WKO-Analyse: Familienunternehmen in Österreich

Mai 2018: Publikation der Stabsabteilung Wirtschaftspolitik

Lesedauer: 4 Minuten

Aktualisiert am 13.09.2024

Die österreichische Wirtschaft ist stark von Familienunternehmen geprägt. In Österreich handelt es sich bei rund 157.000 Unternehmen um Familienunternehmen mit knapp 1,8 Mio. Beschäftigten und Umsätzen in der Höhe von rd. 393,5 Mrd. Euro. Die Bandbreite der Familienunternehmen reicht vom kleinen Handwerksbetrieb bis hin zum weltweit erfolgreichen Großkonzern.


Die aktuelle Studie der KMU Forschung Austria zeigt, dass es sich bei rund 88 % der Unternehmen in Österreich um Familienunternehmen laut EU-Definition handelt (Familienunternehmen im weiteren Sinne (i.w.S.)). Lässt man die Anzahl der Ein-Personen-Unternehmen außer Acht, beträgt der Anteil der „Familienunternehmen im engeren Sinn“ (i.e.S.) mit 51 % immer noch mehr als die Hälfte der österreichischen Unternehmen. Ihnen sind 65 % aller selbständig und unselbständig Beschäftigten zuzurechnen, das entspricht rund 1,8 Millionen Personen sowie 57 % oder ungefähr 394 Milliarden Euro der Umsätze.


Definitionen der Familienunternehmen 

Laut EU-Definition (Familienunternehmen i.w.S.) ist ein Unternehmen ein Familienunternehmen, wenn

  • sich die Mehrheit der Entscheidungsrechte im Besitz der Eigentümerfamilie (Gründer, Erwerber, Kinder, Erben etc.) befindet und
  • mindestens ein Vertreter der Familie oder der Angehörigen an der Leitung des Unternehmens beteiligt ist.

Die Definition der Familienunternehmen i.e.S. folgt ebenfalls der EU-Definition, es sind hier jedoch ausschließlich Unternehmen mit mehr als einem Beschäftigten enthalten.


Bedeutung der Familienunternehmen

Bei den Familienunternehmen i.w.S. werden, wie oben angeführt, die Ein-Personen-Unternehmen (EPU) miteinbezogen. EPU stellen eine hohe Anzahl der heimischen Unternehmen (37 %)[1], während der Anteil an den Beschäftigten und an den Erlösen mit jeweils 4 % vergleichsweise niedrig ist. Dadurch ist im Umkehrschluss der Anteil der Familienunternehmen i.e.S. (ohne EPU) an den Unternehmen (51 %) niedriger als an den Beschäftigten (65 %) und am Umsatz (57 %).

Grafik Familienunternehmen
© wkö Anteil und Leistungen von Familienunternehmen (in % der marktorientierten Wirtschaft [2], 2015

51 % der Unternehmen sind Familien-unternehmen i.e.S., diese beschäftigen fast zwei Drittel der Beschäftigten und
erwirtschaften 57 % der Umsätze.

Bedeutung der Familienunternehmen nach Sektoren

Nach Sektoren betrachtet zeigt sich beim Anteil der Familienunternehmen i.e.S. eine Bandbreite zwischen 37 % und 70 %, welche auch durch den unterschied-
lichen Anteil der Ein-Personen-Unternehmen in den verschiedenen Sektoren
bedingt ist. Der Anteil der Familienunternehmen i.e.S. ist im Tourismus (70 %) am höchsten, gefolgt von der Produktion (inkl. Bau; 63 %). In beiden Branchen ist der EPU-Anteil vergleichsweise niedrig. Im Handel liegen die Anteile in etwa im Durchschnitt der marktorientierten Wirtschaft (Familienunternehmen i.e.S. 52 %). Bei den sonstigen Dienstleistungen ist der Anteil der Familienunternehmen i.e.S. deutlich niedriger (37 %).

Grafik Familienunternehmen
© wkö Abschätzung des Anteils der Familienunternehmen an der marktorientierten Wirtschaft [3] nach Sektoren in % des jeweiligen Sektors, 2015

70 % der Unternehmen im Tourismus sind Familien-unternehmen.


Drei Viertel der Familienunternehmen haben eine/n einzige/n Eigentümer. In mehr als der Hälfte der Unternehmen mit einer Person als Eigentümer (57 %) wird der Betrieb auch von einer einzigen Person geführt.

