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Welthandelsorganisation (WTO)

Die wichtigste Institution zur Durchsetzung und laufenden Weiterentwicklung des freien Handels - eine Kurzdarstellung

Lesedauer: 5 Minuten

Die World Trade Organisation (WTO, 164 Mitlgieder, Sitz in Genf) trat 1995 die Nachfolge des bis dahin geltenden Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (General Agreement on Tariffs and Trade, GATT) an und regelt seitdem die Rahmenbedingungen des internationalen Handels mit Waren (weiterhin GATT 1947), Dienstleistungen (General Agreement on Trade in Services, GATS) sowie mit handelsrelevanten geistigen Eigentumsrechten (Trade Related Intellectual Property Rights, TRIPS). Neben diesen Abkommen, die für alle WTO-Mitgliedstaaten gelten, gibt es plurilaterale Abkommen, die nur für jene Mitgliedstaaten verbindlich sind, die sie unterzeichnet haben. Dazu zählen beispielsweise das Abkommen über das öffentliche Beschaffungswesen (Government Procurement Agreement, GPA) oder das 1996 geschlossene und im Rahmen der 10. WTO Ministerkonferenz in Nairobi 2015 erweiterte Informationstechnologieabkommen (Information Technology Agreement, ITA). 

Hauptziel der WTO ist die Verwirklichung des freien Handels. Um dieses Ziel bestmöglich zu erreichen, sollen alle bestehenden Handelsbarrieren weitestgehend reduziert bis abgebaut und potentielle Hemmnisse für den Handel bereits im Vorfeld verhindert werden. Die Öffnung der Märkte zwischen den WTO-Mitgliedern hat in einer Form zu geschehen, die weder zwischen den ausländischen Handels- bzw. Marktpartnern noch zwischen dem In- und Ausland diskriminiert. 

Kernaufgaben der WTO sind neben der Durchführung der wirksamen Überwachung des WTO-Vertragswerkes die Weiterentwicklung der Regeln für den Welthandel, in dem die WTO ein Forum für multilaterale Handelsgespräche bietet. Darüber hinaus obliegt ihr die Rechtskontrolle für die Umsetzung der WTO-Verpflichtungen durch ein geregeltes Streitbeilegungsverfahren.

Was die Bilanz der WTO in ihrer Rolle als Forum für multilaterale Handelsgespräche betrifft, gibt es durchaus Erfolge seit Gründung der WTO zu verbuchen. Der große Durchbruch der vor mehr als einem Jahrzehnt in Doha/Katar eingeleiteten 9. Welthandelsrunde (Doha Runde) im November 2001 ist allerdings bis heute ausgeblieben. Das Doha-Arbeitsprogramm umfasst 20 Themen und behandelt neben dem verbesserten Marktzugang für Industrie- und Landwirtschaftsprodukte, dem Abbau von Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen, Dienstleistungen und neuen Handelsregeln vor allem das Entwicklungsthema. Unterschiedliche Interessen zwischen den Schwellenländern und den Industrieländern vor allem bei Fragen des Marktzugangs und im Landwirtschaftssektor gestalteten weitere Liberalisierungsverhandlungen bis heute als äußerst schwierig.

Erst Jahre später, im Rahmen der 9. WTO-Ministerkonferenz (MC9) im Jahr 2013, wurde durch das Abkommen über Handelserleichterungen (Trade Facilitation Agreement) mit dem Ziel der Vereinfachung der weltweiten Zollverfahren ein multilateraler Verhandlungserfolg erzielt. Ein plurilateraler Erfolg wurde im Rahmen der 10. WTO-Ministerkonferenz (MC10) im Jahr 2015 durch den Abschluss des Abkommens über die Liberalisierung einer erweiterten Liste von 201 Informationstechnologieprodukten (expansion of the Information Technology Agreement) erreicht. Die Produktliste deckt ca. 10% aller weltweit gehandelten Güter und beinahe 90% Prozent des weltweiten Handels mit IT-Gütern ab. 

Die 11. WTO-Ministerkonferenz (MC11) in Buenos Aires im Jahr 2017 - im Vorfeld geprägt von dominanten politischen Ereignissen wie dem Brexit und der neu ausgerichteten US-Handelspolitik unter US-Präsident Trump und Angriffen auf die Funktionsfähigkeit der WTO - endete ohne multilaterale Einigung zu den Schlüsselthemen der Konferenz, nämlich eine dauerhafte Lösung zur öffentlichen Lagerhaltung von Nahrungsmitteln aus Gründen der Ernährungssicherheit und dem Abbau von bestimmten Fischereibeihilfen. Vor allem ging sie aber ohne gemeinsame, multilaterale Abschlusserklärung zu Ende. 

