eine genauere Betrachtung heraus, an dem Sie in Ihrer derzeitigen Situation ansetzen möchten. Zwar greift der eine Punkt durchaus in den anderen, aber grundsätzlich können diese unabhängig voneinander zu jedem Zeitpunkt bearbeitet bzw. optimiert werden. 

Jeder Leitfaden wird von einer Checkliste begleitet, mit der Sie Ihren Status überprüfen können. Damit sehen Sie auf einen Blick, welche Maßnahmen Sie bereits umgesetzt haben und an welchen Stellen Sie noch nachjustieren können.


Inhaltsverzeichnis

Die Umgebung: Grünes Webhosting

Die Plattform: Nachhaltige Software

Die Produkte: Förderung klimakluger Kaufentscheidungen

Die Verpackung: Nachhaltige Verpackungslösungen

Der Versand: Klimafreundliche Optionen

Die Rücknahme: Bloß kein Hin und Her

Zusatz: Das eigene Unternehmen nachhaltiger gestalten

Die Umgebung: Grünes Webhosting

Webhosting gehört zur technologischen Basis, um einen Onlineshop im Netz zu veröffentlichen. Doch wie bei allen digitalen Tools werden auch hier enorme Ressourcen verbraucht. Daher sollte man Partner in den Blick nehmen die klimafreundlich agieren, weil sie beispielsweise grünen Strom für ihre Server beziehen, die Abwärme der Rechenzentren nutzen und eigene Rechenzentren an einem Standort innerhalb der EU betreiben (dies ist zugleich auch ein Argument in puncto Datenschutz, Sicherheit und Zuverlässigkeit).

Innerhalb der EU sind Rechenzentrenbetreiber:innen verpflichtet, sich um eine nachhaltigen Betrieb zu bemühen und entsprechend auch zugehörige Informationen weiterzugeben bzw. zu veröffentlichen, Sie sollten also relativ leicht fündig werden.

Beantworten Sie sich die folgenden Fragen, um das Webhosting auf seine Nachhaltigkeit hin zu bewerten:

  • Wo: stehen der/die Server innerhalb oder außerhalb der EU?
  • Wie: verfügt das Rechenzentrum über eine einschlägige Zertifizierung (z.B. Umweltmanagementsystem nach ISO 14001 oder Energiemanagementsystem nach ISO 50001)?
  • Was: Werden Informationen zu den Nachhaltigkeitsaktivitäten des Rechenzentrums auf deren Webseite veröffentlicht?
  • Womit: nutzen die Betreiber erneuerbare Energien? Wird die Kältebereitstellung auch mit Blick auf Effizienz und Nachhaltigkeit betrieben (d.h. angepasste Netztemperaturen, Kältemittel mit geringem Global Warming Potential, FreeCooling, …)?
  • Warum: Sind Klimafreundlichkeit und Nachhaltigkeit im Rechenzentrum selbstverständlich und man bemüht sich um das "mehr als notwendig", oder werden gerade so die Verpflichtungen erfüllt?
    Wie werden die Nachhaltigkeitsbemühungen kommuniziert?


Die Plattform: Nachhaltige Software

Auch wenn es seltsam anmuten mag – auch Software kann nachhaltig sein, oder auch nicht, und das gleich unter mehreren Aspekten der Nachhaltigkeit.

Eine in diesem Zusammenhang gerne angeführtes Kürzel ist "ESG". Dieses steht für Environmental, Social und (Corporate) Governance bzw. Umwelt, Soziales und Unternehmensführung.

E − Environmental:
Dies steht in direktem Zusammenhang mit den Rechenzentren; denn je mehr Leistung diese zur Verfügung stellen müssen - um eben z.B. eine Webseite oder einen Onlineshop zu betreiben - desto mehr Energie (Strom für Server und Strom für Kühlung) und Ressourcen (Wasser und/oder Kältemittel für Kühlung) müssen diese auch einsetzten.

Je "unaufgeräumter" eine Webseite ist, mit nicht notwendigen Hintergrundaktivitäten, langsam ladenden Bildern und 5 Rechenschleifen, desto mehr Energie und Ressourcen werden beansprucht. Eine „schnell ladende“ Internetpage ist also nicht nur im Sinne der Suchmaschinenoptimierung, sondern auch mit Blick auf die Umwelt erstrebenswert.

