Das WTO-Streitbeilegungssystem
Zentrales Element zur Schaffung von Sicherheit und Vorhersehbarkeit im multilateralen Handelssystem
Lesedauer: 30 Minuten
Streitfälle mit Relevanz für die EUStreitfälle mit Relevanz für die EU
- Argentinien
- China
- Indonesien
- Kolumbien
- Malaysia
- Türkei
- Russland
- Ukraine gegen Russland - Traffic in Transit – (DS 512) - Status: Laufend
- EU gegen Russland – Antidumpingzölle Russlands auf leichte Nutzfahrzeuge (DS 479) – Status: Abgeschlossen
- Russland gegen die EU - Überregulierung des EU-Energiemarktes (DS 476) - Status: Laufend
- EU gegen Russland - Russisches Importverbot von EU-Schweinefleisch und -produkten (DS 475) – Status: Laufend
- EU gegen Russland – Recyclinggebühr auf Importautos „recycling fee“ (DS 462) – Status: Laufend
Das WTO-Streitbeilegungssystem - das Herzstück der WTO
Das Streitbeilegungssystem der WTO ist in seiner Form und Effektivität eine Erfolgsgeschichte und zentrales Element zur Schaffung von Sicherheit und Vorhersehbarkeit im multilateralen Handelssystem. Es hat die einvernehmliche Beilegung von Streitigkeiten zum Ziel, enthält aber die Verpflichtung, den Streitfall im Einklang mit dem WTO-Recht zu lösen. Bei dem WTO-Streitschlichtungssystem handelt es sich um ein ständiges Schiedsgerichtsorgan (Dispute Settlement Body, DSB) und eine Berufungsinstanz (Appellate Body). Kommt eine Vertragspartei den verbindlichen Empfehlungen des Schiedsgerichtes nicht nach, so kann die geschädigte Partei Vergeltungsmaßnahmen setzen.
Dieses Streitbeilegungssystem sichert die Umsetzung umfassender internationaler Regeln für den internationalen Handel mit Waren und Dienstleistungen zwischen derzeit 164 WTO-Mitgliedstaaten. Die Anzahl (fast 600) und konsequente Durchsetzung von beigelegen Handelsstreitigkeiten seit 1995 sind der Beweis für das Vertrauen in das Dispute Settlement System (DS) und die wichtigste Rolle der WTO als globale Schiedsrichterin in Handelskonflikten. Ob im Streit um unfaire Staatssubventionen für Airbus und Boeing, Importe von hormonbehandeltem Rindfleisch in die EU oder die Frage, ob die US Straf- und Antidumpingzölle etwa im Bereich Stahl und Aluminium sachlich gerechtfertigt sind: Die WTO ist bei all diesen Themen Entscheidungsinstanz für ihre Mitglieder.
Für Streitfälle vor der WTO gibt es ein zweistufiges Verfahren, wobei rund 70 % der Entscheidungen der ersten Instanz (Dispute Settlement Body) angefochten werden und vor der Berufungsinstanz, dem Appellate Body (AB) mit sieben ständigen Richtern, landen. Der AB entscheidet als Panel, bestehend aus je drei Schiedsrichtern.
Am 10. Dezember 2019 sind, aufgrund einer jahrelangen Blockade der Nachbesetzung von Richtern durch die USA, von den nur mehr drei verbliebenen Richtern, zwei weitere ausgeschieden. Dadurch ist es zu einer Lahmlegung des multilateralen Berufungsgerichtes (MPIA) gekommen, die durch die USA bewusst herbeigeführt worden ist. In der WTO gilt das Konsensprinzip, Entscheidungen werden einstimmig getroffen.
Die größten Kritikpunkte der USA sind die Kompetenzen der WTO-Staaten, angeblich einschränkenden überschießenden Entscheidungen („judicial overreach“) des AB, die permanente Überschreitung der vorgegebenen 90 Tage Frist für Entscheidungen und die überhöhte Bezahlung der Berufungsrichter.
Die USA haben ihre Boykotthaltung auch in letzter Minute nicht aufgegeben und alle zukünftigen bzw. auch die bis dahin nicht abgeschlossenen Fälle liegen somit seit 11. Dezember 2019 auf Eis. Damit wurde eine der drei, für die internationale Wirtschaft so wichtige Funktionen der WTO, die Streitschlichtung als Garantie für die Umsetzung der WTO-Regeln, ausgeschaltet. Die noch verbleibenden, ebenfalls bedeutenden Aufgaben der WTO sind die Funktion als ständige Verhandlungsplattform aller ihrer Mitglieder und jene als neue, gemeinsame Regeln schaffende (gesetzgebende) Instanz.
Durch die Ausschaltung des Berufungsgremiums ist die Glaubwürdigkeit und Existenz der gesamten WTO gefährdet. Die Streitbeilegung ist nicht mehr voll funktionsfähig, da die unterlegene Partei das Urteil des Erstgerichtes in eine Warteschleife ohne Widerkehr schicken könnte, somit kann etwa gegen ungerechtfertigte Zölle nicht rechtskonform reagiert werden.
Das bedeutet Rechtsunsicherheit in internationalen Handelsbeziehungen, unkalkulierbare Handelskonflikte und starke Auswirkungen auf globale Wertschöpfungsketten und Zukunftsinvestitionen.
Die WTO-Mitglieder müssen sich im Interesse der internationalen Wirtschaft jedenfalls weiter um eine Lösung des Konflikts und um eine funktionierende Streitbeilegung bemühen.
Die Europäische Kommission hat jedenfalls als Reaktion auf den implodierten Appellate Body eine Änderung ihrer „Trade Enforcement Regulation“ vorgelegt. Damit soll es der Europäischen Union möglich sein, trotz Lähmung des multilateralen Streitbeilegungssystems, in der Welthandelsorganisation (WTO) ihre Handelsinteressen zu schützen. Außerdem haben die EU und eine Reihe anderer WTO-Mitgliedstaaten bereits ein interimistisches Mehrparteien Berufungsverfahren entwickelt, dass es den teilnehmenden WTO-Mitgliedern ermöglicht, ein funktionierendes und zweistufiges Streitbeilegungssystem für Streitigkeiten zwischen ihnen bei der WTO zu erhalten. Diese neuen Regelungen werden nur gelten, bis das reguläre WTO-Berufungsgremium seine Arbeit wiederaufnehmen kann.
