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Sparte Handel

Anfragen an Handelsunternehmen zum Product carbon footprint (PCF)

Hintergründe und Faktencheck

Lesedauer: 4 Minuten

24.06.2024

Viele Unternehmen im Handel sind in letzter Zeit mit Berichtsanfragen zu Carbon footprint von Organisation und Produkten mit Verweis auf die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) konfrontiert.
Nach uns vorliegenden Beispielen häufen sich die Anfragen an Unternehmen (besonders KMUs) vor dem Hintergrund der CSRD bzw. ESRS – E1 Berichtslegung von Seiten deren (Unternehmens-)Kunden Daten zu liefern – explizit den PCF (Product carbon footprint) der erworbenen Produkte.

Was ist der Hintergrund der Anfragen bzw. was wird von Seiten der ESRS (tatsächlich) gefordert?

Große Unternehmen (üblicherweise die B2B-Kunden der KMUs) sind verpflichtet, ihren CCF (Corporate Carbon Footprint) zu berechnen/berechnen zu lassen und zu kommunizieren, um ihre Umweltauswirkungen entlang der Wertschöpfungskette (inkl. vor- und nachgelagerte Emissionen) adäquat bewerten, sowie im weiteren Verlauf entsprechend Maßnahmen planen und setzen zu können. Diese Scope 3 – Emissionen sind ein relevanter Teil der Umweltauswirkungen eines Unternehmens, da sie meist zwischen 60 % und 80 % des gesamten CCFs verursachen und von extern "eingekauft" werden.

Rechtliche Grundlage: 

5. Wertschöpfungskette
5.1 Bericht erstattendes Unternehmen und Wertschöpfungskette
63. Die in der Nachhaltigkeitserklärung enthaltenen Informationen über das Bericht erstattende Unternehmen werden durch Informationen über die wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen ergänzt, die mit dem Unternehmen durch seine direkten und indirekten Geschäftsbeziehungen in der vor- und/oder nachgelagerten Wertschöpfungskette im Zusammenhang stehen (…).

[Siehe: http://data.europa.eu/eli/reg_del/2023/2772/oj]

Bereits in der Richtlinie wird aber betont, dass nicht erwartet werden kann, alle (Emissions-)Daten der Lieferanten als Primärdaten (also bereits kalkulierten Emissionsdaten) – besonders von nicht-verpflichteten Unternehmen – erhalten zu können. Es wird sogar weiter explizit ausgeführt, dass die Auswirkungen von liefernden KMUs über Schätzungen, Durchschnittswerte und weitere zugelassene Verfahren annähernd ermittelt werden können, sofern von deren Seite eine Erhebung nicht stemmbar ist.

Rechtliche Grundlage: 

5. Wertschöpfungskette
5.2 Schätzung anhand von Sektordurchschnitten und Näherungswerten
70. Die Beschaffung von Informationen zur Wertschöpfungskette könnte für KMU und andere Unternehmen in der vor- und/oder nachgelagerten Wertschöpfungskette, die nicht in den Anwendungsbereich der gemäß der Artikel 19a und 29a der Richtlinie 2013/34/EU vorgeschriebenen Nachhaltigkeitsberichterstattung fallen, eine Herausforderung darstellen (…).

71. (...). Hinsichtlich der Parameter kann das Unternehmen in vielen Fällen – insbesondere in Umweltangelegenheiten, für die Näherungswerte verfügbar sind – die Berichterstattungspflichten erfüllen, ohne Daten von den Akteuren seiner vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette (insbesondere von KMU) zu erheben, z. B. bei der Berechnung der Scope-3-Treibhausgasemissionen des Unternehmens.

[Siehe: http://data.europa.eu/eli/reg_del/2023/2772/oj]

Die verpflichteten Unternehmen sind hier in der Verantwortung, die Umwelteinflüsse entlang ihrer Wertschöpfungskette zu analysieren und zu berechnen, per se nicht deren Lieferanten – diese stellen jedoch einen wichtigen Anknüpfungspunkt für die hierzu notwendigen Informationen dar.

Wenn sie die Daten selbst berechnen bzw. abschätzen können, warum wenden sich die Unternehmen trotzdem an die KMUs mit detaillierten Anfragen – und kann ich diese ignorieren?

Eine Anfrage kann rein aus Gründen der Berichtsverpflichtung, aber auch aus internen Vorgaben heraus resultieren.

