Irene und Charly Schillinger, Franchisegeber Swing Kitchen
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Warum Franchise vielen schmeckt

Es ist ein Organisations- und Vertriebsmodell, das zunehmend wächst, wie aktuelle Zahlen zeigen. Während der multiplen Krisen der letzten Jahre erwies sich der Franchising-Bereich als überaus resilient.

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Aktualisiert am 07.12.2023

Im Bild: Irene und Charly Schillinger, Franchisegeber Swing Kitchen

Es ist eine Partnerschaft mehrerer, rechtlich selbstständiger und unabhängiger Unternehmer, die ein gemeinsames Ziel eint - nämlich eine bereits erprobte Geschäftsidee für alle gewinnbringend umzusetzen. Ein Organisations- und Vertriebsmodell, das viele anspricht und natürlich sowohl für Franchisegeber als auch den Nehmer Vor- wie auch Nachteile mit sich bringt. „Franchise ist generell im Wachstum begriffen”, schildert Karin Kufner-Humer, Generalsekretärin des Österreichischen Franchise-Verbands (ÖFV). Dies wird durch eine repräsentative Studie untermauert, die heuer im Auftrag des ÖFV zur heimischen Franchise-Wirtschaft durchgeführt wurde.

Franchise ist eine tolle Möglichkeit, gemeinsam Großes zu bewegen.

Auffallend ist zudem die Krisenfestigkeit, die die hierzulande aktiven Systeme in den letzten Jahren an den Tag legen. 91 Prozent der österreichweit befragten Franchisegeber gaben an, gut durch diese Krisenzeit gekommen zu sein. Befragt nach der aktuellen Geschäftslage, bezeichnen diese rund drei Viertel als gut oder sogar sehr gut. Lediglich zwei Prozent stufen sie als schlecht ein. Mehr als zwei Drittel der Befragten rechnen 2024 mit steigenden Umsätzen. Erfreulich ist zudem die Investitionslaune, die damit einhergeht: 42 Prozent der befragten Franchisegeber planen, die Investitionen in ihr Unternehmen in den nächsten Jahren stabil zu halten. 35 Prozent wollen in Zukunft noch mehr investieren. Darüber hinaus planen rund drei Viertel, im nächsten Jahr einen weiteren Standort zu eröffnen.

Verteiltes Risiko

Eine Stabilität in Krisenzeiten, die auch von Seiten der Franchisenehmer sehr positiv wahrgenommen wird. „Das überrascht mich gar nicht”, sagt Ruth Dobretsberger, Franchisenehmerin des Kräuter- und Teespezialisten Sonnentor, die einen Shop in der Landstraßer Hauptstraße betreibt. „Es werden im Vorhinein vom Franchisegeber gewisse Hardfacts eingefordert. Neben dem Know-how sind das vor allem finanzielle Ressourcen, die schwierige Zeiten abzufedern helfen”, schildert die Unternehmerin: „Außerdem ist das Risiko verteilt.” Sowohl Franchisegeber als auch -nehmer tragen ein unternehmerisches Risiko. Allerdings ist die Last verteilt, genauso wie die verschiedenen Aufgaben und damit auch die Investitionsbereiche. Der Franchisegeber ist unter anderem für die Weiterentwicklung des gesamten Systems, die Bereitstellung und Vermittlung des Know-hows und den gemeinsamen Auftritt zuständig. Seine Bereiche belaufen sich damit beispielsweise auf Produktentwicklung, Schulung neuer Franchise-Partner, Marketingaktivitäten oder Corporate Identity-Agenden. Den Franchisenehmern - oder auch Partner genannt – obliegt die Umsetzung des jeweiligen Tätigkeitsfeldes vor Ort, etwa die Betreuung des Standorts, des Kundenstamms, lokale Marketingaktivitäten oder auch der Verkauf. „Franchising verknüpft die Vorteile von Großunternehmen mit jenen von Kleinunternehmen”, ist die ÖFV-Generalsekretärin überzeugt. Denn Marktmacht und Auftreten ist wie in einer Unternehmensgruppe gebündelt. Flexibilität, Kundennähe und die lokale Verankerung am Standort gehören zu den Kernaufgaben des Franchisenehmers.