- Ablauf des WTO-Streitbeilegungsverfahrens – ein Schema (0.2 MB)
- Chronologische Liste aller seit Gründung der WTO stattgefundenen Streitfälle
- WTO-Liste der Streitfälle nach beteiligten Ländern
- EU-Liste mit Streitfällen mit der EU als Beschwerdeführerin
Streitfälle mit Relevanz für die EU
EU gegen Russland – Maßnahmen zur Beschränkung der Ausfuhr bestimmter Holzprodukte (DS 608) – Status: In Konsultation
Die Europäische Union hat WTO-Streitbeilegungsgespräche mit Russland über Maßnahmen zur Beschränkung der Ausfuhr bestimmter Holzprodukte aus Russland beantragt. Der Antrag wurde am 24. Januar 2022 an die WTO-Mitglieder weitergeleitet.
Der Antrag der EU auf Konsultationen betrifft die Aufhebung der Zollkontingente für die Ausfuhr von Holzprodukten durch Russland sowie die Verringerung der Zahl der Grenzübergangsstellen für die Ausfuhr dieser Produkte. Aus Sicht der EU sind die angefochtenen Maßnahmen mit einer Reihe von Bestimmungen des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) 1994 und dem Protokoll über den Beitritt Russlands zur WTO unvereinbar.
Was ist ein Antrag auf Konsultationen?
Mit dem Antrag auf Konsultationen wird ein Streitfall bei der WTO förmlich eingeleitet. Die Konsultationen geben den Parteien die Möglichkeit, die Angelegenheit zu erörtern und eine zufriedenstellende Lösung zu finden, ohne den Rechtsstreit fortzusetzen. Wenn die Konsultationen nach 60 Tagen zu keiner Lösung geführt haben, kann der Beschwerdeführer die Entscheidung durch ein Panel beantragen.
Malaysia gegen EU -EU-Palmöl-Maßnahmen ein (DS 600) - Status: Laufend
Malaysia beantragte am Dienstag, den 19. Januar 2021, Konsultationen mit der Europäischen Union im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) bezüglich der Beschränkung der Verwendung von Palmöl für Biokraftstoffe durch die EU.
Der Antrag auf Konsultationen leitet formal einen Streitfall bei der WTO ein. Die Konsultationen geben den Parteien die Möglichkeit, die Angelegenheit zu erörtern und eine zufriedenstellende Lösung zu finden, ohne den Rechtsstreit fortzusetzen. Wenn die Konsultationen nach 60 Tagen zu keiner Lösung des Streitfalls geführt haben, kann der Beschwerdeführer eine Entscheidung durch ein Panel beantragen.
Nachdem die Konsultationen zu keinem Ergebnis geführt haben, hat das Streitbeilegungsgremium der WTO am 28. Mai 2021 dem Antrag Malaysias auf Einsetzung eines Panels zugestimmt, um den Streit Malaysia mit der Europäischen Union, Frankreich und Litauen über deren Weigerung, Palmöl und Biokraftstoffe auf Ölpalmbasis als erneuerbare Energiequellen einzustufen, zu lösen.
Malaysia ist der Ansicht, dass die Maßnahmen der europäischen Richtlinie zu erneuerbaren Energien nicht mit dem Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (GATT) und dem Abkommen über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen vereinbar sind.
Die EU hat entschieden, dass Biokraftstoff auf Palmölbasis nicht auf Basis ihrer 2030-Ziele für die Nutzung erneuerbarer Energien angerechnet wird. Malaysia ist der weltweit zweitgrößte Produzent von Palmöl.
Indonesien, der weltgrößte Produzent, hatte bereits im Dezember 2019 ein Streitbeilegungsverfahren bezüglich der Maßnahmen der EU zu Palmöl eingeleitet.
Dies ist die zweite Streitbeilegungsbeschwerde, die sich gegen die Palmöl-bezogenen Maßnahmen der EU richtet. Indonesien, der weltgrößte Produzent von Palmöl, hat bereits im Dezember 2019 ein Streitverfahren gegen die EU-Maßnahmen eingeleitet (DS593).
Dies ist außerdem die 600. Handelsstreitigkeit, die der WTO zur Beilegung vorgelegt wird, seit die Organisation im Jahr 1995 gegründet wurde.
Indonesien gegen EU - Bestimmte Maßnahmen betreffend Palmöl und Biokraftstoffe auf Basis von Ölpalmen (DS 539) – Status: Laufend
Im Dezember 2019 beantragte Indonesien Konsultationen mit der Europäischen Union über bestimmte von der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten eingeführte Maßnahmen in Bezug auf Palmöl und Biokraftstoffe auf Ölpalmbasis aus Indonesien.
Indonesien behauptet, dass die angefochtenen Maßnahmen, die den Zugang von indonesischem Palmöl und Biokraftstoffen auf Ölpalmenbasis zum EU-Markt betreffen, mit dem WTO-Übereinkommen über technische Handelshemmnisse, dem Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen 1994 und dem Übereinkommen über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen unvereinbar sind.
Am 18. März 2020 beantragte Indonesien die Einsetzung eines Panels. In seiner Sitzung am 29. Juni 2020 vertagte das DSB die Einsetzung eines Panels.
In seiner Sitzung am 29. Juli 2020 setzte das DSB ein Panel ein. Argentinien, Brasilien, Kanada, China, Kolumbien, Costa Rica, Ecuador, Guatemala, Honduras, Indien, Japan, Korea, Malaysia, Norwegen, Russland, Singapur, Thailand, die Türkei und die Vereinigten Staaten behielten sich ihre Rechte als Drittpartei vor.
Am 2. November 2020 beantragte Indonesien, dass die Zusammensetzung des Panels gemäß Artikel 8.7 des DSU festgelegt wird. Am 12. November 2020 setzte der stellvertretende Generaldirektor Yonov Frederick Agah, in Vertretung des Generaldirektors, das Panel zusammen.
USA gegen EU – Large Civil Aircraft - Airbus (DS 316) – Status: Abgeschlossen
Der Streitfall „Large Civil Aircraft“ geht auf das Jahr 2004 zurück und stellt gemeinsam mit dem WTO-Streitfall EU gegen die USA (DS 353 - US-Large Civil Aircraft - Boeing Beihilfen) einschließlich einiger weiterer WTO-Streitfälle in diesem Zusammenhang wie DS 347 und DS 317 und dem getrennt und später verhandelten Baby Boeing Case DS 487 den größten jemals in der WTO ausgetragenen Konflikt dar.