S − Social:
Doch das E ist nicht der Einzige der Buchstaben von Relevanz zum Thema Online-Auftritt; auch der soziale Aspekt ist relevant und wird immer wichtiger. Gemeint ist hierbei besonders die Barrierefreiheit von Online-Seiten, die innerhalb der EU ab 2025 verpflichtend ist.

So reizvoll eine schnell selbst zusammengebastelte Webseite sein mag, sprechen Sie mit Ihren Expert:innen und fordern Sie ressourcenschonende und barrierefreie Programmierung und Gestaltung ein – soweit für Ihren Anwendungsfall eben möglich.

Die Produkte: Förderung klimakluger Kaufentscheidungen

Im Idealfall folgt bereits das eigene Sortiment konsequent eco-fairen Kriterien. Achten Sie hierbei auf einschlägige Labels und Zertifizierungen – treten Sie auch aktiv mit den Hersteller:innen in Kontakt.

Falls sich Ihr Onlineshop im Aufbau befindet, empfiehlt sich die Integration einer Such- und Filterfunktion für nachhaltige Produkte (z.B. mittels Plugin-Softwaremodulen oder open-source templates).

Grundsätzlich gilt:
Je transparenter Nachhaltigkeitsaspekte schon in den Produktbeschreibungen kommuniziert werden, desto informierter und letztlich "klimaklüger" können die Kund:innen Kaufentscheidungen treffen.

Weitere Möglichkeiten für den klimafreundlichen Onlineeinkauf:

  • Click & Collect
    Mit diesem stationären Service werden Zustellkosten beziehungsweise -ressourcen eingespart. So werden im Fall einer Anprobe, Sichtung oder einem Produkttest vor Ort auch mögliche Retouren vermieden - hohes Kund:innenenbindungspotenzial inklusive!
  • Das Häkchen für die Sendungszusammenführung und die damit signalisierte Bereitschaft, zugunsten einer Gesamtauslieferung länger zu warten.
    Eine Reduktion von Einzelfahrten und das Zusammenlegen von Fahrten kann wesentlich zur Einsparung von bis zu 56 % der Treibhausgas-Emissionen beitragen, lt. einer Studie des Umweltbundesamtes zu „Klimaeffekte und ökonomische Auswirkungen - Stationärer und Online-Handel“ aus 2023.
  • Wie wäre es zudem, wenn Sie Ihre Kund:innen für nachhaltiges Kaufverhalten belohnen?
    Zum Beispiel spielerisch mit einem auf dem Bildschirm wachsenden Wald - oder mit einem Bonusprogramm, kleinen Präsenten, Aktionseinladungen oder Gutscheinen für den nächsten Einkauf.

Die Verpackung: Nachhaltige Verpackungslösungen

Nicht nur die Summe aller Pakete kein schnell ein Problem und zur Belastung für die Umwelt werden, auch die häufige Überdimensionierung – neben der Ware wird dann jede Menge Luft oder unnötiges Füllmaterial mitgeliefert. Diese führt nicht nur zu wenig transportierter Ware pro z.B. mit LKW gefahrenem Kilometer, sondern auch zu einem Anstieg der verursachten Abfallmenge.

Laut "Bestandsaufnahme der Abfallwirtschaft in Österreich - Statusbericht 2024 für das Referenzjahr 2022" des BMK wurden 2022 österreichweit "rund 1,5 Mio. t Verpackungen in Verkehr gesetzt" bzw. fielen als Abfall an. Das entspricht dem Gewicht von etwa 150 Eiffeltürmen.

Von diesen 1,5 Mio. Tonnen fielen 603.911 t (das entspricht 40,3 %) an Papier, Pappe und Kartonagen an − Kunststoff schlug mit 307.056 t (etwa 20,5 %) zu Buche – die beiden Kategorien, die unabhängig der bestellten Waren und Branchen immer omnipräsent sind.