Im Fall der Anfragen zur Berichtserstellung muss das anfragende große Unternehmen transparent darstellen, welche Scope 3 Kategorien aufgrund ihrer Aktivitäten in diesem Bereich relevant sind, welche Emissionen hier anfallen, und wie diese Emissionsmengen ermittelt wurden.

Laut gängigen Standards wie dem GHG Protocol (auf welches die Richtlinie selbst auch verweist) existieren mehrere Möglichkeiten, die Emissionen der Lieferanten zu kalkulieren – nachfolgend vom "best case" zum "worst case" gereiht:

  • möglichst akkurate Daten/Kalkulationen (für besonders relevante Lieferanten), wie z.B. mittels PCF
  • weniger akkurate Daten/Kalkulationen (für weniger relevante Lieferanten),
    wie z.B. mittels Verwendung von Durchschnittsdaten ("average-data method") oder Finanzdaten ("spend-based method") bzw.
  • Gruppierung bzw. Kombination ähnlicher Aktivitäten (z.B. in der Kategorie "Güter & Dienstleistungen")
  • Extrapolation von repräsentativen Stichproben
  • Näherungsverfahren

[Quelle: "Technical Guidance for Calculating Scope 3 Emissions", "The GHG Protocol" der “World Resources Institute & World Business Council for Sustainable Development", S.13]

Rechtliche Grundlage: 

Schätzung anhand von Sektordurchschnitten und Näherungswerten
AR 17.
Kann das Unternehmen trotz angemessener Anstrengungen keine Informationen über die vor- und nachgelagerte Wertschöpfungskette gemäß Absatz 63 erheben, schätzt es die zu übermittelnden Informationen unter Verwendung aller angemessenen und belastbaren Informationen, die dem Unternehmen zum Zeitpunkt der Berichterstattung ohne unangemessene Kosten oder Aufwand zur Verfügung stehen. (…)
.

[Siehe: http://data.europa.eu/eli/reg_del/2023/2772/oj]

Die Bereitstellung detaillierter Informationen erleichtert den großen Unternehmen ihre Arbeit – entsprechend umfangreich fallen deren Anfragen an ihre Lieferanten (unabhängig deren Größe) aus. Das Ziel ist daher oft, so viele Informationen und Daten wie möglich zu erhalten. Dies bedeutet nicht, dass der gesamte angefragte Umfang einer gesetzlichen Notwendigkeit entspringt, da für die anfragenden Unternehmen Alternativen zur Verfügung stehen.

Aus dieser Perspektive heraus wenden sich nun große Unternehmen mit einer möglichst umfangreichen Liste an ihre Lieferanten, um so viele verwertbare Daten wie möglich zu erhalten, mit denen sie weiter agieren können.

Wird die Anfrage aus Gründen interner Vorgaben gestellt, können diese sogar umfangreicher ausfallen als jene basierend auf gesetzlichen Verpflichtungen und eine Nicht-Beantwortung führt im schlimmsten Fall zu einem Ausschluss als Lieferant. Hier ist entsprechende Kommunikation mit dem anfragenden Unternehmen wichtig.

Wie reagiere ich nun auf die Anfrage/n richtig?

Grundsätzlich sind in sämtlichen Nachhaltigkeitsstrategien "die Großen" dazu angehalten, ihre Lieferanten zu unterstützen. Hierbei handelt es sich aber um eine Individualentscheidung des jeweiligen Unternehmens.

Unser Tipp daher:
Immer rückfragen, ob die Daten für eine Berichtspflicht oder interne Vorgaben angefragt werden und so gut wie möglich Daten bereitstellen, d.h. Willen zur Transparenz signalisieren, aber nicht das eigene Unternehmen überfordern und/oder in die Handlungsunfähigkeit stürzen.

Welche Informationen werden von mir verlangt/abgefragt?

Die Bundessparte Handel hat eine Auflistung zu den bisher bekannten und angefragten Themen im Zusammenhang der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) zusammengestellt. Berücksichtigt werden zusätzlich auch eigene, durch das anfragende Unternehmen selbst festgelegte Erhebungen.

Die Erläuterungen und Anmerkungen zu den einzelnen Themen helfen beim Umgang mit Anfragen.  

→ Zum Umgang mit Anfragen: Erläuterungen und Tipps


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