Charakteristika, Entwicklung und Lebenszyklen der Familienunternehmen

Eine gemeinsame Betrachtung von Umsatz und Beschäftigung zeigt, dass bei der größten Gruppe der Unternehmen (30 %) sowohl der Umsatz als auch die Anzahl der Beschäftigten in den letzten vier Jahren stabil geblieben ist. 23 % haben die Umsätze bei einem gleichbleibenden Beschäftigtenstand erhöhen können. Bei 19 % sind sowohl die Umsätze als auch die Anzahl der MitarbeiterInnen gestiegen.

Grafik Familienunternehmen
© wkö Entwicklung des Umsatzes in Verbindung mit den Beschäftigten von Familienunternehmen i.e.S. im Zeitraum 2013-2016, pro Jahr, Anteile in %

Familien-unternehmen sind am
häufigsten in der
Reifephase, aber auch häufiger als andere Unternehmen in der Phase vor der
Übergabe


Um die Ausgestaltung des Unternehmens näher zu analysieren, werden für Unternehmen allgemein fünf Lebenszyklen definiert: die Gründungsphase, die Wachstumsphase, die Reifephase, die Konsolidierung- bzw. Schrumpfungsphase und die Schließungs- bzw. Übergabephase. Die Verteilung der Familienunternehmen über die Lebenszyklen unterscheidet sich nicht wesentlich von der Verteilung aller anderen Unternehmen. Die meisten Unternehmen befinden sich in der Reifephase.

Allerdings befindet sich jedes 10. Familienunternehmen in der Phase vor der Übergabe, während sich über alle Unternehmen hinweg nur jedes 20. in der Phase vor der Übergabe befindet. Bei Familienunternehmen, die über 30 Jahre bestehen, befindet sich bereits jedes vierte vor der Übergabe. 

Grafik Unternehmenslebenszyklus
© wkö Unternehmen nach Unternehmenslebenszyklus, Anteile in %

Größte Gruppe
der Familienunter-
nehmen hält sowohl Umsatz als auch
Anzahl der Beschäftigte in den letzten Jahren stabil 

Generell gilt, im Speziellen aber für die Unternehmen, die sich mehrheitlich in der Reifephase befinden, dass der Aufwand für Bürokratie verringert werden muss.
Unternehmer in dieser Phase sehen sich oft hohen inner- sowie außerbetrieblichen bürokratischen Anforderungen in ihrem unternehmerischen Alltag gegenüber. Dadurch werden wichtige Ressourcen wie Zeit und Energie, die für die ursprüngliche Geschäftstätigkeit essentiell sind, gebunden. Es gilt, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass Unternehmen sich auf ihre Kerntätigkeit konzentrieren können und jene Unternehmen in der Reifephase so einfach wie möglich auf einen Wachstumspfad zurückkehren können.


Fazit

In Österreich handelt es sich bei rund 51 % der Unternehmen um Familienunternehmen. Die Bandbreite der Familienunternehmen reicht vom kleinen Handwerksbetrieb bis hin zum weltweit erfolgreichen Großkonzern. Ein typisches Merkmal von Familien unternehmen ist deren Langlebigkeit, die Entscheidungsstruktur wie auch die Einbindung von Familienmitgliedern in das Unternehmen. Auch Familienunternehmen befinden sich mehrheitlich in der Reifephase.


[1] Ausgangsbasis für die in diesem Dokument angeführten Zahlen ist die Leistungs- und Strukturstatistik (LSE) der Statistik Austria. Die Vergleichbarkeit zwischen dem EPU-Anteil aus der Beschäftigungsstatistik der WKÖ und der LSE ist nicht gegeben, da unterschiedliche Jahre zugrunde liegen, unterschiedliche Umsatzschwellen angewendet werden und der Erhebungsumfang dieser beiden Statistiken unterschiedlich ist.

[2] Abschnitte B bis N und Abteilung S95 der ÖNACE 2008 exkl. freier Berufe (Abschnitte 69 (Rechtsberatung, Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung) und 75 (Veterinärwesen) sowie Klassen 4773 (Apotheken) und 7111 (Architekturbüros)).

[3] Abschnitte B bis N und Abteilung S95 der ÖNACE 2008 exkl. freier Berufe (Abschnitte 69 (Rechts-beratung, Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung) und 75 (Veterinärwesen) sowie Klassen 4773 (Apotheken) und 7111 (Architekturbüros)).

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