Im Streitfall „Large Civil Aircraft“- (wie auch im Boeing-Beihilfen Streitfall EU gegen die USA, DS 353) geht es vorrangig um Subventionen, die dem europäischen Flugzeughersteller Vorteile gegenüber dem transatlantischen Konkurrenten einräumen sollen. Gegenstand der US-Beschwerde waren vor allem – nach Kategorien geordnet - so genannte Anschubfinanzierungen, Darlehen der Europäischen Investitionsbank, Infrastrukturmaßnahmen, Maßnahmen im Zusammenhang mit Umstrukturierungen wie Schuldennachlass, Eigenkapitalzufuhren und Garantien sowie Zuschüsse für Forschung und technologische Entwicklung. Die USA behaupteten, dass diese Maßnahmen spezifische Subventionen im Sinne des Artikel 1 ist und 2 des Abkommens über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen (SCM-Abkommen) darstellen und diese nachteilige Auswirkungen auf die US-Interessen im Sinne der Artikel 5 und 6 des SCM-Abkommens hätten. Darüber hinaus behaupteten die USA, dass gewisse Anschubfinanzierungen verbotene Subventionen im Sinne des Art. 3 des SCM-Abkommens seien.
Das WTO-Berufungsgremium hat in diesem Streitfall bereits 2011 entschieden und bestätigte in großen Teilen die Entscheidung des Panels dahingehend, dass bestimmte Subventionen der EU und einiger ihrer Mitgliedstaaten die Interessen der USA ernsthaft schädigen und hat daher die EU erneut aufgefordert, diese Subventionen innerhalb einer bestimmten Frist entweder zurückzunehmen oder geeignete Maßnahmen zu setzen, um die nachteiligen Auswirkungen zu beseitigen. Aufgrund der Streitfrage über die WTO-konforme Umsetzung der Panelempfehlungen durch die EU wurde im Jahr 2012 auf Antrag der USA ein sogenannter Compliance Panel errichtet, der 2016 zum Schluss kam, dass die EU und bestimmte EU-Mitgliedstaaten die Empfehlungen des Berufungsgremium nicht in geeigneter Weise umgesetzt hätten und diese daher nicht im Einklang mit den Verpflichtungen des Abkommen über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen stehen würden. Gegen diese Entscheidung hat die EU umgehend Beschwerde eingelegt. Am 15. Mail 2018 veröffentliche das Compliance Berufungsgremium seinen endgültigen Bericht und gab den Beschwerden der USA in großen Teilen recht.
Am 2. Oktober 2019 haben die Schiedsrichter der Welthandelsorganisation (WTO) im Fall Airbus ihre Entscheidung über die Höhe der Gegenmaßnahmen, die die Vereinigten Staaten in Bezug auf die Europäische Union und bestimmte EU-Mitgliedstaaten im Fall "“European Communities and Certain Member States — Measures Affecting Trade in Large Civil Aircraft” (DS316) beantragen können, getätigt.
Die jährliche Gesamtsumme für Gegenmaßnahmen wurde auf (bis zu) 7,5 Mrd. USD berechnet, dieser Wert lag unter der von den USA angegebenen Höhe von 10,5 Mrd. USD.
Der Entscheid ermöglichte den USA damit eine WTO konforme Einhebung von Zöllen auf den Import von Produkten mit EU Ursprung.
Die US-Produktliste mit Zusatzzöllen trat am 18. Oktober 2019 in Kraft.
Die hauptbetroffenen Warenexporte aus Österreich sind bestimmte Frucht- und Gemüsesäfte des KN-Codes 20.09 89 (11,3 Mio. Euro), Käse des KN-Codes 04.06 (4,2 Mio. Euro) und bestimmte Fleischprodukte, die mit einem Zusatzzoll von 25 % belegt wurden.
Das Wertvolumen der damit betroffenen österreichischen Exporte beträgt rund 16 Mio. Euro, wobei die Gesamt-Agrarexporte Österreichs in die USA 2018 (Zollkapitel 1 bis 24), 934 Mio. Euro betrugen.
Neue US-Zusatzzölle (Karussellliste) auf EU-Produkte im WTO-Airbus-Streitfall ab 5. bzw. 18. März 2020
Der USTR gab am 2. Dezember 2019, in Reaktion auf den am selben Tag veröffentlichten WTO-Panelbericht[1] zum Airbus Art 21.5 Compliance-Verfahren iZm dem Boeing vs. Airbus WTO-Streitfall bekannt, die im Oktober 2019 eingeführten US Zusatzzölle auf EU-Produkte erhöhen zu wollen und/oder die betroffenen Produktkategorien zu ändern. Im Rahmen des sogenannten WTO-Karussellverfahren wäre dies nach 120 Tagen möglich.
Am 14. Februar 2020 wurde bekannt, dass die USA die seit Oktober 2019 geltende Liste von Produkten, die aufgrund des WTO-Streitfalls „Airbus“ mit Zusatzzöllen belegt sind, abändern werden. Die neuen US-Zölle in Höhe von 10 %, 15 % und 25 % betreffen Österreich v.a. bei Agrarprodukten. Annex 1, Teile A und B sollen am 5. März 2020, Annex 1 Teil C am 18. März 2020 in Kraft treten. Informationen zu den konkreten Waren und Zolltarifnummern nach US-Nomenklatur (die ersten sechs Stellen sind weltweit harmonisiert, gelten also in den USA und in der EU gleich) können der neuen US-Produktliste mit Zusatzzöllen entnommen werden.
Vorläufiges Ende des Airbus/Boeing Rechtsstreites
Nach 17 Jahren hat der Airbus/Boeing-WTO-Rechtsstreit sein vorläufiges Ende gefunden. Darauf haben sich die EU und USA bei ihrem Gipfeltreffen in Brüssel am 15. Juni 2021 verständigt.
Konkret hat man sich darauf geeinigt, die bereits für vier Monate temporär ausgesetzten Strafzölle für die kommenden 5 Jahre ruhen zu lassen. Dadurch werden gegenseitige Zölle idHv. 2,7 Mrd. EUR nicht fällig. Eine neue Arbeitsgruppe für zivile Luftfahrt wird unter der Aufsicht der beiden Handelsminister tagen. Die Finanzierung von und F&E-Förderungen für Luftfahrtunternehmen soll künftig transparent und unter Marktbedingungen geschehen. Keine Steuererleichterungen für Luftfahrtunternehmen und ein gemeinsames Vorgehen gegen wettbewerbsverzerrende Praktiken von Dritten. Man hofft, in den kommenden 5 Jahren eine langfristige Lösung zu finden.
