
Ökodesignrichtlinie im Handel
Was Handelsunternehmen wissen sollten
Lesedauer: 4 Minuten
Inhaltsverzeichnis
Worum geht es bei der Ökodesignrichtlinie?
Die Ökodesignrichtlinie − auch Ecodesign for Sustainable Products Regulation bzw. ESPR − regelt die regelt die "umweltgerechte Gestaltung von Produkten". Die Nachhaltigkeit von Produkten soll mit Leistungsanforderungen (z.B. Mindest- oder Höchstwerte bzw. nicht-quantitative Anforderungen zur Leistungsverbesserung) und/oder Informationsanforderungen (Auskunft über die Produkteigenschaften und die Einhaltung der Leistungsanforderungen) dokumentiert werden. Die Richtlinie wird mit 2026 verpflichtend.
Ziel der Ökodesignrichtlinie (kurz ESPR) ist es, die europäische Wirtschaft wettbewerbsfähig und klimaneutral zu gestalten und die Kreislaufwirtschaft zu fördern. Um das zu erreichen, sollen in Zukunft bis zu 16 Ökodesignanforderung für alle, am europäischen Markt gehandelte Produkte (unabhängig davon, ob sie innerhalb der EU produziert oder von außerhalb importiert wurden) dokumentiert und als konstant verfügbare Information in Form eines digitalen Produktpasses (kurz DPP) den Produkten mitgegeben werden.
Vernichtungsverbot unverkaufter Produkte
Mit der Ökodesign-Richtlinie kommen auch Vorgabe bzgl. der Vernichtung unverkaufter Verbraucherprodukte. Hier wird es in einem ersten Schritt Offenlegungspflichten geben, in einem zweiten Schritt greifen für bestimmte, in der Richtlinie aufgelistete Produkte, konkrete Vernichtungsverbote.
Laut ESPR handelt es sich bei unverkauften Verbraucherprodukten um alle Produkte, die in erster Linie für den Verkauf an Verbraucher (also jede natürliche Person, die zu Zwecken handelt, die nicht ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit zuzurechnen sind) bestimmt sind, und nicht verkauft wurden (wie z.B. Warenüberschuss, erhöhte Lagerbestände, totes Inventar aber auch Produkte, die auf der Grundlage seines Widerrufsrechts von einem Verbraucher zurückgegeben wurde).
Vernichtung bezeichnet im Sinne der Richtlinie eine unmittelbare Entsorgung, oder die beauftragte Entsorgung als Abfall sowie die vorsätzliche Beschädigung. Eine Aufbereitung zur Instandsetzung und Wiederverwendung zählt nicht als Vernichtung.
Digitaler Produktpass – DPP
Die jeweiligen Verpflichtungen zur Erstellung und Angabenkontrolle der Inhalte in sowie Informations- bzw. Zugriffsweitergabe auf den DPP sind abhängig von der Position innerhalb der Lieferkette. Händler müssen somit auf jeden Fall den Zugang zu denen im DPP gespeicherten Informationen ermöglichen, in manchen Fällen auch das Vorhandensein und die Vollständigkeit der geforderten Informationen zum Produkt prüfen.
Wie das Ganze umzusetzen ist (z.B. via QR-Code als Zugriff auf Blockchain-Informationen oder ähnliches) wird derzeit erarbeitet.
Betrifft mich die Ökodesignrichtlinie?
Ja, wobei einige wenige Produkte ausgenommen werden. Derzeit laufen die Arbeiten an delegierten Rechtsakten, die produktgruppenspezifisch die genauen Vorgaben regeln sollen. Begonnen wurde mit Textil- und Eisen-, Stahl- wie auch Aluminiumprodukten.
Handeln Sie nur mit einem oder mehrehren der folgenden Produktkategorien, sind Sie immer von einer Verpflichtung ausgenommen:
- Nahrung und Futter,
- Medikamenten (für Mensch und/oder Tier),
- Lebewesen (Tiere, Pflanzen, Mikroorganismen),
- Produkte menschlichen Ursprungs (z.B. Blut),
- Fortpflanzung (Tiere, Pflanzen)
- und bestimmten Fahrzeugteile.
Diese stellen die bisher bekannten Ausnahmen der ESPR dar und sind entsprechend nicht zur Mitgabe und Befüllung eines digitalen Produktpasses verpflichtet.
Betrifft mich das Vernichtungsverbot?
