Luftreinhaltungspolitik
Der Wirtschaft Luft zum Atmen lassen
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Die WKÖ bekennt sich zu dem Erfordernis einer effizienten Luftreinhaltepolitik. Wir appellieren jedoch an die Verantwortlichen, den Problemen mit wirkungsvollen und verhältnismäßigen Maßnahmen zu begegnen und von Schnellschüssen gegen einzelne Wirtschaftsbereiche, die dem Wirtschaftsstandort Österreich abträglich wären, abzusehen.
Die Luftreinhaltepolitik darf sich daher nicht allein an Umweltgesichtspunkten orientieren, sondern muss auch standortpolitischen Erfordernissen Rechnung tragen. Sie hat für eine ausgewogene und verursachergerechte Lastenverteilung unter den Emittenten zu sorgen. Die Ziele der Luftreinhaltepolitik dürfen nicht isoliert betrachtet werden; vielmehr sind Synergieeffekte, aber auch gegenläufige Effekte, etwa mit der Klimapolitik, zu beachten.
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Grundsätze in der Luftreinhaltepolitik
Damit auch der Wirtschaft noch Luft zum Atmen bleibt, sollten in der Luftreinhaltepolitik folgende Grundsätze berücksichtigt werden.
- Generell ist unseres Erachtens
Anreizsystemen und gezielten Förderungsmaßnahmen gegenüber kontraproduktiven
oder überschießenden Verboten der Vorzug zu geben. So sollte daher etwa im
Verkehrsbereich verstärkt auf die Förderung von Neufahrzeugen und
Nachrüstungen, auf Anreize für eine rasche Flottenerneuerung und alternative
Antriebstechnologien sowie auf den Ausbau von Telematik und eine effiziente
Straßenreinigung (Feinstaub) gesetzt werden.
- Auch im Bereich der
Betriebsanlagen und Baumaschinen ist die Förderung der Nachrüstung von Anlagen
mit modernen Technologien der richtige Weg. Die Vorschreibung von Maßnahmen,
die über den Stand der Technik hinausgehen, wird wegen der damit verbundenen
hohen Belastung für die betroffenen Betriebe grundsätzlich abgelehnt.
- Was die übrigen stationären und
mobilen Emissionsquellen betrifft, fordert die WKÖ, dass das Prinzip der
Emissionsvermeidung nach dem Stand der Technik für alle Verursacher gelten
solle. Es ist nicht fair, wenn nur gewerbliche und industrielle Anlagen alle
technisch möglichen Entstaubungsmaßnahmen ergreifen müssen, während für andere
Anlagen keine entsprechenden Luftreinhaltungsmaßnahmen vorgeschrieben sind.
Seit 1997 bietet eine Verordnungsermächtigung des Immissionsschutzgesetzes-Luft
dafür eine gesetzliche Grundlage; diese gehört ausgeschöpft.
- Der Hausbrand trägt einen
bedeutenden Anteil zur Luftbelastung in einer Region bei. Wie Studien zum
Feinstaub im Großraum Graz etwa zeigen, sind die Emissionen aus der Holz- und
Biomasseverbrennung bereits Hauptverursacher der
Feinstaubgrenzwertüberschreitungen. In diesem Bereich ist also dringender
Handlungsbedarf gegeben. Hier sind aber nicht nur die Länder gefordert, sondern
auch der Bund hat zB seine Koordinierungsfunktion wahrzunehmen.
- Auch in Luft-Sanierungsgebieten
muss eine wirtschaftliche Entwicklung möglich sein.Es wäre auch im Sinne des
Umweltschutzes kontraproduktiv, wenn durch Genehmigungsversagungen von Anlagen
in vielen Regionen ein Investitions- und Innovationsstopp eintreten würde und
die Anwendung neuer, moderner Technologien damit geradezu verhindert werden
würde.
- Die Rolle der Schadstoffimporte
ist bei Maßnahmen im Inland zu berücksichtigen: So leidet Österreich zB an
enormen Feinstaubimporten. Dies zeigt sich etwa daran, dass zB an einer
Messstelle in Illmitz, Burgenland, fast übereinstimmende
Grenzwertüberschreitungen registriert wurden wie an einer verkehrsnahen
Messstelle in Wien. Der Ferntransport trägt in Wien ca. 60 % zur
Feinstaubbelastung bei. Aber nicht nur in Wien, sondern in praktisch allen
Randmessstellen Österreichs ist ein deutlicher Ferntransportanteil
festzustellen.
- Spezifische Erschwernisse bei der
Einhaltung von Grenzwerten, die aus besonderen topografischen Gegebenheiten
einer Region resultieren (zB Beckenlage, ungünstige Ausbreitungsbedingungen),
dürfen nicht zulasten der wirtschaftlichen Entwicklung zu einer „Politik des
Stillstands“ führen, sondern müssen mit Hilfe von Sonderregelungen, die auch
auf EU-Ebene durchgesetzt werden müssen, Berücksichtigung finden.
- Maßnahmen sind auf die
tatsächliche Exposition der Bevölkerung abzustellen:
Grenzwertüberschreitungen in Gebieten, in denen sich keine Bevölkerung dauerhaft aufhält, kommt per se keine Gesundheitsrelevanz zu. Die Luftqualitätsrichtlinie der EU (CAFE-RL) regelt daher folgerichtig, dass Grenzwertüberschreitungen in Gebieten, in denen keine Exposition der Bevölkerung gegeben ist, irrelevant sind. Diese konsequente Sichtweise hat auch unbedingt in die österreichischen Gesetzgebung (IG-L) Eingang zu finden. - Die Lage von Messstellen nach IG-L
bzw Messkonzeptverordnung ist im Hinblick auf die Bestimmungen der
Luftqualitätsrichtlinie zu überprüfen.
- Gebietsschutz und Nachbarschutz
sind klar voneinander zu trennen.
- Auf europäischer Ebene muss ein Ausgleich zwischen den Erfordernissen einer ambitionierten und effizienten Luftreinhaltepolitik und einer europäischen Standortpolitik gefunden werden.
- Anstatt im Zuge der Revision der CAFE-RL weiter an der Grenzwertschraube zu drehen und damit den Wirtschaftsstandort Europa zu schwächen, ist die EU gefordert, mit realistischen Vorgaben und unionsweiten, effizienten Maßnahmen (zB verstärkter Zusammenarbeit gegen grenzüberschreitende Schadstoffverfrachtungen, Förderungen der Umstellung auf schadstoffarme Technologien) die Regionen zu entlasten und damit die Mitgliedstaaten aus dem Dilemma der permanenten Vertragsverletzungsverfahren zu befreien.