Möglichkeiten zur Reduktion der Umweltauswirkungen durch Verpackungen:

  • Unbeschädigte gebrauchte Kartons der Lieferant:innen (wieder-)einsetzen
  • Optimal passende Verpackungsgrößen wählen und so viel Verpackungsmaterial wie möglich vermeiden
  • Retourenfreundliche Verpackungen nutzen (d.h. solche, die leicht zu öffnen und problemlos wieder zu verschließen sind - beides ist zugleich ein wichtiger Convenience-Aspekt)
  • Möglichst umweltfreundliches Verpackungsmaterial zum Einsatz bringen, z. B. zertifiziert und mit hohem Recyclinganteil
  • Wenn es die Ware zulässt: Versandtaschen gegenüber Kartons und Boxen bevorzugen, da diese sich enger "stapeln" lassen und für eine höhere Auslastung bei den Lieferfahrzeugen sorgen
  • Altpapier statt Plastik oder Styropor als Füllmaterial verwenden
  • Wenn bereits möglich: Mehrwegsysteme
  • Auf integrierte Klebekanten oder innovative Verschlusslösungen achten, sodass auf zusätzliches Klebeband verzichtet werden kann
  • Falls die Verpackungen einen Markenaufdruck haben sollen:
    auf nachhaltigen Druck Wert legen, beispielsweise wasserbasierte Tinte
  • Rechnungen, Begleitpapiere und Retourenetiketten digital versenden

Der Versand: Klimafreundliche Optionen

Die Wahl des Versanddienstleisters sollte auf möglichst nachhaltig ausgerichtete, zuverlässig agierende Unternehmen fallen und die soziale Komponente mitberücksichtigen. Hetzen die Zusteller zur Haustür oder erwecken sie den Eindruck akzeptabler Arbeitsbedingungen? Auch das sind Botschaften, die mit dem Paket bei der Kundschaft ankommen.

Achten Sie darauf, ob die Anbieter klimaneutral arbeiten, das heißt, ob sie ihre Prozesse durch eine intelligentere Zustellplanung optimieren (bessere Fahrzeugauslastung, effizientere Gestaltung von Lieferrouten), ob sie bei längeren Strecken beispielsweise auf Zugtransporte und für die letzte und sehr entscheidende Meile auf E-Mobilität mit grünem Strom und auf Transporträder setzen.

Auch die Möglichkeit von wiederverwendbaren Verpackungen wird mehr und mehr zu einer Option.

Die Rücknahme: Bloß kein Hin und Her

Laut der Studie des Umweltbundesamtes "Klimaeffekte und ökonomische Auswirkungen - Stationärer und Online-Handel" aus 2023 verursachen Retourfahrten im stationären Handel eine Steigerung von über 50 % und im Online Handel sogar eine Verdopplung der einer Produktbestellung anhaftenden Treibhausgas-Emissionen.

Es gibt bereits verschiedene Lösungen, um Retournierungen zu vermeiden – hier ein paar der Optionen:

  • Präzise Produktbeschreibungen – inklusive Nachhaltigkeitsaspekten, aussagekräftigen Maßangaben, Informationen zu Passform (Hinweis, ob ein Bekleidungsstück oder Schuh z. B. kleiner oder größer ausfällt als üblich), Pflege und Material
  • Hochwertige Produktfotos mit realistischer Farb- und Materialdarstellung, vielleicht sogar Videos und 360°-Ansichten
  • Integration von Kundenbewertungen
  • Beratung (ob per Telefon, Social Media, Chat oder einen Online-Größenberater)
  • Plausibilitätsprüfung der Bestellung, bei "unlogischem" Warenkorb freundliche Rückfrage
  • Analyse von Rücksendegründen und Ableitung von Optimierungen
  • Virtuelle Anprobe, z. B. mittels Fotoprojektionen, Avataren und ähnlichen Lösungen
  • Sichere Versandverpackungen, die garantieren, dass die Ware unbeschädigt bei den Kundinnen und Kunden ankommt
  • Schnelle Lieferzeiten

Zusatz: Das eigene Unternehmen nachhaltiger gestalten

Zum Beispiel mittels eneuerbarer Energie, Mitarbeiter:innen-Schulung etc. Werfen Sie hierzu auch einen Blick in unseren 5-Stufen-Leitfaden zu einem klimaneutralen Unternehmen.

↓ Download Checkliste: "Nachhaltiger, klimabewusster Onlinehandel"



Der vorliegende Leitfaden wurde mit freundlicher Genehmigung von der HDE Klimaschutzoffensive des Handels übernommen. Aktualisierungen und Anpassungen auf österreichische Rahmenbedingungen wurden von Expert:innen der AEA (Austrian Energy Agency) durchgeführt.