Die Offenlegungspflichten gelten am dem 19.07.2025 für große Unternehmen (d.h. Unternehmen mit über 250 Mitarbeiter:innen und entweder einem erzielten Jahresumsatz von über 50 Mio. EUR oder einer Jahresbilanzsumme, die sich auf über 43 Mio. EUR beläuft) über das vorangegangene vollständige Geschäftsjahr und sind jährlich zu wiederholen. Zu berichten ist über Anzahl und Gewicht nach Art der vernichteten Produkte, Begründung und Art der Vernichtung (z.B. ob ein Teil recycelt oder verwertet wird) sowie geplante Maßnahmen zur Reduktion bzw. Vermeidung der Vernichtung. Dies betrifft alle unverkauften Verbraucherprodukte exklusive der zuvor aufgelisteten Ausnahmen der ESPR (Nahrung und Futter, Medikamente, Lebewesen, Produkte menschlichen Ursprungs, Fortpflanzung, bestimme Fahrzeugteile).Unternehmen haben den europäischen und nationalen Behörden auf Anfrage binnen 30 Tagen die erforderlichen Unterlagen vorzulegen.Die Kommission wird noch einen ersten Durchführungsrechtsakt zur Offenlegungspflicht erlassen.
Wie dieser Bericht auszusehen hat, wird derzeit noch erarbeitet – er sollte auf jeden Fall auf einer leicht zugänglichen Seite der Webseite oder im Nachhaltigkeitsbericht aufscheinen. Mittelgroße Unternehmen trifft diese Pflicht ab 19.7.2030.
Das Vernichtungsverbot für die in der ESPR in Anhang VII aufgelisteten Produkte gilt für große Unternehmen ab dem 19.7.2026 und für mittelgroße Unternehmen analog der Offenlegungspflicht ab dem 19.7.2030. Mittelgroße Unternehmen sind Unternehmen, die weniger als 250 aber mehr als 50 Personen beschäftigen und deren Jahresumsatz bzw. Jahresbilanz 10 Mio. EUR übersteigt, aber 50 Mio. EUR Jahresumsatz und 43 Mio. EUR Jahresbilanzsumme nicht überschreitet. Hier bestehen Ausnahmen bei Gesundheits-, Hygiene- und Sicherheitsgründen.
Was soll ich als Handelsunternehmen tun?
- Halten Sie sich aktuell – derzeit werden viele Umsetzungsvorgaben erarbeitet. Je früher Sie hier an Informationen kommen, in welche "Richtung der Hase läuft", umso eher können Sie sich vorbereiten.
- Suchen Sie den Kontakt mit Ihren Lieferanten und vorgelagerten Herstellern bzw. Importeuren.
Je früher Sie klären können, ob und in welcher Form die zukünftigen Vorgaben der Ökodesignrichtlinie von Ihren Zulieferern erfüllt werden können, umso weniger werden Sie in einem Engpass landen.
Setzen Sie sich bei Bedarf auch mit der Wirtschaftskammer in ihrem Bundesland in Verbindung, um in einer Gruppe von Betroffenen mit Lieferanten sprechen zu können. - Wenn "alle Stricke reißen" und die Sie beliefernden Hersteller kein Interesse an der Einhaltung der EU-Vorgaben zeigen, suchen Sie sich Alternativen. Die Notwendigkeit zur Überarbeitung von Geschäftsmodellen wird in diesem Kontext ein ebenso wichtiges, und in manchen Bereichen sogar dominantes Element der Anstrengungen hin zur Kreislaufwirtschaft werden wie die Beschäftigung mit Lieferketten per se.
Weitere Infos und Tools
- Eine gute Übersicht zum aktuellen rechtlichen Stand, den bisher bekannten Anforderungen, FAQ sowie Nachschauen zu bisher stattgefundenen Webinaren bietet die Zusammenstellung der Abteilung Umwelt- und Energiepolitik der WKÖ: Die neue Ökodesign-Verordnung
- Die Information zu den derzeitigen Vorarbeiten zu Textilien stehen derzeit nur in englischer Sprache hier zur Verfügung: Circular Economy: Environmental and Waste Management
Möchten Sie Input zu der laufenden Studie liefern, können Sie sich hier registrieren: Registration for Product Groups– alle Informationen rund um die Teilnahme an einer solchen europäischen Studie finden Sie in der Webinar-Nachschau unserer Umweltpolitischen Abteilung: Ökodesign-Prozess auf Produktebene aktiv mitgestalten - Die allgemeine Informationsseite der Europäischen Kommission (in englischer Sprache) ist unter dem folgenden Link abrufbar: Ecodesign for Sustainable Products Regulation
- Sobald weitere Informationen und Services von Seiten der WKÖ zur Verfügung gestellt werden, stellen wir Ihnen diese hier ebenso zur Verfügung.