Ausübung eines zulassungspflichtigen Handwerks
Lesedauer: 3 Minuten
Für die Ausübung der 53 Vollhandwerke (s. Seite "Gewerbe- und Handwerksordnung" bzw. Anlage A der HwO) in Deutschland muss im Vorfeld ein Nachweis der persönlichen Befähigung (Anzeigepflicht!) erbracht werden.
Sofern das jeweilige Handwerk auch in Österreich reglementiert ist, sind keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen und der österreichische Unternehmer kann auch ein Vollhandwerk in Deutschland ausüben. Nur bei jenen deutschen Vollhandwerken, die in Österreich unter Umständen frei ausgeübt werden können, wird eine mindestens einjährige Selbständigkeit in der Vergangenheit gefordert, um auch in Deutschland tätig werden zu können.
Bei der Ausübung eines Handwerks ist zu unterscheiden, ob das Gewerbe in Deutschland nur temporär im Zuge einer grenzüberschreitenden Tätigkeit ausgeführt wird, oder ob eine Niederlassung/Betriebsstätte in Deutschland gegründet wird:
Ohne Niederlassungsgründung in Deutschland
Handelt es sich um eine vorübergehende und gelegentliche Berufsausübung eines Vollhandwerks - ohne Vorliegen einer Niederlassung (!) - in Deutschland, ist im Vorfeld eine sogenannte Dienstleistungsanzeige bei der deutschen Handwerkskammer vorzunehmen. Hierbei muss das österreichische Unternehmen - sprich der Unternehmer oder der gewerberechtliche Geschäftsführer - nachweisen, dass die entsprechende Ausbildung bzw. Befähigung zur Gewerbeausübung in Österreich vorliegt. Die Meldung erfolgt in schriftlicher Form bei der zuständigen Handwerkskammer. Zuständig ist dabei immer jene Handwerkskammer, in deren Sprengel der österreichische Unternehmer erstmals in Deutschland tätig wird. Die zuständige Handwerkskammer ist unter http://www.handwerkskammer.de abrufbar.
Bei der Meldung an die Handwerkskammer ist als Nachweis der Reglementierung des Gewerbes in Österreich bzw. der bereits bestehenden einjährigen Selbständigkeit eine EWR-Bescheinigung vorzulegen. Diese stellt die Gewerbeabteilung der jeweils zuständigen österreichischen Bezirkshauptmannschaften bzw. Stadtmagistrate aus. Die Antragsformulare zur Ausstellung einer EWR-Bescheinigung für in Tirol angesiedelte Betriebe (sowohl für natürliche als auch für juristische Personen) sind exemplarisch im Anhang F am Ende des Buches angefügt. Zum Teil lassen die Handwerkskammern in Deutschland anstatt der EWR-Bescheinigung auch einen von der zuständigen österr. Wirtschaftskammer bestätigten Mitgliederdatenauszug gelten, wenn aus diesem alle für die dt. Handwerkskammer wichtigen Daten ersichtlich sind. Ob so ein von der Wirtschaftskammer bestätigter Mitgliederdatenauszug ausreicht, ist aber stets im Einzelfall abzuklären.
Die EWR-Bescheinigung (in Einzelfällen der bestätigte Mitgliederdatenauszug) ist dann gemeinsam mit dem Meldeformular einzureichen. Das notwendige Formular zur "Meldung der vorübergehenden Erbringung von Dienstleistungen gemäß § 9 EU/EWR HwV" kann auf der Webseite der jeweiligen Handwerkskammer heruntergeladen werden. Dabei ist es wichtig, in Punkt 1 des Formulars den Ort der Baustelle, an der der erste Auftrag in Deutschland ausgeführt wird, einzutragen.
Für Erstaufträge im Raum München und Oberbayern findet man das Formular auf der Webseite der Handwerkskammer für München und Oberbayern.
Sobald die Unterlagen vollständig eingereicht wurden, kann mit den Arbeiten aus gewerberechtlicher Sicht (!) in Deutschland begonnen werden (Ausnahme: Gesundheitshandwerke, Schornsteinfegerhandwerk). Innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige (inkl. vollständiger Unterlagen) erhält das Unternehmen eine Eingangsbestätigung. Die Kosten für diese erste Meldung betragen ca. € 100,-. Die Dienstleistungsanzeige ist dann für ein Jahr in ganz Deutschland gültig.
Die Anzeige kann bei Bedarf jährlich formlos wiederholt werden (sogenannte Folgemeldung). Diese Meldung hat bei jener Handwerkskammer zu erfolgen, bei der die Erstmeldung durchgeführt wurde, unabhängig davon, ob man in diesem Einzugsgebiet im Folgejahr Leistungen erbringen wird. Die Kosten für die Folgemeldungen betragen jeweils ca. € 50,-.
Sollte es zu wesentlichen Änderungen im Unternehmen kommen, welche die Voraussetzungen für die Dienstleistungserbringung betreffen, ist eine neuerliche Dienstleistungsanzeige (Formular inkl. notwendiger Unterlagen wie im Falle der Erstmeldung) unverzüglich durchzuführen.
Achtung: Zusätzlich zur verpflichtenden Dienstleistungsanzeige kann in den Gesundheitshandwerken Augenoptiker, Hörakustiker, Orthopädietechniker, Orthopädieschuhmacher und Zahntechniker (s. Nr. 33 bis 37 der Anlage A der HwO) und im Schornsteinfegerhandwerk von der Handwerkskammer eine Fachkundeprüfung angeordnet werden. In den genannten Gewerben dürfen die Arbeiten deshalb auch erst nach positiver Rückmeldung der zuständigen Behörde aufgenommen werden.
Mit Niederlassungsgründung in Deutschland
Wird hingegen in Deutschland eine Niederlassung bzw. Betriebsstätte gegründet, ist für die Gewerbeaufnahme eine Ausnahmebewilligung zu beantragen und eine Eintragung in die Handwerksrolle notwendig. Das Antragsformular ist im Internet auf der Homepage der Handwerkskammer München [Pfad: Betriebsführung > Handwerksrolle] veröffentlicht.
Aufgrund der Berufsanerkennungsrichtlinie der EU sollte die Anerkennung der in Österreich erworbenen Qualifikationen in Deutschland allerdings keine Schwierigkeiten bereiten. Dies gilt insbesondere, wenn ein österreichischer Meisterbrief oder eine mindestens einjährige Selbständigkeit vorliegt. 26 Meisterbriefe sind zwischen Österreich und Deutschland gleichgestellt und gegenseitig anerkannt.
Kontakt Handwerkskammern: Österreichische Handwerker können sich bei speziellen gewerberechtlichen Fragen (wie etwa zur Dienstleistungsanzeige bzw. Eintragung in die Handwerksrolle) an die Ansprechpartner für die Gründeragentur und den Einheitlichen Ansprechpartner (EAP) in den jeweiligen deutschen Handwerkskammern wenden. Beispiel: Ansprechpartner für München und Oberbayern.