Interessante Links:
Pressmitteilung der Kommission
Chronologie
- Konsultationsantrag: 6. Oktober 2004
- Panelbericht: 30. Juni 2010
- Bericht des Berufungsgremiums: 18. Mai 2011
- Compliance Panelbericht: 22. September 2016
- Berufung: 13. Oktober 2016
- Entscheidung des Compliance Berufungsgremiums: 15. Mai 2018
- US-Zusatzzölle auf US-Produkte: ab Oktober 2019
- Neue US-Zusatzzölle (Karussellliste): ab 5. bzw. 18. März 2020
- Vorläufiges Ende des Rechtsstreits: 15. Juni 2021
Weitere Informationen zum Streitfall:
EU gegen Indonesien - Ausfuhrbeschränkungen auf Rohstoffe (DS 592) - Status: Laufend
Die EU hat am 22. November 2019 ein Streitverfahren vor der WTO wegen indonesischer Ausfuhrbeschränkungen für Rohstoffe eingeleitet, die bei der Herstellung von nicht rostendem Stahl eingesetzt werden. Die bemängelten Maßnahmen stellen eine unfaire Beschränkung des Zugangs von EU-Herstellern zu Rohstoffen für die Stahlproduktion dar, insbesondere zu Nickel, aber auch zu Schrott, Kohle und Koks, Eisenerz und Chrom. Außerdem werden von der EU Subventionen angefochten, die darauf abzielen, indonesische Hersteller dazu zu bringen, stärker auf die inländische Fertigung zurückzugreifen und heimischen Produkten den Vorzug gegenüber eingeführten Produkten zu geben, was einen Verstoß gegen die WTO-Regeln darstellt.
Insbesondere werden von der EU die folgenden Maßnahmen angefochten:
- Ausfuhrbeschränkungen und Ausfuhrverbote für Rohstoffe, die bei der Herstellung von nicht rostendem Stahl eingesetzt werden, namentlich Nickel;
- Vorschriften bezüglich der Verarbeitung und Vermarktung im Inland sowie komplizierte und intransparente Ausfuhrlizenzverfahren und -bestimmungen, die sich auf den Zugang zu Rohstoffen wie Nickel, aber auch Eisen, Chrom, Metallabfällen und Schrott, Kohle und Koks auswirken;
- eine Regelung zur Befreiung von Einfuhrzöllen, die bestimmte Vergünstigungen bei der Einfuhr von für den Produktionsprozess in neuen oder modernisierten Fabriken benötigten Maschinen, Geräten und Materialien davon abhängig macht, dass zu mindestens 30 % inländische Ausrüstungen und Maschinen verwendet werden.
Während die EU-Industrie den niedrigsten Stand der Edelstahlproduktion seit 10 Jahren erreicht hat, ist Indonesien im Begriff, nach China der zweitgrößte Produzent der Welt zu werden, was durch unfaire und illegale Vorteile, wie sie in diesem Streit angefochten werden, begünstigt wird.
Die EU-Edelstahlindustrie erwirtschaftet einen Umsatz von rund 20 Milliarden Euro und sichert sich jährlich 420 Millionen Euro an Investitionen. Insgesamt hängen 30.000 direkte Arbeitsplätze und zusammen mehr als 200.000 direkte, indirekte und induzierte Arbeitsplätze von der Edelstahlindustrie in Europa ab. Die vier großen Edelstahl-Flachproduzenten in der EU haben kürzlich Pläne für den Abbau von mehr als 1.000 Dauerarbeitsplätzen bis Ende 2021 angekündigt.
In ihrem Panelantrag wendet sich die EU gegen die langjährigen und unterschiedlichen Beschränkungen der indonesischen Nickelerz Exporte. Seit Januar 2020 hat Indonesien ein vollständiges Verbot für die Ausfuhr von Nickelerz eingeführt, das für die indonesische Produktion von rostfreiem Stahl reserviert ist.
Die von der EU beantragten Konsultationen im November 2019 mit Indonesien konnten keine außerstreitige Beilegung erzielen. Indonesien misst den Maßnahmen große handelspolitische Bedeutung bei. Die EU hat daher am 14. Jänner 2021 die Einsetzung eines Panels bei der Welthandelsorganisation (WTO) beantragt, um die Beseitigung rechtswidriger Ausfuhrbeschränkungen zu erreichen, die Indonesien für Rohstoffe verhängt hat, die für die Herstellung von rostfreiem Stahl erforderlich sind, insbesondere für Nickel- und Eisenerz.
Nächste Schritte
Die EU wird auf der nächsten Sitzung des WTO-Streitbeilegungsgremiums am 25. Januar 2021 die Einsetzung eines Panels beantragen, das über die Rechtmäßigkeit der fraglichen indonesischen Maßnahmen entscheiden soll.
Nach der Einsetzung des Panels wird die EU die Zusammensetzung des Panels beantragen. Sobald das Panel zusammengesetzt ist, wird es einen Zeitplan für den Fall vorlegen.
EU gegen Kolumbien - Antidumpingzölle auf die Einfuhren gefrorener Pommes frites aus Belgien, Deutschland und den Niederlanden (DS 591) - Status: in Beratung
Die EU hat am 15. November 2019 in der WTO einen Handelsstreit über rechtswidrige Antidumpingmaßnahmen, die von Kolumbien gegen tiefgekühlte Pommes frites aus Belgien, Deutschland und den Niederlanden verhängt wurden, eröffnet.
Die Antidumpingzölle, die von Kolumbien vor einem Jahr eingeführt wurden, sind weder inhaltlich noch verfahrenstechnisch mit dem WTO-Recht vereinbar. Die über einen Zeitraum von zwei Jahren geltenden Zölle auf europäische Einfuhren reichen von etwa 3 % bis 8 %. Diese ungerechtfertigten Zölle schränken den Zugang zum kolumbianischen Markt ein und betreffen fast 85 % der EU-Ausfuhren von tiefgekühlten Pommes frites auf diesen Markt mit einem Wert von über 19 Mio. € pro Jahr.
