Vizepräsidentin Martha Schultz
© FIW/Barbara Nidetzky
Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten, Fachverband

Women Wanted – Zukunft aktiv gestalten

Interview mit Martha Schultz über ihre Aufgaben, Motivation und die Initiative "Women Wanted"

Lesedauer: 4 Minuten

02.12.2024

Martha Schultz ist seit 2010 Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Österreich und seit 2015 Bundesvorsitzende von Frau in der Wirtschaft in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ).

Was hat Sie persönlich dazu motiviert, sich in der Interessenvertretung zu engagieren? Was finden Sie besonders reizvoll an dieser Aufgabe?

Martha Schultz: Ich bin mit Leib und Seele Unternehmerin in Tirol und mit Herzblut Interessenvertreterin – sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene in Brüssel. Es ist mir ein großes Anliegen, mich für die Interessen aller österreichischen Unternehmen − speziell natürlich für jene der Unternehmerinnen − einzusetzen und etwas zu bewegen, die Zukunft aktiv zu gestalten.

Inwieweit spielte Mut eine entscheidende Rolle auf Ihrem beruflichen Weg, und wie haben Sie diesen Mut gefunden und genutzt?

Martha Schultz: Unternehmerinnen sind Mutmacherinnen. Leider neigen wir Frauen oft dazu, uns nicht genug zuzutrauen. Hier lautet mein klarer Appell: Seid mutig! Persönlich hat mich Hilde Zach, die ehemalige Bürgermeisterin von Innsbruck enorm inspiriert. Sie hat immer gesagt, dass Frauen nicht so lange überlegen sollen, wenn ihnen ein toller Job angeboten wird, sondern sich mehr zutrauen und selbstbewusst Herausforderungen annehmen sollen.

Es ist mir ein großes Anliegen, mich für die Interessen aller österreichischen Unternehmen − speziell natürlich für jene der Unternehmerinnen − einzusetzen und etwas zu bewegen, die Zukunft aktiv zu gestalten. 

Als anerkannte Unternehmerin in einer von Männern dominierten Branche: Welche speziellen Fähigkeiten oder Ressourcen halten Sie für notwendig, damit Frauen sich in solchen männerdominierten Bereichen etablieren können?

Martha Schultz: Ich komme aus der Seilbahnbranche − einer sehr männerdominierten Branche – und kann mich noch an meine erste große Sitzung erinnern. Die Begrüßung lautete "Sehr geehrte Herren". Ich bin dann aufgestanden und habe ergänzt "und Damen". Seither wird korrekt begrüßt. Frauen brauchen Sichtbarkeit. Immerhin wird bereits fast jedes zweite Unternehmen in Österreich von einer Frau gegründet und mehr als jedes dritte Unternehmen von einer Frau geführt.

Ihr Sohn ist ja mittlerweile schon seit längerem dem Kleinkindalter entwachsen: Im Hinblick auf damals und heute haben sich Ihrer Ansicht nach die Forderungen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie verändert?

Martha Schultz: Vieles hat sich schon geändert, aber wir sind noch lange nicht dort, wo wir sein sollten. Noch immer sind es mehrheitlich die Frauen, die den schwierigen Spagat zwischen Job und Familie zu meistern haben. Deshalb fordern wir von Frau in der Wirtschaft (FiW) einen Turbo im Ausbau der Kinderbetreuung.

Es braucht mehr Kinderbetreuungsplätze, flächendeckend vom Neusiedlersee bis zum Bodensee und eine Ausweitung der Öffnungszeiten, die mit einer Vollzeitbeschäftigung zu vereinbaren sind. Nur wenn sich Eltern, Väter und Mütter, auf eine funktionierende Kinderbetreuung verlassen können, dann können sie gleichberechtigt ihre Karrieren verfolgen.