Weihnachtliche Eröffnung

Dobretsberger eröffnete ihren Shop im November 2009 - mitten im Weihnachtsgeschäft, wie sie sich heute erinnert. Damit war sie Sonnentors zweite Franchisenehmerin österreichweit und die erste in der Bundeshauptstadt. Der damalige Schritt war zum einen der Überzeugung, zum anderen jedoch den Umständen geschuldet. „Ich liebte diese Produkte und diese Marke auch damals schon und war auch selbst genau die Zielgruppe”, beschreibt Dobretsberger. Eine glückliche Fügung. Denn für die damals Angestellte wollte sich die berufliche Zufriedenheit in einer neuen Position nach der Elternkarenz und zwei Kindern nicht mehr so richtig einstellen. Die Idee, sich selbstständig zu machen, reizte die Betriebswirtin bereits seit dem Studium, wie sie erzählt: „Ich wollte selber etwas schaffen”, so Dobretsberger. Zweifel an ihrer Entscheidung hatte Dobretsberger auch in den letzten Jahren der Krise keine: „Sonnentor ist ein starker Partner und die Marke ist sehr gut eingeführt.” Außerdem profitiere man vom gesamten Netzwerk, denn auch andere Franchisepartner sind in einer ähnlichen Situation, weshalb man sich gegenseitig unterstützen könne, so die Unternehmerin. Doch was rät Dobretsberger als erfolgreiche und zufriedene Franchisenehmerin all jenen, die sich gerade selbst überlegen, diesen Schritt zu gehen? „Die persönliche Situation muss passen”, ist Dobretsberger überzeugt. In ihrem Fall war es die Unterstützung der Familie, um ihre damals noch kleinen Kinder betreut zu wissen. „Ich bin meinen Eltern unheimlich dankbar, dass sie mich damals unterstützt und mir so die Selbstständigkeit ermöglicht haben”, schildert die Betriebswirtin. Außerdem ist es nützlich, sich verschiedene Standorte des Franchise-Systems der Wahl im Vorfeld anzusehen und mit den Partnern Kontakt aufzunehmen. Schließlich ist nicht nur jeder Mensch anders, sondern auch jeder Standort - und das muss zusammenpassen. „Außerdem ist jeder in einer anderen Phase der Selbstständigkeit. Der eine hat vielleicht gerade erst angefangen, der andere macht das schon seit etlichen Jahren. So erhält man viele Einblicke”, so Dobretsberger.

Wir wollen Franchise sehr bewusst ausbauen

Mehr oder minder durch Zufall auf den ersten Franchisepartner gestoßen sind die Franchisegeber Charly und Irene Schillinger. Das Ehepaar steht hinter dem veganen Systemgastronomie- Konzept Swing Kitchen. Mittlerweile gibt es zwei Franchisenehmer, die einzelne Filialen in Wien wie auch welche in der Schweiz betreiben. Diese Partner sind bereits mit einem eigenen Standort in der Tasche auf sie zugekommen und wollten bei diesem Gastro-Konzept mit an Bord sein. Aktuell planen die Schillingers die nächsten Schritte, denn sie wollen nun verstärkt auf Franchise setzen. Mit Interessierten ist man bereits in Kontakt, unter anderem aus anderen europäischen Hauptstädten. „Wir wollen das in Zukunft sehr bewusst ausbauen”, sagt Charly Schillinger. Gerade im Ausland will man den Ball anderen überlassen. „Es ist total sinnvoll, dass das jemand macht, der das Land versteht und mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut ist. Nicht nur juristisch, sondern auch, wie die Stadt tickt. Dann greift auch das Marketing besser”, so der Gastronom.

Prototyp

Doch galt es Vorarbeit zu leisten, denn gerade für diesen Schritt musste das Unternehmerehepaar auch an seinem eigenen Konzept feilen. Denn Swing Kitchen war bisher an großen Standorten mit viel Platz für Küche oder Sitzplätze. Doch werden die Mieten in den Städten bekanntlich nicht billiger, weshalb man nun zeigen möchte, dass Swing Kitchen auch auf kleiner Fläche funktioniert. Dies beweist nun eine neue Filiale im 3. Bezirk, die vor einigen Wochen eröffnet wurde. „Die dient jetzt als Prototyp. Allen Interessenten kann ich nun diesen Standort zeigen, damit sie sich selbst ein Bild davon machen können, dass Swing Kitchen auf nur kleiner Quadratmeteranzahl funktioniert”, so Schillinger. Investitionen auf Geberseite kann auch der Aufbau der Zentrale mit sich bringen: „Als Zentrale muss man den ganzen Überbau aufblasen, um alle Aufgaben stemmen wie auch ein umfassendes Servicepaket bieten zu können”, fasst Schillinger zusammen.

