KV-Abschluss muss für Unternehmen tragbar sein
Kommentar des Obmannes Mag. Sigi Menz
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Die Forderung der Gewerkschaften, die Industrie müsse den externen Energiepreisanstieg durch exorbitante Lohn- und Gehaltserhöhungen überkompensieren, ist grundsätzlich bereits fragwürdig. Angesichts einer laufenden Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage wirkt diese Forderung vollends wie aus der Zeit gefallen.
Die Inflationsrate in Österreich hat in den letzten Monaten ein erschreckend hohes Niveau erreicht. Entscheidend für diese Entwicklung war der Anstieg der Energiekosten infolge der Ukrainekrise. Für fast alle Haushalte und Unternehmen in Österreich stellt die Entwicklung der Energiepreise eine gewaltige Herausforderung dar – insbesondere für die überwiegende Zahl der Industrieunternehmen, bei denen die Energiekosten einen wesentlichen Anteil an den Gesamtkosten ausmachen.
Wirtschaftlich gesehen stellen hohe Energiekosten eine Verlagerung von Einkommen von Energieverbrauchern zu Energieproduzenten dar; angesichts geringer Vorkommen an Kohle, Erdöl und Erdgas in Österreich ist dies hierzulande eine Verlagerung vom Inland ins Ausland. Man kann (und soll) darüber nachdenken und verhandeln, wie man diesen volkswirtschaftlichen Verlust gerecht aufteilt. Aber dieses Gespräch zu verweigern und stattdessen ultimativ und vor dem Hintergrund von Streikdrohungen und Streiks die volle Übernahme dieser Kosten durch die Industrie zu verlangen ist erstens kein partnerschaftlicher Stil und zweitens ein Ignorieren wirtschaftlicher Realität.
Leider ignoriert wird auch, dass die Politik in den Jahren 2022 und 2023 mehrere Maßnahmen gesetzt hat, um die Auswirkungen der Teuerung zu begrenzen. Diese Maßnahmen waren Unterstützungszahlungen, die die Bewältigung der Inflation erleichtert haben, nicht aber inflationsdämpfend gewirkt haben. Andere Länder haben Maßnahmen der Marktregulierung gesetzt, die vielfach treffsicherer waren und vor allem einen so massiven Anstieg der Inflationsraten erst gar nicht zugelassen haben. Auch in Österreich haben sich die Sozialpartner für Maßnahmen der Preisdeckelung starkgemacht. In Ländern mit Marktregulierungsmaßnahmen folgt die Lohn- und Gehaltsanpassung den dort niedrigeren Inflationsraten, wogegen in Österreich eine Einrechnung der Transfers abgelehnt wird – obgleich letztlich die Preisdämpfung über Preisdeckelung oder ausgleichender Transferzahlung wirtschaftlich dieselben Auswirkungen hat.
Grundsätzlich gab es beide Themen, die externe Herkunft der Inflationsursache und die Frage der Einrechnung öffentlicher Transfers, auch bereits bei den KV-Verhandlungen im Herbst 2022. Möglicherweise wäre es klüger gewesen, schon damals nicht nachzugeben. Der große Unterschied zum Herbst 2022 besteht aber darin, dass vor Jahresfrist ein gutes Wirtschaftsjahr hinter der (Metall-) Industrie lag, und die die Aussichten zwar unsicher aber nicht ausgesprochen schlecht waren. Heuer blickt die Industrie auf ein durchwachsenes Jahr zurück, in der sich die Ertragslage erheblich verschlechtert hat, und steht vor sich leerenden Auftragsbüchern und wachsenden (unfreiwilligen) Warenlagern – somit also sehr schlechten Aussichten für zumindest einmal die nächsten sechs Monate.
Vor diesem Hintergrund kann kein KV-Abschluss erfolgen, der die Unternehmen langfristig in eine unhaltbare Wettbewerbsposition bringt, aber auch kurzfristig bereits untragbar ist.
Mag. Sigi Menz
Obmann der Bundessparte Industrie