Der erste Schritt der Streitbeilegung besteht aus Konsultationen, die sich über 60 Tage erstrecken. Die WTO Konsultationen bieten der EU und Kolumbien die Möglichkeit, auf dem Verhandlungsweg eine Lösung zu finden. Sollten die beantragten Konsultationen mit Kolumbien nicht zu einer zufriedenstellenden Lösung führen, kann die EU beantragen, dass die WTO ein Panel zur Streitbeilegung einrichtet, das über die betreffende Frage entscheidet.
EU gegen Türkei - bestimmte Maßnahmen zur Herstellung, Einfuhr und Vermarktung von Arzneimitteln (DS 583) - Status: in Beratung
Unter Streitbeilegungsfall DS 583 greift die EU bestimmte Maßnahmen der Türkei an, welche sich auf die Herstellung, Vermarktung und die Einfuhr von pharmazeutischen Produkten beziehen. Dabei handelt es sich konkret um den Vorwurf von türkischen Lokalisierungsverpflichtungen, Vorgaben für Technologietransfers, Importverbote und Maßnahmen für die bevorzugte Behandlung türkischer Unternehmen. Die EU sieht damit das GATT (General Agreement on Tariffs and Trade), das SCM-Abkommen (Agreement on Subsidies and Countervailing Measures), das TRIMS (Agreement on Trade-Related Investment Measures) und das TRIPS-Abkommen (Trade Related Intellectual Property Rights) als verletzt an und leitete am 2. April 2019 daher Konsultationen ein.
Die USA versuchten, Drittparteienstatus bei diesem Fall zu erlangen und machten dabei ein finanzielles Interesse von über 200 Mio. USD geltend, wurden aber von der Türkei als Drittpartei zurückgewiesen. Generell wird es in letzter Zeit im Disput Settlement Body (DSB) immer schwieriger, als Drittpartei zugelassen zu werden, was die Europäische Kommission auch als systemisches Problem wertet.
EU gegen Indien - Zollbehandlung für bestimmte Güter im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie (DS 582) - Status: in Beratung
Die EU beanstandet gegen Indien die Einführung von Einfuhrzöllen für eine Vielzahl von Informations- und Kommunikationstechnologie(IKT)-Produkten, beispielsweise für Mobiltelefone und Komponenten, Basisstationen, integrierte Schaltkreise und optische Instrumente. Trotz seiner früheren rechtlich bindenden Verpflichtung in der WTO, keine Zölle auf diese Produkte zu erheben, wendet Indien Zölle zwischen 7,5 % und 20 % an. Diese Einfuhrzölle verstoßen daher eindeutig gegen die indischen WTO-Regeln (Anhang zum GATT 1994 ("Zeitplan")) über die Einfuhr bestimmter Waren des Informations- und Technologiesektors.
Die Abgaben wirken sich auf die Ausfuhren der EU in Höhe von 600 Mio. EUR pro Jahr aus.
Indien zeigte in den Konsultationen weder Einsicht, noch Bereitschaft zur umfassenden Informationsbereitstellung. Das Hauptverteidigungsargument lautete, technischer Fortschritt befördere die besagten 27 Zolllinien in den Anwendungsbereich des ITA II (Informationstechnologieabkommen II), dem Indien nie beigetreten ist. Allerdings liegt bereits mit DS 377 ein ausjudizierter Fall genau zu dieser Fragestellung vor, den die EU gegen USA und Taiwan verloren haben. Die Konsultationen brachten eigentlich kein brauchbares Ergebnis, ein Panelverfahren dürfte daher mit hoher Wahrscheinlichkeit folgen.
China gegen die EU - bestimmte Geflügelfleischprodukte (DS 492) - Status: Abgeschlossen
Im vorliegenden Fall hatte die EU ihre Zölle nach dem Anstieg der Einfuhren bestimmter Geflügelerzeugnisse in zwei getrennten Änderungen gemäß Artikel XXVIII GATT angehoben. Die EU handelte mit Brasilien und Thailand einen Ausgleich aus, die auf der Grundlage der Einfuhrstatistiken für den betreffenden repräsentativen Dreijahreszeitraum jeweils ein Interesse als Hauptlieferant bzw. als wesentlicher Lieferant haben. Zu diesem Zeitpunkt gab es keine chinesischen Ausfuhren in die EU, da China aufgrund veterinärhygienischer Beschränkungen kein Geflügel in die EU ausführen konnte. Spätere Handelsstatistiken zeigten jedoch, dass die Einfuhren einiger gegarter Geflügelerzeugnisse aus China nach der Lockerung der veterinärhygienischen Maßnahmen erheblich angestiegen sind. Das Panel stellte daher fest, dass die EU bei der Mengenzuweisung im Rahmen von Zollkontingenten an Lieferländer, China als Lieferland hätte behandeln und diese chinesischen Ausfuhren hätte berücksichtigen müssen (das Panel lehnte die Forderungen Chinas mit Blick auf andere Erzeugnisse ab, bei denen es keine Einfuhren gab).
Der angemessene Zeitraum für die Umsetzung des Berichts des WTO-Panels nach den WTO-Regeln begann am 19. April 2017.
Am 12. März 2018 ermächtigte der Rat die Kommission zur Aufnahme von Verhandlungen zur Erzielung einer einvernehmlichen Lösung mit China. Die Verhandlungen mit China mündeten in ein Abkommen in Form eines Briefwechsels. Das Abkommen tritt am 1. April 2019 in Kraft und soll die Rechte anderer Lieferanten wahren, die im Rahmen früherer Verhandlungen im Rahmen des Artikels XXVIII des GATT vereinbart worden waren.
In dem vorgeschlagenen Abkommen sind folgende Zollkontingente vorgesehen:
- ein Zollkontingent von 6 060 Tonnen für die Zolltarifposition 1602.3929 (zubereitetes Fleisch von Enten, Gänsen, Perlhühnern, gegart, mit einem Anteil an Fleisch oder Schlachtnebenerzeugnissen von Geflügel von 57 GHT oder mehr) mit einer länderspezifischen Zuweisung von 6 000 Tonnen für China und 60 Tonnen für alle übrigen Länder zu einem Kontingentzollsatz von 10,9 %;
- ein Zollkontingent von 660 Tonnen für die Tarifposition 1602.3985 (zubereitetes Fleisch von Enten, Gänsen, Perlhühnern, gegart, mit einem Anteil an Fleisch oder Schlachtnebenerzeugnissen von Geflügel von weniger als 57 GHT) mit einer spezifischen Länderzuweisung von 600 Tonnen für China und 60 Tonnen für alle anderen Länder zu einem Kontingentzollsatz von 10,9 %;
- ein Zollkontingent (erga omnes) von 5 000 Tonnen für die Tarifposition 1602.3219 (von Hühnern (Gallus domesticus) gegart, mit einem Anteil an Fleisch oder Schlachtnebenerzeugnissen von Geflügel von weniger als 57 GHT) zu einem Kontingentzollsatz von 8 %.
