Schäden an allgemeinen Liegenschaftsflächen
Kratzer Lift - wer übernimmt die Haftung?
Lesedauer: 3 Minuten
Inhaltsverzeichnis
Beschwerde Lärm
Muss die Hausverwaltung tätig werden?
Ich wende mich mit zwei Fragen an Sie, mit denen ich derzeit im Rahmen der Hausverwaltung konfrontiert bin und bitte Sie höflich um Auskunft.
1. In einer Wohnungseigentümergemeinschaft wurde von einem Wohnungseigentümer gemeldet, dass der Lift Kratzer aufweisen würde aufgrund Auszug eines Mieters im Haus (den Namen hat er genannt). Er teilte mit, dass er für die Reparatur nichts bezahlten möchte, weil angeblich durch den Mieter eines Wohnungseigentümers verursacht.
Wie wäre hier konkret vorzugehen?
2. Ich verwalte zwei Häuser, die neben einander stehen, eines ist eine WEG, eines ein Mietobjekt. Eine Eigentümerin der WEG beschwert sich nun über Lärm aus dem Mietshaus. Da Sie weiß, dass ich beide Häuser verwalte, möchte sie, dass ich tätig werde. Muss ich das?
Antwort zur 1. Frage:
Das Schadenersatzrecht gewährt einen Ersatzanspruch, wenn der Schädiger den Geschädigten rechtswidrig und schuldhaft geschädigt hat. Der Wohnungseigentümer einer vermieteten Wohnung haftet grundsätzlich für die durch seinen Mieter schuldhaft verursachten Schäden an allgemeinen Teilen der Liegenschaft. Fraglich ist nun, wer Schadenersatzansprüche gegen den rechtswidrig und schuldhaft handelnden Wohnungseigentümer geltend machen kann. Die Judikatur hat Schadenersatzansprüche von allgemeinen Teilen der Liegenschaft der Eigentümergemeinschaft zugeordnet (OGH 5 Ob 95/04p). Meinungen in der Literatur gehen jedoch abweichend davon aus, dass die Ansprüche nur den einzelnen Wohnungseigentümer zustehen (Terlitza, wobl 2011, 195). Unseres Erachtens kommen die erwähnten Ansprüche betreffend Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche der Eigentümergemeinschaft nicht originär zu, sondern müssen gemäß § 18 Abs 2 WEG der Eigentümergemeinschaft erst abgetreten werden, wodurch die Eigentümergemeinschaft diese Ansprüche erwirbt und in eigenem Namen geltend machen kann.
Die konkrete Vorgehensweise ist daher wie folgt: Sofern der betroffene Wohnungseigentümer nicht ohnehin nach einer entsprechenden Aufforderung zahlt, können die Wohnungseigentümer selbst ihre Ansprüche gegen den Schädiger geltend machen oder ihre Ansprüche der Eigentümergemeinschaft abtreten, wodurch diese die Ansprüche im eigenen Namen geltend machen kann. Zur Annahme der Ansprüche durch die Eigentümergemeinschaft siehe unten (Antwort zur 2. Frage).
Antwort zur 2. Frage:
Der Eigentümer eines Grundstückes kann dem Nachbarn die von dessen Grund ausgehenden Einwirkungen durch Geräusch insoweit untersagen (Unterlassungsklage), als sie das nach den örtlichen Verhältnissen
- gewöhnliche Maß überschreiten und
- die ortsübliche Benutzung des Grundstückes wesentlich beeinträchtigen (§ 364 Abs 2 ABGB).
Die Abwehr der unzulässigen Immissionen kann durch jeden einzelnen Wohnungseigentümer begehrt werden. Die Wohnungseigentümer können allerdings der Eigentümergemeinschaft die aus ihrem Miteigentum erfließenden Unterlassungsansprüche, etwa die Durchsetzung nachbarrechtlicher Unterlassungsansprüche, abtreten, wodurch die Eigentümergemeinschaft diese Ansprüche erwirbt und im eigenen Namen geltend machen kann (§ 18 Abs 2 Satz 1 WEG).
Die Abtretung der Ansprüche (Zession) ist ein Konsensualvertrag und bedarf der Zustimmung der Eigentümergemeinschaft. Die Eigentümergemeinschaft kann nicht gezwungen werden, ein ihr von einem (oder mehreren) Wohnungseigentümer(n) angebotene Forderung auch tatsächlich anzunehmen. Obwohl die Durchsetzung von nachbarrechtlichen Unterlassungsansprüchen in der Regel zu den Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung zu zählen sein wird, kann dem Verwalter generell empfohlen werden, vor der Annahme des angebotenen Anspruches (jedenfalls aber vor der Einleitung – mit Kostenrisiko – behafteter gerichtlicher Schritte) einen Beschluss der Mehrheit einzuholen. Die Annahme der Abtretung von Ansprüchen, die offenkundige gemeinschaftliche Interessen betreffen, wie etwa allgemeine Teile der Liegenschaft betreffende Unterlassungsansprüche, wird wohl als ordentliche Verwaltung zu qualifizieren sein, über die mit Mehrheitsbeschluss entschieden werden kann. Die Annahme von abgetretenen Ansprüchen, die aus Individualansprüchen Einzelner resultieren, bedürfen unseres Erachtens als Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung der Einstimmigkeit.
Fazit: Entweder der Wohnungseigentümer macht seine nachbarrechtlichen Ansprüche auf „eigene Faust“ geltend oder er tritt seine Ansprüche an die Eigentümergemeinschaft ab, diese nimmt die Ansprüche mit Mehrheitsbeschluss an und macht die Ansprüche – vertreten durch die Verwaltung – geltend. Dem Hausverwalter ist jedenfalls zu empfehlen, vor der Einleitung von (kostenintensiven) Schritten einen Mehrheitsbeschluss einzuholen.
Stand: 29.11.2021