Polen: Kontinuierlicher Aufstieg durch Wachstum und Stabilität.
Global Situation Report 18.6.2024
Lesedauer: 2 Minuten
Einschätzung des WKÖ-Wirtschaftsdelegierten
Status quo Wirtschaftslage und konjunktureller Ausblick für 2024
Die polnische Wirtschaft wuchs im 1. Quartal laut EIU mit 1,6 % weniger als erwartet. Grund dafür ist der schwächelnde Privatkonsum. Dennoch wird für 2024 ein robustes Wachstum von ca. 3 % prognostiziert. Die Inflation sank im Jahresvergleich im Mai 2024 auf 2,5 %. Das EU-Verfahren gegen Polen ist beendet, damit werden alle EU-Mittel freigegeben. Insgesamt stehen über 130 Mrd. Euro an direkten Förderungen und Krediten zur Verfügung, die Polen vor allem in Infrastrukturprojekte, den Energiesektor, Industriemodernisierung, Digitalisierung und Klimaschutz investieren wird. Polen hat sich zu einem Logistikhub für die zivile und militärische Unterstützung der Ukraine entwickelt und wird auch bei einem Wiederaufbau der Ukraine eine entscheidende Rolle spielen. Die neue Regierung verfolgt eine klare Pro-EU-Politik. Die geopolitische Lage ist weiterhin angespannt, Polen fühlt sich jedoch mit starken Streitkräften, in die laufend investiert wird, im NATO-Verbund jeder Herausforderung gewachsen.
Fazit: Stabiles Wirtschaftswachstum, proeuropäische Politik, sinkende Inflation und umfangreiche Investitionspläne dank freigegebener EU-Fördermittel bestimmen die derzeitige Lage.
Einschätzungen zur Exportentwicklung 2024
Polens Exportwirtschaft entwickelt sich stabil, haben sich doch in den Jahren seit der EU-Mitgliedschaft zahlreiche westeuropäische und internationale Firmen mit eigenen Produktionsstätten in Polen niedergelassen. Dafür waren neben den günstigen Produktionsbedingungen, steuerlichen Anreizen und Förderungen auch die stets besser werdende Infrastruktur ausschlaggebend. Die Produkte der Automobilindustrie, Haushaltsgeräte, Möbel, Lebensmittel etc. werden vor allem in die EU exportiert. Insgesamt wurden 2023 Waren im Wert von 350 Mrd. Euro exportiert; Importe betrugen 340 Mrd. Euro.
Österreichische Firmen haben insgesamt 8,6 Mrd. Euro in Polen investiert (vor allem in Produktions-niederlassungen). Diese sind durch gestiegene Rohstoff- und Energiepreise gefordert. Problematisch sind auch der Arbeitskräftemangel und stark steigende Lohnkosten. Der Zuzug von ukrainischen Kriegsflüchtlingen ist vorbei. Die Ukrainer:innen sind am Arbeitsmarkt zwar gut integriert, hunderttausende zogen 2023 jedoch weiter nach Westeuropa. Dennoch ist Polen als Standort und auch Absatzmarkt äußerst attraktiv.
Fazit: Polen wird mit einer starken Industrie zu einer führenden Wirtschaft in Europa.
Konkrete Geschäftschancen und Situation für heimische Unternehmen
Nach einem leichten Rückgang der österreichischen Exporte nach Polen im Jahr 2023 auf 7,34 Mrd. Euro (-0,2 %), haben diese in den ersten zwei Monaten des Jahres 2024 mit einem Wachstum von 11,7 % stark zugenommen. Maschinen und Anlagen sowie chemische Erzeugnisse (Arzneimittel) machen mit über 50 % den Löwenanteil aus. Der Bausektor, insbesondere der Büroimmobiliensektor, schwächelt derzeit aufgrund der hohen Zinsen und wenigen Neubauten. Investitionen in Energieprojekte und grüne Gebäudewärme sowie Straßen- und Schieneninfrastruktur bieten jedoch große Chancen für Österreichs Exporteure. Die zunehmende Verlagerung von Zulieferungen, aber auch kompletter Fertigungen aus Westeuropa lässt im Maschinen- und Anlagenbau auf gute Geschäftschancen hoffen. Letztendlich bringt der steigende Wohlstand in Polen auch große Chancen für den Tourismus. Polen war 2023 mit knapp 2,5 Mio. Nächtigungen bei 758.000 Ankünften der achtwichtigste Herkunftsmarkt für Österreichs Tourismuswirtschaft.
Fazit: Polen investiert in Infrastruktur und macht seinen Energiesektor klimafit. Österreichische Technologie ist dabei gefragt.