Weitere Informationen zum Streitfall:
Ukraine gegen Russland - Traffic in Transit – (DS 512) - Status: Laufend
Hintergrund der Klage ist, dass Russland durch unterschiedlichste Restriktionen den Gütertransit aus der Ukraine durch sein Territorium in Drittstaaten unterbindet. Österreich ist von dieser Thematik auch betroffen. Russland verteidigte die Transitbeschränkungen aus Gründen der Nationalen Sicherheit, womit sich der Fall im Art XXI GATT und dessen erstmaligen Interpretation durch die WTO wiederfindet. Selbiger Artikel wird derzeit von der US-Regierung im Rahmen einer „232-Section“-Untersuchung „strapaziert“, nämlich inwieweit Stahl- und Aluminiumimporte Auswirkungen auf die nationale Sicherheit der USA haben. Im Februar 2017 ersuchte die Ukraine um Einsetzung eines Panels zur Lösung des Streitfalls.
Weitere Informationen zum Streitfall:
EU gegen Russland – Antidumpingzölle Russlands auf leichte Nutzfahrzeuge (DS 479) – Status: Abgeschlossen
Im Mai 2014 beantragte die EU die Einleitung von Konsultationen mit Russland aufgrund von Anti-Dumping Zöllen auf bestimmte Fahrzeuge aus Europa. Nach Ansicht der EU verstoßen die Zölle zwischen 23 % und 29,6 % auf leichte Nutzfahrzeuge aus Deutschland und Italien gegen das WTO-Recht und behindern somit wesentlich den Zugang zum russischen Markt. Russland hingegen ist der Ansicht, dass diese Fahrzeuge mit zu niedrigen Preisen auf den russischen Markt kommen, weswegen die Verhängung von Anti-Dumping Zöllen gerechtfertigt sei. Im Oktober 2014 wurde ein Streitbeilegungspanel eingesetzt, der mit seiner Entscheidung im Jänner 2017 der EU in vielen Punkten Recht gab. Das Berufungsgremium bestätigte am 22. März 2018 die Entscheidungsfindung des Panels.
Weitere Informationen zum Streitfall:
Russland gegen die EU - Überregulierung des EU-Energiemarktes (DS 476) - Status: Laufend
Am 30. April 2014 beantragte Russland die Einleitung von Konsultationen mit der EU aufgrund von Regulierungen im so genannten „Dritten Energiepaket“ für den Strom- und Gasmarkt der EU, die die Lieferung und Einspeisung von Gas und Elektrizität in das EU-System durch Unternehmen aus Drittländern behindern sollen. Nach Ansicht Russlands verstoßen diese Regulierungen gegen eine Reihe von Verpflichtungen und spezifischen Zugeständnissen der EU und sollen darüber hinaus unvereinbar mit den Verpflichtungen der EU aus dem WTO-Übereinkommen über Dienstleistungen (GATS) und dem WTO-Übereinkommen über Subventionen und Ausgleichszulagen sein. Im März 2016 wurde auf Antrag Russlands ein Streitbeilegungspanel eingesetzt, der über die Rechtmäßigkeit der EU-Maßnahmen im August 2018 entschieden hat. Im Panelbericht wurde den Vorwürfen Russlands nur teilweise Recht gegeben.
Weitere Informationen zum Streitfall:
EU gegen Russland - Russisches Importverbot von EU-Schweinefleisch und -produkten (DS 475) – Status: Laufend
Russland hat Ende Jänner 2014 ein Einfuhrverbot für Schweine, frisches Schweinefleisch und bestimmte aus Schweinen hergestellte Erzeugnisse verhängt. Russland begründete seine Entscheidung mit aufgetretenen Einzelfällen von Afrikanischer Schweinepest (ASP) bei Wildschweinen an der litauischen und polnischen Grenze zu Weißrussland. Hingegen akzeptierte Russland die Einfuhr von Schweinefleisch aus Ländern, die tatsächlich von der Afrikanischen Schweinepest betroffen waren. Dieses unverhältnismäßige Handelsverbot verursachte bei der EU-Landwirtschaft bedeutende Verluste. Im Juli 2014 beantragte die EU die Einsetzung eines WTO-Streitbeilegungspanels. Auch die WTO-Rekursinstanz gab der EU recht, nämlich, dass die russischen Maßnahmen gegen verschiedene Bestimmungen des SPS-Abkommens (WTO-Abkommen über gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen) verstoßen und damit ungerechtfertigt sind.
Im Rahmen der Implementierung der WTO-Panelentscheidung hat Russland am 6. Dezember 2017 das Verbot für Schweinefleischimporte aufgehoben. Zuvor wurden jedoch sämtliche Schweinefleischprodukte sowie lebende Schweine auf die „allgemeine“ russische Lebensmittelembargoliste gesetzt, sodass trotz Beilegung des WTO-Streitfalles das Handelsverbot weiter besteht. Am 3. Jänner 2018 stellte die EU beim WTO-Sekretariat den Antrag, seine vertraglichen Zugeständnisse und sonstigen Pflichten gegenüber Russland aussetzen zu dürfen. Laut EU ist es Russland nicht gelungen, den Umsetzungsempfehlungen des WTO-Streitbeilegungsgremiums nachzukommen. Daraufhin ersuchte Russland die WTO Ende Jänner 2018 um Einleitung von Konsultation und Überprüfung der WTO-konformen Umsetzung des Panelentscheids durch Russland. Anfang Februar 2018 folgte die EU mit demselben Antrag auf Überprüfung durch die WTO.
