Mehrere Personen neben- und hintereinander stehend vor Wand mit Wirtschaftskammer Österreich-Logos
© WKÖ | Nadine Studeny

Rückblick: Supply Chain Summit 2024 – Auswirkungen und Herausforderungen des EU-Lieferkettengesetzes

Rückblick und Unterlagen vom 20. Juni 2024

Lesedauer: 4 Minuten

Aktualisiert am 24.06.2024

Das EU-Lieferkettengesetz, das in Brüssel doch unter einiger Kritik kürzlich verabschiedet wurde, muss in Österreich und allen Mitgliedsstaaten nun umgesetzt werden. Das europäische Gesetz verfolgt ambitionierte Ziele in Bezug auf Menschenrechte und Umwelt und stellt damit Unternehmen vor große Herausforderungen. Hochkarätige Teilnehmer aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft diskutierten gestern im Rahmen des Supply Chain Summit in der Wirtschaftskammer Österreich die größten Auswirkungen auf die Wirtschaft, gaben Impulse für eine verhältnismäßige und praktikable nationale Umsetzung und informierten über geeignete Vorbereitungsmaßnahmen.

Es war bereits die zweite Veranstaltung zu diesem brandaktuellen Thema und wurde von Stakeholdern unterschiedlichster Interessengruppen sehr gut besucht.

Während das Ziel des EU-Lieferkettengesetzes, den internationalen Menschenrechts- und Umweltschutz zu verbessern, von sämtlichen Vortragenden grundsätzlich begrüßt wurde, diskutierten die Vortragenden, wie die nationale Umsetzung so effektiv und bürokratiearm wie möglich umgesetzt werden kann.

Zu Beginn begrüßte die Leiterin der Abteilung für Rechtspolitik der WKÖ, Dr. Rosemarie Schön, zahlreiche Teilnehmer:innen in der Christoph-Leitl-Lounge sowie online.  In ihren Begrüßungsworten betonte sie, dass bei der anstehenden nationalen Umsetzung alle betroffenen Stakeholder an einem Strang ziehen müssen, um die gewünschten Effekte zu erreichen, aber auch um diejenigen zu schonen, die schon jetzt von ausufernder Bürokratie am meisten belastet sind, nämlich unsere kleinen und mittleren Betriebe. Sie rief dazu auf, offen und ehrlich nach echten und effizienten Lösungsansätzen zu forschen.

In seinen Eröffnungsworten betonte der Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich, Karlheinz Kopf, dass die heimischen Betriebe schon jetzt international für ihre hohen ethischen und sozialen Standards bekannt sind. Um die gewünschten Wirkungen zu erzielen und damit den internationalen Menschenrechts- und Umweltschutz zu verbessern, sollten die Anforderungen an Unternehmen im Rahmen des nationalen Gesetzgebungsprozesses klar, praktikabel und verhältnismäßig umgesetzt werden.

In der anschließenden Keynote unterstrich Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, Dr. Martin Kocher, die Bedeutung dieses Themas und ging auf die größten wirtschaftspolitischen Auswirkungen und Herausforderungen des EU-Lieferkettengesetzes ein. Dabei betonte er, dass bei der nationalen Umsetzung vor allem darauf geachtet werden muss, dass die Regelungen verhältnismäßig und praktikabel ausgestaltet werden.

Die Kerninhalte und Regelungsziele des EU-Lieferkettengesetzes wurden von Dr. Ralf Sauer, stv. Abteilungsleiter für Gesellschaftsrecht in der Europäischen Kommission, vorgestellt. Er ging auch auf geplante Unterstützungsmaßnahmen der Europäischen Kommission ein.   

Univ.-Prof. Dr. Julia Told von der Universtität Innsbruck erläuterte anschließend wesentliche Grundfragen des EU-Lieferkettengesetzes und bedeutende Auswirkungen auf die Wirtschaftsrealität. Sie hob dabei hervor die erheblichen Drittwirkungen für Unternehmen, die nicht in den Anwendungsbereich des europäischen Gesetzes fallen.

Dr. Matthias Potyka, Abteilungsleiter im Bundesministerium für Justiz, ging auf den Aspekt der zivilrechtlichen Haftung ein und stellte Überlegungen über eine mögliche nationale Umsetzung vor.

Priv.-Doz. Dr. Bernhard Müller, Rechtsanwalt und Partner bei DORDA Rechtsanwälte, stellte die größten ESG-Herausforderungen für Unternehmen vor und betonte dabei die Betroffenheit auch kleiner und mittlerer Unternehmen. Er zeigte mögliche und praktikable Lösungsansätze für Unternehmen auf.

In Deutschland müssen Unternehmen bereits seit Anfang 2023 ein nationales Lieferkettengesetz anwenden. Prof. Dr. Stephan Wernicke, Chefjustitiar bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer, stellte die mit diesem Gesetz verbundenen Herausforderungen für Unternehmen vor und berichtete über erste Erfahrungen aus Deutschland.

Mag. Karin Mair, Managing Partner Financial Advisory & Risk Advisory bei Deloitte Österreich, ging in ihrem Vortrag auf Compliance-Aspekte in globalen Lieferketten ein und betonte, dass der Dialog zwischen den verschiedenen Stakeholdern der Schlüssel zu einer zielgerichteten und unbürokratischen Umsetzung der Richtlinie und damit zum Schutz von Menschenrechten und Umwelt entlang der gesamten Lieferkette ist.

Abgerundet wurde die Veranstaltung durch einen Vortrag von Yvonne Otrob, M.A. von der STRABAG. Sie ging auf die Auswirkungen auf die unternehmerische Praxis ein, stellte die größten Herausforderungen bei der Umsetzung der Sorgfaltspflichten dar und berichtete über erste Erfahrungen und mögliche Lösungsansätze.

Die zahlreichen Fragen sowohl aus dem Publikum vor Ort als auch von den Interessierten im Livestream zeigten das große Interesse am Thema und die vielen noch unbeantwortbaren Fragen zum EU-Lieferkettengesetz, die im anstehenden nationalen Gesetzgebungsprozess noch zu klären sein werden.

Die Vortragenden waren sich jedoch einig, dass das Ziel des EU-Lieferkettengesetzes nur durch einen gemeinsamen und offenen Dialog zwischen Wissenschaft, Politik und Wirtschaft erreicht werden kann. Um Unternehmen nicht mit überbordender Bürokratie und nicht absehbaren Haftungsrisiken zu überfordern, wird es effiziente und praktikable Lösungsansätze benötigen. Wie auch immer, die Richtlinie ist umzusetzen, und das so effektiv und bürokratiearm wie möglich.

Wir danken allen Teilnehmer:innen für das große Interesse und den Vortragenden, insbesondere dem Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, Dr. Martin Kocher, für die interessanten Beiträge.

Bilder von der Veranstaltung


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