
Kanadas Wirtschaft im Spannungsfeld neuer US-Zölle
Trotz Ausnahmen bleibt Kanada vom Handelskonflikt betroffen: Autozölle, Produktionsstopps und Gegenmaßnahmen
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KanadaInhaltsverzeichnis
- US-Fahrzeugzölle in Kraft – Auswirkungen auf Kanada und Reaktionen der Wirtschaft
- Zölle auf Fahrzeuge: Kanada teils ausgenommen, aber dennoch belastet
- Stellantis stoppt Produktion – Tausende Arbeitsplätze betroffen
- Kanadas Reaktion: Gegenmaßnahmen auf US-Fahrzeuge
- Politische Dimension: Handelskonflikt beeinflusst Wahlkampf
US-Fahrzeugzölle in Kraft – Auswirkungen auf Kanada und Reaktionen der Wirtschaft
Am 2. April 2025 stellte US-Präsident Donald Trump ein neues Zollpaket vor, das die internationalen Handelsbeziehungen weiter unter Druck setzt. Einer der Kernpunkte für Kanada ist dabei ein 25-prozentiger Zolltarif auf alle außerhalb der USA produzierten Fahrzeuge, der unmittelbar in Kraft trat. Zudem veröffentlichte das Weiße Haus eine Liste mit 60 Ländern, auf deren Waren künftig höhere Zölle erhoben werden. Kanada wurde hierbei nicht aufgeführt. Dennoch bringt die Ankündigung für Kanadas Wirtschaft kaum Erleichterung. Bereits bestehende Sonderzölle auf kanadischen Stahl, Aluminium sowie auf Energie- und Rohstoffexporte bleiben bestehen. Trump begründet die Maßnahmen weiterhin mit Sicherheitsrisiken durch Drogen- und Migrationsströme aus Kanada und Mexiko. Die US-Behörden signalisierten indes, dass einige Zölle gesenkt werden könnten, sofern der „Notstand“ an der Nordgrenze aufgehoben werde.
Zölle auf Fahrzeuge: Kanada teils ausgenommen, aber dennoch belastet
Der neue Automotivzoll gilt für alle importierten Fahrzeuge, auch aus Kanada, sofern deren Bestandteile nicht den Ursprungsregeln des Canada-United States-Mexico-Agreement (CUSMA) entsprechen. Bei vollständiger Konformität bleiben Exporte zollfrei. 2024 waren jedoch nur 38 % der kanadischen Lieferungen in die USA entsprechend zertifiziert, obwohl ein deutlich höherer Anteil theoretisch die Anforderungen erfüllen könnte. Nicht-konforme Exporte sind damit potenziell zollpflichtig. Die USA beabsichtigen überdies, bis spätestens 3. Mai Zölle von 25 % auf bestimmte Autoteile zu erheben.
Stellantis stoppt Produktion – Tausende Arbeitsplätze betroffen
Nur Stunden nach der Ankündigung legte der Automobilhersteller Stellantis NV seine Produktion in Windsor, Ontario, vorerst für zwei Wochen still. Rund 3.200 Mitarbeiter sind betroffen. Parallel wurden auch in mexikanischen Werken 2.600 Stellen vorübergehend gestrichen. Darüber hinaus kam es in sechs US-Fabriken zu weiteren 900 Entlassungen. Grund ist die Unsicherheit über künftige Handelsbedingungen innerhalb des stark integrierten nordamerikanischen Automobilmarkts. Im Rohstoffsektor wurde Kanada teilweise „verschont“. Die meisten kritischen Mineralien und Bergbauprodukte bleiben bei CUSMA-Konformität zollfrei. Auch auf nicht-konforme Energieexporte, Kaliumsalze und bestimmte Rohstoffe gilt ein reduzierter Zollsatz von 10 %. Laut US-Angaben könnten außerdem bald weitere Branchen wie Pharma, Halbleiter oder auch die Forstwirtschaft betroffen sein. Insgesamt hat die kanadische Wirtschaft im März 33.000 Arbeitsplätze eingebüßt, was den stärksten Rückgang seit Januar 2022 darstellt.
Kanadas Reaktion: Gegenmaßnahmen auf US-Fahrzeuge
Premierminister Mark Carney kündigte gezielte Gegenmaßnahmen an. Kanada erhebt ebenso künftig 25 % Zoll auf US-Fahrzeuge, die nicht USMCA-konform sind. Ersatzteile bleiben zunächst außen vor, um die Lieferketten nicht zusätzlich zu belasten. Die Zolleinnahmen sollen betroffenen Unternehmen und Beschäftigten in der kanadischen Automobilbranche zugutekommen. Parallel kündigte Carney an, ein Unterstützungsprogramm für Firmen aufzulegen, die trotz US-Zöllen in Kanada investieren und produzieren. Bereits zuvor hatte Kanada Retorsionszölle auf US-Waren im Gesamtwert von rund 60 Mrd. CAD eingeführt – darunter Lebensmittel, Haushaltswaren und Baumaterialien.
Zur vollständige Liste betroffener US-WarenPolitische Dimension: Handelskonflikt beeinflusst Wahlkampf
Die Entwicklungen wirken sich auch innenpolitisch aus. Premierminister Carney pausierte seine Kampagne erneut, um mit Kabinettsmitgliedern sowie Provinz- und Territorialregierungen Maßnahmen abzustimmen. Ontario prüft bereits Einschränkungen bei US-Produkten im öffentlichen Einkauf. Die Opposition fordert härtere Schritte gegenüber den USA sowie eine rasche Diversifizierung der Exportmärkte: etwa Richtung Europa und Asien. Gleichzeitig fordern mehrere Premierminister den Abbau interprovinzieller Handelsbarrieren, um den Binnenmarkt zu stärken und kanadischen Unternehmen bessere Absatzmöglichkeiten innerhalb des Landes zu bieten. Durch die Harmonisierung von Vorschriften und Standards könnte der innerkanadische Handel gefördert werden, um wirtschaftliche Einbußen durch die US-Zölle teilweise auszugleichen.
Die Regierung hat ein Zoll-Rückerstattungsverfahren ins Leben gerufen, das Firmen hilft, wenn sie nachweisen können, dass sie auf US-Produkte angewiesen sind und keine Alternativen finden. Besonders stark betroffene Sektoren können außerdem von erweiterten Arbeitslosenleistungen und direkten Unternehmenshilfen profitieren. Unternehmen, die eine Zollbefreiung beantragen wollen, finden die notwendigen Informationen hier: Remissionsverfahren für kanadische Unternehmen.
Interesse am kanadischen Markt? Dann kontaktieren Sie bitte das AußenwirtschaftsCenter Toronto.
Stand: 07.04.2024