
Kanadas entschlossene Antwort auf die US-Zölle
Der Handelskonflikt spitzt sich zu – Kanadas Wirtschaft sucht nach Alternativen und setzt Gegenmaßnahmen
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KanadaDie Handelsbeziehungen zwischen Kanada und den USA stehen erneut unter enormem Druck. Nachdem US-Präsident Donald Trump am 4. Februar 2025 umfassende Zölle auf Waren aus Kanada, Mexiko und China verhängt hatte, traten die Abgaben nach einer kurzfristigen Aussetzung am 4. März tatsächlich in Kraft. Die einzige Ausnahme sind Importe von Auto und Autoteilen, die bis zum 4. April zollbefreit sind. Aufgrund dieser einseitigen Zolleinführung sah Kanada sich gezwungen, mit einer harten Gegenreaktion zu antworten. Premierminister Justin Trudeau machte deutlich, dass die kanadischen Retorsionszölle in Höhe von 25 Prozent auf US-Importe im Wert von insgesamt bis zu 155 Milliarden CAD aufrecht bleiben, bis die US-Zölle vollständig zurückgenommen werden.
Damit eskaliert der Handelskonflikt zwischen den beiden eng verflochtenen Volkswirtschaften. Bereits in der ersten Phase erhebt Kanada Zölle auf Waren im Wert von 30 Milliarden CAD. Dazu gehören unter anderem landwirtschaftliche Produkte wie Orangensaft, Erdnussbutter und Kaffee, alkoholische Getränke wie Whiskey und Wein, aber auch Konsumgüter wie Haushaltsgeräte, Bekleidung und Kosmetik. Sollte die US-Regierung die bestehende Zollpolitik beibehalten oder gar ausweiten, plant Kanada eine zweite Welle von Maßnahmen, die zusätzliche US-Waren im Wert von 125 Milliarden CAD treffen würde. Diese könnten dann auch strategisch wichtige Industriegüter wie Stahl und Aluminium, aber auch Elektrofahrzeuge betreffen.
Exporte könnten um 8,5 % einbrechen
Die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Eskalation könnten gravierend sein. Laut der Bank of Canada wird erwartet, dass Kanadas Exporte infolge der US-Zölle um 8,5 Prozent einbrechen. Gleichzeitig könnten die Investitionen der Unternehmen um bis zu 12 Prozent zurückgehen, was die niedrige Produktivitätsrate weiter verschärfen würde. Der private Konsum dürfte bis 2027 um mindestens zwei Prozent sinken. Die kanadische Stahl- und Aluminiumbranche kämpft bereits mit der Aussicht auf einen zusätzlichen 25-Prozent-Zoll auf den Export in die USA. Die Energiewirtschaft leidet derweilen unter der 10-prozentigen US-Abgabe auf kanadische Rohstoffe.
Besonders alarmierend sind die Prognosen zum Arbeitsmarkt. Die kanadische Niederlassung der United Steelworkers Union rechnet mit einem sofortigen Verlust von mindestens 30.000 Arbeitsplätzen in der verarbeitenden Industrie, während Wirtschaftsexperten von CIBC eine weit höhere Zahl nennen: Bis zu 350.000 Jobs könnten verloren gehen, falls der Handelsstreit weiter eskaliert und lange andauert. In der Automobilindustrie drohen massive Produktionsausfälle. General Motors hat bereits angekündigt, dass es zu Werksschließungen in Oshawa kommen könnte, da die US-Zölle die nordamerikanischen Lieferketten unterbrechen. Die Provinzen haben bereits begonnen, eigene Maßnahmen gegen die USA zu ergreifen. Ontario hat amerikanische Spirituosen aus seinen staatlich regulierten Alkoholgeschäften verbannt. Ontarios Premier Doug Ford verkündete zusätzlich, dass die Provinz ein 100-Millionen-CAD-Projekt mit Elon Musks Unternehmen Starlink storniert. Quebec droht indes damit, die Stromlieferungen in den Nordosten der USA zu drosseln.
Alternative, Gegenmaßnahmen und wirtschaftspolitische Unterstützung
Die kanadische Bundesregierung setzt neben den Retorsionszöllen auch auf wirtschaftspolitische Unterstützung für betroffene Unternehmen. Die Regierung hat ein Zoll-Rückerstattungsverfahren ins Leben gerufen, das Firmen hilft, wenn sie nachweisen können, dass sie auf US-Produkte angewiesen sind und keine Alternativen finden. Besonders stark betroffene Sektoren können außerdem von erweiterten Arbeitslosenleistungen und direkten Unternehmenshilfen profitieren. Unternehmen, die eine Zollbefreiung beantragen wollen, finden die notwendigen Informationen hier: Remissionsverfahren für kanadische Unternehmen.
Viele Experten rufen nun dazu auf, neue Exportmärkte zu erschließen und Handelsstrategien zu diversifizieren. Gleichzeitig fordern mehrere Premierminister den Abbau interprovinzieller Handelsbarrieren, um den Binnenmarkt zu stärken und kanadischen Unternehmen bessere Absatzmöglichkeiten innerhalb des Landes zu bieten. Durch die Harmonisierung von Vorschriften und Standards könnte der innerkanadische Handel gefördert werden, um wirtschaftliche Einbußen durch die US-Zölle teilweise auszugleichen.
Die Entwicklungen der kommenden Wochen werden entscheidend sein. Unternehmen sollten die Situation genau beobachten, potenzielle Auswirkungen auf ihre Lieferketten analysieren und sich auf mögliche weitere Eskalationen vorbereiten. Weitere Informationen zur Liste der betroffenen US-Produkte finden Sie hier: Kanadische Liste der verzollten US-Produkte.
Interesse am kanadischen Markt? Dann kontaktieren Sie das AußenwirtschaftsCenter Toronto.