Weitere Informationen zum Streitfall:
Argentinien gegen die EU - Biodiesel (DS 473) – Status: Umsetzung
Dieser ist der dritte Fall in Serie, in welchem Argentinien gegen EU-Maßnahmen im Zusammenhang mit Biodiesel vorgeht. Handelte es sich bei „Biodiesel I“ (DS 443) um die Vergeltung gegen die von Spanien im Lichte des Repsol-Falles verhängten Biodieselquoten, richtete sich „Biodiesel II“ gegen zwei EU-Richtlinien im umweltpolitischen Kontext (DS 459) und deren Umsetzung durch einzelne EU-Mitgliedstaaten. „Biodiesel III“ konzentriert sich nun auf Antidumping-Maßnahmen der EU. Die Panelentscheidung richtete sich in diesem Streitfall allerdings gegen die EU und beurteilte die Antidumping-Maßnahmen der EU bzw. die EU-Preiskalkulationsmethodik als nicht WTO-Konform. Der EU werden nicht korrekte Kalkulationsmethoden vorgeworfen. Im Oktober 2016 erging der Panelentscheid mit Umsetzungsverpflichtungen für die EU, nämlich den WTO-konformen Zustand wiederherzustellen.
Weitere Informationen zum Streitfall:
EU gegen Russland – Recyclinggebühr auf Importautos „recycling fee“ (DS 462) – Staus: Laufend
Russland hat am 1. September 2012 - nur wenige Tage nach seinem WTO-Beitritt - eine Abgabe auf, aus der EU importierte PKW, LKW, Busse und andere Kraftfahrzeuge erhoben. Diese neue Abgabe beträgt für neue PKW zwischen 420 und 2.700 Euro und für über drei Jahre alte Fahrzeuge zwischen 2.600 und 17.200 Euro. Für in Russland selbst hergestellte Fahrzeuge sowie Fahrzeugimporte aus Weißrussland und Kasachstan sieht das russische Gesetz hingegen Ausnahmen vor. Gegen diese Sonderstellung von Fahrzeugen aus einheimischer Produktion hat die EU im Juli 2013 Beschwerde vor der WTO wegen Verletzung wesentlicher Prinzipien des WTO-Rechts (Meistbegünstigungsprinzip und Inländerprinzip) erhoben. Am 25. November 2013 wurde ein Panel eingerichtet; das Verfahren läuft noch.
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EU gegen China – Anti-Dumping-Maßnahmen in Bezug auf Stahlröhre (DS 460) - Status: Umsetzung
Im Juni 2013 beantragte die EU die Einleitung von Konsultationen mit China aufgrund eines Beschlusses der chinesischen Regierung über die Einführung von vorläufigen und endgültigen Anti-Dumping-Zöllen auf bestimmte Stahlrohre mit Ursprung in der EU. Durch diese Maßnahme verletze China nicht nur WTO-Bestimmungen über Antidumping- und Ausgleichszölle, sondern auch eine Reihe weiterer Bestimmungen des WTO-Antidumpingabkommens. Im August 2013 beantragte die EU die Einrichtung eines Panels. In seinem Bericht von Februar 2015 gab der Panel den Beschwerden der EU in vielen Punkten recht. Im Mai 2015 hat China gegen den Panelentscheid berufen. Die WTO-Rekursinstanz hielt die Entscheidungsfindung des Panels in großen Teil aufrecht. Seit 28. Oktober 2015 befindet sich der Streitfall in der Umsetzungsphase im Sinne der Empfehlungen des Panels.
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Argentinien gegen die EU – “Biodiesel” (DS 459) – Status: Laufend
Im Mai 2013 beantragte Argentinien die Einleitung von Konsultationen mit der EU wegen ihrer Maßnahmen zur Unterstützung des EU-Biodieselsektors sowie zur Förderung der Nutzung nachhaltiger Energien im Rahmen der EU-Klimapolitik. Nach Auffassung Argentiniens verstoßen diese Maßnahmen gegen zahlreiche Bestimmungen des WTO-Rechts.
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EU, USA, Japan gegen China – Seltene Erden (DS 432) – Status: Umsetzung
Gemeinsam mit den USA und Japan beantragten die EU im Juni 2012 die Einsetzung eines WTO-Streitbeilegungspanels aufgrund der Ausfuhrregelungen Chinas für Seltene Erden. Nach Ansicht der Klägerländer stellen die chinesischen Regelungen wie Ausfuhrzölle, Ausfuhrkontingente und zusätzliche Anforderungen und Verfahren für Ausführer Zugangsbeschränkungen zu den Rohstoffen Chinas für ausländische Unternehmen dar, die sowohl gegen allgemeinen WTO-Verpflichtungen als auch gegen spezifische WTO-Verpflichtungen in Bezug auf Ausfuhrzölle verstoßen. China rechtfertigte seine Maßnahmen zum Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen gemäß Art. XX (b) GATT als notwendig. Dieser Artikel lässt Ausnahmen von den WTO-Verpflichtungen unter bestimmten Voraussetzungen zu.
Ende März 2014 kam der WTO-Panel zu dem Schluss, dass die Ausfuhrbeschränkungen keine, wie in Art. XX (b) GATT geforderten, notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Umwelt darstellen und daher Chinas Ausfuhrregelungen für Seltene Erden und andere Rohstoffe gegen WTO-Verpflichtungen verstoßen.
Im April 2014 hat China gegen große Teile des Panelentscheids berufen. Aber auch das WTO-Berufungsgremium bestätigte den Panelentscheid, nämlich, dass Chinas Ausfuhrregelungen für Seltene Erden und sonstige Rohstoffe (zB Wolfram) keine Rechtfertigung auch nicht unter Art. XX (g) GATT als Maßnahme zur Erhaltung erschöpflicher Naturschätze finden und daher gegen das WTO-Recht verstoßen. Der Streitfall findet sich in der Umsetzungsphase.
Weitere Informationen zum Streitfall:
EU gegen die USA - “Byrd amendment ” (DS 217) – EU-Gegenmaßnahmen
Auch 2023 fand die jährliche Anpassung der von der EU verhängten Zusatzzölle auf bestimmte Waren US-amerikanischen Ursprungs im WTO-Streitfall „Byrd“ statt.
Der Satz des Zusatzzolls (Wertzoll), dem die Waren in Anhang I der Verordnung (EU) 2018/196 unterliegen, wird mit der delegierten Verordnung 2023/858 geändert, d. h. er wird mit 1. Mai 2023 von 0,001 % auf 0,164 % erhöht, um sich an die Höhe der Vergeltungsmaßnahmen anzupassen.
