General Agreement on Trade in Services (GATS)

Dienstleistungsverhandlungen im Rahmen der WTO

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Das „General Agreement on Trade in Services“ (GATS) von 1995 sieht vor, dass die WTO-Mitgliedstaaten die in diesem Abkommen verankerten Liberalisierungsverpflichtungen in weiteren WTO-Verhandlungsrunden möglichst ausdehnen. Die letzte, nach wie vor andauernde Verhandlungsrunde begann im Jahre 2000. Die WTO-Ministerkonferenz im November 2001 in Doha machte die Dienstleistungsverhandlungen zum Teil eines „single undertaking“ im Rahmen der Doha Development Agenda (DDA), was bedeutet, dass grundsätzlich zu allen Verhandlungsthemen, insbesondere auch zu den Kernbereichen Liberalisierung des Handels mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen (AMA) sowie mit gewerblich-industriellen Produkten (NAMA), eine gesamthafte Einigung erzielt werden muss.

Der Verhandlungsfortgang war von Anfang an zäh. Mitte 2004 wurde mit dem sog. „July Package“ ein neuer Anlauf unternommen, die Verhandlungen zu dynamisieren.

Dem Zieldatum Mai 2005 folgte die Vorlage einer Reihe revidierter Angebote, darunter jenem der EU, das von der Europäischen Kommission am 2.6.2005 nach Genf übermittelt wurde.

Im Dezember desselben Jahres bestätigte die WTO-Ministerkonferenz in Hongkong die zentralen Ziele der Dienstleistungsliberalisierung der DDA und widmete diesem Bereich Annex C der Ministererklärung, der den inhaltlichen Rahmen für die bis Ende Juni 2006 zu legenden Angebote bilden sollte.

Allerdings wurden die Verhandlungen vor Ablauf dieser Deadline suspendiert, da man im Bereich des landwirtschaftlichen und industriellen Marktzugangs nicht weiterkam.

Wie andere Verhandlungskapitel auch erfuhren die Dienstleistungsverhandlungen Anfang 2011 wieder eine gewisse Belebung.

Im April 2011 legte der Vorsitz des Council for Trade in Services einen Bericht, der das Erreichte und die verbliebenen Differenzen in den wesentlichen Verhandlungssträngen Marktzugang, „domestic regulation“, „rules“ und LDC aufzeigte.  

Im Dezember 2011 verabschiedete die 8. WTO-Ministerkonferenz in Genf einen LDC-Services-Waiver, der es den WTO-Mitgliedern erlaubt, in Durchbrechung der MFN-Verpflichtung Dienstleistungen und Dienstleistungserbringern aus LDC Vorzugsbehandlungen einzuräumen.

Seit dem Früjahr 2013 versuchen 23 WTO-Mitglieder die internationale Dienstleistungsliberalisierung durch ein multilaterales Trade in Services Agreement (TiSA) vorwärts zu treiben, as in der Zukunft allen WTO-Mitgliedern zur Teilnahme offen stehen soll.

Die 9. WTO-Ministerkonferenz in Bali im Dezember 2013 brachte eine Roadmap“ zur Operationalisierung des LDC-Services-Waivers. 

Im Rahmen der 10. WTO-Ministerkonferenz in Nairobi im Dezember 2015 wurde eine Ministerial Decision zur Umsetzung des LDC-Services-Waiver verabschiedet, die u.a. die zum gegebenen Zeitpunkt durch 21 WTO-Mitglieder notifizierten Präferenzen zugunsten von LDC anerkennt, aber auch die anderen WTO-Mitglieder auffordert, nach ihren Möglichkeiten Präferenzen zu gewähren. Diese Entscheidung erstreckt die Anwendbarkeit des Waivers außerdem bis zum 31.12.2030. Der Council for Trade in Services wird die weitere Umsetzung des Waivers durch die WTO-Mitglieder laufend überwachen.

Plurilaterale Initiative zu E-Commerce

Bei der letzten WTO-Ministerkonferenz (MC11) in Buenos Aires konnte wegen des Widerstands zahlreicher Entwicklungsländer und LDCs nur ein bescheidenes multilaterales Ergebnis bei E-Commerce erzielt werden: die Entscheidung zur Fortsetzung des bestehenden - aber bisher ergebnislos gebliebenen - Arbeitsprogramms aus dem Jahr 1998, die Verlängerung des E-Commerce Moratoriums um weitere 2 Jahre (Beschluss des Allgemeinen Rates der WTO, Tagung am 9./10.12.2019, zur abermaligen Verlängerung bis zur nächsten WTO-Ministerkonferenz (MC 12) in Nursultan im Juni 2020) und eine Gemeinsame Erklärung einiger WTO-Mitglieder - darunter der EU - über künftige Arbeiten zu E-Commerce.

Bis Ende 2018 war es in Vorgesprächen gelungen, eine Liste an potentiellen Verhandlungsthemen zu erstellen.

