Italien: Die Wirtschaft wächst nur moderat – die Stimmung im Land ist trotzdem gut.
Global Situation Report 18.6.2024
Lesedauer: 2 Minuten
Einschätzung des WKÖ-Wirtschaftsdelegierten
Status quo Wirtschaftslage und konjunktureller Ausblick für 2024
Italiens Wirtschaft zeigt sich relativ resilient. Im Jahr 2024 soll das BIP laut EIU um 0,5 % wachsen. Der Export ist stärkster Wachstumstreiber, die reale Inlandsnachfrage legt dagegen wegen der Teuerung nur moderat zu. EU-geförderte Großprojekte stabilisieren die Auftragslage, Konjunkturmotoren sind der Waren- und Dienstleistungsexport (+2,5 %). Der Konsum bleibt bescheiden, und die Investitionen stagnieren, belastet durch hohe Energiepreise und Zinsen. Die Inflation befindet sich im Sinken und soll sich 2024 laut EIU bei 2 % (2023: 5,9 %) einpendeln. Die Leistungsbilanz soll 2024 einen Überschuss von 0,9% des BIP ausweisen.
Italiens Privatwirtschaft ist international wettbewerbsfähig und profitiert von Innovationsstärke und vorteilhaften Lohnkosten. Die Bruttostundenlöhne im verarbeitenden Gewerbe liegen unter dem EU-Schnitt. Das Nord-Süd-Gefälle in der Wirtschaftskraft zeigt sich in der Beschäftigungsquote von 70 % im Norden, im Süden teilweise unter 50 %. Allerdings fließen in Süditalien Investitionen in interessante Projekte, auch dank der Verfügbarkeit von Fachkräften. Problematisch ist die Budgetdisziplin der öffentlichen Hand. Ein Haushaltsdefizit von 5,1 % des BIP (2024) ist EU-weit der zweitschlechteste Wert hinter der Slowakei. Die öffentliche Gesamtverschuldung wird 2024 nicht weniger als 140,6 % des BIP erreichen (zweithöchster Schuldenstand in der EU nach Griechenland).
Fazit: Die Wirtschaft wächst 2024 moderat. Die Exportwirtschaft ist dabei der Konjunkturmotor.
Einschätzungen zur Exportentwicklung 2024
Italien ist nach Deutschland die wichtigste Industrienation Europas und verfügt über einen kaufkräftigen Binnenmarkt von 59 Mio. Einwohnern, der aufgrund der geographischen Nähe österreichischen Anbietern Vorteile bringt und zugutekommt. Italien behauptete 2023 mit über 25 Mrd. Euro seinen Rang als Österreichs zweitwichtigster Handelspartner, fiel aber als heimische Exportdestination (12,36 Mrd. Euro) auf den dritten Rang hinter Deutschland und den USA zurück. Die Intensität der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen ist besonders mit den Regionen Norditaliens hoch. Heimische Firmen, die in Italien tätig sind, sind überwiegend positiv gestimmt und wollen mehr investieren; man rechnet für dieses Jahr mit einer guten Geschäftslage, wenngleich die jüngsten geopolitischen Ereignisse die Erwartungen etwas beeinträchtigen.
Fazit: Die Stimmung ist überwiegend positiv. Italien bleibt zweitwichtigster Handelspartner Österreichs.
Konkrete Geschäftschancen und Situation für heimische Unternehmen
Italiens „Piano Nazionale di Ripresa e Resilienza” (PNRR) ist mit knapp EUR 200 Mrd. der höchstdotierte EU-Wiederaufbaufonds Europas und bietet wichtige Impulse zur Ankurbelung der Wirtschaft. So profitieren auch österreichische Unternehmen, vor allem in den Bereichen grüne Wende und ökologischer Wandel, Digitalisierung und Innovation, Bildung und Forschung sowie bei Infrastruktur und nachhaltiger Mobilität. Italien - als zentrale europäische Logistikdrehscheibe für den Welthandel und mit zahlreichen Häfen an vier der zehn Korridore des transeuropäischen Netzes angebunden - bietet auch gute Zulieferchancen im Bereich Transport, Verkehr und Maritimwirtschaft. Chancen in den Bereichen Kreativwirtschaft, im Dienstleistungssektor sowie in den Branchen Automotive, Chemie und Elektronik runden das Bild einer diversifizieren Industrienation mit großem Geschäftspotenzial ab. Regional gesehen sticht das wirtschaftliche „Powerhouse“, die Region Lombardei, hervor: sie ist das industrielle Rückgrat und Innovationshub Italiens und erwirtschaftet knapp 25 % des nationalen BIP mit nur 15 % der italienischen Bevölkerung. Zugpferde sind auch Großereignisse, wie das „Heilige Jahr 2025“ in Rom und die Olympischen Winterspiele „Milano Cortina 2026“, bei denen mehr als 2 Mrd. Euro investiert werden (sollen).
Fazit: Der EU Wiederaufbau- und Resilienzplan bringt interessante Geschäftschancen mit sich.