Die Liste mit US-Produkten, auf welche ab dem 1. Mai 2023 dieser neue Zollsatz (zusätzlicher Wertzollsatz von 0,164 %) eingehoben wird, bleibt gegenüber dem Vorjahr unverändert und lautet entsprechend dem Anhang I der Verordnung (EU) 2018/196:
- Zuckermais, ZTNr. 0710 40 00
- Rahmen und Halterungen aus unedlen Metallen, ZTNr. ex 9003 19 00
- Kranwägen/Autokrane, ZTNr. 8705 10 00
- Hosen, lang bzw. aus Denim für Frauen und Mädchen, ZTNr. 6204 62 31
Die Auswirkungen eines zusätzlichen Wertzolls von 0,164 % auf die Einfuhren der vier Produktkategorien aus den Vereinigten Staaten entspricht auf ein Jahr gerechnet einem Handelswert von höchstens 317 877,22 USD.
Zur Erinnerung:
Die EU hat den gegen die USA vor der WTO angestrengten „Byrd-Streitfall“ im Jahr 2004 gewonnen und wurde zur Einhebung von Zusatzzöllen ermächtigt. Das „Gesetz über Ausgleichszahlungen“ der USA wurde als WTO-widrig befunden, da es die Auszahlung von eingehobenen Antidumping-Zöllen an die betroffenen Branchen und Firmen in den USA vorsieht. Solange diese Auszahlungen weiter erfolgen, werden die EU-Zusatzzölle jährlich anhand der in der Grundverordnung, Anhang 3 angeführten Waren an die jeweiligen Antidumping-Auszahlungen in den USA angepasst.
Weitere Informationen zum Streitfall:
EU gegen die USA – “Hormones” (DS 26) – Status: Abgeschlossen durch eine internationale Vereinbarung zwischen den USA und der EU
Gegenstand des Streitfalles "Hormone" ist der Schutz der menschlichen Gesundheit vor möglichen Gesundheitsrisiken, die durch den Verzehr von hormonbehandeltem Rindfleisch entstehen können. Im Jänner 1989 erließ die Europäische Gemeinschaft ein Importverbot für Fleisch und Fleischprodukte von Tieren, die mit Hormonen behandelt wurden, um deren natürliches Wachstum zu fördern. Das Importverbot der EU gründete sich auf EU-Richtlinien zum Schutz der Verbraucher, um mögliche Risiken für die menschliche Gesundheit durch den Verzehr von hormonbehandeltem Fleisch oder Fleischprodukten vorzubeugen. In den USA ist der Einsatz von Hormonen in der Tierzucht zur Wachstumsförderung üblich. Nachdem die formalen Konsultationen zwischen den USA und der EU über die Rechtsvorschriften über das Verbot von Hormonen im EU-Raum fruchtlos verlaufen waren, beantragten die USA 1996 die Einsetzung eines Panels. Der WTO-Panelentscheid gab den USA Recht und ermächtigte diese zur Aussetzung von Handelszugeständnissen.
Im Jahr 2009 unterzeichneten die EU und die USA ein Memorandum of Understanding, welches in jeweils drei Phasen die Reduzierung der US-Sanktionen bei Steigerung der EU-Kontingente für den Import von nicht mit Wachstumshormonen behandeltem Rindfleisch aus den USA in die EU zulässt. In der WTO ist mit dem Abschluss und vereinbarten Umsetzung des Memorandums of Understanding der Fall praktisch abgeschlossen.
Das Memorandum of Understandig ist allerdings eine internationale Übereinkunft, die beiden Parteien das Recht einräumt, von dieser zurückzutreten. Die Vereinbarung läuft in diesem Fall nach 6 Monaten aus. Aktuell läuft eine „US-Section 301“-Untersuchung mit der möglichen Aufkündigung dieser Übereinkunft. Bei einem Rückzug der USA von der Vereinbarung wären die USA berechtigt, wieder Zusatzzölle auf bestimme EU-Produkte zu verhängen, nämlich auch auf solche Produkte, die in keinem Zusammenhang mit dem Streitfall stehen, deren Einbezug aber trotzdem WTO-konform wäre.
Vor dem Hintergrund der gemeinsamen Erklärung vom 25. Juli 2018 zwischen der EU und den USA zur Beilegung des transatlantischen Handelskonfliktes und Aufnahme von Verhandlungen zur strategischen Zusammenarbeit arbeitet die Europäische Kommission an einem Verhandlungsmandat zur Aufnahme von Verhandlungen mit den USA über eine Änderung der im Jahr 2009 unterzeichneten und 2014 überarbeiteten Vereinbarung (Memorandum of Understanding, MoU) zur Beendigung des EU-USA „Hormon“-WTO-Streitfalles. Die damals zwischen der EU und den USA geschlossene Vereinbarung sieht Einfuhr-Kontingente von 45.000 Tonnen nicht hormonell erzeugtem Rindfleisch für qualifizierte Lieferanten, zu denen die USA gehören, vor.
Gegenstand der zukünftigen Verhandlungen soll eine länderspezifische Zuteilung des jährlichen Importkontingents von „qualitativ hochwertigem“ Rindfleisch gemäß der Vereinbarung sein. Seitens der EU wird ein verbesserter Marktzugang für (nicht hormonbehandeltes) Rindfleisch aus den USA angestrebt, zumal sich das Kontingent aus WTO-Konformitätsgründen nicht allein auf die USA bezieht. Eine Erhöhung des Kontingents soll dabei nicht Gegenstand der Verhandlungen sein, wie auch keine Änderungen betreffend das EU-Importverbot von hormonbehandelten Rindfleisch. Seit Dezember 2016 steht nämlich im Raum, dass die USA auf Druck der US-Rindfleischindustrie die Vereinbarung mit der EU im WTO -„Hormonstreitfall“ kündigen wird. Im Falle der Kündigung dieser Vereinbarung hätten die USA das Recht, Strafzölle auf eine Reihe von EU-Produkten zu verhängen, die in keiner Beziehung zum EU-Importverbot von hormonbehandelten Rindfleisch stehen.
Mit Verbesserung des Marktzugangs für die USA für nicht hormonbehandeltes Rindfleisch will die EU die drohende Kündigung der Vereinbarung vermeiden. Mit dem Verhandlungsmandat soll eine für beide Seiten zufriedenstellende Lösung im Einklang mit den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) gefunden werden.
Weitere Informationen zum Streitfall:
Stand: 08.05.2023