Bundeskanzler Nehammer hat 4,5 Milliarden Euro für den Ausbau von Kinderbildung und Kinderbetreuung zugesagt, das ist eine bestmögliche Investition für unsere Zukunft. Diese Mittel werden dringend benötigt und es geht jetzt darum, dass die Maßnahmen rasch und mit Fokus auf Qualität zielgerichtet umgesetzt werden.

Noch immer sind es mehrheitlich die Frauen, die den schwierigen Spagat zwischen Job und Familie zu meistern haben.

Sie wurden für weitere zwei Jahre als Vizepräsidentin der European Chambers of Commerce and Industry bestätigt – herzlichen Glückwunsch dazu. Könnten Sie unseren Leserinnen und Lesern etwas über Ihren Tätigkeitsbereich erzählen und wie Sie dazu beitragen, Europa wettbewerbsfähig zu halten und den Fortschritt voranzutreiben?

Martha Schultz: Als Vizepräsidentin von Eurochambres vertrete ich die Interessen der europäischen Wirtschaftskammern und ihrer Mitgliedsunternehmen auf europäischer Ebene und arbeite eng mit den EU-Institutionen zusammen, um die Rahmenbedingungen für ein wettbewerbsfähiges und zukunftsfähiges Europa zu verbessern. Mein Schwerpunkt ist der Bildungsbereich, vor allem der Kampf gegen den Fachkräftemangel, aber auch die Förderung von Unternehmertum und die Vernetzung von Unternehmerinnen europaweit.

Ich bin überzeugt, dass Europa nur dann erfolgreich sein kann, wenn unternehmerische Initiative gefördert wird und die Mitarbeiter:innen über Qualifikationen verfügen, die von unseren Unternehmen gebraucht werden. Innovation, Digitalisierung und Nachhaltigkeit sind dabei die großen Themen, an denen wir intensiv arbeiten müssen. Deshalb setze ich mich dafür ein, Europa zu einem Ort zu machen, an dem alle Menschen ihre Talente entfalten und zum Fortschritt beitragen können. Österreich ist dabei mit dem dualen Bildungssystem und der wirtschaftsnahen Lehrlingsausbildung ein Vorreiter in Europa.

Ich bin überzeugt, dass Europa nur dann erfolgreich sein kann, wenn unternehmerische Initiative gefördert wird und die Mitarbeiter:innen über Qualifikationen verfügen, die von unseren Unternehmen gebraucht werden.


Der Fachverband der Versicherungsmakler startet mit "Women Wanted – Frauen für die Branche gesucht" eine Initiative zur Förderung der Frauen in der Maklerbranche. Mit "Frau in der Wirtschaft" gibt es viele  gemeinsame Ziele. Können Sie sich eine Art Kooperation vorstellen?

Martha Schultz: Starke Frauen stärken Frauen, das ist mein Credo. Frau in der Wirtschaft ist das starke Netzwerk von mehr als 140.000 Unternehmerinnen in ganz Österreich. Jede Versicherungsmaklerin und Beraterin in Versicherungsagenden ist seit der Gründung ihres Unternehmens Mitglied in diesem größten Unternehmerinnennetzwerks Österreichs. Ich gratuliere dem Fachverband zur Initative "Woman Wanted". Gemeinsam sind wir viele Unterehmerinnen und Frauen in der Wirtschaft. Wir können uns gegenseitig Vorbild sein und Veränderung bewirken.

Ich gratuliere dem Fachverband zur Initiative "Woman Wanted". Gemeinsam sind wir viele Unterehmerinnen und Frauen in der Wirtschaft.

Zum Abschluss eine Frage: Werden Sie oder Ihr Unternehmen im Versicherungsbereich von einem Versicherungsmakler beraten oder betreut?

Martha Schultz: Die Beratung von Profis ist immer wertvoll.


Wir danken für das Gespräch.


Das Interview mit Frau Martha Schultz ist erschienen in der Ausgabe "Die Versicherungsmaklerin" 06/2023.

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