Franchise
© Quelle: Österreichischer Franchise-Verband

Anhand welcher Kriterien kann man jedoch feststellen, ob ein potenzieller Franchisepartner zu einem passt? „Es ist wie in der Ehe - man muss gut auswählen”, antwortet Schillinger schmunzelnd: „Und klare Verträge machen klare Freunde.” „Über alle Branchen hinweg unterscheiden wir bei den Franchisenehmern zwischen fachlichen, persönlichen und finanziellen Anforderungen”, erörtert Kufner-Humer. „Fachlich zeichnen sich unsere Partner durch Vertriebs- Expertise, betriebswirtschaftlich-kaufmännisches Verständnis, Kompetenz im Umgang mit der Digitalisierung, Leadership und Management- Fähigkeit aus. Persönlich findet man unter den Partnern Menschen mit hoher Identifikation, Teamfähigkeit, Leistungsbereitschaft, Kommunikationsstärke, Offenheit und Vertriebsorientiertheit.” In finanzieller Hinsicht hingegen braucht es natürlich Menschen mit der Bereitschaft, zu investieren und das damit verbundene unternehmerische Risiko einzugehen. Denn wie bei allen Selbstständigen liegt auch bei Franchise das gesamte Investment beim Franchisenehmer. Die Höhe des vom Franchisegeber geforderten Startkapitals variiert natürlich je nach Tätigkeitsfeld. Im Schnitt beträgt die zum Start notwendige Investitionssumme rund 143.000 Euro, die Einstiegsgebühr liegt bei durchschnittlich 16.500 Euro und die monatliche Franchisegebühr bei 6,7 Prozent des Nettoumsatzes.

Lager von nebenan

Wesentlich weiter fortgeschritten am Franchise- Weg ist Storebox mit der Geschäftsidee, ein dichtes Netzwerk an Lager- und Logistik-Standorten zu schaffen, die in der Stadt angesiedelt sind, anstatt am Stadtrand oder gar außerhalb. Es bietet ein „Lager nebenan” im urbanen Gebiet für Privatpersonen, genauso wie als Logistiklösungen wie Micro-Hubs, Click & Collect oder Paketwände für Unternehmen. Das Unternehmen wurde in Wien gegründet und hat auch hier seine Zentrale. Mittlerweile ist es in sechs Ländern aktiv und verfügt in Kooperation mit Franchisepartnern über insgesamt mehr als 310 Storebox-Standorte. Etwa 70 davon sind in Wien angesiedelt. „Die Vision der Gründer war schon immer, eine hohe Anzahl an Standorten zu erreichen, um einer der größten urbanen Storage- Anbieter in Europa zu werden. Das Franchise- System ist ein wichtiger Wachstumsmotor, der die rasche Expansion sowie den dichten Ausbau des Filialnetzes über viele Städte hinweg ermöglicht”, beschreibt Magdalena Mathoi, Chief Revenue Officer von Storebox: „Gemeinsam mit unseren Franchise-Partnerinnen und –Partnern können wir dieses starke Wachstum möglich machen und unser Standort-Netzwerk weiter verdichten.” Für das Betreiben von Storebox bedarf es kein Personal, da sämtliche Prozesse online abgewickelt werden. Eine Idee, die damit leicht franchisierbar ist, da diese einfach an anderen Standorten umgesetzt werden kann. Doch wie gestaltete sich der Franchise-Start von Storebox? Dazu Mathoi: „Zuerst ist es wichtig zu definieren, wohin sich das Unternehmen entwickeln soll und ob ein Franchise-Konzept durchführbar ist. Es gilt, ein einheitliches System und standardisierte Prozesse für alle Franchise- Partnerinnen und -Partner zu erarbeiten. Denn Franchising ist eine tolle Möglichkeit, um gemeinsam mit den Partnerinnen und Partnern Großes zu bewegen und rasch zu expandieren”, sagt Mathoi: Als Franchise-Zentrale sollte man sich stets über den Mehrwert, der für Franchise-Partnerinnen und -Partner generiert werden kann, im Klaren sein. „Schließlich geht es um eine win-win Situation, die in wirtschaftlicher Prosperität mündet”, fasst Mathoi zusammen.

Interview Franchise
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