Allein für die Wirtschaft nennenswerte Ergebnisse sind die Ministererklärungen zur Fortführung der Arbeiten zum digitalen Handel, die Beibehaltung des eCommerce-Moratoriums und die Fortführung bisheriger Arbeiten zur besseren Berücksichtigung von KMU im Welthandel. 

Die Gründe für das Stocken der Doha-Verhandlungsrunde sind vielfältig: Sie reichen von einer zu komplexen Verhandlungsagenda über die Konsensorientierung bei multilateralen Verhandlungen bis zu hin zu Blockaden zwischen den Industrie- und Entwicklungsländern und zuletzt Verschiebungen im globalen Kräfteverhältnis durch das Aufstreben von China als neue Wirtschaftsmacht. Daneben ist eine sprunghafte Zunahme von regionalen und bilateralen Handelsabkommen zu verzeichnen. 

WTO-Reform

Die Welthandelsorganisation steht vor noch nie da gewesenen Herausforderungen. Globalisierungskritische Angriffe, das Ausbleiben von multilateralen Verhandlungsergebnissen, unterschiedliche Interessen zwischen Industrie- Schwellen- und Entwicklungsländern sowie Angriffe auf die Funktionsfähigkeit aus den eigenen Reihen stellen die Welthandelsorganisation als Garant für den freien Welthandel, der die Grundlage für Wohlstand, Rechtssicherheit, Fairness im globalen Wettbewerb sowie Beilegung von weltweiten Handelsspannungen bietet, in Frage.

Nachdem auch die elfte Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation im Dezember 2017 in Buenos Aires wenig erfolgreich verlaufen war, standen bzw. stehen die Zukunft des Multilateralismus und die Funktionsfähigkeit der WTO weit oben auf der Prioritätenliste der EU. Neben der Bedeutung der inhaltlichen Verhandlungsergebnisse ist die Erhaltung der Rolle der WTO als internationales Verhandlungsforum sowie als Garant weltweit geltender Handelsregeln von großer Bedeutung. Die letztgenannte Funktion erfüllt die WTO durch ein gut funktionierendes Streitbeilegungssystem, das bei internationalen Handelsstreitigkeiten zwischen den WTO-Mitgliedern zur Anwendung kommt. Gerade diese zentrale Rolle wird von den USA derzeit gefährdet, da sich diese weigern, der Nachbesetzung vakanter Richterposten im Berufungsgremium des WTO-Streitschlichtungssystems zuzustimmen, was zu einer Lahmlegung des WTO-Spruchkörpers führen könnte.

Die Europäische Kommission hat am 18. September ein Konzeptpapier zur Modernisierung der Welthandelsorganisation (WTO) und zur Anpassung der internationalen Handelsregeln an die aktuellen und künftigen Herausforderungen der Weltwirtschaft vorgelegt.

Das Konzeptpapier konzentriert sich vor allem auf drei Schlüsselbereiche

  • die Aktualisierung des WTO Regelwerks,
  • die Stärkung der Überwachungsrolle der WTO und
  • die Überwindung der drohenden Blockade des WTO-Streitbeilegungssystems.

Die Kommission will ihre Vorschläge in den kommenden Wochen auch mit WTO Partnern in unterschiedlichen Gremien diskutieren. So wurde bereits am 25. September bei einem trilateralen Treffen von EU-Handelskommissarin Malmström, dem Handelsbeauftragten der USA Lighthizer und dem japanischen Handelsminister Seko in einer gemeinsamen Stellungnahme, ihre Kooperation im internationalen Handel bekräftigt. Sie betonten darin auch die Notwendigkeit einer raschen Reform der Welthandelsorganisation.

Aus Sicht der Wirtschaft bedarf es insbesondere eines verbindlichen Mechanismus, welcher die Funktionsfähigkeit der WTO-Streitbeilegung dauerhaft sichert. Nur eine uneingeschränkt funktionsfähige WTO sichert in Zeiten des verstärkten Protektionismus die Einhaltung von fairen Wettbewerbsbedingungen im internationalen Handel. Diese Rahmenbestimmungen sind für unsere Unternehmen − insbesondere für kleine und mittlere − die mit Drittstaaten Handel betreiben, im Sinne größerer Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit staatlicher Regelungen unverzichtbar.

Stand: 17.04.2024