Chart of the Week: 1. Quartal 2023
Jänner bis März: Aktuelle Daten und Fakten visualisiert
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29.3.2023: Startups trotzen der Krise
Die österreichischen Startups trotzen seit 2020 multiplen Krisen. Wie der soeben veröffentlichte Austrian Startup Monitor 2022 zeigt, gibt es keine Anzeichen, dass die Herausforderungen der vergangenen Jahre zu einem Rückgang der Gründungen geführt hätten.
Seit 2011 wurden in Österreich ungefähr 3.300 Startups gegründet, knapp die Hälfte davon in Wien. Zu Beginn des letzten Jahrzehnts konnte zunächst ein starkes Wachstum verzeichnet werden. Mittlerweile haben sich die Startups auf ein Niveau von rund 360 Gründungen pro Jahr eingependelt und stabilisiert. Da Gründungen nur mit einer gewissen Verzögerung erfasst werden können, kann man davon ausgehen, dass auch für die jüngsten Beobachtungszeiträume (2020, 2021) der Durchschnitt der letzten Jahre gehalten werden kann.
14.3.2023: Langfristige Herausforderungen der Industrie
Die österreichischen Industriebetriebe sehen sich schon seit mehreren Jahren mit großen Herausforderungen konfrontiert: Die unmittelbare Schockwirkung der Corona-Krise, die darauffolgenden Lieferkettenstörungen, Arbeitskräftemangel und seit nunmehr einem Jahr die Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Der rasante Anstieg der Energiepreise sowie die inflationären Entwicklungen in der Eurozone und speziell in Österreich wirken sich negativ auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Industrie aus. Industriesubventionspolitische Offensiven seitens China und den USA verschärfen die Situation zusätzlich.
Die Daten aus dem WIFO-Konjunkturtest zeigen deutlich, dass sich seit Sommer letzten Jahres die industrielle Wettbewerbsfähigkeit vor allem gegenüber dem außereuropäischen Ausland verschlechtert hat. Hier schlägt die Energiepreisexplosion in Europa aufgrund des Ausbleibens russischer Erdgaslieferungen besonders stark zu Buche. Was die Strompreise betrifft, befindet sich Österreich aber auch innerhalb von Europa im Nachteil. Diese stiegen in Mitteleuropa viel stärker als etwa in wasser- und windenergiebegünstigten skandinavischen Regionen oder auf der iberischen Halbinsel, wo die Gasverstromung stark bezuschusst wird. Hinzu kommen für Österreichs Industrie hohe Strompreis-Zusatzkosten (allein 2022 1,9 Mrd. Euro) aufgrund der Auftrennung der gemeinsamen Strompreiszone mit Deutschland seit Oktober 2018.
13.3.2023: Arbeitskräftemangel - die Kosten des Nichtstuns
Arbeitskräftemangel betrifft alle Wirtschaftsbereiche und schwächt die Wirtschaft: Laut Statistik Austria gab es in Österreich 2022 rund 206.500 offene Stellen. Das sind über 40 % mehr als 2021 und über 60 % mehr als 2019. Der Fach- und Arbeitskräftemangel ist schon jetzt eine enorme Herausforderung und wird sich durch die demografische Entwicklung noch weiter verschärfen.
Schere auf dem Arbeitsmarkt geht weiter auf: Synthesis Forschung hat berechnet, wie sich der Arbeitskräftebedarf in den nächsten Jahren in Österreich entwickelt. Wenn man diese Berechnungen einer WIFO-Prognose zur Entwicklung der Beschäftigung gegenüberstellt, zeigt sich eine besorgniserregende Lücke auf Österreichs Arbeitsmarkt: Bis 2040 können und 363.000 Stellen nicht besetzt werden – wenn nicht gegengesteuert wird.
8.3.2023: Innovations- und Wachstumsmotor Chipindustrie
Europa möchte mit dem European Chips Act seine strategische Autonomie im Bereich der Mikrochips stärken. Angestrebt wird ein 20-prozentiger Marktanteil Europas an der globalen Chipproduktion bis zum Jahr 2030, derzeit liegt der Anteil Europas bei rund 10 Prozent. Ein zentrales Ziel ist die Vermeidung von Lieferengpässen. Außerdem sollen europäische Innovationen vorangetrieben werden. Aktuell befinden sich die größten Mikrochipunternehmen in den USA, Korea und Taiwan.
Die Mikrochipindustrie leistet einen überdurchschnittlich großen Beitrag zum Wirtschaftswachstum und zur Innovationstätigkeit am Standort Österreich. Die Branche Herstellung von elektronischen Bauelementen und Leiterplatten bietet hierzulande Jobs für rund 12.000 Beschäftigte (2021) und weist eine hohe Wachstumsdynamik auf (zum Vergleich: 2011 waren es erst 7.800 Beschäftigte).
Die Branche ist auch in Bezug auf die Wertschöpfung bedeutsam. Österreich liegt bei der von der Mikrochipindustrie erwirtschafteten Wertschöpfung hinter Deutschland, Frankreich, Italien und den Niederlanden auf Platz 5 in der EU - und das, obwohl Österreich ein kleines Land ist. Bezieht man die Wertschöpfung der Mikrochipindustrie auf die Einwohnerzahl, ist Österreich sogar Spitzenreiter in der EU. Österreich ist auch ein beliebter F&E-Standort für die Branche.