Am 25. Januar 2019 gaben 75 Staaten - darunter alle EU-MS sowie 47 weitere Mitglieder der WTO, einschließlich USA und China - am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos bekannt, konkrete plurilaterale Verhandlungen über Regeln im elektronischen Geschäftsverkehr beginnen zu wollen (Joint Statement on Electronic Commerce).

Der technische Verhandlungsstart erfolgte am 6. März 2019. In der Folge werden die führenden Teilnehmer der Initiative nun bis Ende April Textvorschläge erarbeiten. Das Endergebnis soll ehrgeizig sein, aber auch von möglichst vielen WTO-Mitgliedern mitgetragen werden, und zugleich die Bedenken insbesondere von Entwicklungsländern berücksichtigen.

Am 3. Mai 2019 gab die Europäische Kommission auf ihrer Website die Vorlage des EU-Verhandlungsvorschlags in der WTO bekannt.

Durch die neu zu schaffenden Regeln sollen Hindernisse für grenzüberschreitende Verkäufe reduziert, die Gültigkeit elektronischer Verträge und elektronischer Signaturen gewährleistet und die Erhebung von Zöllen auf elektronische Übertragungen dauerhaft hintangehalten werden (Pressemitteilung der Europäischen Kommission). 

Eine MFN-Architektur gilt als wahrscheinlich. Die EU präferiert ein Referenzpapier und „variable Geometrien“, wobei die WTO-Mitgliedstaaten die meisten Inhalte des Abkommens übernehmen müssten, einige besonders ambitionierte Inhalte aber freiwillig bleiben würden.

Der Rat der Europäischen Union verabschiedete am 27. Mai 2019 die Verhandlungsrichtlinien für die Europäische Kommission.

Plurilaterale Initiative zu Services Domestic Regulation

Bei der letzten WTO-Ministerkonferenz (MC11) in Buenos Aires bekundeten einige WTO-Mitglieder - darunter der EU - in einer Gemeinsamen Erklärung die Absicht, Verhandlungen über Disziplinen betreffend Domestic Regulation zu führen. Bis Ende 2018 gelang es in Vorgesprächen, genug Substanz zu erarbeiten, um in offizielle Verhandlungen eintreten zu können.

Am 23. Mai 2019 gaben 59 WTO-Mitglieder am Rande des OECD Ministertreffens in Paris bekannt, konkrete plurilaterale Verhandlungen über Domestic Regulation betreffend Dienstleistungen beginnen zu wollen (Joint Statement on Services Domestic Regulation).

Unter den 59 WTO-Mitgliedern sind neben der EU Brasilien, China, Japan, die Russische Föderation und die Türkei. Nicht dabei sind derzeit die USA.

Alle WTO-Mitlieder sind aber eingeladen, sich den Verhandlungen anzuschließen.

Als Ziel wird formuliert, bis zur nächsten WTO-Ministerkonferenz Ergebnisse zu erzielen, die in die nationalen Verpflichtungslisten integriert werden können. 

EU-25-GATS-Konsolidierung 

Ende 2018 unternahm die Europäische Kommission einen erneuten Anlauf, die Konsolidierung der EU-25-GATS-Verpflichtung abzuschließen. Aktuell existiert keine rechtsverbindliche konsolidierte GATS-Verpflichtung aller 28 EU-Mitgliedstaaten, vielmehr war der Stand bis vor Kurzem formal nach wie vor EU-12 (vor 1995) und die anderen (darunter auch Österreich).

Die 2007 ausverhandelte konsolidierte EU-25-GATS-Verpflichtung konnte aus formalen Gründen nie ratifiziert werden. Da die anderen WTO-Mitglieder nicht bereit waren, die EU-25-Konsolidierung zu überspringen, stand der Konsolidierungsprozess, d.h. auch die ausverhandelte konsolidierte EU-27-GATS-Verpflichtung konnte nicht in Rechtskraft erwachsen. Die EK vertrat die Rechtsmeinung, dass nach Lissabon ein Abschluss der Abkommen als „EU-only“ möglich sei. 

Nach der Genehmigung durch Europäisches Parlament und Rat trat die konsolidierte EU-25-GATS-Verpflichtung am 15. März 2019 in Kraft (S/L/429: Communication from the European Union, Certification of the EU-25 Consolidated Schedule of Commitments). 

Am 28. März 2019 erfolgte die Veröffentlichung der zugrundeliegenden Abkommen im Amtsblatt der Europäischen Union.

Der Referenztext für die konsolidierte EU-25-GATS-Verpflichtung ist in WTO-Dokument S/C/W/273 enthalten.

Ergänzt wird dieses Dokument durch S/C/W/273/Corr.1 (betrifft nur Finnland) und S/C/W/273/Suppl.1 (betrifft nur Intra-Corporate Transfers (ICT).

Am 16.8.2019 erfolgte auch die Veröffentlichung im ABlEU Nr. C 278 als „Dem Allgemeinen Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) als Anlage beigefügte Liste der besonderen Verpflichtungen der Europäischen Union“.

Zusätzliche Informationen zum GATS

Informationen auf der WTO-Homepage

Aktuelle Informationen zum Dienstleistungshandel

Statistiken zum Dienstleistungshandel

Stand: 19.08.2020