Bei der Höhe der betrieblichen F&E-Ausgaben der Mikrochipindustrie liegt Österreich auf dem dritten Rang EU-weit, gleich hinter Deutschland und Frankreich. Innovationen im Bereich der Mikrochips unterstützen zudem die Erreichung der Digitalisierungs- und Klimaziele der EU.
30.1.2023: Attraktivieren von Überstunden
Seit 2019 hat in Österreich die Anzahl der geleisteten Überstunden stark abgenommen. Grund ist unter anderem, dass das Leisten von Überstunden finanziell nicht mehr attraktiv genug ist. Die bestehende Steuerbegünstigung ist auszuweiten, um Unternehmen in schwierigen Zeiten zu unterstützen und ihren
Mitarbeitern mehr finanziellen Anreiz für die Leistung von Überstunden zu bieten.
Nach der Statistik Austria hat die Anzahl der geleisteten Überstunden von 2019 bis 2021 um 70 Mio. Stunden pro Jahr abgenommen. Wurden im 3. Quartal 2019, also vor COVID, noch 61,1 Mio. Überstunden geleistet, so waren es im selben Quartal 2022 nur noch 46,1 Mio. Überstunden. Ein Rückgang um 15 Mio. entspricht einer Senkung um ca. 4 Stunden je Arbeitnehmer:in.
Dieser Rückgang bei Überstunden und die Zunahme von Teilzeit führen dazu, dass die Österreicher:innen heute im Schnitt um eine Stunde pro Woche kürzer arbeiten als vor COVID. Wenn rund 4 Mio. Arbeitnehmer:innen um eine Stunde kürzer arbeiten, entspricht das einem Rückgang um 120.000 Vollzeitkräfte – ein Grund für die aktuelle Arbeitskräfteknappheit. Dazu kommen derzeit zahlreiche Ausfälle durch Corona und Grippe, die die heimischen Unternehmen und die (verbleibenden) Mitarbeiter:innen stark belasten. In dieser Lage sind Überstunden oft unvermeidbar, aber: Sie sind für die Mitarbeiter nicht mehr sehr attraktiv.
26.1.2023: Dynamisches (Jung-) Unternehmertum
Selbständigkeit bleibt attraktiv: Die Zahl der Unternehmensgründungen blieb auch 2022 in Österreich hoch. Mit 34.685 Gründungen gab es zwar einen leichten Rückgang von 2,3 % im Vergleich zum Jahr davor, allerdings gilt das Jahr 2021 als "Ausreißer" aufgrund der coronabedingten Nachzieheffekte aus dem Covid-Jahr 2020. Die vorläufigen Daten von 2022 (ohne den Berufszweig Selbstständige Personenbetreuung) zeigen die - nach 2021 - zweithöchsten Gründerzahlen seit dem Jahr 1993 und entsprechen 133 Gründungen pro Arbeitstag.
- Dabei hat die Sparte Gewerbe und Handwerk sowohl die höchsten absoluten Gründungszahlen (14.146) als auch den höchsten Anteil der Sparten am Gründungsgeschehen mit 40,8%.
- Gereiht nach Fachorganisationen, nimmt der Bereich Unternehmensberatung, Buchhaltung und Informationstechnologie mit 3.066 Gründungen die erste Stelle ein (das ist ein Höchstwert seit 1998).
71,2 % der Gründerinnen und Gründer sagten, sie wollten in der Zeit- und Lebensgestaltung flexibel sein, 69,7 % wollten schon lange selbstständig sein und haben dies nun umgesetzt und rund zwei Drittel wollten Verantwortung im eigenen Unternehmen übernehmen. Das Durchschnittsalter der Gründerinnen und Gründer lag bei rund 36 Jahren.
2.1.2023: Anreize für längeres Arbeiten notwendig
Das Potential älterer Arbeitnehmer wird derzeit bei Weitem nicht ausgeschöpft. Der Anteil der 60- bis 64- jährigen Erwerbstätigen in Österreich ist vergleichsweise niedrig. Lediglich 32,4 % in dieser Alterskategorie waren im 3. Quartal 2022 erwerbstätig.
Ein Vergleich etwa mit Deutschland (63,2 %) zeigt, dass diese Altersgruppe noch großes Potential für den österreichischen Arbeitsmarkt birgt. Dies betrifft nicht bloß Frauen, deren gesetzliches Pensionsantrittsalter in Österreich derzeit noch bei 60 Jahren liegt (in Deutschland derzeit rund 66 Jahre). Von den Frauen ist in Österreich im Alter von 60 bis 64 rund ein Fünftel erwerbstätig. Auch die Erwerbstätigenquote der Männer in dieser Altersgruppe ist in Deutschland höher: 68 % der Männer im Alter zwischen 60 und 64 sind in Deutschland erwerbstätig, in Österreich sind es lediglich 45 %.
Ein wesentlicher Grund für die hohe Erwerbsquote in Deutschland ist das dortige gesetzliche Pensionsantrittsalter von 66 Jahren – für beide Geschlechter. Abseits der gesetzlichen Altersgrenzen könnten wir in Österreich einige Hebel in Bewegung setzen, um das Potenzial der Älteren auf dem Arbeitsmarkt zu heben: Von 680.000 Alterspensionisten in der Altersgruppe 60 bis 69 arbeiten derzeit nur 53.000.
Laut Umfragen könnten sich darüber hinaus bis zu 20 % der (angehenden) Pensionisten vorstellen, neben der Pension zu arbeiten, wenn die Rahmenbedingungen attraktiver wären. Ein Grund für die geringe Erwerbsneigung ist nämlich die massive Abgabenbelastung.